Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich? mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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Mß 184. Donnerstag, den 18. November 
1880. 
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Deutsches Reich. 
Der Kaiser empfing am 16. Nov. den seitherigen bayerischen 
Besandten am Berliner Hofe, v. Rudhart, welcher sein 
Abberufungsschreiben überreichte. 
Die Etatsberathung im preußßzischen Abgeordnetenhaus ist 
u Ende geführt, der Antrag Richter, das Etatsgesetz, der Etat 
der direkten und indirekten Steuern und der Finanzverwaltung, 
endlich das Ertraordinarium sind der Budgetkommission überwiesen 
vorden, der Rest des Etats wird im Plenum erledigt werden. 
Neue Aufschlüsse haben die Reden des letzten Tages nicht mehr 
gebracht. Der Gesammteindruck, der geblieben ist, läßt sich in die 
Worte fassen: im nächsten Reichstage sollen 110 Millionen neue 
Steuern bewilligt werden, von denen wir noch gar nicht wissen, 
uuf welche Verzehrs- und Gebrauchsgegenstände der größere Theil 
derselben noch gelegt werden könnte. 
Der Kaiser hat anläßlich des Ablebens des Generals v. 
Göben (Kommandeur des 8. Armee-Korps) eine Kabinetsordre 
rlassen, worin es heißt: Die Armee erlitt durch den Tod eines 
hrer hervorragendsten Führer in den letzten Kriegen, des Generals 
). Göben, einen sehr schweren Verlust. Ich wünsche der hohen 
Werthschätzung, welche Ich in seiner langjährigen persönlichen Stel— 
ung zu Mir gewonnen und später jederzeit glänzend bestätigt ge— 
funden habe, besonderen Ausdruck zu geben, indem Ich der ganzen 
Armee Mein tiefes Bedauern über diesen Verlust ausspreche und 
hestimme, daß die Offiziere des 8. Armeekorps dreitägige und die 
Iffiziere der Regimenter 28 und 55 siebentägige Trauer anlegen. 
Ausland. 
Einigermaßen komisch lauten die Nachrichten über die Macht— 
entfaltung der englischen Regierung, durch welche sie die von 
der irischen Landliga geächteten Gutabesher bei ihren Erntearbeiten 
ichützt. Im Ganzen sind etwa 7000 Mann königliche Truppen 
aufgeboten, welche in größeren oder kleineren Trupps mit aufge— 
»flanztem Bajonett die Felder umstehen, um die mit dem Aus— 
machen von Kartoffeln und Rüben beschäftigten Arbeiter vor den 
Angriffen der Anhänger der Landliga zu behüten. Dieser große 
Apparat wird aber nur deßhalb nothwendig, weil die Regierung 
)urchaus keines der bestehenden Gesetze verschärfen will. Ein ein— 
ziger Federzug würde die sämmtlichen Sicherheitsmaßregeln über— 
lüssig machen, aber Irland soll durchaus auf dem Wege der Milde 
zlüdlich gemacht werden. Abgesehen davon, daß ein Major das 
Bein gebrochen hat und ein Husar vom Pöbel aus dem Sattel 
geworfen wurde, sind bis jetzt keine Unglücksfälle vorgekommen, 
yoch liegen Zusammenstöße des fanatisirten Volkes keineswegs außer⸗ 
jalb des Bereiches der Möglichkeit. 
„Daily Telegraph“ meldet aus Konstantinopel: Die 
Pforte beschloß, Derwisch Pascha durch mehrere Bataillone zu ver⸗ 
stärken, welche unverzüglich abgehen sollen. 
lattes, angeschlossen und eine diesbezügliche Bekanntmachung an 
eine Arbeiter erlassen. 
Von der Zellerthal-Bevölkerung und den dabei interessirten 
dotaren ist das Gesuch nach München gerichtet worden, die durch 
srnennung des Herrn Notars Hochreuther nach Billigheim erledigte 
dotarstelle in Kürchheimbolanden nicht mehr zu besetzen 
ind das Notariat von Zell uach Albisheim zu verlegen. Bas 
ezügliche Gesuch liegt dem Gerichtshof in Zweibrücken zur Bequt⸗ 
ichtung vor. 
— In der „Kaisersl. Ztg.“ gibt Herr Dr. Th. Orth bekannt, 
aß die Versammlung der Liberalen in Langmeil, die ursprüng⸗ 
ich auf den 28. November anberaumt war, auf den 3. Dezember 
erschoben ist, und zwar, um dem Reichstagsabgeordneten Dr. Zinn 
helegenheit zu geben, derselben anzuwohnen. Derselbe hat nämlich 
elegraphirt, er werde, wenn sein Gesundheitszustand sich nicht ver— 
chlimmere und keine unerwartet ernste Abhaltung eintrete, am 53. 
Dezember der Versammlung anwohnen können. 
F Nächsten Sonntag wird im Saalbau zu Neustadt eine 
iberale Wählerversammlung abgehalten; in derselben wird der 
Keichstagsabgeordnete für Landstuhl-Kusel, Dr. A. Buhl aus 
Deidesheim, die Stellung der national-freisinnigen Partei zu den 
unser parlamentarisches Leben berührenden Fragen eroͤrtern. 
