Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sf. Ingberler Anzeiger. 
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M 131. 
Dienstag, den 17. August 
1880. 
Deutsches Reich. 
Aus Berlin schreibt man der „A. Z3.“: „Alle Angaben, 
daß die Wehrsteuer von der Coburger Finanzminister⸗Conferenz 
acceptirt worden sei, sind ungenau. In Coburg sind nur die Er— 
räge beziffert worden, welche nach Deckung der Reichsausgaben 
Ueberschüsse liefern würden. Die Wehrsteuer blieb dabei außer 
Betracht. Als feststehend gilt, daß die jetzigen, auch die nach dem 
neuesten Zolltarif erzielten Einnahmen nicht hinreichen, um die 
zurch die Militärnovelle erhöhten Ausgaben zu decken.“ (Sehr 
röstlich!) 
Der württembergische,Staatsanzeiger“ theilt aus zu⸗ 
verlässiger Quelle mit, das Reichsjustizamt werde demnächst an die 
Bundesregierungen eine Mittheilung in Bezug auf die Revision der 
Reichsgesetze über das Gebührenwesen ergehen lassen. (Gut. daß es 
endlich geschieht!) 
Zweihundert Offiziere aller Waffengattungen aus dem Aktiv⸗ 
und Pensionsstande der deutschen Armee sollen sich, wie man 
der „Vossischen“ mittheilt, zum Eintritt in die türkische Armee ge— 
meldet haben. Selbstverständlich kann nur ein kleiner Theil dieser 
Herren berücksichtigt werden, und wird die Wahl nur auf aktive 
Iffiziere fallen. 
des Musikvereins ist zu derselben gegen Entréͤe der Zutritt gestattet. 
Pir zweifeln nicht daran, daß recht Viele die hierdurch gebotene 
Helegenheit zu einem genußreichen Äbend benützen werden. 
Im Monat Juli ds. Is. vereinnahmten die Pfälzischen 
Lisenbahnen mehr gegen die gleiche Zeit des Jahres 1879 
N. 45 388,17. In den 7 bereits verflossenen Monalen do. Is. 
eträgt die Kinnahme gegenüber den 7 ersten Monaten des Ihrs. 
1879 ein Mehr von 707 914 M. 32 pf. 
Das pfälz. Lehrerwaisenstift zählt in diesem 
Jahr 1011 Miiglieder mehr gegen 994 im Vorjahr. I 
x Nach dem soeben erschienenen „Kreisamtsblatt der Pfalz“ 
Nr. 46 ist die Eröffnung der Jagd auf Feldhühner und Wach⸗ 
eln auf den 19. ds. Mis. und jene auf Hasen auf den 15. Sep⸗ 
ember festgesetzt. 
F Heute (Dienstag) verläßt das kgl. b. 2. Jägerbataillon 
Zweibrücken, um sich zu den Herbstmanövern nach Unier— 
franken zu begeben. 
Ein Präparandenschüler aus Morschheim, ein durchaus 
hraver und gut qualifizirter junger Mann, der in nächster Zeit sich 
der Aufnahmsprüfung in das Schullehrerseminar zu Kaiserslautern 
anterziehen sollte, hat sich dieser Tage aus bis jetzt unbekannter 
Ursache erh ngt. 
FBensheim. Die hiesige Schulbehörde hat die Anord— 
ung getroffen, nach welcher mit einbrechender Nacht kein Schulkind 
ohne Auftrag der Eltern sich auf der Straße mehr aufhalten darf; 
Wirthshäuser, öffentliche Tanz-Belustigungen dürfen Schulkinder gar 
nicht, Theater aber nur in Begleituͤng ihrer Eltern und Pfleger 
besuchen. 
fIn Ober mohr verunglückte der Ackerer Johann Schneider 
dadurch, daß ein Pferd scheute und ihm die Wagendeichsel mitten 
zurch den Leib rannte. 
F. Daß nicht immer das Billigste das Beste ist, mußte dieser 
Tage ein angesehener Bürger in Kaiserslautern erfahren. 
Derselbe sah ein nettes Haͤhnchen, dem Nachbar gehörig, in seinem 
Harten, so schön, daß ihm vor Lust nach dem gebratenen Korpus 
der Mund wässerte. Kurz entschlossen fing er es ein und brachte 
ss in die Pfanne, sich des Augenblids freuend, wo er es mit 
Wohlbehagen verspeisen könne. Aber noch war die Sache nicht so⸗ 
veit gediehen, als urplötzlich der Nachbar, welcher Wind bekommen, 
erschien. Es erfolgten hierauf nichts weniger als freundschaftliche 
Auseinandersetzungen, die damit endigten, daß der Morder des 
hähnchens 100 M. als Entschädigung jahlen mußte. Ein theurer 
Braten. 
An das Bürgermeisteramt Heuchehhe im wurden bis 
um 13. August 29,000 Mäuse uͤnd 180 Hamster abgeliefert. 
Für die Mäuse wurde pro Stück 1 Ppf. für alte Hamster'I0 Pf. 
und für junge 5 Pf. pro Stück vergütet. d 
FAmSonntag Morgenbrannten in Speyer 
drei Häuser und eine mit Getreide angefüllte Scheuer ab. 
