Ss. Inagberler AAnzeiger.
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Sonntag, den 1. Auaust
1880.
Deutsches Reich.
München, 80. Juli. Die Abgeotdnetenkammer hat heute
den Gesetzentwurf über den Vorschußeredit zur Erwerbung des
Herzoggarlens mit 135 gegen 8 Stimmen in der Ausschußfassung
angenommen. — Außerhalb der Tagesordnung erklärte Abg. Sittig:
Die Petition aus der Gemeinde Schwürbitz (Oberfranken) um Ab—
schaffung des 7. Schuljahres ist nach der Erklärung der Gemeinde
nicht mit rechtmäßigen Mitteln zu Stande gekommen. Nächste
Sitzung am Montag.
GBayerischer Landtag.) In der Sitzung der Abge.⸗
N. vom Donnerstag wurde das Nachtragspostulat des Justizministers
pon 65,000 Mark zum Grunderwerb für das Nürnberger Zellen⸗
zefüngniß gegen 2 Stimmen (Schäfler und Becher) angenommen.
Es folgte hierauf die Berathung der Vorlage wegen Aufhebung
der sogenannten Neujahrsgelder der Israeliten. Die einzelnen Ar—
tikel wurden genehmigt und der Gesetzentwurf im Ganzen mit 76
zegen 66 (ultramontane) Stimmen angenommen. — Tagesordnung
für die nächste Sitzung die gestern (Freitag) stattfinden sollte: Vor—
chußkredit (zum Erwerb des Herzoggartens fur das Kadettenkorps);
hierauf geheime Sitzung zur Berathung der Huldigungsadresse.
Es mehren sich die Aussichten, daß der Regelung des Ver—
sicherungswesens durch ein Reichsgesetz näher getreten werden
oll, nachdem der Kanzler Fürst Bismaärck durch sein an die
Regierungen der deutschen Staaten erlassenes Rundschreiben vom
b. August v. J. dieselben um ihre Aeußerung über die bei einer
reichsgesetzlichen Regelung des Versicherungswesens in Betracht kom—
menden Fragen ersucht hat.
Die Enthüllungen aus dem sozialdemokratischen Ge—
neralstabe dauern fort. Sie haben ihr Gutes darin daß sie viel⸗
eicht dem oder anderen Arbeiter die Äugen über die Opferwilliq⸗
teit ihrer Führer öffnen.
Der Staatisrath für Elsaß-Lothringen krat am 28.
Juli zu seiner ersten Sitzung in Straßburg jusammen.
Aus den Reichslanden kommin allmählich doch Klagen
über die „französirende“ Manteufel'sche Politik. Der Statthalter
zehe in dem sehr löblichen und berechtigten Streben, die grollende
Einwohnerschaft für sich zu gewinnen, zu weit meint man in Be—
amtenkreisen, die von dem Rücktritt Herzog's wenig erbaut sind.
Die Nachricht, der gewesene Staatssecretaͤr im elsaß-lothringischen
Ministerium, Herzog, habe die Aeußerung gethan: es würden noch
mehrere Beamten, welche mit dem Stalthalter nicht harmoniren,
entlassen werden, wird von einem Straßburger Korrespondenten des
Pf. Kur.“ bestätigt.
Nach der „Allg. Ztg. soll sich die Konferenz der deutschen
Finanzminister in Coburg hauptsächlich mit dem bekanntlich
Zeitens der Bundesregierungen ernstlich beanstandeten Wehrsteuer⸗
Lroiekt beschäftigen.
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Zopenhagen nachgesendet worden, damit er dort sofort seine
Unterschrift vollzöge.
WVermischtes.
F In Erfweiler wurde ein Prachtexemplar von einer
Brieftaube eingefangen. Dieselbe trägt am linken Flügel die Nr.
338 und am rechten Flügel die Nri 880 und ist gezeichnet mit
ven Buchstaben A. B. O. D. PB. T. und O. Belfort' 1870. Sie
efindet sich gegenwärtig im Besitze des Herrn Pfarrer Rülter da⸗
elbst.
.Waldsee, 29. Juli. Heute Nachmittag um 4 Uhr
iing über unsere Gemarkung ein entsetzliches Hagelwetter. Der
Tabak ist fast ganz zerschlagen. Der muͤ dem Gewilter verbundene
Sturm tobte so furchtbar, daß man sich sogar in seiner Wohnung
nicht mehr sicher fühlte. Leute, welche auf dem Felde waren,
xrzählen, daß sie etwas Schrecklicheres noch nicht erlebt hätten.
Das Hagelwetter kam von Westen herüber und erstreckte sich auf
insere ganze Gemarkung. Außer dem Tabak haben auch Hafer,
Spelz und Dickrüben bedeutend Schaden gelitten. Zum Glücke waren
dorn, Gerste und Spelz fast sämmtlich eingeheimst.
FFrankenthal, 80. Juli. Die Prüfung für das Ge—
richtsvollzieheramt bei dem hiesigen kgl. Landgericht nahm heute
Morgen 8 Uhr ihren Anfang. Es betheiligen sich 9 Bewerber.
