Sf. Ingberker AAnzeiger.
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43 58 8 Sonntag, den 3. Oktober 1880.
.ö. ο
Deutsches Reich.
Nach neuerlichen Berichten abs München wird der bayherische
Gesandte in Berlin, Herr v. Rudhart, nach beendetem Urlaub
nicht mehr auf seinen Posten zurückkehren. Ob und wie die Differenzen
zwischen ihm und dem Reichskanzler beigelegt worden sind, darüber
herlautet noch nichts Näheres.
Aus Berlin berichtet der „Pf. K.“: Mit großem Interesse
hat man hier von den wiederholten und insbesondere auch den
aeuesten, recht zeitgemäßen Resolutionen der pfälzischen Gewer—⸗
bevereine gegen die Wünsche und Agitationen der Zünftler Kenntniß
genommen und besonderen Werth darauf gelegt, weil eine hundert—
ährige Erfahrung sie stützt. Ueber die Ansichten des Reichskanzlers
n diesem Punkt glaubt man hier nicht im Zweifel sein zu können.
Der Reichskanzler wird sich hüten, die thörichten Forderungen der
Zünftler im engeren Sinn, welche nach offenbaren Zwangsinnungen
cufen, wie sie aus Berlin und München erschallen, zu den seinigen
zu machen. Wohl aber gedenkt er für die verschleierten Zwangs—
mnungen einzutreten, welche die Hamburger Handwerkerpariei unter
der Fürsprache der „Nordd. Allg. Ztg.“ zu konstruiren versucht hat,
das heißt für Innungen mit weitgehenden Befugnissen. Ihnen bei—
zutreten soll Niemand gezwungen werden, aber derjenige Hand⸗
werksmeister, der sich ausschließt, darf z. B. keine Lehrlinge halten
und muß die eingreifendsten Störungen seines Betriebes befürchten,
da die Innung allerlei ihn berührende Befugnisse ausüben foll, so
„. B. das Prüfungswesen regeln, über die Befähigung zum Ge—
schäftsbetrieb entscheiden soll ꝛc. Man wird hoffentlich in gewerb⸗
lichen Kreisen sich nicht einreden lassen, daß solche Innungen sich
don echten Zwangsinnungen in der Wirkung unterscheiden. — Wie
zielfach versichert wird, gedenkt übrigens der Reichskanzler den neuen
Innungen bei der Ausfuͤhrung seines Arbeiterversicherungsprojektes
zine wichtige Stellung anzuweisen. Und das wäre dann also der
Röder, an dem die Widerstrebenden anbeißen sollen!
Der Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes, von
velchem in der letzten Zeit vielfach die Rede war, wird, wie nach
der „Köln. Ztg.“ „mit ziemlicher Bestimmtheit“ verlautet, in der
nächsten Session des Reichstages nicht eingebracht werden. Zu den
ꝛinanziellen Bedenken hört man jetzt als neuen bemerkenswerthen
Umstand erwähnen, welchem die fernere Vertagung der Vorlage
»eigemessen wird, daß die im Zuge befindliche Neigung zum Re—
oidiren der Gesetzgebung des letzten Jahrzehnts sich auch auf die
Strafprozeßordnung erstrecken soll und man, solange in dieser Be—
iehung nicht Wandlung geschafft ist, das Strafpvollzugsgesetz für
richt zeitgemäß hält.
Sämmtiliche deutsche Großherzoge nahmen die Einladung
zur Dombaufeier in Köln an.
Ausland.
Belgische Blätter melden, daß in Brügge gelegentlich der
Ausweisung einer Ordensgesellschaft Unruhen vorgekoinmen sind.
Der Gouverneur und der Minister wurden geschmäht und die Polizei
mit Steinen geworfen. Die Ruhe wurde jedoch bald wieder hergestellt.
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Konstantinopel
unter'm 30. Sept: Die Botschafter der Großmächte unterzeichneten
zestern ein Protokoll, wonach ihre Regierungen zum Beweise
der vollständigen Uneigennützigkeit, mit welcher sie die Ausführung
des Berliner Vertrages verfolgen, sich verpflichten, bei keinem Ar—
cangement, welches als Konsequenz ihrer behufs Ausführung des
Berliner Vertrages bezüglich der monienegrinischen und der grie—
hischen Frage vereinbarten Aktion eintreten könnte, irgend welche
Bebietsvergrößerung, irgend welchen ausschließlichen Einfluß oder
rgend welchen kommerziellen Vortheil anzustreben, der nicht gleich—
mäßig auch den anderen Nationen zu Gute käme.“
Es wird gemeldet, daß man in Konstantinopel eine
Katastrophe befürchte, da der Sultan sich in einem Zustande
ieberhafter Aufregung befinde, soll wohl heißen, daßz Abdul
Hamid wahnsinnig geworden sei.
