Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Slt. Ingberlker Anzeiger. 
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Aô 13. Donnerstag den 22. Jauuar 1880. 
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—Deutsches Reich. 
Müünchen. In der Sitzuug vom Dienstag hat die Abg. 
Kammer die vom Ausschuß beantragte Abgleichung des Forst-Etats 
— — M. Bruttoeinnahmen, 12,937,690 
M.' Ausgaben und 11,789,110 M. Reineinnahme. Ueber die 
Petitionen der Förster und Forstgehilfen wurde zur Tagesordnung 
Pbergegangen. Die Pelitionen verschiedener Industrieller und Ar— 
zeiter der Weberei, welche um Uebertragung von Lieferungen bei 
Staatsankäufen für militärische und andere Staatszwecke bitten, 
werden von der Kammer, nachdem mehrere Abgeordneten im Interesse 
der Petenten gesprochen hatten. der Regierung zut Würdigung bin⸗ 
üͤbergegeben. 
Am Montag trat der Ersatzmann für den ausgetretenen Land— 
gerichtspräsidenten Jul. Müller von Kaiserslautern, Dr. Heuck von 
Mutlerstadt, in die Abgeordnetenkammer ein. 
Da die bayerischen Gendarmerie-Mannschaften nicht blos 
in Bezug auf die Regelung ihrer Pensionsverhältnisse im Falle der 
Anstellung im Civilstaatsdienste, sondern auch theilweise bezüglich 
der Voraussetzungen und des Betrages der Pensionsansprüche un— 
günstiger gestellt sind, als die Militärpersonen nach den Reichsge— 
etzen von 1871 und 1874 soll eine Gleichstellung der ersteren hin— 
ichtlich der Pensionen ꝛc. mit den Agehörigen der activen Armee 
jerbeigeführt werden. 
die Folgen der jüngsten Eisgänge und Hochwasser lassen sich 
auch schon in der Abgeordnetenkammer vernehmen. Durch die jüngsten 
außerordentlichen Elementarereignisse wurden mehrere nur aus Holz 
gebaute, vom Staate zu unterhaltende Straßenbrücken theilweise 
zerstort, für deren Wiederherstellung nunmehr 101. 880 M. vom 
Landtag verlangt werden. 
Berlin, 20. Januar. Der Kronprinz Friedrich Wilhelm 
richtete, wie die Abendzeitungen melden, an den Pastor Gruber in 
Reichenbach (Schlesien), Verfasser einer Brochüre „Christ und 
Israelit“ folgendes eigenhändiges Schreiben: „Sie haben mich 
curch Ueberreichung Ihrer Schrift aufrichtig erfreut und zu be— 
onderem Dank verpflichtet. Ich gebe mich gern der Hoffnung hin, 
daß Ihr Wort des Friedens in weite Kreise dringen und die ver— 
diente Anerkennung finden möge.“ 
Am Montag hat das preußische Abgeordnetenhaus die erste 
Lesung des Gesehentwurfes über den Ankauf der Rheinischen und 
der Verlin⸗Potsdam-Magdeburger Bahn für den preußischen Staat 
oorgenommenen und denselben schließlich der Eisenbahn-Commission 
zur Vorprüfung überwiesen. Aus der Debatte ist hervorzuheben, 
daß die preußische Regierung vorerst nicht daran denkt, noch mehr 
Privatbahnen für den Staat zu erwerben, sondern erst abwarten 
vill, welche Wirkungen die bisherigen Ankäufe haben. 
Den hessischen Kammern ist eine Regierungsvorlage betreffs 
Errichtung einer stehenden Rheinbrücke zwischen Mainz und Castel 
ugegangen. Die Kosten sind auf 3,600,000 M. veranschlagt. 
Ausland. 
Die Ruhe ist in Pest wieder vollständig hergestellt. 
Paris. Gambetta führte am 20. Januar wegen eines 
Halsübels nicht den Vorsitz in der Abgeordnetenlammer. Justiz⸗ 
minister Cazot brachte in der Kammer einen Gesetzentwurf ein, 
etreffend die Reform des Richterstandes. Unterrichtsminister Ferry 
egte Entwürfe vor, durch welche der Besuch der Volksschule zur 
pflicht gemacht wird (Schulzwang) und zugleich bestimmt wird, 
aß dieser Unterricht (ausschließlich?) durch Laien ertheilt werden soll. 
Paris. Die äußerste Linke beschloß, einen Antrag, daß die 
Anmestie auch auf den bis jetzt nicht begnadigten Rest der Com— 
munards ausgedehnt werde. einzubringen. 
Vermijschtes. 
*St. Ingbert, 21. Jan. In heutiger Schöffen— 
sitzung kamen folgende Fälle zur Aburtheilung: 1) Ein hiesiger 
Bursche bekam wegen Diebstahls einer Taschenuhr 21 Tage Gefäng— 
niß. 2) Ein hiesiger Taglöhner ethielt wegen Diebsta hls von 
Dachziegeln 2 Tage Gefangniß und ein hiesiger Bürger, der gegen 
inen Strafbefehl wegen Verlehrsstörung Einspruch erhoben hatte, 
wurde freigesprochen. 
* St. Ingbert. Ein Homburger Correspondent der „Zw. 
