Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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4 123. Dienstag, den 3. August 
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Deutsches Reich. 
(Bayerischer Landtag.) Die Kammer der Reichsräthe 
wird den Entwurf eines Disciplinargesetzes für richterliche Beamten 
vor der Vertagung nicht mehr berathen; es wird dies erst während 
der Wintersession des Landtages der Fall sein. 
Die durch eine leidige Indiscretion erfolgte vorzeitige Ver— 
öffentlichung der Adresse unserer Abgeordnetenkammer an Se. Maj. 
den König hat das Directorium derselben veranlaßt, eine Unter⸗ 
suchung einzuleiten. 
Die bayerische Kammer der Abgeordneten hat am Freitag 
in einer kurzen geheimen Sitzung ohne Debatte die Huldigungs- 
adresse an den König nach dem Schlör'schen Entwurf angenommen. 
Man wird versuchen, die Adresse Sr. Majestät persönlich überreichen 
zu können; Dieß geschähe durch das Direktorium in Begleitung der 
HH. Abg. Dr. Henle, Dr. v. Schauß, v. Schlör und Weidert, 
ferner Feuerstein, Freytag, Dr. v. Langlois und Ruppert. Vor—⸗ 
aussichtlich können jedoch diese Herren ihre Fräcke ruhig im Kasten 
lassen. (Auch die Kammer der Reichsräthe wird an S. Mai. den 
König eine Huldigungsadresse richten.) 
In der auf gestern anberaumten Sitzung des Steuergesetz⸗ 
Ausschusses unserer Abgeordnetenkammer sollte über die Grund— 
lagen berathen und beschlossen werden, nach welchen die weitere 
geschäftliche Behandlung der Steuergesetz-Entwürfe stattfinden soll. 
München, 2. August. (Abgeordnetenkammer.) Der Prä— 
sident drückt sein Bedauern aus über die vorzeitige Veröffentlichung 
der Huldigungsadresse durch die Presse; er bemerkt, dieses Vorkomm— 
niß werde dem Directorium Anlaß geben, bei der Zulassung zur 
Journalistentribüne strenger zu unterscheiden. — Minister v. Lutz 
derlies hierauf eine kgl. Botschaft aus Hohenschwangau, 25. Juli, 
welche den Landtag bis auf weiteres vertagt und die Wiederberufung 
der Steuergesetzausschüsse späterer Entschließung vorbehält. Die 
stammermitglieder trennten sich hierauf unter dreifachem Hoch auf 
Se. Maj. den König. Desgleichen wurde heute die Session des 
Reichsraths durch kgl. Botschaft vertagt. 
Die mit den Wehrpflichtigen Bayerns aus dem Jahrgange 
1879 vorgenommene Prüfung ergab folgendes Resultat: in Ober— 
bayern hatten von 2425 Wehrpflichtigen 11 (0,5 pCt.) mangel⸗ 
zjafte Schulbildung; in Niederbayern von 2207 Pflichtigen 29 
(1,3 pCt.); Pfalz von 2040 Pflichtigen 7 (0,3 pCt.); in der 
Oberpfalz von 1781 Pflichtigen 21 (1,1 pCt.); Oberfranken von 
1841 Pflichtigen 7 (0,4 pCt.); Mittelfranken 'von 19605 Pflich⸗ 
tigen 2 (0,1 pCt.); Unterfranken von 1861 Pflichtigen 3 (0,2 
ↄCt.) und in Schwaben von 1810 Pflichtigen 2 (0,1 pCt.) mangel⸗ 
jafte Schulbildung. Das ungünstigste Resultat haben demnach die 
Oberpfalz und Niederbayern geliefert. 
Durch die neue Militärnovelle wird die Stärke der 
der deutschen Armee auf 503 Bataillone Infanterie, 340 BVatte⸗ 
rien Feldartillerie, 31 Bataillone Fußartillerie und 19 Bataillone 
Pioniere erhöͤht. In Betreff der Neuformation der Infanterie— 
cegimenter wird berichtet, daß es in der Absicht der Militärbehörde 
liegt, bestimmte Regimenter festzustellen, welche den Auftrag erhalten 
ollen, eine vollständige Kompagnie aus ihrer Mitte herauszubilden, 
welche sie dann am J. April 1881 zur Bildung der neuen In—⸗ 
fanterieregimenter abzugeben haben. 
Die Abreise des deutschen Kaisers Wilhelm aus Gastein 
erfolgt am 9. August über Aussee, wo ein Besuch bei der Fürstin 
Hohenlohe⸗Schillingsfürst beabsichtigt ist, nach Ischl; hier findet die 
Zusammenkunft mit Kaiser Franz Joseph von Oesterreich statt 
und sodann am 12. August wahrscheinlich die Rückkehr nach Berlin. 
Ausland. 
Der Fürst von Rumänien geht nächstens zum Besuche der 
zsterreichischen Kaiser⸗Familie nach Ischl. Der Fürsi von 
Serbien wird gleichfalls in Ischl erwartet. 
