Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Feld und Wiesen mit seiner weißen Decke überzogen. Hoffentlich 
hat er ein Einsehen und kürzt die Visite fuͤr diesmal noch 
etwas ab. 
ꝙ Aus dem Bliesthale. (Unlieb verspätet. An 
einem der lehten Sonntage feierte in Ballweiler der dortige 
sriegerverein das Fest seiner Fahnenweihe. Vertreten waren 
einige benachbarte Kriegervereine, sowie der Knappenverein Ruben⸗ 
heim. Unter den üblichen Festlichkeiten vollzog sich die Weihe der 
Fahne. Wenn auch die Anordnung und der Gang der Feierlich⸗ 
seiten zu wünschen übrig ließen, wie dies in einem kleinen Dörf— 
chen sich leicht erklären läßt, so muß lobend anerkannt werden, 
daß die Festrede des Hrn. Lehrers Sschrösck von da, nach Form 
und Inhalt, allgemein befriedigt hat. Auffallend erschien es, daß 
so wenige auswärtige Kriegervereine sich betheiligten. Es läßt sich 
dies nur dahin erklären, daß die Einladungen zu spät erfolgten, 
Vallweiler etwas abgelegen und die rauhe Herbstzeit schon zu weit 
dorangeschritten ist, um ermunternd —XW 
4Jdie Zahl der Mitglieder des ,historischen Vereins der 
ur hat sich im letzten Rechnungsjahr von 405 auf 486 
erhöht. 
4F Die Reichs bank hat den Diskont auf 4923 und den 
Lombardzinsfuß auf 34 pCt. herabgesetzt. 
Nimmt Jemand Geld an, von dem er weiß, daß der Ge⸗ 
hber es durch Umwechselung eines durch eine strafbare Handlung 
erlangten Sparkassenbuches erworben hai, so ist er nach einem Er—⸗ 
lenntniß des Reichsgerichts wegen Hehlerei zu bestrafen. — Das 
Aufschneiden eines Sackes zum Zwecke des Diebstahls ist nach 
nanem Erkenntniß des Reichsgerichtes als das „Erbrechen eines Be⸗ 
hältnisses“ zu erachten und als schwerer Diebstahl zu bestrafen. 
2Die Entschließung des ba yer ischen Kultus ministeriums, 
durch welche dem Zudrang zu den humanistischen Gym— 
nasien ein Damm gesetzt werden soll, liegt nun in ihrem Wort⸗ 
laute vor. Veranlaßt wurde die Entschließung einerseits durch die 
Wahrnehmung, daß die fortgesetzte Anhäufung von Parallelkursen 
in Beziehung auf Unterricht und Schuͤlzucht bedenklich ist, und 
andererseits durch den Mangel an aͤusreichenden Mitteln. Der 
Zudrang soll vermindert werden durch strenge Prüfung der neu— 
angemeldeien Schüler, Beschränkung der Altersdispense, Zurück⸗ 
weisung von Schülern solcher Ellern, die nicht am Sitze der An⸗ 
stali wohnen. Besonders die letztere Anordnung, welche übrigens, 
nach dem Wortlaut der Verfügung, Ausnahmen recht wohl zuzu⸗ 
lassen scheint, muß unbedingt zu großen Härten gegen Diejenigen 
führen, welche nicht am Sitze iner Studienanstalt zu wohnen das 
Glück haben und die ohnehin schon im zweifachen Nachtheil dadurch 
find, daß sie ihre Kinder fremden Handen anvertrauen und für 
fie groͤßere finanzielle Opfer bringen müssen. Der große Andrang 
zu den humanistischen Gymnasien ist übrigens wohl schwerlich durch 
bie glänzenden Aussichten veranlaßt, welche sich den Staatsdienst⸗ 
Adspiranten bieten, sondern sicherlich vielmehr dadurch, daß die 
Absolvirung der ersten sechs Klassen zum Einjährig⸗Freiwilligen⸗ 
dieust berechtigt. Es würde sich wohl empfehlen, einmal der Frage 
näher zu treten, ob dieses künstliche Mittel, gewissen Anstalten 
Zoglinge zuzuflihren, für das künftige Lebensgeschick derselben, wie 
für das Gemeinwesen nicht viel mehr Nachtheile als Vortheile hat. 
