giere suchten Zuflucht unter den Sitzbünken, aber trotzdem wurde
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in dem allgemeinen Schrecken und der gräßlichen Verwirrung musier⸗
haft. Es that Alles, um die Reisenden vor dem Wüthen der Ele—
mente zu schützen; das Verbandzeug, welches der Zug vorschrifts-
mäßig für etwaige Unfälle mit sich führen muß, wurde hervorgeholt,
die Verletzten verbunden und die Maschine gleichzeitig wieder in
Stand gesetzt, um dem unheimlichen Wetter zu eutkommen. Eine
junge Dame wurde durch eine fast pfundschwere Schlosse, die sie
an dem Kopfe traf, sehr schwer verletzt, wähtend die imeisten übrigen
Verwundungen an den Händen vorkamen, mit welchen sich die
Reisenden das Gesicht zu schützen versucht hatten. Der Zug war
so arg mitgenommen worden, daß die Waggons zur Weiterfahrt
rach Pest untauglich waren und in Temesdar ausgewechselt werden
nußten.
x Vor den Assisen zu Liverpool steht ein Mann mitt—
eren Alters, ohne Arme, wegen Bigamie angeklagt. Im Jahre
1861 war er eine Ehe eingegangen, hatte zwölf Jahre mit
einer Frau gelebt, sah sich aber dann von ihr verlassen. Ohne
Zunde von seiner wenig zärtlichen Hälfte, verheirathete er
ich zum anderen Male. Plötzlich taucht seine erste Ge—
mahlin wieder am Horizonte auf, um sie eine Wolke von Kindern,
die sie nach 1873 geboren. — „Du nimmst mich und meine Kin—
)er wieder zu Dir,“ sagt sie zu dem Erschreckten, „oder ich ver—
klage Dich wegen Bigamie.“ — Der Angeredete zögerte nicht, die
Anklage den Süßigkeiten der Wiedervereinigung vorzuziehen. Vor
Gericht behauptete er, im guten Glauben gewesen zu sein. Ohne
Rachricht von seiner Frau, habe er dieselbe todt geglaubt. „Ueber—
dies,“ schaltete sein Vertheidiger ein, „ist die zweite Ehe formal
nichtig, da der Ritus vorschreibt, daß der Bräutigam den Ehering
an den Finger der Braut steckt und danach der Frau die Hand reicht,
was der armlose Angeklagte selbstredend nicht gethan hatz“ — Unier
ꝛer Heiterkeit der Zuschauer stellt der Richter an den Vertheidiger die
Frage: „Sie glauben also, daß ein Mensch ohne Hände sich überhaupt
nicht verheirathen kann.“ — Nein,“ enigegnete der Gefragte, „eine
tirchliche Ehe ist einem derart Verstümmelten nicht möglich.“ — Der
Vater der ersten Gattin des Angeklagten deponirt, daß bei dem
Trauakt seine Tochter sich den Ehering an die Spitze des Fingers
zesteckt und der Bräutigam mit den Zähnen den Ring an die üb—
iche Stelle gebracht habe. — Der Gerichtshof sprach den Ange⸗
lagten in Ruͤchssicht darauf, daß er sieben Jahre iang ohne Nach⸗
richt von seiner Frau geblieben, von Strafe und Kosien frei.
F Eine Irrenhausszene. Eine entsetzliche Szene hat sich
in der vergangenen Woche in einem Petersbuͤrger Irrenhauͤse ab—
zespielt. Zwei der dort internirten Kranken hatten — ein Plan,
wie er nur in dem blöden Hirn eines Irren entstehen kann —
beschlossen ein Erdrosselungs-Erperiment an sich zu machen, und
war sollte nach Abmachung der eine Irre dem andern eine aus
»em Bettlaken gedrehte Schlinge um den Hals legen, sie anziehen,
zenau alle Erscheinungen, die während des Todeskampfes sich be—
nerkbar machen, notiren, die Pulsschläge zählen u. s. w., und
zierauf später an sich selbst die Prozedur vollziehen. Gesagt, gethan.