In einer ihren letzten Sitzungen verurtheilte die Strafkam⸗
mer des Landgerichts in Hil des heim ein— Lumpensammlerin
vegen wissenschaftlicher falscher Denunziation zu 8 Monaten Ge—
ängniß. Die Delinquentin hatte den Oberbervalter einer benach⸗
»arten Domäne wegen Majestätsbeleidigung angezeigt, von welcher
derselbe jedoch freigesprochen wurde. Obwohl Seitens der Staals⸗
inwaltschaft nur eine Strafe von 4 Monaten beantragt war, er—
annte der Gerichtshof dennoch mit Rücksicht auf die Gemeingefähr⸗
ichkeit des Vergehens auf jene exemplarische Strafe.
u Ansschauungsunterricht. Zur Warnung für
Branntweintrinker schniti ein elsässischer Arzt ein Stück Rindfleisch
in zwei Stücke und begoß die eine Hälfte mit Zwetschenbrannt⸗
vein, die andere mit sogenanntem Petrolschnaaps. Am anderen
Morgen war das erste noch frisch und appetitlich; das andere sah
aus, als hätte man es mit Scheidewasser gebrüht. Zu demselben
Zwecke veröffentlichte Dr. Lutze die Beschreibung der in den Spi⸗
älern aufgenommenen photographischen Magenbilder. Im ersten
Stadium des Branntweintrinkens ist der Magen fein roth durch—
idert, im zweiten bläulich angelaufen, im dritten feurig entzündet.
m vierten von Krebsartigem Ansehen.
F In Oestrich im Rheingau wurde durch die Schelle be—
annt gemacht, daß junge Leute unter 18 Jahren Wirthshäuser bei
Strafe von 228 Mark nicht besuchen dürfen. Wirthe, welche
olchen jungen Leuten Getränke verabreichen, trifft die gleiche Strafe.
— Das deutsche Turnfest in Frankfurt sollte leider nicht
ohne erschütternden Unglücksfall vorübergehen, welcher sich bei dem
um Mittwoch Abend abgebrannten Feuerwerk zutrug. Kaum waren
die ersten Raketen losgelassen, als eine furchtbare Detonation er—
'olgte, die den Boden weithin erschütterte. Darauf folgte noch
eine kleine Rakete und dann trat Todtenstille ein. Die ungeheuere
Menschenmenge wartete vergebens auf die Fortsetzung des Feuer—
wverls. Bald verbreitete sich durch die Reihen die Kunde des Un—
Jlücks: ein eiserner Mörser war zersprungen und die Splitter waren
inter das Publikum geflogen uͤnd hatten eine Dame (Fräulein
Zöhnlein), sowie 20 Personen (daruuter mehrere Kinder) schwer
oerletzt. Die Verwundungen sind alle sehr schwere, entsprechend
der Gewalt einer platzenden Bombe. Mehrere der Verwundeten
varen in ziemlicher Entfernung von dem weithin eingefriedigten
Platze woselbst das Feuerwerk abgebrannt werden sollte. Bei diesen
ind nämlich Zerstörungen an den oberen Extremitaten vorgekommen.
Von den Verwundeten ist bereits ein Knabe gestorben.
F. Ein grausiges Ereigniß berichtet man der Barm. Ztg.“
ius Linzerhausen bei Linz: Eine Frau (die schon drei
Männer im Grabe hat) hatte von ihrem Schwiegervater, dem Vater
hres ersten Mannes, ein nicht unbedeutende« Permönen vertschneben
Ausland.
Gutem Vernehmen nach hat die englische Regierung be—
chlossen, scheunigst Verstärkungen nach Indien zu senden. Ucbrigens
st die Niederlage des Generals Burrow in Afghanistan einiger—
naßen übertrieben worden, doch immerhin sehr empfindlich. Das
ndische Amt empfing einen eingehenden Bericht über den Hergang,
nus dem jedoch Näheres noch nicht bekannt ist.
Die ser bische Regierung hat 12 Vatuillone mobilisirt. Als
der türkische Minister des Aeußeten von dem serbischen Geschäfts-
räger Aufklärung über den Grund dieser Maßregel verlangte, ant⸗
vortete dieser, es handele sich dabei nur um die gewöhnlichen jähr⸗
ichen Manbver; übrigens habe die serbische Regierung auch alle
Ursache, dem Stand der Dinge an der serbisch-türlischen Grenze
ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, indem dort die Albanesen eine
drohende Haltung einnähmen und die albanesische Liga auch dort
Mannschaften sammle. (Es sieht gerade so aus, als ob's in der
Türkei bald wieder ernstlich zum Losschlagen komme.)
Wie eilig Griechenland es mit seinen Kriegsvorbereitungen
hat, ist daraus zu ersehen, daß man in Athen behufs Unterzeich—
gung des Mobilisirungs-Dekrets nicht erst die Ankunft des Koͤnigs
Heorg abgewartet hat. Dies Dekret ist vielmehr dem König nach