Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

kommen. Das ist Unsinn aber ein nicht ganz ungefährlicher, wie 
die gemeldete Enideckung von Dynamit auf englischen Eisenbahn⸗ 
schienen beweist. (S. Verm.) Lord Macaulay's berühmter „Neusee⸗ 
under auf den Trümmern von London“ wird noch sehr lange eine Phan⸗ 
lasie bleiben, einstweilen aber haben sich die Engländer in Irland 
selbst eine einigermaßen neuseeländische Gesellschaft großgezogen. 
Petersburg, 14. Sept. Die russische Artillerie soll 
gänzlich reorganisirt werden. Es werden nämlich anstatt der bis— 
herigen Batterien mit acht, solche mit nur sechs Geschützen bestehen; 
je vier Batterien werden ein Regiment und je 2 Regimenter, d. i. 
418 Geschütze, eine Brigade bilden. Die Brigaden werden von General⸗ 
majoren, die Artillerieregimenter von Obersten und die Batterien 
bon Oberstlieutenants und Hauptleuten kommandirt werden. 
Vermischtes 
Der pfälzische Müllerverband hält seine Ge— 
neralversamminng Sonntag den 26. September Vormittags 11 
Uhr bei Herrn Heinrich Corell im Schönthal bei Neustadt a. H. ab. 
4 Bie diesjährige Hauptversammlung des „Pfälzischen 
Bienenzuchtvereins“ wird kommenden 21. September zu 
Königsabach bei Gastwirth Franz Theodor Dilg, zur Krone, 
abgehalten werden. 
Neustadt, 12. Sept. In der heutigen Versammlung 
der deutschen Volkspartei wurden folgende Herren in den Ausschuß 
gewählt: Hohle, Rohr, Rink Kaiferslautern), Kobelt (Kirchheimbo— 
unden), Streuber (Reustadt), Ottmann (Hochspeier), Schäfer 
(Speier), Mohr (Zweibrücken), Scheu (Standenbühl), Göhring 
Frankenthal), Hein, (Gundersweiler) und Wilhelm (Maikammer). 
Der Ausschuß konstituirte sich sofort und wählte Herrn Hohle zum 
Vorsitzenden, Herrn Ottmann zu dessen Stellvertreter, Herrn Rohr 
—ä Ausschuß den Beschluß, dem⸗ 
nächst in Hochspeier wieder zusammenzutreten, um über die Anbe⸗ 
raumung größerer Versammlungen Beschluß zu fassen. 
Edenkoben. Es wird uns berichtet, duß die Feldmäuse 
in hiesiger Gegend und auch speciell in hiesiger Gemarkung in furcht⸗ 
barer Weise überhand nehmen; so haben z. B. die Arbeiter eines 
Gutsbesitzers während 83 Tagen auf 2 Kleeäckern, ca. 1700 Stück 
getödtet; bei der herannahenden Saatzeit eine schreckenerregende Zahl. 
und ware es gewiß dringend geboten, daß die Vertilgung der Feld⸗ 
mäuse polizeilich angeordnet werden würde. (Ggt.) 
p'Speier, 15. Sept. Des Müllers Steiner Dienstknecht 
Elias Allmaras, der den ganzen Montag in verschiedenen Wirths— 
haͤusern verbracht, ging am Abend spüt nach Hause. Da er sämmt—⸗ 
lüche Thüren verschlossen fand, versuchte er uͤber die an der Süd⸗ 
seite befindliche Mauer zu steigen, verlor jedoch das Gleichgewicht 
und stürzte hinunter in den Hof, wo er einige Zeit liegen blieb; 
dann machte er sich auf, um in sein Bett zu gehen, fiel jedoch 
wiederum die zu seinem Zimmer führende Stiege herab, wobei er 
sich derart verletzte, daß er bewußtlos im Gange liegen blieb. Am 
nächsten Morgen wurde er aufgefunden und in das Spital verbracht, 
woselbst er desselben Nachmittags seinen Geist aufgab. (Sp. 3.) 
