Sl. Ingberker Anzeiger.
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4. 166.
Sonntag, den 17. Oktober
1880.
Deutsches Reich.
Nach dem „Berl. Tgbl.“ ist der Umstand, daß in letzter Zeit
von dem Tabaksmonopol in offiziösen Blättern weniger die
Rede gewesen, auf folgende Thatsache zurückzuführen. Es ist neuer⸗
dings auf Veranlassung des Reichskanzlers von der fachmännischen
Feder eines seiner Räthe über die Kosten der Einführung des Ta⸗—
baksmonopols und dessen wahrscheinliche Erträgnisse innerhalb der
ersten 15 Jahre eine Berechnung aufgemacht worden, deren Ergeb⸗
niß gerade nicht geeignet ist, bezüglich des Monopols einen be—
sonderen Optimismus hervorzurufen. Nicht nur, daß hiernach die
gering angesetzte Entschüdigungssumme von einer halben Milliarde
und die Zinsenlast von mehr als 30 Millionen bei einer nur
mäßigen Amortisation des Kapitals die Erträgnisse des Tabaks—
monopols neutralisiren würden, sondern das Reich müßte für solche
Zukunftsphantasie auch die sichere Einnahme daran geben, die es
aus der gegenwärtigen Tabaksteuer bezieht und die sich noch um
ein Bedeutendes steigern wird, sobald mit dem Jahre 1882 der
volle Steuerfuß in Kraft tritt. Daß unter diesen Umständen das
Monopolprojekt gegenwärtig ad acta gelegt ist, kann ebensowenig
Wunder nehmen, wie daß der Reichskanzler mit Projekten ange—
gangen wird, an Stelle desselben eine Erhöhung der geltenden
Steuersätze vorzunehmen. In der That verlautet denn auch neuer⸗
dings, es sei nicht ausgeschlossen, daß dem Bundesrath noch im
Laufe dieses Jahres ein bezüglicher Gesetzentwurf zugehen werde,
wobei die Erwägung nicht ohne Einfluß bleiben mag, daß sich für
derartige Maßnahmen in dem jetzigen Reichstag vielleicht noch eine
Majorität finden würde, daß aber die Zusammensetzung der künf-
tigen Volksvertretung eine solche Zustimmung weniger sicher er
scheinen lasse.
Gutem Vernehmen nach wird in der nächsten Session des
Reichstages ein Antrag auf Herabsetzung des Kornzolls
um 50 Pfennig eingebracht werden. Noch vor Kurzem würde ein
solcher Antrag ganz aussichtslos gewesen sein, heute aber ist er es
nicht mehr. Je gewisser die Thatsache sich herausstellt, daß sehr
biele Landwirthe diesmal selbst Getreide vom Auslande kaufen müssen
um so schwächer wird in agrarischen Kreisen der Widerstand gegen
eine Herabminderung des Getreidezolls. Andererseits kommt in Be—
tracht, daß die Großindustriellen, namentlich die Eisenleute den Ge—
treidezoll nur zugestanden haben, um die Agrarier zur Bewilligung
des Eisenzolls geneigt zu machen. Sie werden also, sofern nur nich
am Eisenzolle gerüttelt wird, sehr gern einer Herabsetzung des Korn⸗
jolls auf die Hälfte zustimmen, sogar auf die Gefahr hin, sich die
Freundschaft der Großgrundbesitzer für immer zu verscherzen.
Da schon der demnächst zusammentretende preußzische Land⸗
tag sich mit der Vorlage der Regierung, betr. die Errichtung eines
volkswirthschaftlichen Senates in Preußen, beschäftigen
wird, so scheint es in der Absicht der Regierung zu liegen, diesen
Senat baldigst zu errichten. In der That hört man denn auch,
daß die vom Fürsten Bismarck zunächst in Aussicht genommenen
sozialpolitischen Gesetzenwwürfe dem Senate alsbald vorgelegt werden
sollen. Binnen Kurzem soll der Entwurf eines Gesetzes über Ar⸗
beiter⸗Versicherung der öffentlichen Meinung zur Begutachtung über—
geben werden. Erst wenn genügend über diese Entwürfe diskutir
ist, wird sich der vollswirthschaftliche Senat und danach der Bundes⸗
rath und Reichstag mit denselben zu beschäftigen haben.
An dem Festzug bei der Kölner Dombaufeier werden, wie
die „A. Abdz.“ berichtet, auch 12 Mann bahyerischer Truppen
(8 Mann Infanterie und 4 Chevaurlegers) theilnehmen unter
Führung des Premierlieutenants vom Infanterie⸗Leibregiment Frei⸗
herrn Reisner von Lichtenstern. (Der Festzug soll die Baugeschichte
des Domes in drei Momenten zur Anschauung bringen: die Grund⸗
steinlegung im Jahre 1248, die Einweihung des Chores im Jahre
1322 und die neueste Zeit seit der Grundsteinlegung zum Ausbau
des Domes 1842. In dem den dritten Moment zur Darstellung
bringenden Theile des Festzuges figurirt als neunte Gruppe ein
Wagen der Germania vor dem vollendeten Dom, umgeben von
deutschen Kriegern des Jahres 1870. In dieser Gruppe haber
die bayerischen Truppen zu fiauriren.)
