wortet, und er unterschrieb den vorgelegten Schein, jedoch unter Bei⸗
fügung des richtigen Datums. Als er einige Zeit später von seinem
Gewinn Kenntniß erhielt und Dieß Rothschild mittheilte, gab der—
selbe an, das Loos sei schon lange verkauft, entschloß sich aber
nach langen Verhandlungen, dem Ganser 200,000 Franks nach
Abzug der Forderung der Firma auszuhändigen. Die Staatsan-
waltschaft erhielt jedoch Kenntniß von dem Vorgang, und das Land⸗
gericht Mühlhausen verurtheilte Emil Rothschild zu 2/3 Jahren,
Mayer Rothschild zu 1*13 Jahr Gefängniß. Durch das Reichs⸗
zericht wurde dieses Urtheil wegen Formfehlers kassirt und die Sache
zur nochmaligen Verhandlung an das Landgericht Kolmar verwiesen.
Ganser, als Zeuge vernommen, erklärte, daß er das Eigenthum an
den bei Rothschild deponirten Papieren nie aufgegeben habe; das
Bankgeschäft hätte zwar, wenn es in Verzug gesetzt worden wäre,
die Papiere verkaufen können; es sei Dies jedoch nicht der Fall
gewesen. Die Staatsanwaltschaft beantragte Bestätigung des ersten
Urtheils, die Vertheidigung Freisprechung. Das Gericht verurtheilte
Emil Rothschild wegen Unterschlagung zu 1 Jahr, Mayer Roth—
schild zu 6 Monaten Gefängniß und beide zu den Kosten.
F Der Oldenburger Spar- und Leihbank sind durch
einen bereits verhafteten Beamten 40,000 M. unterschlagen worden.
Die Bank erhält jedoch volle Deckung. Zunächst sind nämlich in
Berlin bei Sternberg u. Co. 20,000 M. als Eigenthum des
Defraudanten mit Beschlag belegt, sodann aber wird der interessante
Zufall gemeldet, daß sich unter den beschlagnahmten Papieren ein
mit einem Gewinn von 40,000 FIrs. gezogenes Freiburger Loos
borgefunden hat.
Am Abend des 29. Nov. wurden in Berlin, den dor⸗
tigen Blättern zufolge, von sämmtlichen Ausgaben von Heine's
Werken diejenigen Bände, die das Gedicht, Schloßlegende“
enthalten, in den Buchhandlungen konfißzirt. (In dem ge—
aannten Gedichte soll nämlich eine Majestätsbeleidigung vorkommen.)
FeReminiscenzen an Josef II. Fast alle größeren öster⸗
ceichischen Zeitungen brachten am 80. Nov. d. J., dem hundert⸗
ährigen Gedenktage des Regierungs-Antritts Josefs II., besondere
Festnummern, welche speziell dem Andenken des großen Kaisers ge—
widmet sind und neben größeren Aufsätzen eine Menge kleiner Anek⸗
doten und Reminiscenzen enthalten, aus welchen wir folgende
charakteristische herausheben: Interessant ist das Urtheil Friedrich
des Großen nach seinem Zusammentreffen mit Josef, das er am
16. September 1770 an Voltaire schrieb: „Ich habe den Kaiser
gesehen, der sich vorbereitet, eine große Rolle in Europa zu spielen.
Er ist an einem bigotten Hofe geboren und hat den Aberglauben
abgeworfen; ist in Prunk erzogen und hat einfache Sitten ange—
nommen; wird mit Weihrauch genährt und ist bescheiden; glüht
von Ruhmbegierde und opfert seinen Ehrgeiz der kindlichen Pflicht
auf, die er wirklich äußerst gewissenhaft erfüllt; hat nur Pedanten
zu Lehrern gehabt und doch Geschmack genug, um Voltaires Werke
zu lesen und ihr Verdienst zu schätzen.“ — Und als Friedrich die
Nachricht vom Tode Maria Theresias erfuhr, bemerkte er: „Nun
deginnt eine neue Ordnung der Dinge!“ Diese Prophezeiung er—
füllte sich, Oesterreich streifie die letzten Fesseln des Mittelalters ab.
fFParis, 1. Dez. Gestern wurde im Bureau der Nord—
bahn am Börsenplatz in Paris ein Korb mit ungefähr 400,000
Frks. gestohlen. Die Diebe blieben bis jetzt unentdeckt. (K. 3.)