4 Der Unterricht an der Frauenarbeitsschule in Speier 
beginnt am 1. Oktober. Anmeldungen mit Zeugniß über Ent⸗ 
—— mit bürgerineisteramtlichem 
Siltenzeugniß sind im Laufe dieses Monats an das königl. Be⸗ 
zirksamt Speier zu richten. 
p. . C. Mannheim. Am 268. Sept. wird die letzte 
der mit der Pfalzgau-Ausstellung verbundenen Spezialausstellungen, 
die von Feld⸗, Handels- und Garten⸗Gewächsen, von Bienenerzeug⸗ 
nissen und Bienengeräthschaften, Statt finden. Im Ganzen kommen 
dei derselben 2390 Mark an Geldpreisen zur Vertheilung. An— 
meldungen sind moͤglichst sogleich bei dem Sekretär des landwirth— 
schaftlichen Vereins Mannheim, Herrn G. Ph. Weiß, einzureichen; 
die Einlieferung ist bis spätestens 22. Sept. zu bewerkstelligen. 
p. A. CMannheim. Wäͤhrend der Dauer der Pfalz⸗ 
gau⸗Ausstellung läßt die Generaldirektion der reichsländischen Eisen⸗ 
dahnen an jedem Sonntag und Mittwoch an den Stationen Kolmar, 
Hagenau, Muhlhausen, Straßburg und Weißenburg Retourbillete 
hum einfachen Fahrpreis mit dreitägiger Giltigkeit ausgeben. 
Dem „Sdpf. W.“ berichtet man über eine interessante 
Operation, die an einem Pferd ausgeführt wurde. Ein in Stein⸗ 
selz (Niederelsaß) wohnender Oekonom hatte ein Pferd, das an 
Athmungsbeschwerden litt. Ein Thierarzt, welcher den Fehler richtig 
in der mangelhaften Luftröhre erkannte, schnitt den sehlerhaften 
Theil derselben aus und ersetzte diesen durch ein silbernes Instru⸗ 
ment. Das Pferd ist heute gesund und zu jeder Arbeit ver— 
wendbar. 
pAus Straßburg i. E. kommt der „Köln. Z.“ eine 
Zuschtift, welche den Vorschlag macht, nun nach Vollendung des 
ölner Toms an den Ausbau des Straßburger Münsters zu denken, 
d. h. an die Vollendung des südlichen Thurmes und die harmo— 
nische Gestaltung des westlichen Theiles des Domes. Ein im 
vorigen Monat gestorbener Architekt, der kgl. Bauinspektor H. Schustec, 
hat bereits seit dem Jahre 1870 für dieses Projekt lebhaft agitirt 
er hat auch einen vollständigen Plan ausgearbeitet, der nun nach 
einem Tode herausgegeben worden ist. Die „Köln. Ztg.“ befür— 
vorlet lebhaft diesen Gedanken und glaubt, daß die Beiträge, welche 
en Kölnet Dombau ermöglichten, in gleicher Weise für Straßburg 
leßen würden. Auch habe sich in Köln-eine Schaar tüchtiger 
Meister und Gesellen für den gothischen Bau gebildet, die nunmehr 
nit Freuden an gleich edlem Werke in Straßburg weiter arbeiten 
vürden. 
FDie hefssische Ludwigsbahn hat unter'm 15. Sept. 
inen Ausnahmeiarif für Kartoffeln zum belgisch-hessischen Güter⸗ 
arif in Kraft treten lassen, wodurch fast sämmtliche kleinere Sta⸗ 
ionen in den Stand gesetzt sind, Sendungen nach Stationen der 
zroßen belgischen Zentralbahn, sowie der belgischen Staatsbahn 
direkt abzufertigen. 
p Beim Brautexamen fragte ein schwäbischer Pfarrer das 
die Trauung bestellende Brautpaar: „Ihr wollt also, meine lieben 
Brautleute, in den heiligen Ehestand treten. Habt Ihr Euch denn 
ruch genügend auf diesen sehr wichtigen Schritt vorbereitet?“ „Freili, 
derr Pfarrer,“ antwortete die Braut, „wir hab'n a Sau g'stocha 
ind zwoͤlf Heneln abgemurkst und Nudeln und Kucha san g'macht, 
daß a Tisch biegt; dos werd wohl g'nug sein.“ 
Köouln, 18. Sept. Die „Koln. Ztg.“ veröffentticht das 
»om Kultusminister entworfene und von Sr. Majestät dem Kaiser 
estgestellte Progtamm · für die Feier der Vollendung des Kölner 
Domes am 15. Oktober 1880, wie folgt: Am Vorabend Festge⸗ 
äute aller Glocken der Kirchen Kölns von 7 bis 8 Uhr. Am 
Festlage Morgens von 7 bis 8 Uhr Festgeläute aller Glocken der 
stirchen Kölns. Feierlicher Festzug der Dombauvereine, der Dom— 
hauhütte, der Korporationen, Gewerke, Vereine ꝛc., welcher sich auf 
dem Neumarkt versammelt, um 9*/4 Uhr Vormittags am Regier⸗ 
uingsgebäude vor Sr. Majestät dem Kaiser und König vorüberzieht 
ind die Aufstellung auf dem Festplatze nimmt. Um 10 Uhr findet 
in der Trinitatiskirche evangelischer Gottesdienst Statt; demselben 
verden beiwohnen: der Kaiser und die Kaiserin, der Kronprinz und 
die Kronprinzessin, die Prinzen und die Prinzessinen des königlichen 
Hauses, die von dem Kaiser eingeladenen Herrschaften, das Staats⸗ 
ninisterium, die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden, soweit sie 
dem evangelischen Bekenntniß angehören, sowie die zum unmittel⸗ 
baren Gefolge gehörigen Personen. Um 10 Uhr 50 Minuten be⸗ 
geben sich Ihre Majestäten nach dem Dom, um dem Tedeum bei⸗ 
suwohnen. Um 11 Uhr Empfang Ihrer Majestäten am Fuße der 
Freitreppe des Portals des Domes durch die Dombauverwaltung, 
in Portale durch das Domkapitel. Ansprache des Domdechanten. 
