Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

chritts, den die Franzosen im Verständnisse unserer Literatur machen! 
Aus Livorna (Gltalien) kommt die Nachricht von dem 
Zusammenstoß des Dampfers „Ortigia“ mit dem französischen 
dampfer „Joseph“; letzterer wurde in Grund gebohrt; an Bord 
desselben waren 300 Personen, wovon 50 gerettet sind. „Ortigia“ 
ist stark beschädigt in Livorno eingelaufen. 
Die Vorbereitungen zum Viehtransport aus Texras nach 
England sind so weit vollendet, daß, wie ein amerikanisches 
Blatt mittheilt, auf den „Great Eastern“ mit jeder Reise 20,000 
Stück fettes Rindvieh aus Texas auf den englischen Markt ge⸗— 
hracht werden können. Das Schiff soll diese Zahl viermal im 
Fahre überführen und es wird angenommen, daß die erste Reise 
hereits in diesem Jahre stattfinden wird. 
Aus Philadelphia wir der „Times“ gemeldet: Die 
Ankündigung, daß das Oberammergauer Passionsspiel als Theater⸗ 
novität in New-York nachgeahmt werden soll, hat große Aufregung 
unter den religiosen Körperschaften hervorgerufen. Es sind bereits 
Eingaben in Umlauf gesetzt, worin die Regierung aufgefordert wird, 
das Spiel zu verbieten, während andererseits auch eine starke 
Strömung für die Gestattung des Spiels sich geltend macht. 
F Wahl-Puffs in Amerika. Vor uns liegt die 
Nr. 44 des in Chicago erscheinenden „Westen“, der Wochenausgabe 
der Illinois Staats-Zeitung, vom 31. Oktober. Derselbe bildet 
eine jener in Amerika beliebten polhyglotten Nummern, in welchen 
nn allen Sprachen zu den Wahl-Urnen gerufen wird. Einige der 
frappanten Ueberschriften mögen hier wenigstens eine Stelle finden. 
Da lesen wir z. B.: Ihr Berjer erraus!! — Alle Mann up Deck! 
— Ran an den Stimmkasten! — Naar de Stembus! — An d' 
Schwoba! — E churzes Wort an di schwyzerische Wähler! — Im 
llebrigen wechseln mit den deutschen Aufrufen in buntem Durch— 
einander, solche in lateinischer, englischer, französischer, irischer, 
talienischer, ungarischer, polnischer, spanischer, schwedischer, czechischer 
ind dänischer Sprache! Hebräische Aufrufe sind sogar zwei vor— 
handen, einer in deutscher Sprache und nur in hebräischen Lettern, 
der andere dagegen wirklich in hebräischer Sprache. Da die Illinois 
Staats-Zeitung für Garfield ging, so haben alle diese Wahlaufrufe 
das Gemeinsame, daß sie sich der deutschen Devise unterordnen, 
velche das Blatt an ihrer Spitze marschiren läßt: „Vorwärts für 
Freiheit, Wohlstand und Garfield!“ 
F Eine reiche Gegend ohne alle und jede Industrie. 
Trotz der Millionen von Schafen, welche in dem Territorium New— 
Mexico gezüchtet werden, befindet sich dort doch keine einzige Wollen⸗ 
fabrik; irotz der zahllosen Viehheerden, welche dort weiden, ist doch 
teine Gerberei daselbst zu finden; trotz der reichsten Waldungen 
indet man keine einzige Sägemühle, und trotz des Uederflusses an 
saturprodukten zur Eisenerzeugung keine einzige Gießerei. 
Tas fidele Gefängniß. Die Zustände auf der Gefängniß— 
Insel Fernando Noronha sind von wunderbarer Gemiüithlichkeit. 
