Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberker Anzeiger. 
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M 182. I 
Sonntag, den 14. November 
1880. 
Deutsches Reich. 
München. Der Sieuerausschuß der Abg.⸗Kammer hat 
dieser Tage die erste Petition bezüglich einer gerechteren Besteuerung 
zer Hausmiethe-⸗Erträgnisse — und zwar aus Augsburg — em— 
zfangen. Aehnliche werden folgen, so zunächst aus Kempien, dann 
ius Kaiserslautern, Nürnberg ?c. 
Aus Berlin wird der Fr. Ztg.“ neuerdings von Differenzen 
wischen dem Reichskanzler und dem Fürsten Hohenlohe berichtet; 
a, es wird für nicht unmoͤglich gehalten, daß Fürst Hohenlohe über 
urz oder lang den Reichsdienft ganz quittiren könnte. Fürst Bis— 
narck erkennt in dem Grafen Hatzfeldt den weitaus befähigtsten 
deutschen Diplomaten, und er hat fich noch kürzlich dahin geäußert, 
daß derselbe ein ungewöhnlich kluger und begabter Kopf sei, der 
alle ihm zuertheilten Aufträge mit wahrer Meisterschaft ausgeführt 
jabe. Wenn früher stets angenommen wurde, daß nach Bismarcks 
einstmaligem Rücktriti Herr v. Radowitz zur Leitung der auswär— 
igen Angelegenheiten Deutschlands berufen werden koͤnnte, so wird 
jetzt Graf Hatzfeldt als der dereinstige Nachfolger des Kanzlers 
Kbetrachtet. 
baleich dieselben aufgefordert werden dürften, zu beweisen, daß 
ie naturalisirt, sowie auch daß sie von der deuishen Lanes nicht 
esertirt seien. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. In der dergangenen Woche wurden in 
der Umgegend mehrfach nächtliche Einbrüche versucht und ausgeführt. 
Mit Vorliebe scheinen die Diebe ihre nächtliche Besuche auf Wirths⸗ 
okalitäten zu richten. So wurden in einer Nacht zu Anfang der 
Woche aus der Wirthschaft von Fichter zwischen hier und Rentrisch 
Zpeise und Getränke entwendet, und in einer darauffolgenden Nacht 
vurde aus der Kasse des Wirthes Glaser zu Rohrbach das in der⸗ 
elben enthaltene Geld gestohlen. Viel soll es nicht gewesen sein. 
kin besserer Griff soll den Diebeñ in einer der letzten Nächte zu 
Lautzkirchen gelungen sein. — Wenn dieselben bei ihrer nächilichen 
Arbeit unsere Stadt auch verschonten, so mögen diese Vorfälle doch 
eine Mahnung zur Vorsicht fein. 
*— Ein Metzger von hier wurde von demk. Landgericht 
Zweibrücken zu 80 Mk. Geldstrafe verurtheilt wegen Verkaufs 
oerfälschter, Wurst durch Beimengung von Stärkemehl. 
* ad Abend wurde der flüchtige Kassierer des 
Zaarbrufer-St. Johanner Bankvereins, Max Scheuch 
n das —AF zu Saarbrücken eingeliefert. Der— 
elbe wurde detkanntlich' wegen Wechselfälschung auf Requisition der 
Staatsanwaltschaft in Nizze verhaflet und ausgeliefert. Es sollen 
ei der Verhaftung noch 6000 Fr. bei ihm vorgesunden worden sein. 
F Zwischen Ober moschel und Alsenz soll eine Pferde— 
Fisenbahn in's Leben gerufen werden, von der man sich großen 
Nutzen für diese Gegend verspricht. In ersterem Orte hat sich 
bereits ein Komite gebildet, um die Sache weiter zu betreiben. 
F Die von den Demokraten nach Kirchheimbolanden 
derufene Volksversammlung mußte, weil am 2. ds. der Bölkel'sche 
Saal bereits für ein Konzert vergeben ist, verschoben werden. Die 
„Pfälz. Volksztg.“ bemerkt ausdrücklich, daß Anhänger anderer 
Parteien von der Versammlung nicht ausgeschlossen seien. 
fKaiserslautern. Wenn der Umtausch des Gast— 
jauses zum Karlsberg gegen das jetzige Stadthaus zu Stande 
ommt, wird, wie die „Pf. Volksztg.“ sagt, in das neue Stadt⸗ 
jaus außer dem Bürgermeisteramt die Stadt-⸗, Spar⸗ und Spital⸗ 
asse verlegt werden. — Ueber die Verlegung des Hauptzollamts 
on Kaiserslautern nach Landau ist noch nicht entschieden. Die 
Stadt Kaiserslautern hat sich, um sich dasselbe zu erhalten, erboten, 
einen Zuschuß von jährlich 1000 Mark zu den Miethkosten zu leisten. 
