Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

dorgelesen werden können, wenn nicht die Breite des Formats ein 
Hinderniß bildete. Eine solche Ausnützung einer Postkarte dürfte 
vohl bis jetzt unerreicht sein; eine in der Düsseldorfer Ausstellung 
befindlich gewesene enthielt nur 1200 Worte. 
fFEisenbahn-Unglück. Vorige Woche stieß der von 
Luxemburg kommende Zug in der Nähe von Göbelsmühle auf 
Felsblöcke, welche, vom Berge losgerissen, auf die Bahn gestürzt 
waren. Die Lokomotive ist entgleist; der Lokomotivführer auf der 
Stelle getödtet, der Heizer am Kopfe schwer verwundet worden; die 
Reisenden aber sind mit dem Schrecken davon gekommen. 
* Auch im Königreich Sachsen ist jetzt die Rechtschreibung 
zür die Schulen im Einklange mit den preußischeu und bayherischen 
Vorschristen geregelt worden. 
Der mit 165,000 M. aus Hamburg durchgebrannte 
Kommis Harburger wurde mit seiner Geliebten bei der Landung 
in Alexandria (Egypten) verhaftet. Von dem gestohlenen Gelde 
sollen sich nur 11,000 M. bei ihm vorgefunden haben. 
F Bei Hirschberg im nördlichen Böhmen wurde dieser 
Tage im Walde ein Heerenpilz von enormer Größe in vollkommen 
jesundem Zustande aufgefunden. Derselbe wog nach der „N. Fr. 
Pr.“ nicht weniger als 24 Kilogramm und hatte einen Umfang 
»on 111 Centimeter. 
F Die Stadt Lille (Frankreich) wurde vor einigen Wochen 
ines Abends gegen 10 Uhr urplötzlich völlig verfinsterit, die Gas— 
lammen verlöschten fast sämmtlich, und nur an wenigen Brennern 
eigte sich ein schwaches Flämmchen. Es kamen in Folge dessen 
ehr sonderbare und mitunter lächerliche Situationen vor. Die Kafés 
ind Restaurants, sonst in vollem Lichte strahlend, mußten sich mit 
chleunigst herbeigeschafften Kerzen behelfen; die Kerzenfabrikanten 
mußten ein glänzendes Geschäft gemacht haben, denn der Ansturm 
»on Kerzenkäufern war groß. Die Vorstellung im großen Theater 
zing ohne Schwierigkeit, ja unter großer Heiterkeit zu Ende; man 
;ah nicht viel, aber man sah. Im Variétés-Theater war's schlimmer; 
man gab die „‚Perichole“, da trat plötzlich kohlrabenschwarze Finster⸗ 
aiß ein und ein schallendes Gelächter brach im Zuhörerraum aus. 
Fräulein Marcelli mußte ihren Brief an Piquilo beim Scheine von 
Wachsstreichholzchen zu Ende singen, die von gefälligen Theaterbe— 
juchern abwechselnd angezündet wurden. Man stellte nun rasch eine 
Anzahl Kerzen auf die Bühne und Orchester, und mehrere Herren 
im Parterre ließen sich lachend herbei, brennende Kerzen in die 
Hand zu nehmen, um dergestalt als lebende Kandelaber zu dienen. 
Die Straßen waren vollständig finster und man konnte nur mit 
Vorsicht seinen Weg gehen. Ganz Lille entbehrte der gewohnten 
HBeleuchtung, aber man nahm das überaus lustig auf. Der Bruch 
eines Saugrohres trug die Schuld an dem Unfalle. 
r Eine neuliche Meldung über die erfolgte Vermählung des 
daisers Alexander von Rußland mit der Fürstin Dolgorucki 
wird jetzt von der ‚Magdeburger Zeitung“ von Paris aus als vol⸗ 
lendete Thatsache bestätigt. Als Zeugen bei der Trauung fungirten 
die Generale Loris-Melikoff, Miljutin und Adlerberg und ein anderer 
Adjutant des Kaisers. Die bisherigen Kinder aus dieser Ver— 
vindung erhalten den Namen Fürsten Jouriew. Künftige Früchte 
der Ehe sollen wie legitime kaiserliche Prinzen behandelt werden. 
Der Großfürst Thronfolger, von diesem Ereigniß tief gekränkt, will 
auf unbestimmte Zeit mit seiner Familie in Cannes Aufenthalt 
aiehmen und ist mit dem Großfürsten Wladimir, seinem Bruder, 
zänzlich zerfallen, weil dieser die Vermählung des kaiserlichen 
Baters gutgeheißen hat. 