Jeder Angestellte hat 4 58 Gefangene zur persönlichen Bedienung, 
o daß in dem Gefängniß nur sehr wenige bleiben; zwischen den 
nit Fußeisen versehenen Gefangenen werden Wettrennen abgehalten; 
»s gibt ein Theater, auf dem Gefangene spielen und das Parterre 
üllen: es befinden sich dort 1678 männliche und 36 weibliche Ge⸗ 
angene; letztere sollen einen ganz gewaltigen Einfluß auf der Insel 
jaben und ihre Lage ist so günstig, daß sie nach Ablauf ihrer Straf⸗ 
zeit wieder freiwillig nach der Insel zurückkehren. Schließlich leihen 
zie Sträflinge dem Gouverner häufig Geld, um die Gehälter der 
gefangenwärter zu bezahlen!! Das setzt der Sache eigentlich die 
krone auf. 
Die Trunksucht und die Selbstmorde. Die 
Borlage eines Gesetzes über „Trunkfucht“ seitens der deutschen 
Staatsregierung, dessen Annahme durch die Volksvertretung wohl 
als unzweifelhaft erwartet werden darf, wird es gerechtfertigt er— 
cheinen lassen, das Thema durch Thatsachen und Zahlen zu illu— 
triren: Von allen Seiten ertönt die gleiche Klage über die Brannt⸗ 
weinpest. In immer steigendem Maße treten die Verheerungen zu 
Tage, welche der übermäßige Branntweingenuß unter der Bevölker⸗ 
ing anrichtet. Die Zahl der Männer, größtentheil s Familienväter, 
velche jährlich der Trunksucht, insbesondere dem Schnapsteufel zum 
Opfer fallen, schreibt ein schweizerisches Blatt, ist eine erschreckend 
—D 
Zranntweinpest unter der wenig begüterten Bevölkerung unseres 
Landes“, heißi es in einer Eingabe aus dem Elsaß an die Reichs— 
regierung, und bemerkt wird, daß sich in Mülhausen der Brannt- 
veinsverbrauch in den letzten 8 Jahren verzehnfacht habe. Dr. 
Bär, der Oberarzt im Staatsgefängniß Plötzensee bei Berlin, be⸗ 
iffert in seinem Buche „Der Alkoholismus“ die Opfer dieses Men⸗ 
schenfeindes in Nordamerika von 1860 -70 auf 300 000 Men-⸗ 
ichenleben, 100 000 Kinder in Armenhäusern, 150 000 Personen 
im Gefängniß, 2000 Selbstmörder, 1 Million Waisen. In Europa 
derbraucht England am meisten Alkohol, dann kommen Beigien, 
Holland, Dänemark u. s. w. Dr. Bar spricht dem Alkohol jeden 
sahrungsstoff ab, erkläri ihn dem gesunden Organismus ganz ent⸗ 
sehrlich und fordert, daß sein täglicher Gebrauch entschieden ver⸗ 
nieden werden solle. Ein Mitglied des preußischen Abgeordneten⸗ 
sauses hat bei Anlaß der Verhandlungen über das Schanksteuergesetz 
rklärt, es sei konstatirt, daß *4 aller Gefangenen, ferner die Hälfte 
iller Landarmen, welche den Gemeinden zur Last fallen, Brannt⸗ 
veintrinker seien. Die Branntweinnoth und das Branntweinelend 
ei in allen Provinzen des preußischen Staates gleich groß. „Die 
vüste Nachtschwärmerei, die zahlreich zerrütteten Ehen, die gemiß— 
jandelten Frauen, die Vermehrung der Verbrechen, die Zunahme 
der Selbstmorde, die steigenden Kosten der Polizei-Verwaltung und 
ieles andere Schlimme sind Folgen des übermäßigen Branntwein⸗ 
jenusses.“ Was insbesondere die Zunahme der Selbstmorde anbe— 
rifft, welche zu einem großen Theil dem Alkohol auf Rechnung 
jeschrieben werden können, so hat auf einer neulichen Konferenz 
ür innere Mission, der Vorsteher des Trinkerasyls zu Lintorf, 
Pfarrer Hirsch, auf Grund eines umfangreichen, statistischen Ma— 
erials nachgewiesen, daß eine Steigerung der Selbstmorde stattge— 
unden in Preußen seit 1820 um 90 pCt., in Sachsen seit 1830 
im 90 pCt., in Bayern seit 1840 um 87 pCt., in Württemberg 
eit 1850 um 68, in Baden seit 1850 um 149, in Mecklenburg 
eit 1850 um 165, in Deutsch-Oesterreich seit 1820 um 430, in 
Frankreich seit 1830 um 186, in Dänemark seit 1840 um 31 
pCt. Eine Abnahme der Selbstmorde weise allein Norwegen auf 
und zwar um 9 pCt., infolge der dortigen scharfen Gesetzgebung 
gegen den Alkohol. Die Schweiz nimmt laut der Statistik in Be— 
zug auf das Verhältniß der Selbstmorde zur Bevölkerung eine der 
jöchsten Stellen ein und das übermäßige Schnapstrinken wird in 
exster Linie als Grund derselben bezeichnet. 