Ztg.“ spricht sich in Nr. 18. dsr. Zig. über die Leistungen der 
hiesigen Ocarinakapelle in dem von derselben am Sonntag⸗ Abend 
in Homburg gegebenen Conzerte sehr anerkennend aus. Seine 
Frwartungen wurden weit — weit übertroffen und er glaubt, daß 
zezüglich der Ocarinagesellschaft beinahe der Satz: „Nichts Neues 
uinter der Sonne“ zu Schanden wird. In dem bis auf den letzten 
Platz besuchten, geräumigen Conzertsaale herrschte nur die eine 
Stimme: „So was war noch net!“ Sämmtliche Ocarina- Piècen 
vurden mit nicht enden wollendem Beifalle aufgenommen. Groß—⸗ 
artigen Beifall erntete Herr Seiter durch seinen Gesang und durch 
den Vortrag einer Piece auf dem Harmonikor. Schließlich erwähnt 
der Correspondent dankend des Geschenkes von 50 M., das die 
apelle aus dem Ertrage des Conzertes der städtischen Armenkasse 
in Homburg übermachte. 
Der Verwaltungsrath des Pfälzischen Gewerbemuseums 
jat in seiner Sitzung vom 18. djs. beschlossen, daß bei der kgl. 
Regierung der Pfalz die Erlaubniß zur Veranstaltung einer Geld⸗ 
hrämien-Kollecte in diesem Regierungsbezirk erwirkt werden soll, 
»eren Ertrag dazu dient, daß eine Summe von 120,000 M. zur 
Fertigstellung der inneren Räume des Museums-Neubaues, der 
Freitreppe und der äußeren Bekleidung an demselben zur Verwend⸗ 
ing gelangt, während ein etwaiges Mehr aus dem Reingewinn zu 
Zwecken des Vereins, besonders zur Beschaffung des zur Aufstellung 
der Sammlungsgegenstände nöthigen Mobiliars bestimmt ist. 
S. Erxellenz Hr. Regierungspräsident von Braun soll einer Lotterie 
zu vorstehendem Zwecke nicht abgeneigt sein.) 
7Mus der· Pfalz⸗ In neuerer Zeit wird viel von in die 
Pfalz gekommenen Erbschaften berichtet. Drei Geschwister in Zwei⸗ 
xücken sollen zusammen 1 Million Francs von einer in Paris 
erstorbenen Tante geerbt haben. — Eine weitere Erbschaft von 
ꝛinigen Millionen soll zwei Geschwistern in Schaidt zugefallen sein. 
AUnter den beiden Letzteren soll sich auch der dortige Einnehmer, 
herr Wolf, befinden, der nach der „Pf. Z.“ den Dienst zu quit— 
iren und sich ausschließlich seinen eigenen Einnahmen zu widmen 
gedenkt. 
In Otter berg fand am Dienstag die Stadtraths— 
vahl statt. Die Betheiligung war eine sehr rege, obwohl eine 
Wahlagitation nicht vorher gegangen ist. 
FWie der „Evangelische Kirchenbote“ schreibt, haben sich um 
die Pfarrei Eisenberg (ie beste Pfarrei der Pfalz) nicht weniger 
als 65 Pfarrer beworben; man ist gespannt, wer die „Eisenbraut“ 
heimführen wird. 
Neustadt. Bekannilich wurden die in den Jahren 1873 
und 1875 vom Stadtrath an die Staatsregierung gerichteten Ein⸗ 
zaben um Errichtung eines humanistischen Gymnasiums dahier ab—⸗ 
chlägig beschieden. Neuerlich ist vom Abg. Exter die Mittheilung 
sierher gelangt, es bestände jetzt in München bessere Aussicht auf 
krfüllung dieses Wunsches der Neustadter. 
fF Perxrheim a. B. Der im Wahlkreise Dinkelsbühl⸗ 
Feuchtwangen in den Reichstag gewählte Dr. Schreiner, Prosessor 
an der landwirthschaftlichen Schule zu Triesdorf, ist ein Pfälzer 
»on Geburt und Sohn des Oekonomen Schreiner von hier. (D. A.) 
Am Sonntag starb in Gommersheim eine Frau Namens 
Dreifuß, welche 103 Jahre alt und bis vor einem hbalben Jahre 
roch sehr rüstig war. 
fF In Oberarnbach ist der Scharlach in so heftiger 
Weise aufgetreten, daß die Schule geschlossen werden mußte. 
F Der „Speyerer Zeitung“ wird mitgetheilt, der Inhaber 
des bayer. Centralschulbücherverlags, Buchhändler Oldenbourg in 
München, habe Vorkehrungen getroffen, um ein eigenes pfäl⸗ 
isches Schullesebuch, das sich der Organisation und dem Lehr⸗ 
olane der pfalzischen Volksschulen genau anschließt, in möglichst 
urzer Frist herstellen zu lassen, daß auf diese Weise die „Lesebuch— 
»ꝛrage“ am besten zu einem gedeihlichen Ziele führen werde. 
Gegen den in München erscheinenden „Bayer. Landboten“ 
ist, wie die „N. N.“ melden, Untersuchung wegen „Majestätsbe⸗ 
leidigung“ eingeleitet. Das Blatt hatte von „Gerüchten in Bezua 
auf S. M. den Konig“ gesyrochen.