St. Ingberler Anzeiger.
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4M 173. Samstag, den 30. Oktober
1880.
Deutsches Reich.
Aus München wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: „Das
Staatsministerium des Innern hat sich an unsere acht Kreisregie—
rungen gewandt, um in der Frage der Arbeiterversicher⸗
ungen Gutachten zu erhalten. Man verlangt sowohl eine Mei—
aungsäußerung über die Nothwendigkeit oder Räthlichkeit, den
GBegenstand durch die Reichsgesetzgebung zu regeln, als auch ein
Eingehen auf die Einzelfragen der Materie. Wie schon früher
zemerkt wurde, stehen den bayerischen Behörden manche Erfahrungen
zuf diesem Gebiete zur Seite, wenn auch die breite Grundlage,
auf welcher der Gegenstand, wie es scheint, nach den Intentionen
des Reichskanzlers in Angriff genommen werden soll, weit über
das bisher Versuchte hinausreicht. Jedenfalls ist es der richtige
Weg, die bisherigen Erfahrungen zuverlässig festzustellen und über
das für die Zukunft Geplante das gereifte Urtheil wirklicher Sach⸗
verständiger einzuholen.“
Auch Se. Maj. der König von Bayern haben dem
Beneralfeldmarschall Grafen v. Moltke zu dessen gestrigem 80.
Beburtsfeste die besten Glückwünsche übermitteln lassen.
Am Donnerstag wurde der preußische Landtag durch
den Vizepräsidenten des Staatsministeriums Grafen Stolberg
eröffnet.
Dem Vernehmen nach ist in der Bundesrathssitzung vom Mitt⸗
woch der Antrag Hamburgs und Preußens, den kleinen Be⸗—
lagerungszustand über Hamburg und die umliegenden
oreußischen Ortschaften zu verhängen, zum Beschluß erhoben worden.
der kleine Belagerungszustand wird demnach unverzüglich verhängt
werden. — Der Kaiser von Oecsterreich beglückwünschte
Molike telegraphisch zu dessen achtzigstem Geburtstage und ver⸗
icherte Moltke seiner freundschaftlichen Gesinnung und hochachtungs-
dollen Zuneigung. — Wie man dem ,Tageblatt“ mittheilt, ist zu—
'olge aus Livadia eingetroffenen Nachrichten und trotz der offiziösen
Dementi's der Zustand des Zaren entschieden ein bedenklicher.
Die Aerzte glauben Symptome zu erkennen, welche eine Paralpsis
des Gehirns befürchten lassen.
Aus Darmstadt wird dem „Pf. K.“ geschrieben: Der
trieg von 1870,71 und die damit verbundenen schweren Opfer
in Menschenleben und Gesundheit kommt dem raschlebenden Ge—
ichlecht unserer Tage zwar immer mehr außer dem Sehwinkel.
Bleichwohl zeigen sich noch täglich die Spuren jener ruhmreichen
Verwüstung. Immer noch hahen Familien Männer zu betrauern,
die nachträglich den damals ausgestandenen Entbehrungen und Stra⸗
dazen, resp. deren Folgen unterliegen. Die Reichs- und Staats-
Invalidenkassen und die Hilfsvereine vom Rothen Kreuze wissen zu
erzählen von den unaufhörlich und oft noch massenhaft an sie ein—
aufenden Unterstützungsgesuchen. Daß neben dem so starken Reichs—
Imdalidenfonds, der nach Oben hin große, ganz nach Unten hin
jar zu kleine, kärgliche Pensionen und Gaben austheilt, auch die
kinzelstaaten noch Invaliden-Versorgungen austheilen ist bekannt,
so z. B. Hessen jährlich ewwa 18,000 M., die indessen kaum
msreichen — der Bedürftigen, ohne direkt Invaliden zu sein, sind
viele. Gott bewahre schon deshalb Deutschland vor neuen
ariegen!
Feldmarschall Graf Moltke erließ am Mittwoch folgende
danksagung:
Bei der sehr großen Zahl von Glückwünschen zum Antritt
neines 81. Lebensjahres bitte ich, statt besonderer Erwiderung,
neinen herzlichen Dank hiedurch aussprechen zu dürfen. Graf
Roltke, Feldmarschall.
Mächte zu entsprechen und es gibt fortwährend Streitigkeiten, nicht
iur zwischen den Mannschaften, sondern auch zwischen den Führern.
ztalienische und österreichische Matrosen haben bereits recht solenne
ßrügeleien veranstaltet, so daß man, um weiteres Unheil zu ver⸗
züten, die feindlichen Seehelden sorgfältig von einander getrennt
Jält. Zwischen den Führern haben Eüuikettenstreitigkeiten böses
Alut gemacht. So soll das Kind von Montenegro vom Admiral
Seymour mehr geehrt worden sein, als der österreichische Erzherzog
Stephan, der auf der Flotte anwesend ist, und neuerdings bal
der italienische Admiral denselben Erzherzog Stephan um Entschul⸗
digung wegen des Verhaltens einiger italienischen Bootsleute,
velche neulich, als der Erzherzog vorüberfuhr, Beleidigungen gegen
Oesterreich ausstießen und Hurrahs auf „1866 und die Schlacht
don Sadowa“ ausbrachten. Im Uebrigen aber herrscht auf der
Flotte — unendliche Langeweile.