F Es kommt häufig vor, daß Briefträger aus Versehen 
Briefe an unrichtige Adressen abliefern, die dann von den Em— 
afängern, ohne daß dieselben die Adressen prüfen, geöffnet werden. 
Unlängst wurde ein Kaufmann, der den an einen anderen Kauf— 
nann gerichteten Brief geöffnet und darauf dem Adressaten zuge— 
tellt hatte, vom Schöffengerichte zu 50 Mark Strafe verurtheilt. 
Mer verichte. 
Zweibrücken, 25. Nov. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt 
Weizen 11 M. 23 Pf., Korn 10 M. 89 Pf., Gerste zweireihige 8 M. 838 Pf 
ierreihige 7 M. 81 Pf., Spelz 7 M. 25 Pf., Spelzkern — M. — Pff 
Dinkel M. — pf. ütischfrucht — M. — Pf. Dafer 6 Msl pf, 
rfẽrbsen O9 M. 25 Pf., Wicken 6 M. 38 Pf., Kartoffeln 2 M. — Pf., 
deu 2 M. 85 Pf., Stroh 3 M. 06 Pf., Weißbrod 1/ꝛ Kilogr. 57 Pf. 
dornbrod 3 Kilogr. 73 Pf., Gemischtbrod 8 Kilogr. 88 Pf., paar Weck 100 
Ir. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 50 Pf. II. Qual. 44 pf. Kalbfleisch 40 Pf., 
dammelfleisch 50 Pf. Schweinefleisch 60 Pf.; Butter /2 Kilogr. 1 M. 10 Pf., 
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier J Liter 24 Pf. 
Homburg, 24. Nov. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.) Weizen 
11 M 37 Pf. Korn 10 M. 81 Pf. Spelzkern — M. — Pf., Spelz 7 M. 
11 Pf., Gerste 2reihige — M. — Pf., Gerste kreihige O M. — Pf., Hafer 
3 M. 51 Pf., Mischfrucht 10 M. 45 Pf. Erbsen — M. — Pf., Wicken 
3 M. 30 Pf., Bohnen O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
zrod 6 Pfund 85 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund — Pf. Ochsenfleisch — Pf. 
Rindfleisch 40 Pf., Kalbfleisch 420 Pf., Hammelnleisch — Pf., Schweinefleisch 
60 Pf., Butter J Pfund 1 M. — Pf. Kartoffeln per Ztr. 1M. 80 Pf. 
Kaiserslautern, 28. Nov. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.) 
Weizen 11 M. 30 Pf., Korn 10 M. 76 Pf., Spelzlern 11 M. 15 Pf., Spelz 
7 M. 70 Pf., Gerste 08 M. 74 Pf., Hafer 6 M. 82 Pf., Erbsen 10 M. 
33 Pf., Widen 6 M. 60 Pf., vLinsen 16 M. 08 Pf., Kleesamen 43 M. 50 
pf., Schwarzbrod 6 Pfund 82 Pf., do. 3 Pfd. 41 Pf., Gemischtbrod 
z Pfund 46 Pig. 
Fur die Redaction verantwortlich: F. x. Deme zz. 
v A——— 
2 — — 
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V. 
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