Das Pariser Journal „Le National“ bestätigt, daß die 
frauzösische Regierung angesichts der gerechtferligten Beun—⸗ 
cuhigung, die Jich in der Presse und im Publicum kundgegeben, 
darauf derzichtet habe, 'eine militärische Mission nach Griechenland 
zu senden 
Vermischtes. 
* St. Ingbert, 2. August. Gemäß hohen Erlasses des 
herrn k. Obersta atsanwalts in Zweibrücken vom 15. v. Mis. 
— die Prüfung der Standesregister pro 1879 betr. — wurde 
»er Standesbeamte von St. Ingbert wegen musterhafter Führ⸗ 
ing der Standesregister im Jahre 1879 belobt. 
* St. Ingbert, 3. August. Das Comite für die Ju— 
iläumsfeier unseres bayerischen Königshauses hat in seiner gestrigen 
Sitzung das Programm der Feier definitiv festgestellt. Da dasselbe 
einer Zeit bekannt gegeben wird, so sehen wir für heute von der 
Beröffentlichung ab. 
* St. Ingbert. Die hiesige Lateinschule beging am Sams⸗ 
ag Nachmittag im Grewenig'schen Saale die Feier des siebenhun⸗ 
hertjährigen Regierungsjubiläums des Hauses- Wiittelsbach und in 
berbindung damit die Feier ihres 10-jährigen Bestehens. Der Saal 
var zu diesem Akte von den Schülern der Anstalt mit Tannen⸗ 
eisern, Topfgewächsen und Fähnchen in den bayerischen und deut— 
chen Farben festlich geschmückt. Eröffnet wurde die Feier mit einer 
zierhändigen Klavierpièce. Darauf hielt Herr Subrektor Barnikel 
die Festrede, in welcher er zuerst der vor 10 Jahren stattgehabten 
hründung der Lateinschule und des seitdem sich vollzogenen, erfreulichen 
Aufschwunges derselben, der sich am besten durch die erhöhte Fre— 
quenz bekunde, gedachte. Sodann widmete er dem Andenken seines 
verstorbenen Amtsvorgängers, des ersten Leiters der Anstalt, einen 
varmen Nachruf und wandte sich schließlich in diesem Theile seiner 
Rede mit Worten der Hoffnung und des Wunsches an die Schüler 
der fünften Klasse, die er aus der Anstalt entließ. Im II. Theile 
eines Vortrages gedachte Redner der Geschichte unseres erhabenen 
dönigshauses. Er begam mit der Schilderung der Heldenthat 
Ottos von Wittelsbach in der Berner Klause. Aus der langen 
derrscherreihe der Wittelsbacher hob er die hervorragendsten heraus, 
um sie in kurzem Lebensbilde und in ihren charakteristischen Zügen 
der Versammlung vorzuführen. Seinen klaren und ansprechenden 
Vort rag schloß Redner mit dem Dichterworte: 
„Gott mit Ihm, dem Bay?rnkönig! 
Segen über Sein Geschlecht! 
Denn mit Seinem Volk in Frieden 
Wahrt Er dessen heilig Recht. 
Gott mit Ihm, dem Landesvater! 
Gott mit uns in jedem Gau! 
Gott mit dir, du Land der Bahern, 
Deutsche Heimath weiß und blau!“ 
Es folgten nun noch nach der Reihenfolge des Programms 
Deklamationen, Gesänge und Instrumentalmusikstücke, die sich fast 
ohne Ausnahme den lebhaftesten Beifall der zahlreich Anwesenden 
exwarben. 
— Hassel, 2. August. Unser Gemeinderath hat aus Ge— 
neindemitteln die für die hiesigen Verhältnisse gewiß hübsch zu 
rnennende Summe von 50 Mark bewilligt zur Bestreitung der Kosten 
bei der Feier des Wittelsbacher Jubiläums. 
*Die Betheiligung an dem am 8. ds. Mis. (nächsten Sonntag) 
in Saarbrücken stattfindenden Erinnerungsfeste an die Schlacht 
»on Spichern verspricht eine äußerst großartige zu werden. Tag⸗ 
äglich gehen hierzu Anmeldungen von Kriegervereinen ein, die theils 
n corpore theils durch Deputationen vertreten sein werden. Maun 
rechnet auf circ. 60 bis 70 auswärtige Vrreine, welche an der 
datriotischen Feier theilnehmen werden. 
F Die pfäl zischen Creditgenossenschaften haben an die 
sammer der Abgeordneten eine Vorstellung eingereicht in Betreff 
der in den Gesetzentwürfen über die Gewerbestener und Einkommen— 
stteuer enthaltenen Bestimmungen über die Besteuerung der Ge⸗ 
nossenschaften. 
F Die Zahl der Candidaten, welche sich der im lauf. M. 
tattsindenden Prüfung für den Steuer⸗ und Gemeinde⸗Einnehmerei⸗ 
dienst unterziehen, beträgt, wie der „Pf. Pr.“ gemeldet wird, nicht 
ca. 60, sondern 91, demnach ungefähr ebensoviel als die des letzten 
Toncurses. 
Für die Wittelshacher Landesstifstung gingen bei dem kal—