Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Slt. Ingberler Nnzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal? Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementsvreis betragt vierteljahrlich 
1Aß 40 B einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1I A 60 B, einschließlich 40 Zustellgebühr. Anzeigen werden mit 10 Z, von Auswärt 
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blatischrift oder deren Raum, Reclamen mit 30 B pro Zeile berechnet. 
A 15. 
Sonnt 8 α— 
1880 
Deutsches Reich. 
Bei einer am Mittwoch im Finanzausschuß der Kam— 
mer der Abgeordneten stattgehabien Berathung des Etats der 
Telegraphenanstalt hat sich die Majorität für die von der Staats⸗ 
regierung beabsichtigte Erhöhung des Tarifes von 3 auf 5 Pfen⸗ 
nige für das Wort ausgesprochen, während die liberalen Ausschuß⸗ 
mitglieder sich gegen die Erhöhung erklärten. 
Berlin. Dem Bundesrathe ging eine Vorlage über Er— 
zünzung und Aenderung des Reichs militärgesetzes zu, wonach 
vom 1. April 1881 ab die Infanterie in 503 Bataillonen, die 
Feldartillerie in 340 Batterien, die Fußartillerie in 31 Bataillonen 
und die Pioniere in 19 Bataillonen formirt sein sollen. Neu er⸗ 
richtet würden demnach 11 Infanterie- Regimenter (8 preußische 
bayerisches und 2 sächsische, 1 preußisches Fußartillerie⸗Regimen⸗ 
und J preußisches Pionierbataillon; ferner treten zu den bereite 
bestehenden Formationen 32 Feld⸗Batterien (24 preußische, 4 baye⸗ 
rische, je 2 sächsische und württembergische) neu hinzu. Die hier⸗ 
durch erwachsenden dauernden Ausgaben betragen 17,160,242 M., 
die einmalige Ausgabe beträgt 26,713, 166 M. Weiter bestimmt 
die Gesetzesvorlage, daß die Friedenspräsenzstärke von Anfang April 
1881 bis Ende März 1888 ein Procent der Bevölkerung nach der 
Volkszählung von 1875 betragen soll, wodurch sich die jetzige Prä⸗ 
senzstärke von 401, 000 auf 427, 250 Mann erhöhen würde. Das 
zessische Infanterie-Regiment Nr. 116 (Gießen) das blos 2 Ba⸗ 
laillone hat, soll um ein drittes Bataillon vermehrt werden. Die 
Mannschaften der Ersatzreserve erster Classe sollen im Frieden zu 
llebungen einberufen werden. Diejenigen, welche bereits Uebungen 
abhielten, sollen während der gesammten Dauer der Ersatzreserde⸗ 
pflicht in der Ersatzreserve erster Classe bleiben. Die Uebungspflicht 
soll sich auf vier uͤebungen erstrecken, wovon zwei je acht Wochen, 
die letzten zwei nicht unier zwei Wochen dauern sollen. Die Mo—⸗ 
— Armeereformen der Nachbarstaaten 
hin, hinter welchen selbst nach den neugeforderten Heeres⸗Erhöhungen 
Deutschland bezůglich der Infanterie und Artillerie noch zurückbleibe 
Angenehme Bescheerung!) 
Der preußische Cultusminister erließ ein strenges Verbot 
zegen das Erscheinen von Schülerzeitungen zufolge der jüngsten 
Verbreitung eines solchen Blattes von Leipzig aus. (Es handeli 
sich um ein für die obern Schulen bestimmie Zeitung.) 
Das Reichsschagamt veranschlagt das Plus der Einnahmen 
an Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen für das nächste Elats 
jahr auf 55, 498,110 Mk. Der nächstjährige Etat des Reichs« 
Invalidenfonds veranschlagt die Ausgabe auf 32,098,512 M. 
die Einnahme auf 28,826,223 M., weshalb 8.272. 289 M. Ka⸗ 
vitalszuschuß erforderlich. 
Nach einer von der Reichs⸗Admiralität veröffentlichten Liste 
der Reichsschiffe zählt die deutsche Kriegsflotte an 
Schlachtschiffen: 8 Panzerfregatten (einschließlich des versunkenen 
Broßen Kurfürst) und 4 Panzerkorvetien; an Kreuzern: 11 gededte 
Forvetten und 83 Glattdedskordetten, 2 Kanonendooe der Aldaneees 
klasse und 7 desgleichen erster Klasse; an Küstenvertheidigungs- 
Fahrzeugen: 1 Panzerfahrzeug, 8 Panzerkandnen⸗, 6 Torpedo⸗ 
und 4 Kanonenboote, letzie zweiter Klasse; feiner 7 Avisos, 2 
Transportfahrzeuge, 10 Schulschiffe; für den Hafendienst: 9 Dampf⸗ 
fahrzeuge, 83 Kafernenschiffe, 8 Lotsenfahrzeuge und Feuerschiffe 
jusammen 95 Schiffe und Fahrzeuge. Außer diesen sind im Bau 
1 Vanzerkorvette, 8 Panzerianonenboote und 4 Glattdedskorvetten. 
Eine in Dublin abgehaltene Versammlung irischer Par— 
lamenismitglieder hat eine Resolution angenommen, in welcher die 
Sympathie mit den nothleidenden Bauern im westlichen Irland 
ausgedrugt und Unterstützung im Kampf um den eigenen Herd zu⸗ 
gesagt. Wie der Kampf um den eigenen Herd“ zu verstehen ist 
illustrirt eine Nachricht, der zufolge die Fenier zwei in Nordameriio 
mit Kanonen, Munition und Waffen aller Art ausgerüstete Schiffe 
bereit halten sollen; befreien werden sie damit die „grüne Insel“ 
freilich nicht 
geordneten unterzeichnet. Im vorigen Jahr zählte der nämliche 
Antrag 87 Unterschriften. 