4 Durch die Zeitungen geht folgende Notiz: Wir machen 
darauf aufmerksam, daß die Verwendung von auf Papieraus⸗ 
schnitten aufgeklebten Briefmarken und von Werthzeichen, welcht 
aus Freikouveris, Postkarten oder Streifbandern ausgeichnitten sind 
zur Frankirung von Briefen und Fahrpoststücken unzulässig ist 
uͤnd daß die Postanstalten angewiesen sind, solche Lerthzeichen 
auch wenn sie Spuren früheret Verwendung nicht ersehen lassen, 
nicht als giltig anzuerkennen, sondern die bezüglichen Postsendungen 
als unfrankirt zu behandeln und mit dem vollen tarifmäßigen Porto 
zu belegen. Tagegen werden von sämmtlichen Postanstalten nicht 
nur die verschriebenen Freikouverts, Postanweisungsformulare, Post⸗ 
karten und Streifbänder gegen neue umgetauscht, sondern auch ein⸗ 
zelne auf verdorbenen Briefumschlägen aufgeklebte Freimarken durch 
neue ersetzt, wenn dieselben nicht im Ausschnitte, sondern mit dem 
berdorbenen Briefumschlage ꝛc. zum Umtausche gebracht werden. 
Trotzdem es zur Genüge bekannt sein dürfte, daß der 
amerikanische Getreidebau und die Viehzucht 
mmer größeren Aufschwung nehmen und fortwährend erweiterte 
Absahgebieie suchen, ist es doch interessant, stets diese Angelegen⸗ 
— — dieselbe doch sowohl für die Er— 
nahrung im Auͤgemeinen, als auch für die Landwirthe im Beson⸗ 
deren von der größten Wichtigkeit. Gelegentlich des Oktoberfestes 
in Munchen waren 18 Tafeln, von bayerischen Beamten gefertigt, 
ausgestelli, welche die Entwickelung der Getreideproduktion in den 
Vereinigten Staaten während der verflossenen 18 Jahre darstellten. 
Diesen Tafeln sind Erläuterungen beigegeben, welchen wir Fol⸗ 
gendes entnehmen: Während dieser Zeit stieg die mit Weizen und 
Rais bebame Fläche von 11,85 auf 87,8 Millionen Hektaren, die 
Finle von 2904 auf, 1023 Millionen Zentner, die Bevolkerung 
dagegen von 32 auf 50 Millionen. Die Ernte ist sonach um 
226, die Bevölkerung um 56 Prozent gestiegen, der Ueber⸗ 
chuß der Ernte über den einheimischen Bedarf daher ganz 
erheblich. Gleichzeitig haben sich die Transportwege vermehrt und 
ie Transportkosien mittelst der Eisenbahnen vermindert. Die 
Fracht für einen Zentner Weizen vom fernen Westen Nordamerika's, 
som Red River nach London beträgt 4 M. 86 Pf. Der ameri⸗ 
anische Landwirth kann den Zentner Weizen um 7 M. 50 pf. 
his 8 M. auf den Londoner Markt bringen, da er ihn um bei⸗ 
äufig 83 M. erzeugt. Was der Weizen in London über 8 M. 
ostet, ist Gewinn fuͤr die amerikanischen Landwirthe und Verfrachter. 
Fette Rinder werden um 15 —20 Pf. das Pfund lebend im Westen 
Imerita's an den Einladestationen gekauft und mit einem Aufwand 
hon 30 Pf. pro Pfund lebend nach London gebracht. Der Trans⸗ 
hort berechnet sich von New⸗-NYork nach Loudon auf 5*32 Pf. pro 
Pfund. Ist Fleisch in Büchsen eingemacht, so betragen die Trans⸗ 
zortkoften nur noch einen halben Pfennig pro Pfund. Der Schwer⸗ 
zuntt der Ernührung Englands ist schon nach Nordamerika verlegt, 
ind die Erzeugnisse des sernen Westens dringen immer mehr auch 
auf den deutschen Markt vor.“ — Man sieht aus dem Vorstehen⸗ 
den wiederum deutlich, wie Alles daran gesetzt werden muß, 
zen Aderbau bei uns unmer rationeller und iniensiver zu betreiben; 
ollen die Landwirthe nicht, trotz der Gegenmittel, wie Schutzzoll, 
velcher doch nur mehr ein zweischneidiges Schwert für die Volks⸗ 
vohlfahrt ist, in's Hintertreffen kommen. 