7 Halskrausen aus blühenden Veilchen. Eine originelle Mode
ist in den letzten Tagen bei der ersten Vorstellung des „Poͤre
prodigue“ in Paris in die Oeffentlichkeit getreten: es sind dies
die Veilchenkrausen. Viele junge Damen trugen nämlich zwischen
zwei Wellen weißer Spitzen eine Guirlande natürlicher Veilchen,
welche vom Halse bis zur Taille herabhing. Anf der Bühne
hatte Fräulein Cléry, die Darstellerin einer der Hauptrollen, eine
gleiche Blumenkrause an einem weißen Kleide mit rother Sammt⸗
Echarpe angebracht.
f Die Neubefestigung von Paris. In einem längeren
Artilel über die Neubefestigung von Paris schreibt das „Militär—⸗
Wochenblatt“: Die Neubefestigung von Paris und seiner Umgebung
ist mit Ausnahme des inneren Ausbaues einzelner Forts, so wie
der Anlage einiger Zwischenwerke thatsächlich beendet. Das Gesetz,
die Neubefestigung der französischen Hauptstadt betreffend, hat im
Laufe der sechs Jahre, die zur Vollendung derselben bestimmt waren,
in einigen wesentlichen Punkten Abänderungen erfahren, so daß
sich die Befestigungen bei Paris in Wirklichkeit anders darstellen,
als nach dem erwaͤhnten Gesetz vom 28. März 1874 anzunehmen
war. Sämmtliche Befestigungsanlagen werden in drei große Grup⸗
pen zusammengefaßt, die als das verschanzte Lager des Nordostens
(don der untern Seine bis zum Marneufer bei Lagny), des Süd⸗
ostens (zwischen Marne und Seine) und des Westens bezeichne!
werden. Wenn, wie 1870 die Hauptkräfte einer Zernirungsarme⸗
außerhalb des Geschützfeuers der Forts aufgestellt werden sollen
so würde die Zernirungslinie 70 bis 80 Kilometer in dem Ver—⸗
theidigungssektotr zwischen der unteren Seine und der Marne be—
ragen, und nach französischer Ansicht eine Truppenmacht von 6
bis 8 Armeekorps beanspruchen. Die Einschließungslinie auf dem
Abschnitt im Südosten (zwischen Marne und Seine), welche im
Jahre 1870 kaum 185 Kilometer betrug, müßte unter den jetzigen
Verhältnissen eine Länge von etwa 35 Kilometer erhalten. Der
Umkreis, auf dem die Forts der Süd⸗ und Westfront liegen, hat
eine Ausdehnung von etwa 45 Kilometer; eine Zernirungslinie, 8
Kilometer von den Forts angenommen, würde 658 Kilometer lang
sein. Die Großartigkeit der jetzigen Befestigung von Paris, für
welche seit 1874 60 Millionen Francs verwendet wurden, geht
am besten aus der Angabe hervor, daß die Länge einer Linie, welche
die am weitesten vorgeschobenen Werke miteinander verbindet, 120
Kilometer beträgt.
Die Aufmerksamkeit der Stadt Rom theilt sich in diesem
Augenblicke zwischen drei großen Gegenständen. Der erste ist die
devorstehende Ministerkrisis, der zweite der Zwangscours, der dritte
heißt „Le Koellerine“ und ist auf der Piazza Colonna zu sehen.
Dort hat nämlich ein neuer Bierwirth weibliche Bedienung einge—
führt und seine Heben, vielleicht weil ihm das Wort dafür im
Italienischen fehlte, mit dem deutschen Namen Kellnerinnen bezeich—
net. Bedienung durch Kellnerinnen nach Art der „Duvalschen
Bouillons“, sagten die Anzeigen; die Romer italienisirten das Wort
schleunigst und machten Kellerine daraus. Die Sache scheint ihnen
recht neu zu sein; denn Jung und Alt, gut und schlecht gekleidete
Herren und Damen drängen sich an Thür und Fenster des Wirths-
jauses, um das unerhörte Institut dex Schenkmädchen in Augen—
schein zu nehmen. Es ist eine der aufregendsten Revolutionen, die
Rom noch erlebt hat, dies Dutzend schwarz gekleideter Kellnerinnen
mit weißen Schürzen.