Die Schlinge wird dem einen um den Hals gelegt, zugezogen und
aun macht der Beobachter kaltblütig seine Notizen über den Puls—
chlag, die Nerven-Erschütterungen, Gesichtsverzerrungen u. s. w.,
o lange, bis das letzte Zucken vorüber ist; dann begibt er sich, da
hm diese Todesart doch nicht ganz konvenirt, zum Inspektor und
capportirt: „Es ist gelungen, er ist todt.“ „Wer?“ fragt der In—
peltor. „Mein Versuch ist gelungen; ich habe meinen Kameraden
drosselt, mich selbst aber befonnen. Bitte daher, der Polizei daruber
Unzeige zu machen, daß ich einen Menschen getödtei habe.“ Die
Bestürzung des Inspektors, nachdem er sich von der Wahrheit der
Aussage überzeugt hatte, kann man sich leicht vorstellen.
F Aden (Arabien). Der Dampfer „Iddah“ ist auf dem
Wege von Singapore nach Jeddah mit 953 Pilgern an Bord
dei Kap Gardaffi gescheitert. Von Allen sind nur der Kapitän,
eine Frau, drei Offiziere und 16 Eingeborene gerettet hier ange⸗
ommen. (Ist durch nachfolgende spätere Nachricht wiederlegt.)
Aden, 11. August. Der Dampfer, Jeddah“ mit Pilgern
in Bord ist nicht, wie der Capitän, der das Schiff verließ, be—⸗
auptet hatte, untergegangen, sondern ist, durch den Dampfer
Antenos“ in Schlepptau genommen, hier eingetroffen; an Bord
lles wohl.
New-York, 7. Ang. Dr. Tanner hätte also seine
Fastenprobe glücklich überstanden. Nach Beendigung seines Fastens
seute Mittag um 12 Uhr aß derselbe einen Pfirsich, trank ein
vlas Milch und verspeiste dann eine reichliche Quantität Wasser⸗
nelonen in Gegenwart von etwa 1000 Personen, die wiederholt
hren Beifall äußerten. Während des Nachmittags verzehrte er
nußerdem 192 Pfd. Beefsteak. Hierauf ging er ohne Hilfe die
creppe hinunter und fuhr in einet Equipage nach der Wohnung
eines Arztes, wo ihm eine sorgfältige Behandlung zu Theil wurde.
Nachmittags war sein Puls 98, seine Temperatur 99, sein Athem⸗
volen 17 und sein Körbergewicht 1213 Pfund. ACin vom 8.
ds. datirtes New-Yorker Telegramm meldet: Dr. Tanner erholt
sich rasch von den Wirkungen seines langen Fastens. Die bedeu—
lendsten Autoritäten der medicinischen Fakullät in New-York glauben,
daß Dr. Tanner's Fasten ein völlig ehrliches war. Der ehemalige
Beneralarzt William A. Hammond, der züerst ungläubig war, ver⸗
ichert Dr. Tanner in einem ihm überfandten Briefe, er glaube,
er (der Doctor) habe sich getreulich jeder Nahrung außer Wasser
enthalten; daß die Wächter ehrlich, aber zuweilen nachlässig waren;
»aß aber die wissenschaftlichen Ergebnisse unbefriedigend srien, weit
die während der Fastenprobe angestellten Untersuchungen oberfläch⸗
iche und beschränkte waren. Doch wäre genug demonstrirt wor—
den, um die Ansichten bezüglich der Wirkung von Leere auf den
nenschlichen Körper zu verändern. Dr. Marcon Sims, Dr. Alonzo
Flarte und Dr. Frank Hamilton, drei der angesehensten Aerzte in
Amerika haben ihren Glauben an die völlige Echtheit des Fastens
ausgedrückt.
Barnum in New-Yort hat soeben ein in Ohio ge⸗
»orenes Riesenpferd für 200 ppfd. Sterl. gekauft. Dieser vier—
üßige Goliath ist 7 Fuß hoch, wiegt 2150 Pfund und ist das
zrößte Pferd, das man kennt.
x Traurige Nachrichten langen aus Amerika über das
Schicksal der in diesem Frühjahr zu Tausenden ausgewanderten
Bauern aus Posen ein. Die polnischen Ausgewanderlen sind hier—
nach zum bettelnden Proletariat herabgesunken oder theilweise gar
untergegangen und gestorben oder, wie es drüben heißt; sie starben
aus Heimweh!