7Herr Geh. Kommerzienrath C. Stumm, welcher vor 
iniger Zeit von Neunkirchen nach dem Halberger Schloß überge⸗ 
iedelt ist, wurde daselbst am Sonntag Vormittag seitens der Bre— 
acher Gemeinde, den dortigen Vereinen, den Arbeitern des Hal⸗ 
erger Werkes ꝛc. willkommen geheißen. Auf die Ansprachen des 
herrn Bürgermeisters Klein sowie des Führers der Arbeiter, Herrn 
dalkoffen, erwiderte Herr Stumm in warmen Worten, in welchen 
den Gekommenen vesten Dank aussprach, gute Nachbarschaft und 
ortgesetzte Fürsorge für die Werksarbeiter verhieß, von denen viele 
chon laͤnge Jahre in Diensten seiner Familie stehen. Er schloß 
mit einem Hoch auf Se. Maj. den Kaiser und Koͤnig. Die mit⸗ 
Jebrachte Muͤsik des 830. Infanterie-⸗Regts., welche dem Zuge vor⸗ 
Jjespielt hatte, stimmte die Nationalhymne an, welche die Versam⸗ 
nelten mitsangen. Hierauf folgte ein kleines Konzert. Die ge⸗ 
müthliche Feierlichkeit und das ungezwungene freundliche Benehmen 
Hes neuen Schloßherrn gegen seine Gäste machte auf alle An⸗ 
vesenden den besten Eindruck. EGaarbr. Ztg.) 
Aus zuverlässiger Quelle erfährt die „St. Johanner Zig.“, 
daß das Konsortium definitiv zusammengetreten ist, welches 
die schwierige Aufgabe haben wird, die sämmtlichen Gläubiger des 
Bankvereins St. Johann zu übernehmen. Es soll aus den 
Herren Friedr. Heckel, Fritz Dill und August Hauck, sämmtlich 
daufleute und Joseph Ecker, ohne besonderen Stand, alle diese zu 
St. Johann; ferner Albert Heinrichs, Bergwerkssekretär zu Saar⸗ 
zrücken, Richard Schmidt, Unternehmer zu Louisenthal und Nikolaus 
Follignon, Kaufmann zu Burbach, bestehen. 
F Wie die „St. Johann-Saarbr. Volkaztg.“ erfahren haben 
vill, jei der Mitschuldige des flüchtigen Bankvereinskassierers Scheuch 
uus St. Johann, der Wechselfälscher Weber aus Hanau, eben⸗ 
talls verhaf tet worden. 
— Auch der Gewerbeverein Neustadt will eine Kollektiv⸗ 
dersicherung mit der Gesellschaft Zürich“ abschließen; derselbe hat 
am Montag einen diesbezüglichen Beschluß gefaßt. 
4 Das am letzten Dienstag in Billigheim Statt gehabte 
Burzelfest ging bei günstigem Wetter programmgemaß von Statten. 
eider aber wuͤrde die Feststimmung durch einen bedauerlichen Un⸗ 
all beeinträchigt, indem einem Feuerwehrmann durch einen Böller— 
chuß der rechle Unterschenkel zerschmettert wurde. Der Verletzte 
var durch seine Unvorsichtigkeit selbst schuld an dem Unglüd. 
ꝓ Eine Generalversammlung des Winzervereins Edenkoben 
jat beschlossen, eine Eingabe an die bayerische Abgeordnetenkammer 
u richten mit der Bitie bei der Berathung des Gesetzentwurfes 
iber die Gewerbsteuer die Weinfabrikation mit einer solchen Steuer 
u belegen, daß die Weinproduktion wenigstens die Konkurrenz mit 
hr hallen kann. Diese Eingabe ging, auch mit zahlreichen Unter— 
chriften aus den Nachbarorten bededt, an den Ort ihrer Bestimm⸗ 
mig ab. Die in Edenkoben wohnenden Abgeordneten, Hr. Ober⸗ 
misrichter Kuby und Hr. Tillmann, haben die Zusage gegeben, 
ür die in besagter Adresse niedergelegten Wünsche in der Abge⸗ 
oxdnetenkammer wirken zu wollen. (Ggw.) 
4 Seit dem 17. Sept. c., also über einen Monat ist in der 
uus 11 Ortschaften bestehenden, circa 5500 Seelen zählenden Bür⸗ 
germeisterei Thole y überhaupt kein Mensqh gestorben. 
4 In der vorigen Woche wurde zu Neupfoz ein Kinder— 
aar geboren, das ein Seitenstück zu den weltbekannten siamesischen 
zwillingen bildet. Wahrend jedoch letztere durch eine hypertropische 
Herlängerung des Schwertfortsatzes des Brustbeins bandartig an 
jnander gekettet waren — das Band war 4/4 Zoll lang, hatte 
inen Umfang von 714 (0) Zoll und einen Durchmesser von etwa 
3103 Zoll, somit die Dicke eines mäßigen Mannesarmes — sind