FDem Hauptkonzerte auf dem'6. pfälzisch. 
Sängerfeste zu Ludwigshafen wohnte auch S. Exz. 
Herr Regierungspräsident v. Braun an. 
An den Gesammichören des 6. pfälz. Sängerfestes be— 
theiligten sich im Ganzen 854 Sänger und zwar nach Stimmen 
ausgeschieden 209 J., 208 II. Tenore, 214 J. und 223 II. Bässe. 
In musikalischer Beziehung nahm das Fest einen glänzenden Ver— 
auf, und auch in finanzieller Hinsicht dürften sich die in Lu d⸗ 
wigshafen datan geknüpften Hoffnungen erfüllt haben. 
F Das Dorf Eg glfing bei Staptamhof ist am 9. ds. 
jast gunzlich niedergebrannt. 
. Im Berliner anthropologischen Congreß sprach u. a. Dr. 
darl Mook aus der Pfalz über die „Neuzeit und Aegypten.“ 
Derselbe verwickelte sich in seinem Vortrag aber in persönliche Pole⸗ 
nit, weshalb ihm Geheimrath Dr. Virchow das Wort entzog, wo⸗ 
cauf Dr. Mook seinen Austritt aus der Gesellschaft erklärie. 
F Aus Hirschberg Echlesien), 12. August, wird der 
„Nat.«Ztg.“ gemeldet: „Heute früh entgleiste in Folge der durch 
gestriges starkes Gewitter lose gewordenen Schienenunferlage ein⸗ 
Ausland. 
Die französische Zeitung „Siecle“ sagt bei einer Be— 
prechung der Commentare der ausländischen Bläuer über die Rede 
Hambetta's in Cherbourg: „Frankreich will den Frieden. Wir 
ind überzeugt, Gambetta kennt zu genau die Gefühle des Landes, 
um sich auf eine unbesonnene Politik einzulassen, deren einziger 
Vertreter er sein würde.“ (Die Ansichten über die Revanche sind 
„ffenbar getheilt in Frankreich; aber wenn Gambetta es für ange⸗ 
messen hält, die Revanche zu proklamiren, dürfen wir uns schon 
yorsehen; denn in Frankreich eher als anderswo werden die Ruhi⸗ 
gen von den Hitzköpfen leicht überschrien. Und daß in Gutem 
der Gambetta'schen „Gerechtigkeit“ zu Liebe Elsaß⸗Loihringen zu⸗ 
rückgegeben wird, das wird er selbst nicht glauben. Von solcher 
„Gerechtigkeit“ haben die Franzosen auch nie etwas wissen wollen, 
o lange sie das durch Ludwig XIV. gestohlene Straßburg inne 
hatten. 
Zur orientalischen Angelegenheit ist die in Ischl erfolgte 
Zusammenkunft des Fürsten von Rumänien mit dem Kaiser von 
Desterteich die interessanteste. Der Fürst von Serbien ist bekanntlich 
cchon seit einigen Tagen dort anwesend und hat auch die Begrüß- 
ung des deutschen Kaisers mitgemacht. In Rußland wird man auf 
jenen Anschluß der beiden mächtigsten christlichen Souveräne der Bal⸗ 
anhalbinsel an das österreichisch-⸗deutsche Bündniß etwas scheel sehen. 
Fine Nachricht der offiziösen Prager Bohemia“ über den Abschluß 
einer russisch⸗rumanischen Konvention wegen russischen Truppen- 
urchzuges scheint eine Art von Nachhall früherer Eventualitäten 
zu sein; der nach Bukarest in der Donauangelegenheit ergangene 
Berliner „kalte Wasserstrahl“ hat wohl auch jenem russischen Plan 
ꝛin Ende gemacht. Was die Türkei übrigens betrifft, so hat sie 
hren bisherigen Zögerungen in der montenegrinischen Frage durch 
das Verlangen eines weiteren vierzehntägigen Aufschubes die Krone 
aufgesetzt. Es kommt darauf ührigens auch nicht weiter an. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Wie wir hören, besteht dahier die Ab⸗ 
icht, einn Gewerbe⸗-Verein in's Leben zu rufen. Bei den 
unverkennbaren mehrseitigen Vortheilen eines Gewerbebereins für 
»en Gewerbetreibenden ist dieses löbliche Unternehmen gewiß mit 
Freuden zu begrüßen. In den meisten pfälzischen Städten bestehen 
chon seit längerer oder kürzerer Zeit Gewerbebereine und werben 
iber deren Wirksamkeit nur Stimmen der Anerkennung laut. 
Hoffentlich findet die Gründung eines solchen auch in den hiesigen 
vetheiligten Kreisen die wünschenswerthe Unterstützung. 
*Vielseitig geaußertem Wunsche entsprechend, wird der 
„Musikverein“, unterstützt von den Activen der „Gemüthlichkeit“, 
das vor kurzem aufgeführte Schauspiel P reciosa“ Ende dieses 
Monats wiederholt zur Aufführung bringen. Auch Nichnaliven