Sf. Ingberler Anzeiger.
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M3 142. Sountag, den 3. September
1880.
α
Deutsches Neich.
Augsburg, 2. Sept. Der Kronprinz des Deutschen
Reiches ist mit der Generalität, hierunter General v. d. Tann,
um 584. Uhr hier eingetroffen. Er begrüßte mit herzlichem Hände—
druck den Prinzen Ludwig von Bayern und unterhielt sich lange
nit demselben und sodann mit dem Bürgermeister Fischer. Der
Kronprinz fuhr hierauf in einem königlichen Wagen an der Seite
des Prinzen Ludwig unter lebhaften Hochrufen der dichtgedrängten
Menschenmenge durch die festlich beflaggten Straßen nach seinem
Absteigequartier, dem Gasthof „Zu den drei Mohren“.
Aus Berlin wird berichtet, daß die Mehrzahl der Gruppe
Völk Schauß nach dem Austritt der Hauptvertreter der Frei—
jandelspartei gesonnen sei, sich der nationalliberalen Partei wieder
anzuschließen.
Die „Nat.-Lib. Korr.“ das Organ der Liberalen unter
v. Bennigsen's Führung sucht vergeblich in dem Manifeste
der aus der nationalliberalen Partei Ausgeschiedenen GBamberger,
Stauffenberg, Rickert ꝛc.) nach Aufschlüssen, welche den Austritt
rechtfertigen könnten, und kommt zu dem Schluß:
„Nach Alledem müssen wir gestehen, in dem Hinweise auf
die Erfahrungen der letzten beiden Jahre eine überzeugende Be—
gründung der Nothwendigkeit des Austrittes nicht finden zu können.
Eine andere Möglichkeit, den Schritt zu erklären, ließe sich nur in
der Weise denken, daß die Sezessionisten für die Zukunft die Forder—
ingen stellten, über welche eine Verständigung in der alten Fraktion
nicht zu erzielen gewesen wäre. Aber in dieser Beziehung ist das
borliegende Manifest so gehalten, daß die ganze nationalliberale
Frakt ion es getrost würde unterschreiben können. So bleibt uns
denn nur übrig, die Thatsache der Sezession hinzunehmen, ohne
ihre Nothwendigkeit begreifen zu können. Selbstverständlich be—
weifeln wir keinen Augenblick, daß die hochgeachteten Männer, um
welche es sich handelt, ihre Entschließungen nur nach gewissenhafter
Ueberzeugung gefaßt haben. Selbstverständlich auch werden wir,
aachdem der Austritt einmal geschehen, redlich bestrebt sein, für
unser künftiges Verhältniß zu ihnen nicht die trennenden, sondern
die einigenden Momente maßgebend sein zu lassen. Aber mögen
sie auch uns unsere gewissenhafte Ueberzeugung nicht verargen, nach
welcher wir ihnen sagen müssen, daß sie einen schweren Fehler be—
zangen, für dessen die liberale Sache gefährdende Folgen sie allein
die Verantwortung zu tragen haben werden.“
Der „Bad. Landesztg.“ zufolge sprach sich der Abgeordnete
o. Bennigsen (Führer des rechten Flügel der Nationaluͤberalen)
pelcher auf der Rückreise aus der Schweiz bei dem Abgeordneten
diefer in Freiburg zufällig auch mit den Abgg. Böttcher (Waldech),
Bolza (Vertreter von Bergzabern- Germersheim) und Buͤsing zu—⸗
ammentraf, anläßlich dieser Begegnung dahin aus, daß er die
Zezejssion als gefahrvoll für die liberale Partei
betrachte. Bennigsen bezeichnete ferner das Gerücht von Unter—
handlungen mit ihm wegen Annahme eines hohen Reichsamtes als
Erfindung; ebenso unrichtig sei die Meldung der „Vossischen Zeit—
ang“, daß er (Bennigsen) vorübergehend von der parlamentarischen
Wirksamkeit zurücktreten wolle; er sei im Gegentheil entschlossen,
die Partei zu kräftigen im Reichstage wie im Landtage.
RNach den bisher getroffenen Dispositionen gedenkt der deutsche
Kaißer eiwa am 22. d. M. sich von Berlin nach Baden⸗
Baden zu begeben. Die kronprinzlichen Herrschaften gehen Ende
dieses Monats nach Kiel, um dort den heimkehrenden Prinzen
Heinrich zu empfangen. Wahrscheinlich werden dort auch der
Prinz Wilhelm und seine Braut anwesend sein. Der Prinz Hein⸗
ach wird sich sodann unmittelbar zum Kaiser nach Baden begeben. —
ee — 2333 — Königspaares und des Kron⸗
n Rudolf von Oesterreich werden am iner än⸗
jende Feste vorbereitet. Berlinet Hofe glan
Ausland.