Die der „Times“ aus Ragusa (jsehe gestriges Blatt) zuge—
zangene Nachricht, daß Duleigno von den Albanesen nie⸗
dergebrannt worden sei, beflätigt sich nicht. Domners⸗
tag Nachmittag traf in Wien eine amtliche Meldung des österrei⸗
hischen Stationskommandos zu Cattaro ein, welches das Gerücht
»om Brand Dulcignos als unwahr erklärt. Dagegen sollen meh—
cere hundert Albanesen am 29. Sept. abgezogen sein. Die ver⸗
einigten Geschwader der Großmächte liegen noch ruhig bei Gravosa
und erwarten die neuen Instruktionen, die ihnen angesichts der
veränderten Sachlage zugehen werden. Alle Gerüchte, daß einzelne
Mächte, wie z. B. Frankreich, ihre Schiffe zurückziehen wollten ꝛc.,
ind verfrüht und bezw. unbegründet, da die Verhandluugen noch
chweben und noch keine Entscheidung getroffen ist.
Rom, 30. Sept. „Italie“ will wissen, in der Situation
zetreffs Dulcigno's wäͤre eine wichtige Veränderung
eingetreten. Die Pforte verlangte eine bis Montag ablaufende
Frist und versprach eine befriedigende Lösung vorzuschlagen.
Dermischtes.
*St. Ingbert. Der hiesige Vorschußberein hatte im 1.
Semester des laufenden Jahres einen Gesammtumschlag von
6,007,172 M. 96 Pf. Die Zahl der Mitglieder ist in diesem
Zeitraume von 428 auf 464 gestiegen.
Die Diskontirung von in Verwahrung er—
haltenen Wechseln, deren Begebung ausdrücklich untersagt
war, ist nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts vom 20. Mai
d. J. als Unterschlagung zu bestrafen, selbst wenn bei der
Diskontirung die Absicht der Wiedereinloͤsung des Wechsels und so⸗
nit der Wiederherstellung des früheren Zustandes bestanden hatte.
F Am 30. Sept. ging in Zweibrücken die Gerichtsvoll⸗
zieherprüfnng für den Landgerichtsbezirk Zweibrücken, welche am
Montag ihren Anfang genommen hatte, zu Ende. Derselben hatten
iich folgende Herren unterzogen: Karl Bettinger, Gerichtsvollzieher⸗
Jgehilfe in Dahn, Adam Becker, Gerichtsschreibereigehilfe in Zwei⸗—
zrücken, Christoph Guckes, Gerichtsvollzieheramtsverweser in Pirma—
ens, Christ. Huber, Gerichtsschreibereigehilfe in Pirmasens, Karl
deck, Gerichtsvollziehergehilfe in St. Ingbert, Albert Schultz und
Itto Schultz, beide Gerichtsvollziehergehilfen in Pirmasens. Sammt—
iche Kandidaten haben die Prüfung bestanden.
— Fortuna hat ihren — Mann gefunden, nämlich den Hrn.
Heinrich Mann in Lautersheim bei Göllheim. Nachdem
die Glücksgöttin demselben neulich mittelst der Kissinger Lotterie
12,000 M. in die Tasche geschüttet hat, stattete sie ihm soeben
einen zweiten Besuch ab und behändigte ihm eine vermehrte Ge—
vinnauflage: 55,000 Franken, Treffer zweier Straßburger Loose.
Für Hrn. Mann erwies sich also Kissingen als Heilbad, ohne daß
er dasselbe gesehen, und das alte Lied: „Zu Straßburg ... da
zing mein Trauern an,“ darf er mit angenehmer Textoariation
zum Rang seines Lieblingsliedes erheben. Auch ist Hr. Mann
nugenscheinlich nicht der „Heinrich“, vor welchem es Fortunen
„graut“, im Gegentheil. (Zw. Ztg.)
* Die landwirthschaftliche Kreisversammlung, welcher auch
Se. Erz. Regierungspräsident v. Braun anwohnen wird, beginni
am 2. Oktober, Vormittags 10 Uhr im Stadthaus zu Duͤrk⸗
heim. Es werden drei Vorträge gehalten werden, zu denen nicht
nur die Mitglieder des landwirthschaftlichen Vereins, sondern auch
aAlle Freunde der Landwirthschaft eingeladen sind. Dr. Knecht von
NReustadt wird über landwirthschaftliches Kreditwesen sprechen, Wan—
derlehrer Rapp von Göllheim über Hebung der Obstbaumzucht,
ann Prof. Feser von München über Molkerei und Aufzucht von
zungvieh. Die Vorträge und die sich daran knüpfenden Verhand⸗
ungen werden etwa drei Stunden in Anspruch nehmen; darnach
wird auf dem Wurstmarkt ein Frühschoppen — 1880er Feder⸗
veißet — den Magen zur Viehbesichtigung vorbereiten, die vom
Thierhäuschen aus vorgenommen wird; bei der Preisvertheilung
bläst die Kurmusik die Tusche.
In Freinsheim wurde am Donnerstag ein Mann,
Namens Nikol. Weibert, beerdigt, welcher am Montag ertrunken
im Pfuhlloch seines Hofes aufgefunden worden war. Es ist Unter⸗
uchung eingeleitet, da die Vesichtigung des Leichnams die Ver⸗
muthung, daß ein Verbrechen verübt worden sei, nahe gelegl
saben soll.