Meldung der „Polit. Korr.“ aus Konstontinopel: Die
Pforte wies Derwisch Pascha in Salonichi an, sich unverweilt mit
4 Bataillonen regulärer Truppen nach Skutari einzuschiffen, um
die Aktion Riza Paschas zu unterstützen. Die Pforte beauftragte
—BDD—
der Konvention zu bewerkstelligen.
Die „Agence Havas“ meldet aus Ragusa, Bedri Bei habe
die Festsetzung der Grenze bei Konia vorgeschlagen und erklärt, die
Türkei sei bereit, Dulcigno am 1. November zu übergeben.
Vermischtes.
*St. Ingbert. Bei der am Mittwoch im Cafs Seiter
dahier Statt gehabten Versammlung des Bezirkslehrervereins Blies⸗
kastel-St. Ingbert wurde auch der Ausschuß des Vereins neu
zebildet. Derselbe besteht nunmehr aus den HH. Wolf-Nieder—
vürzbach, Drescher⸗Wolfersheim, Drumm, Kaufmann und Ha—
genbucher-St. Ingbert, Roth und Kieffer-Blieskastel, Wagner—⸗
eimbach und Zickgraf-Erfweiler. Da der bisherige Vorstand,
OIr. Hauptlehrer Leibig von Blieskastel nach seiner Wahl in den
Kreisausschuß statutengemäß aus dem Bezirksvereinsausschuß aus—
zuscheiden hat, so wurde an seiner Stelle Lehrer Wolf von Nieder⸗
würzbach als J. Bezirksvereinsvorstand gewählt. Als II. Vorstand
wurde Drescher- Wolfersheim, als Rechner Drumm-St. Ingbert
und als Schriftführer Kaufmann-⸗-St. Ingbert bestimmt.
* Die bisher in Blieskastel bestandene protestantische
Privatschule wurde durch Erlaß der kgl. Regierung als öffeni—
iche Schule anerkannt. Die Schule, die gegenwärtig 26 Schüler
zählt, wird vorläufig mit einem Verweser besetzt werden.
F Der Einstellungstermin der bayerischen Rekruten des Jahr⸗
gangs 1880 ist für die Infanterie auf den 5. November und für
die Kavallerie auf den 6. November a. c. festgesetzt.
f In die bayerische Heerordnung wurde folgende
Anmerkung aufgenommen: Milikärpflichtige, welche auch in ihrem
3. Militärpflichtjahre wegen Mindermaßes nicht zur Aushebung
geeignet sind, wohl aber ihrer Gesundheit und ihrem Körperbau
nach den Anforderungen des Dienstes gewachsen erscheinen, sind
als „wegen eines geringen körperlichen Fehlers bedingt tauglich“
vorzugsweise der Ersatz-⸗Reserde 1. Klasse zu überweisen.
F Die diesjährigen Manbver der bayerischen Kavallerii
haben nach der „Kölner Ztg.“ bei berufenen Kritikern besondert
Anerkennung gefunden. Da diese Waffengattung, welche in den
Napoleonischen Kriegen zur leidigen Rheinbundszeit einen sehr guten
Namen hatte, später Manches zu wünschen übrig ließ, so ist es
doppelt erfreulich, aus bester Quelle zu vernehmen, daß die dies
jährige Inspeltion so befriedigend ausgefallen ist.
F Nur noch wenige Wochen trennen uns von dem Tag der
illgemeinen Volkszaählung. Wie der Statistiker Dr. Engel
aachgewiesen hat, ist die Volkszählung eines der besten Mittel der
Nation, sich selbst kennen zu lernen. Die gewonnenen Zahlen dienen
iber auch in ihrer weiteren Verarbeitung der Statistik und der
Wissenschaft zu vielfachen Untersuchungen. Ist also die Volkszahl⸗
ing unstreitig von ganz allgemeiner Wichtigkeit, so hat auch jeder
kinzelne ein Interesse daran, daß richtige Zählungen vorgenommen
werden. Hieran mitzuwirken, wird jedem Einwohner, namentlich
edem Familienvater und Haushaltungsvorstand Gelegenheit ge—⸗
—
Ausland.
der französische Kriegsminister hat an die Korps—
ommandanten die vertrauliche Anfrage gestellt, wie sie den Plan,
vie Dienstzeit von 50 auf 40 Monate herabzusetzen,
deurtheilen würden.
Von der Demonstrations⸗Flotte der Mächte erfährl
man nur wenig, und was man erfährt, ist nicht gerade erbaulich.
das Einvernehmen auf der Flotte scheint dem Einvernehmen der
hoten werden. Bekanntlich soll die Bevölkerung in doppelter Weise
in der Volkszählung betheiligt werden, einmal durch Ausfüllung