Aus Japan kommt die Nachricht, daß das englische 
Panzerschiff „Iron Duke“ (Eiserner Herzog) in der Nähe der Insel 
Okosiri, 100 Seemeilen von Hakodate, am 30. Juli Morgens bei 
nebeligem Wetter auf ein Riff gerieth, von welchem es nur durch 
die vereinigte Hilfe herbeigerufener französischer, russischer und eng— 
üüscher Kriegsschiffe abgebracht werden konnte. In Hakodate wurde 
dann das Schiff untersucht und so beschüdigt gefunden, daß die 
Reparatur wohl 80.000 Pfd. Sterling (1600 000 Markh) 
osten wird. 
* Aus New⸗-York wird gemeldet, daß der Dampfer 
Commerce“ bei einem Orkan auf dem Michigan-See unterging; 
10 Mann von der Schiffsmannschaft sind ertrunken. Der Dampfet 
„Alpina“, der von Grandhaven nach Chicago fuhr, ging ebenfalls 
inter; die Zahl der Mannschaft und der Passagiere wird verschieden 
geschätzt, 40 bis 70, man glaubt, daß alle zu Grunde gegangen sind. 
F Aus New-York wird gemeldet: Am Sonnabend fanden 
in Folge eines heftigen Orkans an der Küste von Neu-Schoöttland 
ahlreiche Schiffssunglücksfälle statt. 
F Kapitan John Ericsson in Amerika hat einen Torpedo 
konstruirt, gegen welchen, seiner Behauptung zufolge, kein zur Zeit 
vestehendes Schiff sich als widerstandsfähig erweisen dürfte. Be— 
onderen Werth legt der Erfinder der Anwendung von Schießpulver 
als Treibmittel an Stelle komprimirter Luft bei. Der Torpedo 
zat eine zigarrenartige Form: er mißt 19 Fuß in der Länge, 15 
Zoll im Durchmesser und wiegt 1281 Pfund. An der Spitze führt 
ꝛxr eine Dynäamitladung von 2530 Pfund. Zur Herstellung dee 
Bleichgewichts ist das hintere Ende des Torpedos mit gußeiserner 
Armatur beschwert. Mit Pulver vorwärts getrieben, soll die neue 
Waffe ihren Lauf mit der Geschwindigkeit von 160 englischen 
Meilen (7) in der Minute beginnen. Während der nächsten Wochen 
ttehen Versuche mit dem Torpedo bevor. 
F Neuer Rettungsapparat für Seeleute 
und Andere. Derselbe besteht aus einer doppelten Leinenjacke 
»hne Aermel. Zwischen den Leinen befinden sich 36 Millim. große 
Bummikugeln mit Lappen versehen, diese letzteren werden an die 
johle Leinwand angenäht. Also kein Aufblasen mehr des irgend 
einen Hohlweg bergenden Kleides, sondern viele fertige Hohlkugeln, 
detten uns vor dem Ertrinken, was jedoch vor einem allfälligen 
daisisch nicht schützen würde. 
F In dem neuen jüdischen Kalender für das Jahr 5641 gibt 
der „Großrabbi Servi“, Direktor des Vesillo Israelitico, die jüdische 
Bevölkerung der Erde folgendermaßen an: Europa 4,500,000 
Alsien 3,800,000, Afrika 500,000, Amerita 300,000 und Austra⸗ 
lien 110,000 — zusammen 9,210,000 Ifraeliten. 
fDer neue Paris. Der österreichische Orientreisende A. 