Madrid. Die Abgeordnetenkammer nahm mit 280 gegen 
10 Stimmen den Gesetzentwurf wegen Abschaffung der Sklaverei an. 
Der „Standard“ bringt die Nachricht, daß die Rufssen aufs 
Neue von den Turkmenen geschlagen und zur Räumung von 
Tschilischlar gezwungen seien. Gesetzt, daß die Meldung auf 
Wahrheit beruht, so ist es ziemlich gewiß, daß nicht nur die in 
Tschikischlar angehäuften ungeheuren Kriegsvorräthe entweder im 
Stich gelassen oder verbrannt wurden, sondern daß der Verlust der 
Russen sehr groß war. 
Vermischtes. 
*Sit. Ingbert, 24. Jan. Ein unheimlicher Gast ist 
hier eingekehrt: Scharlach und Halsbräune. Zwei Kinder einer 
Familie sind beinahe gleichzeitig demselben zum Opfer gefallen; 
zwei andere Kinder derselben Familie liegen noch krank darnieder. 
F Der diesjährige Monat Feobruar zeichnet sich nicht 
nur dadurch vor den gleichen Monaten eines „gemeinen“ Jahres 
aus, daß er 29 Tage zähli, er ist vielmehr auch noch ganz be— 
sonders durch den Umstand begnadet, daß er fünf Sonntag e um—⸗ 
jfassen wird. Es ist dies ein Fall, der in jedem Jahrhundert nur 
drei, höchstens vier Mal vorlommt, im gegenwärtigen in den Jahren 
1825, 1852 und 1880. Dann wird der Fall erst wieder 1920 
vorkommen. Der Schaltag ist in diesem Jahre der dritte Fest⸗ 
onntag Okuli, was noch Riemand von uns erlebt hat. Denn es 
ist seit 1728 (vorher 1540) nicht vorgekommen, tritt aber 1948 
für die ein, die noch 68 Jahre leben. Es ist also gegenwärtiges 
Jahr in unserem Jaͤhrhundert ein kalendarisches Unikum. 
F.Der im Mondat April 1. Is. vorzunehmende Remonte⸗ 
Ankauf, welcher sich auf 34 biährige Reil⸗ und Artillerie ⸗Zug⸗ 
pferde erstrect, wird an den nachbenannten Tagen und Orten Stait 
inden: 2. April in Langenkandel, 8. April in Offenbach, 5. April 
in Pirmasens, 6. April in Zweibrücken, 7. April in Homburg. 
8. April in Landstuhl, 9. April in Frankenthal. 
F. Um die erledigte Rabbingtssielle Kaiserslautern haben 
sich, wie der Ksrsl. J.“ mitgetheilt wird, 19 Candidaten aus 
aller Herren Ländern beworben darunter Polen Ungarn ꝛc. und 
ein Pfälzer. 
Der „Kaisersl. Zig.“ entnehmen wir folgendes Geschicht⸗ 
hen: Zwei Handwerksburschen, der eine dvon Imsbach, der andere 
von Zell, wollten gemeinschaftlich auf Reisen gehen. Unterwegs 
stahl der Imsbacher, der keine Papiere hatte, die Legitimation 
eines Reisegefährten. Aber die strafende Nemesis ereilte denselben 
chnell. In Landstuhl wurde der Imsbacher von einem Gendarmen 
nach seinen Papieren gefragt, wobei er natürlich die gestohlenen 
porzeigt. Nun war der Zeller aber wegen Landstreicherei zu drei 
Wochen Arrest verurtheilt, der Gendaru glaubte natürlich den 
Rechten erwischt zu haben und stecte ihn bei. Einige Tage nach- 
her meldete sich der Bestrafte von Zell und da kam die ganze Ge⸗ 
schichte an den Tag. Der Imsbacher aber hat sich jetzt wegen 
Diebstahls, Betrugs und Landftreicherei zu verantworten. 
Speyer. Als ein Zeichen der Zeit darf es wohl be⸗ 
trachtet werden, daß bei der am Dienstag und Mittiwoch statige⸗ 
undenen Versteigerung der Paul Moͤrser'schen Concursmasse wenig 
Kauflust herrschte. Sowohl das Bier als auch das Invbentar ging. 
man kann wohl sagen, spottbillig ab. So lam z. B. ein dube 
Bier auf 1 Mi. ( Mezu stehen. (Pf. 3) 
f Rhein, Main, Nedar, Nahe und andere groͤßere und 
kleinere Flüsse gehen seii einigen Tagen wieder mit Treibeis.! 
FeEin achtzigjähriges Dienstjubilaum, einen gewiß 
außerst seltenen Jubilaumstag, konnte unlangst eine greise Magd 
in Bruchsal, im Großherzogthum Baden, feiern. Die Jubilarin 
ist bereits dreiundneunzig Jahre alt, war also mit ihrem dreizehnten 
debensjahr als Magd thaätig, und zwar diese volle achtzig Jahr⸗ 
hindurch im Dienste ein und derselben Familie. So sah sie ganz⸗ 
Kenerationen beranwachsen An ibrem Iubliga- wurde di⸗ Rr⸗ise 
Ausland. 
Nnavz D ee Amnesti⸗ 0 von 40 45b.