TGruben-Tiefe. Welche außerordentliche Tiefe die
Bruben Nevada's erreicht haben, ergiebt fich aus folgenden Mit⸗
heilungen des .Scientifie American⸗ Es sind tief: die Utah
1980, die Sierra Nevada 2500, die Union Consolidated, die
Mexican und die Ophir jede 2500, die Consolidated Virginia und
die California jede 8300, HYellow Jacket 3000, Belcher 83000, die
Frown Point und die Consolidated Imperial-Grube jede 2800 Fuß.
Gemeinnütziges.
Ein einfaches Desinfectionsmittel giebt Herrmann Krätzer
m „Leipz. Tgbl.“ an: Um Miasmen (Ansteckungs⸗, Krankheils-,
Zeuchestoffe) zu zerstören, die sich besonders in der warmen Jahres⸗
eit über den Senkgruben und an den Ablagerungsorten leicht ver⸗
vesender Abfallstoffe bilden, benutzt man gegenwärtig Desinfections⸗
nittel, die durch ihren Geruch mehr oder weniger unangenehm auf
ie Nerven einwirken. Wir empfehlen unseren Lesern ein Mittel,
velches, ohne nur im Geringsten zu riechen, dennoch ausgezeichnei
»esinficirende Eigenschaften zeigt und namentlich Landleuten nicht
Jenug anempfohlen werden kann. Um nämlich einen nur wenig
Raum einnehmenden Ort zu desinficiren, nehme man 1 Kilo fein⸗
Jestoßenen, in jedem Kräutergewölbe käuflich zu erhaltenden Eisen⸗
aitriol und menge selbigen mit 1 Kilo Gyps. Diese Mischung
hringe man in ein Gefäß, z. B. einen Eimer, in welches man
aunmehr 5 Liter zum Sieden gebrachtes Regen⸗ oder Flußwasser
inter beständigem Umrühren nach und nach eingießt. Nachdem
diese Lösung ca. 5 Minuten lang üüchtig umgerührt worden ist, gießt
man sie in die Senkgrube oder über den zu desinficirenden Ort.
Wir machen nochmals unsere geehrten Leser auf dieses billige, leicht
derwendbare Desinfections⸗Verfahren aufmerksam.
Ein neues Experiment bei der Verschiffung von frischem
Fleisch. Aus Quebeck wird, nach dem „Landw. Anz.“ gemeldet,
»aß man dort ein neues Erperiment bei der Verschiffung von frischem
Rindfleisch nach Europa angewendet habe. Die zum Export be⸗—
timmten Rinder werden, nachdem ihnen der Kopf abgeschnitten und
ie Eingeweide herausgenommen wotden sind, unzerlegt in mit Re⸗
rigatoren versehenen Schiffen untergebracht. Erst am Bestimmungs⸗
orte wird die Haut abgezogen und das Thier zerlegt. Es wird
zeltend gemacht, daß sich derartig behandeltes Fleisch länger frisch
rhalte und ein besseres Aussehen bewahre, als das in der bisher
üblichen Art und Weise verschiffte.
Das Schweißen des englischen Gußstahls. Nach Ph. Rust
rhitzt man ein Gemenge von 244 Theilen Borax und 60 Theilen
Zalmiak in einem Porzellan- oder Eisengefäß allmälig bis zum
Schmelzen im Krystallwasser, hierauf unter stetem Umrühren weiter,
zis der Ammoniakgeruch fast gänzlich verschwunden ist, indem man
yon Zeit zu Zeit das verdunstete Wasser ersetzt. Hierauf setzt man
jepulvertes Blutlangensalz und Colophonium zu und erwärmt unter
ortwährendem Umrühren. Das Colophoniuim, das ursprünglich
benauf schwimmt, vereinigt sich mit der Masse und bald darauj
nimmt sie die Form eines dicken Breies an; gleichzeitig tritt ein
chwacher Cyangeruch auf. Nun wird das Erwaͤrmen unterbrochen,
im eine weitere Zersetzung des Blutlaugensalzes durch die Borsaure
ju verhindern; hierauf hebt man die Masse aus und bringt sie,
im besten in Brocken, auf ein Eisenblech, auf welchem man sie
urch sehr gelindes Erwärmen trodnet. Zum Gebrauche wird die
nöthige Menge der Schweißmasse gepulvert auf den zu schweißen⸗
xen hellrothglühenden Gegenstand gestreut, dieser zur starken Gelb⸗
Mlühhitze gebracht und daun wie gewöhnlich geschweißl