Freiherr von Schweiger⸗Lerchenfeld schließt das zwanzigste und letzte 
heft seines illustrirten Werkes über das Frauenleben der Erde mit 
olgendem Zitate: „Die Französin heirathet aus Berechnung, die 
kngländerin, weil es üblich ist, die Deutsche aus Liebe. Die Fran⸗ 
zösin liebt bis zu Ende der Flitterwochen, die Engländerin das 
zanze Leben, die Deutsche ewig. Die Französin hat Geist, die 
Engländerin Intelligenz, die Deutsche Gefühl. Die Französin 
olaudert, die. Engländerin spricht, die Deutsche urtheilt. Die Fran⸗ 
jösin bietet eine Rose an, die Engländerin eine Dahlia, die Deutsch 
ein Vergißmeinnicht. Die Ueberlegenheit der Franzosin liegt in der 
Zunge, die der Engländerin im Kopfe, die der Deutschen im Herzen.“ 
F Ein glücklicher Vater.) Der Pariser „Figaro“ erzähl 
folgende Anekdote: Ein Einjährig Freiwilliger, welcher in der Kat 
allerie diente, hatte seinem Vater weisgemacht, daß jeder Freiwillig⸗ 
uuch sein Pferd stellen müßte, und der Herr Papa schickte auch die 
zeforderte Summe ein. Als ein anderer Freiwillige, welcher in dee 
Urtillerie diente, den Erfolg dieses Manövers erfahren hatte, schrieb 
ex seinerseits an seinen Vater, daß jeder Freiwillige auch eine 
danone stellen müßte, und der zweite Herr Papa verstand sich 
Jleichfalls dazu, die verlangte Summe herzugeben. Als der Letztere 
im Tage darauf eine Krupp'sche Gußstahlkanone von groben Kaliber 
ah, erkundigte er sich nach dem Preise derselben. „Hunderttausend 
Francs!“ war die Antwort. — „Hunderttausend Francs! Welches 
Hlück,“ sagte er zu seiner Frau, „daß unser Alkred nicht in dieser 
Zatterie dient!“ 
Volkswirthschaftliche, Handels⸗ und Verkehrs— 
Nachrichten. 
Mit dem 1. Nopember wird im Veckehr zwischen De u t sch⸗ 
'and und Belgien das Postauftragsverfahren eingeführt. 
Ddie Einziehung von Geldern kann bis zum Beirage von 600 R. 
»der 750 fr. erfolgen. Die handschriftliche Ausfüllung des For⸗ 
nulars hat bei Aufträgen nach Belgien mit lateinischen Schrift— 
ꝛeichen zu erfolgen, wobei jedoch die Anwendung der deuischen Sprache 
ulässig ist. Die Postauftragsbriefe müssen frankirt werden, in 
Ddeutschland beträgt die Taxe für je 158 20 Pf. nebst einer Ein— 
chreibegebüht von 20 Pf. Das Verfahren kann auch zu Protest⸗ 
rhebungen benutzt werden. Die in Deutschland zu protestirenden 
Papiere werden Gerichtsvollziehern oder anderen berechtigten Personen 
ibergeben, mit welcher Weitergabe die Obliegenheit der deutschen 
Verwaltung dem Absender gegenüber erfüllt ist. Anders in Velgien, 
vo die Papiere nach erfolgter Protestirung neben den Protesturkuñden 
ind der ausführlichen Kostenrechnung so bald wie möglich an die 
eutsche Aufgabeanstalt zurückgesandt worden. Diese siellt die Ur 
anden nebst Kostenrechnung dem Auftraggeber zu, und zwar gegen 
Finziehung der in der Rechnung angegebenen Kosten des Fraͤmos 
ür die zur Uebermittlung des Betrags nach Belgien erforderliche 
Bostanweisung. Den Betrag der Kostenrechnung haät die Postanstalt 
»urch Postanweisung derjenigen belgischen Postanstalt, welche die 
Protestkosten ausgelegt hatte, zu übersenden. Alle Anlagen der 
Postaufträge müssen unmittelbar und voll eingelöst werden. Theil— 
ahlungen sind unstatthaft. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 28. Olt. (Fruchtmittelpreis und Viktiualienmarkt. 
Beizen 11 M. 26 Pf. Korn 10 M. 41 Pj., Gerfie zweireihige 8 M. 24 P⸗ 
gierreihige — M. — Pf., Spelz 7 M. 42 Pf. Spelzkern — M. — Ph. 
Dinkel — M. — Pf., Mischfrucht 10 M. 46 ppf. Hafer 6 M.27 pPf, 
irbsen Z3 N. F Pf., Widen — M. — Pf., Kartoffeln 1 M. 80 pf, 
)eu 2 M. 85 Pf., Stroh 8 M. 06 Pf., Weißbrod 1N/, Ktilogr. 57 Pf., 
Lornbrod 3 Kilogr. 73 Pf. Gemischtbrod 3 Kilogr. 88 Pf., paar Weck 106 
ür. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 60 Pf. Il. Qual. 54 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., 
dammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 60 Pf.z Butter !/3 Kilogr. IM. 08 Pf. 
Wein Liter 80 Pf., Bier 1 Liler 24 Pf. 
Homburg, 27. Olt. (Fruchtmittelpreis und Viltualienmarkt.) Weizen 
11 M. 44 Vf., Korn 10 M. I6 Pf. Syelikern — M. — Pf. Sbesrn d