Koͤlu, 15. Olt. Das Kaiserpaar ist mit Gefolge heute
Vormittag 94 Uhr eingetroffen und am Bahnhof von den Spitzen
der Behörden empfangen worden. Die Kriegervereine bildeten Spalier.
Unter dem Jubel der zahlreichen Volksmenge begaben sich die Maje⸗
stäten nach dem Regierungsgebäude und sahen von dort den über⸗
—A fuhren die Maje⸗
stäten nach der evangelischen Trinilatiskirche. — Das Weiter hai
sich aufgeklärt.
Ausland.
In Frankreich tauchen bereits wieder Gerüchte von einer
neuen Ministerkrisis auf. Der Minister des Auswärtigen hat sich
erlaubt, in der orientalischen Angelegenheit seinem eigenen Kopfe
zu folgen und Gambetta soll darüber seht ungehalten sein.
In England faßt man die irischen Vorgänge immer
düsterer auf. Wie verlautet, beabsichtigt die britische Regierung
die Führer der Bodenagitation in Irland wegen „Verschwoͤrungꝰ
in Anklagezustand zu versetzen. In der That grenzt auch Alles,
was von der grünen Insel berichtet wird, dicht an die Prokla⸗
mation des offenen Aufruhrs. So zirkuliri jetzt eine Schrift in
Irland, dazu auffordernd, daß London vermittelst Dynamits in die
Luft gesprengt werden solle. Zehn kräftige Leute werden zu diesem
Zwecke gesucht. Die Sache klingt vielleicht unglaublich, allein, wenn
man bedenkt, daß die Fenier im Jahre 1868 Aehnliches nicht nur
dachten, sondern auch versuchten, wie die Explosion des Gefäng⸗
nisses in Clerkenwell damals bewies, so scheint die Aufforderung
vielleicht doch nicht so ganz wahnsinnig.
Dubliner Zeitungen zufolge werden militärische Vorbereitungen
getroffen, um etwaigen Un ruhen in West⸗Irland vorzu⸗
beugen, wohin bereits Truppenverstärkungen beordert werden.
Die Pforte richtete am 13. ds an die Botschafter der
Broßmächte die offizielle Mittheilung, daß nicht blos die Stadi,
ondern der ganze Bezirk Dulcigno nach der letzten von Europa
aufgestellten Grenzlinie an Montenegro übergeben werde. Rizo
Pascha erhielt bereits die nöthigen Weisungen.
Meldung der „Agence Habas“ aus Seutari: Riza Pascha
berief die Fuͤhrer der albanesischen Liga zusammen und forderte
dieselben auf, sich in die friedliche Uebergabe von Dulcigno zu
fügen. Es wird in Folge dessen eine große Versammlung der
dioa “ẽ?entreten.
Vermischles.
FDie Eroffnung der pfälzischen Schwurgerichtssitzungen
pro 4. Quartal 1880 wurde auf Montag den 6. Dezember l. Is.
festgesetzt und Herr Oberlandesgerichtsrath Schuler zum Vorsitzen⸗
den derselben sowie Herr Landgerichtsdirektor Herfeldi zu dessen
Siellvertreter bestimmi.
F Die Personenpost St. Johann — Saarbrü—
den — Ensheim wird vom 15. ds. ab wie folgt abgefertigt:
Aus St. Johaun 3 Uhr — Min. Nachmittags.
In Ensheim 4, 45,
Aus Ensheim 7 45 Vormittags.
In St. Johann 9) 155
Die Postwagen zwischen hier und Ensheim kursiren
wie folgt:
Aus St. Ingbert 7 Uhr — Min. Nachmittags.
In Ensheim 8 295
Aus Ensheim 5, 80 ;, Vormittags.
In St. Ingbert 6, 50 F
Wie die „Saarbr. Ztg.“ vernimmt, soll sich ein aus vier
Herren bestehendes Konsortium gebildet haben, welches sich bereit
erklärt, füt sämmtliche Verbindlichkeiten des SaarbrückerSt.
Johanner Bankvereins einzutreten und welches die Aufhebung
des über den Verein verhängten Konkurses beantragen will, um die
Angelegenheit privatim abzuwickeln. Verschiedene der Gläubiger
des Bankvereins sollen bereits ihre Zustimmung hierzu erklaͤrt haben.
xIn Landstuhl im Hotel Burgard findet am 17. ds,
eine Versammlung der Brennerei⸗Besitzer der Pfalz zur Berathung
der Wagner'schen Petition betr. „die Milderung der zu strengen
Instruktionen des Branniwein-Aufschlages“ Stah