al englische Weltblatt „Times“ bespricht den
aß des Kaisers Wilhelm an die deutsche Armee mit wärm⸗
dr Sspahe Sie zählt dabei die großartigen Erfolge der deut⸗
ee auf und schildert den Unierschied zwischen Deutschland
bor und nach 1870. Sie bewundert die rastlos ununterbrochene
Thätigkeit des deutschen Generalstabes, dem gar nichts entgeht und
»er alles für Deutschlands Nutzen ausbeutet. Allein die „Times“
ommt trotzdem zu dem Schlusse, daß die unendliche jährliche Blut⸗
teuer Deutschland fast paralysire und den Fortschritt auf anderen
hebieten unmöglich mache. Die Gefahren, welche vielleicht Deutsch—
and drohen, mögen groß sein und vielleicht ziemlich bald realisirt
verden, allein selbst die Realisirung der größten Gefahren könnte
aum verderblicher für die Nation sein, als die Versicherungsprämie,
velche jetzt hierfür bezahlt wird. (7)
Vermischtes.
4 Der eben im Druck erschienene Jahresbericht der pfäl—
ischen Handels- und Gewerbekammer für 1879 enthält auf
64 Oktapseiten ein reiches Material interessanter Notizen. Sehr
zeachtenswerth ist ein Vergleich zwischen den directen Staatssteuern
ohne Kreisumlage und Hebgebühr), welche die Pfalz i. J. 1869
ntrichtete, und denen, welche sie i. J. 1879 bezahlt hat. Die
irekten Staatssteuern der Pfalz stiegen in diesem Jahrzehnt von
,637,684 M. auf 2,100,961 M., also um 26,7 pCt.; speziell
zie Gewerbesteuer ertrug von diesen Summen im Jahr 1869 nur
85,989 M., im Jahr 1879 aber 435,946 M., ist also um
32 pCt. gestiegen, sie machte in ersterem Jahr 17,*3 pCt. der ge⸗—
inmien direkten Staatssteuer aus, im Jahr 1879 aber 204 pCt.
der Jahresbericht führt dann noch in einer Tabelle die Beträge
uuf, welche an Staatssteuern überhaupt und an Gewerbesteuer ins-
zesondere auf 25 der bedeutensten Orte der Pfalz im Jahr 1869
ind im Jahr 1879 trafen.
m. Aus dem Kanton Waldmohr. Als Ergänzung und
Berichtigung muß zu der Korrespondenz „Aus dem Kantone Wald⸗
nohr“ in Nr. 139 dieses Blattes, bie Wittelsbachfeier in Miesau
ind Umgegend betreffend, bemerkt werden, daß auch die Schulen
von Elschbach und Nanzdietschweiler der Feier anwohnten und daß
zie Gemeindeverwaltung von Schönenberg, wahrscheinlich angeregt
zurch das gute Beispiel der übrigen Gemeinden, nachträglich
hrer Schuljugend die üblichen Bretzeln noch zukommen ließ.
In Pirmasens feierte am 1. ds. Mis. der quiesc.
dehrer Peter Serr mit seiner Ehefrau das Fest der goldenen Hoch—
eii. Die Jubilare sind noch rüstig. Der Ehe entsproßten 7 Kinder,
velche alle hevorzugte und angesehene Stellungen einnehmen, aber
zuch fast über alle Welttheile zerstreut sind. Herr Serr wirkte bis
vor wenigen Jahren in Pirmasens als Schullehrer und ist heute
noch als Schreiblehrer dem Lehrversonal der dortigen Lateinschule
eigeordnet.
Kaiserslautern wird seine diesjährige Sedansfeier,
da in der letzten Woche die Stadt in Folge der zweier größeren
Feste (Einweihung des Gewerbemuseums und Wittelsbachfest) sehr
n Anspruch genommen war, heute Sonntag, 5. Sept., begehen.
In Feilbingert spielte ein Knabe mit einer Piftole
ind erschoß dabei „im Scherz“ ein sechsjähriges Kind.
p'In Neustadt hat der Wirth Kielhöfer als zweite
iesjährige Frucht eines Kirschbaumes reife Kirschen.
In Heuchelheim stürzte ein Drescher, der schon seit
ängerer Zeit auf dem Futterboden der Scheune schlief, von seinem
achtlager auf die Tenne herab und war sofort eine Leiche.
4Auf dem Friedhofe von Annweiler hat am Donnerstag
zie Einweihung des für die im Gefecht bei Rinnthal am 17.
zuni 1849 Gefallenen errichteten Denkinals, eine von Hrn. Bild⸗
auer Menges in Kaiserslautern ausgeführte trauernde Germania,
em bekannten Programm gemäß unter außerordentlich starker Be⸗
heiligung auswäͤrtiger Besucher Statt gefunden. Die Festrede hielt
Ir. Pfarrer Heinrich Piton.
P Zu der gestern mitgetheilten Wettgeschichte aus Landau
zerichtet der „Eilbote“ weiser, daß der unglüdliche Hahn behufs
enauerer Unlersuchung getödtet werden mußte; die Kosten dieser
Intersuchung mit 1M. 50 Pf. hatte der Albersweilerer Ornithologe,
em es bei seinem Schaden natürlich an Spott nicht fehlte, auch
noch zu tragen.