FMailand, 28. Nov. Wie Wiener Bläiter mittheilen,
ist der deutsche Banquier Emil Oppenheim aus Mailand ausge—
wiesen und von einer italienischen Militär-Escorte an die Grenze
zeschafft worden.“
Der Kapitän und sechs Mann von der Besatzung des eng⸗
ischen Kriegsschiffs „Sandfly“ sind von den Eingeborenen der
Salomoinseln ermordet worden.
— Nach einer für unsere Verhältnisse gewiß nicht parteiischen
Quelle nämlich nach dem in Remiremont erscheinenden Industriel
Vosgien betrugen die Unterhaltungskosten des Militärs pro Kopf
in den verschiedeuen Ländern Folgendes:
England hat ein Heeres-Budget von 470 Mill. Franks.
Effektivstärke der Armee 134,000 Mann.
Ausgabe pro Mann: 3507 Fr.
Oesterr Heeres⸗Budget von 3385 Mill. Franks.
Effektivstärke der Armee 260,000 Mann.
Ausgabe pro Mann: 1288 Fr.
Frankrei“ Heeres⸗Budget von 552,941,362 Franks.
Effektivstärke der Armee 502,356 Mann.
Ausgabe pro Mann: 1099 Fr.
Deutschland Heeres⸗Budget von 455 Mill. Franks.
Effektivstärke der Armee 422,000 Mann.
Ausgabe pro Mann: 1077 Fr.
Italien „ „Heeres-Budget von 203 Mill. Franks.
Effektivstärke der Armee 204,000 Mann.
Ausgabe pro Mann: 995 Fr.
Rußland „ „Heeres⸗Budget von 730 Mill. Franks.
Effektivstärke der Armee 760,000 Mann.
Ausgabe pro Mann: 960 Fr.
England mit der allerschwächsten Armeestärke hat demnach die
größten Ausgaben von seinem stehenden Heere zu tragen und Ruß—⸗
land mit seinem kolossalen Heere am Allerwenigsten. Die richtige
Mitte hält auch hier wieder Deutschland.
— J —
Eis aufzubewahren. Für häusliche Zwecke kann
man es abgeschlossen von der Luft mit Sägespänen oder Federn
verpackt conserviren. Kleine Quantitäten für Krankenzimmer u. s.
w. füllt man in einen Beutel von Flanell, hängt diesen frei in
ein Gefäß und bedeckt das Ganze mit einem Federkissen.
4
xra58. ber⸗OIte.
Zweibrücken, 2. Dezbr. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarlt.)
Weizen 11 M.2 Pf., Korn 10 M. 33 Pf., Gerste zweireihige 8 M. 24 Pe
zierreihige 8 M. 11 Pf., Spelz 7 M. 41Pf., Spelzlern — M. — W
Dinkel - M. — Pf., Mischfrucht 10 M. 41 Pf., Hafer 6 M. 44 pf,
krbsen — M. — Pf., Wichen 6 M. 24 Pf., Kartoffeln 1 M. 80 Pf.,
deu 2 M. 85 Pf., Stroh 83 M. 06 Pf., Weißbrod 1/ Kilogr. 56 Pf
dornbrod 8 Kilogr. 73 Pf. Gemischtbrod 8 Kilogr. 88 Pf., paar Weck 100
Br. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 50 Pf. II. Qual. 44 Pf. Kalbfleisch 40 Pf.
dammelfleisch 50 Pf. Schweinefleisch 60 Pf.; Butter? / Kilogr. 1 M. 08 pf.
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier 1 Liter 24 Pf.
Homburg, i. Dezbr. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarlt.) Weizen
11 M27 Pe rorn 10 Me. 20 P. Speitern — M. —pi, Shein? M.
80 Pf., Gerfie Lreihige — M. — Pf., Gerste Kreihige O M. — Pf. Hafer
6 M. 37 Pf., Mischfrucht 10 M. 39 Pf. Erbsen 07 M. 83 Pf., Wicken
d M. — Pf., Bohnen O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf. Korn⸗
»rod 6 Pfund — Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 85 Pf. ——— — pPf
Rindfleisch 40 Pf., Kalbfleisch 40 Pf. Hammelfleisch — Pf., Schweinefleisch
30 Pf., Butter Pfund 1 M. — Pf. Kartoffeln per Ztr. 1 M. 80 Pf.