F Der pfälzische Sängerbund hält seine diesjährige 
Hauptversammlung Sonntag den 21. November in der Bauer'schen 
Wirthschaft zu Ha ardt ab. 
F In Deidesheim feierte dieser Tage der katholische Stadt— 
»farrer Kniessel sein 50-jähriges Priester-Fubiläum. Der Jubilar 
zefindet sich noch im Vollgenusse geistiger und körperlicher Kräfte. 
Nahezu sämmliliche Offiziere der Garnison in Landau 
ind wieder als Mitglieder in den Musikverein daselbst eingetreten. 
F.Aus der Pfalz. Den vielfachen, leider nur zu ge⸗ 
zründeten Klagen über die Rohheit der Fortbildungsschüler gegen— 
iber theilen wir Folgendes zur Nachahmung mit: „In einer Reihe 
von Ortschaften Sachsens haben sich die Fabrikherren mit Entschie— 
zenheit auf die Seite derjenigen gestellt, welche die sittlichen und 
zuten Elemente des Volkslebens zu stärken sich bemühen. Auf 
Anzeige der Lehrer entlassen sie Fortbildungsschüler, wenn eine 
enste Mahnung fruchtlos geblieben ist, aus ihren Diensten, sehen 
eie Censuren ein und nehmen an den Prüfungen theil. Früher 
jatten solche Arbeitgeber weder Veranlassung, noch Gelegenheit, 
ich um das Verhalten ihrer jungen Arbeiter außerhalb der Fabrik— 
äume zu kümmern; die Fortbildungsschule hat sie dazu angeregt.“ 
—. Dabei ist noch folgende Bestimmung einer neueren sachsischen 
Ninisterialberordnung bemerkenswerth: „Die Schulzucht der Fort— 
ildungsschule erstreckt sich auch auf das Betragen der Schüler 
rußerhalb der Schule. Der Besuch öffentlicher Tanzbelustigungen 
owie solcher Schaustellungen, welche die sittliche Reinheit gefaͤhrden, 
»esgleichen der Besuch solcher öffentlichen Versammlungen ist den 
Fortbildungsschülern verboten.“ (Pf. Kurier.) 
Dien esnachrichten. 
Der Hilfslehrer an der Präparandenschule in Edenkoben Gustav Haaß 
wurde zur Dienstleistung an die Lehrerbildungsanstalt zu Kaiserslautern in 
»er Eigenschaft als Hilfslehrer einberufen. 
hr die Fedachon veramwerni D7 
Bilder fuͤr Schule und Haus. Herausgegeben von Mert 
sichter, Direktor, und Ernst Lange, Lehrer an der Ersten Bürger— 
hule zu Leipzig. Verlag der Expedition der Illustrirten Zeitung 
J. J. Weber) in Leipzig. Ein Großfolioband mit 192 Tafeln 
Ubbildungen und 48 Seiten Text. Preis in Carton-Einband 
Mark 50 Ppf. 
Selten ist wohl ein Unternehmen allseitig so mit Freuden begrüßt worden, 
vie das vorliegende. Dasselbe hilft wesentlich die Klage, „unser Volk werde 
nit Schundliteratur gefüttert“, hinfällig machen und biidet zugleich einen Pro— 
iirstein, wie weit Verständniß und guter Wille reichen werden, dem Volke fo 
Schönes und Gutes reichlich zugänglich zu machen. Alle Lehrer, Vereinsvor⸗ 
tände und Familienväter werden an dem Interesse für dieses Unternehmen 
semessen werden können in Bezug auf ihr Streben, Bildung zu verbreiten, 
enn mit diesen Bildern kommt in Schule und Haus ein Freund von jseltenem 
Werthe. Wir machen unsere Leser auf dieses Werk aufmerksam, das sich durch 
zute Ausstattung, reiche Illustration, gediegenen Text und große Billigkeil 
iberall zur Anscheffung empfieblt. 
Vermischtes. 
* St. Ingbert. Hiermit unsern Lesern zur gefl. Notiz, 
daß die offizielle Ziehungsliste der Kaiserslauterer Ge— 
werbemuseums-Lotterie in der Expedition des 
„Anzeigers“ eingesehen werden kann. 
7 Ueber das plötzliche Ableben des Hrn. Regierungsraths und 
Bezirksamtmannes Damm erfährt die „Zw. Zig.“ Folgendes: 
Der Beamte bestieg den um 77 Morgens von Zweibrücken nach 
domburg abgehenden Zug, um nach Schwarzenacker zu fahren und 
don dort, resp. von Wörschweiler den nach Limbach führenden 
Weg, der in eine Straße umgebaut werden soll, zu besichtigen. 
Hr. Adj. Nöthlichs von Wörschweiler erwartete den Hrn. Distritts- 
dorstand am Bahnhofe. Als er Herrn Damm nicht aussteigen sah, 
exkundigte er sich nach ihm und hörte, daß er sich noch im Coupé 
befinde. Man sah nach und fand ihn — eine schrecliche Ueber— 
raschung — leider bereits entseelt. Ein Herzschlag hatte seinem 
Leben viel zu frühe ein Ende gemacht! 
1Das Königl. Eisenbahnbetriebsamt zu Saarbrücken 
jat sich dem Vorgehen der Herren Gebr. Stumm und der Königl. 
Zergwerksdirektion, betreffend das Verbot des Neunkircher Tage⸗