Ihre Majestäten nehmen im hohen Domchore Platz; dahin folgen 
Zie zu dem evangelischen Gottesdienste versammelt gewesenen Herr⸗ 
chaflen und Personen und begeben sich auf die im hohen Domchore 
md den Seiienschiffen reservirten Plätze woselbst bereits die übrigen 
jeladenen Gäste erschienen sind. Nach Beendigung des Tedeums 
un 11 Uhr 30 Min. verlassen Ihre Majestäten und die prinzlichen 
Herrschaften den Dom durch das Südportal und nehmen auf der 
daiseriribüne Platz. Die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden ꝛtc. 
'olgen und nehmen die vorbehaltenen Plätze auf den Tribünen ein. 
Inzwischen haben sich die durch das Festkomite mit Eintrittskarten ver⸗ 
sehenen Damen und Herren auf den Tribünen am Domhofe ver⸗ 
ammelt. Sobald der Kaiser die Kaisertribüne betritt, erfolgt die 
Vorlage der in dem Schlußsteine der südlichen Thurmkrone einzu⸗ 
ügenden Urkunde. Dieselbe wird von dem Dombaumeister verlesen. 
Ihre Majestäten, die Prinzen und die dazu von Sr. Majestät be—⸗ 
fimmten Personen unterzeichnen die Urkunde. Wohrend dieses Aktes 
indet der Vortrag einer Festkantate Statt. Die unterzeichnete Ur⸗ 
unde wird sofort auf den südlichen Thurm geschafft und in den 
-chlußstein niedergelegt. Dann folgt die Ansprache des Kaisers 
ind darauf eine Rede des Oberpräsidenten der Rheinprovinz als 
zhef der Dombauverwaltung, eine Rede des Präsidenten des Zen⸗ 
Il Dombauvercins und die Ueberreichung der Festschrift. Der 
Ddombaumeister erbittet die Allerhöchsten Befehle zur Einfügung des 
zchlußsteins der Kreuzblume. Auf den Thürmen des Domes werden 
ie Kaiserstandarte und die Königsstandarte aufgehißt. Unter dem 
Jdonger der Kanonen, dem Läuten aller Glocken der Stadt Koln 
ind dem Singen des Liedes „Nun danket alle Gott“ durch die 
Thöre senkt sich der Schlußstein, langsam den Dombau vollendend. 
Bei der Abfahrt Ihrer Majestaten wird das „Hoch“ auf den Kaiser 
rusgebracht durch den Oberbürgermeister der Stadt Koͤln, und die 
Natonalhymne wird angestimmt. Ihre Majestäten verlassen die 
daisertribüne auf der Rückseite und fahren zu Wagen 12 Uhr 45 
Minuten nach dem Regierungsgebäude zurück. Um2 Uhr 30 Min. 
—E Schlosse Brühl, wo uͤm3 
Uhr offizielles Diner Statt sindet. Die Rückfahrt erfolgt um 5 
lüͤr 30 Minuten mittelst Extrazug der Rheinischen Eisenbahn. 
4 Die Generalversammlung des Verbandes deutscher Müller 
zeschloß, bei dem Reichskanzler Schritte zu thun: 1) Zur 
chleunigen Aufhebung der Vestimmung, daß die Identität des Ge⸗ 
reides und der Fabrikate aus demselben bei der Ausfuhr nachge⸗ 
diesen werden muß, da die deutsche Mühlenindustrie durch diese