F In Kaiserslautern hat am 10. ds. Mis. eine 
Zusammenkunft von Vertretern der bisher bestehenden Lokalkomites 
ür die Nürnberger Landes-Industrie⸗Ausstellung in Kaiserslautern, 
Neustadt und Zweibrücken Statt gefunden. Es wurde beschlossen, 
die sämmtlichen Gewerbevereine der Pfalz, deren Zahl durch die 
in Dürkheim, Edenkoben und St. Ingbert neugegründeten 
auf 14 gestiegen ist, zur Bildung von Rebenkomites zu veran— 
assen, in den Bezirken Germersheim, Homburg und Pirmasens 
aber, wo keine Vereine bestehen, die Mithilfe der kgl. Bezirks⸗ 
imter anzusprechen. 
T, Der bisherige Redakteur der „Pfälz. Post,“ Herr, Pfarrer 
Dtto Fleischnann in K.aiserslautern, wird mit dem Schlusse 
bieses Quartals von der Redaktion des genannten Blattes zurüd— 
reten. Mit diesem Rücktritte dürfte die Existenz der „Pf. Post“ 
n Frage gestellt sein. 
FDer Vater des dreijährigen Kindes in Bingert, das 
inen geladenen Karabiner auf die Straße schleppte, mit welchem 
in zehnjahriger Knabe einen sechsjährigen Buben erschoß, Pflasterer 
Senn, wurde von der Strafkammer des kgl. Landgerichts in Kai— 
erslautern wegen fahrlässiger Tödtung zu einer Gefängnißstrafe 
yon acht Tagen verurtheilt. 
. Sein fünfzigjähriges Lehrerjubiläum und zugleich die gol⸗ 
ene Hochzeit feiert bis Mai kommenden Jahres Lehrer Schaͤfer 
n Baalborn. 
4 Eine der besten Jagden der Pfalz dürfte wohl die des Herrn 
Ausland. 
Lebhafte Vefriedigung erweckt in deutsch⸗õsterreichischen 
treisen die Konzessionirung des deutschen Theaters für Ungarn. 
Der betreffende Erlaß des Ministers, sowie die demselben beige⸗ 
uin Erklärung wird als das Ende der Deutschenhetze in Ungarn 
ert Jefaßt. Ferner befriedigt die deutschen Kreise ein Erlaß des 
gerreichischen Unterrichtsministers worin energisch gegen die na— 
onale Verhetzung seitens ezechischer Lehrer aufgetreten und diesen 
nit strengsten Disziplinarstrafen eventuell mit Entlassung ge— 
proht wird. 
d Die franzöfische Deputirten-Kammer nahm am 11. Nov. 
ine ein Vertrauensvotum für das Ministerium enthaltende Tages⸗ 
rdnung der Linken mit 291 gegen 131 Stimmen an. Das 
abinet bleibt. In derselben Sitzung spielte sich eine sehr erregte 
cene ab. 
Als Legrand (Linke) das Wort ergriffen hatte, um eine 
iterpellation der Linken zu begründen, erschien Baudry d'Asson 
egitimist), über welchen am Dienstag der zeitweilige Ausschluß 
den Sitzungen der Kammer verhängt worden war, auf seinem 
itze. Der Präjfident forderte Baudry d'Asson auf, den Saal zu 
classen, was der letztere jedoch verweigerte. Der Präsident ordnete 
rauf die Räumung des Saales an und ließ die Wache holen, 
Baudry d'Asson zu entfernen. Die Sitzung wurde suspendirt, 
Ufe Tribünen wurden geräumt, und die Majorität der Deputirten 
tließ den Sitzungssaal, während ein Theil der Rechten, darunter 
nudry d'Asson, auf ihren Sitzen verblieb. Da diese sich ferner 
igerten, den Sitzungssaal zu verlassen, so erhielt Oberst Rin den 
efehl, Baudry d'Asson zu entfernen. Oberst Riu betrat in Folge 
jen mit einer Abtheilung Soldaten den Saal. Die Mitglieder 
Rechten hatten sich um Baudry d'Asson aufgestellt, so daß sie 
den Soldaten erst bei Seite gedrängt werden mußten. Baudry 
isson setzte sich thatsächlich zu Wehre und wurde darauf, um— 
in von 15 Soldaten, aus dem Saal geführt und im Arrest⸗ 
e der Kammer untergebracht. Die Sitzung wurde alsdann 
er aufgenommen. 
London, 11. Novb. Orangemänner (d. h. Gegner der 
orenen Irländer) sind in Claremorris angelangt. Es herrscht 
e Aufregung. Ein Zusammenstoß ist fast unausbleiblich. 
In Konflantinopel wurde ein Kriegsgericht eingesetzt, 
ʒtei türkische Offiziere abzuurtheilen, die im Zustand der Trunken— 
den deutschen Votschafier Grafen Hatzfeldt nicht erkannt und 
elben in seinem Wagen belästigt hatten. Ein Adjutant des 
lans erschien bei dem deutschen Botschafter, um demselben das 
dauern des Sultans auszusprechen. 
Durch Zirkular des Siaalsdepartements der Vereinigten 
aten wird bekannt gemacht, daß alle als Bürger der Ver⸗ 
n Staaten naturalisirten Deutschen einschließlich der Elsässer, 
Deutschland in der Absicht, nach Amerika zurückzukehren, 
nen werden, von der Unionsregierung gehörigen Schutz erhalten, 
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