Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberker Anzeiger. 
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M 194. Sonntag, den 5. Dezember 
1880. 
Deutsches Neich. 
Die von Seite Bayerns gegen Griechenland erhobenen 
Forderungen scheinen in Athen auf einen starken, wenn auch passiven 
Widerstand zu stoßen. Griechenland hat nämlich abermais keine 
Summe zur Tilgung der bahyerischen Ansprüche in sein Budget 
eingestellt. Daß Griechenland augenblicklich kein Geld übrig hat, 
ist wohl zu begreifen, ebenso läßt sich aber erwarten, daß die Sache 
aicht wieder einschläft; dafür wird der Reichskanzler, der kein Freund 
iauler Schuldenmacher ist, schon sorgen. 
Fürst Bismarck beabsichtigt in der That im Laufe des 
Dezembers nach Berlin zu kommen und die Vorarbeiten des Bundes 
raths für den Reichstag zu leiten. Dem letzteren werden in der 
»evorstehenden Session hauptsächlich Steuerborlagen zugehen: die 
Entwürfe über Brausteuer, Stempelsteuer und Wehrsteuer; dagegen 
ollen die wirthschafispolitischen Entwürfe erst dem neuen Reichstag 
zugehen, in welchem man eine gesügigere Mehrheit erwartel. Auch 
will man die nächste Session uicht überlasten. 
Aus den Verhandlungen des preußischen Abgeordneten⸗ 
jauses vom 30. Novb. verdient ganz besonders die erfreuliche Ein⸗ 
müthigkeit hervorgehoben zu werden, mit der sämmtliche Parteien 
u dem Gesetzentwurfe über die Verbesserung der Lage der Lehrer— 
Wittwen und ⸗-Waisen Stellung genommen haben. In der That 
ann es auch wohl keinent Zweifel unterliegen, daß der Saz don 
200 M. angesichts der heutigen Verhälinisse durchaus zu niedrig 
»emessen ist. Unzweifelhaft wird die Kommission einschneidende 
ANenderungen votiren, und die Regierung wird schließlich nicht um— 
hin können, den Wünschen der Landesbertretung nachzugeben. Auf⸗ 
vallend, ja befremdend ist; daß Herr v. Puttkamer bei der Diskussion 
ich nicht hat vernehmen lassen. 
Das preußische Abg.-Haus hat am 2. Dezember folgende 
von Rickert beantragte Resolution angenommen: Das Haus spricht 
die Erwartung aus, daß die Staaisbehörde bei Zuwendung von 
Inseraten nur die Zweckmäßigkeitsfrage der Verbreitung von Be— 
'anntmachungen, nicht aber die Parteistellung als maßgebend be— 
rachte. — Linke (Nationalliberale und Fortschritt) und Zentrum 
timmten für die Resolution. 
Bei dem Etat der Lotterieverwaltung brachte Löwe die Uebel— 
tände zur Sprache, welche im Lotteriewesen herrschen. Die Lotterieen 
müßten im ganzen Reiche aufgehoben oder die preußischen Loose so 
yermehrt werden, daß fremde dadurch abgehalten würden. — Finanz— 
ninister Bitter bestätigt den großen Umfang des Spielens in 
iremden Lotterien. Gegen 950,600 fremde Loose zirkulirten in 
Preußen. Die Aufhebung der Lotterie in Preußen würde das 
dand erst recht mit fremden Loosen überschwemmen. Die Auf— 
zebung im Reiche ließe sich disktutiren. Zur Vermehrung der 
dreußischen Loose habe sich die Regierung nicht entschließen können. 
Dieselbe würde allerdings eine vermehrte Einnahme bewirken, aber 
ie Regierung sehe die Lotterie nicht als eine erwünschte Einnahme— 
juelle an. Die Regierung würde eine Vermehrung der Loose als 
Abhilfe nicht vorschlagen und würde, wenn das Haus Dies für 
aöthig halte, die Frage auf das Sorgfältigste erwägen. 
Ausland. 
In der französischen Deputirtenkammer stand am 2. Dez. 
die Interpellation für die auswärtige Politik auf der Tagesord- 
aung. Nach einer langen Darlegung der auswärtigen Politik durch 
Barthelemy Saint-Hilaire beschließt die Kammer mit 304 gegen 
97 Stimmen: „Die Kammer geht im Verkrauen auf die Erklär— 
uingen der Regierung und in der Ueberzeugung, daß dieselbe die 
Pechte und Pflichten Frankreichs als Großmacht mit der Erhaltung 
des Friedens, den der einstimmige Wunsch des Parlamentes und 
»es Landes fordert, in Einklang zu bringen wissen werde, zur ein⸗ 
fachen Tagesordnung über.“ 
nicht ergeben, doch ist durch Nachholung von Kreisumlagen ein 
Betrag von 27,215 M. 89 Pf. angefallen. Die Errichtung einer 
Schule in Karlsberg und deren theilweise Unterhaltung durch den 
Kreis wird empfohlen, ebenso die Erhöhung des Kreiszuschusses 
'ür den Schullehrer-Wittwen und Waisenfond von 4300 auf 
10,000 M. Für die Webschule in Lambrecht soll ein Beitrag von 
1000 M. geleistet werden. Die Rede konstätirt das Gedeihen der 
reisbaugewerkschule Kaiserslautern und der Frauenarbeitsschule in 
Speyer, bedauert aber den noch immer schwachen Besuch der land 
virthschaftlichen Lehranstalten. Zur Hebung des landwirthschaft⸗ 
ichen Kreditwesens wird dem Landrathe eine die Gründung einer 
afälzischen Bodenkreditanstalt anstrebenden Vorlage zugehen, Ein 
dredit von 2000 M. wird für Prämiirung von Pferden und ein 
olcher von 1800 M. für die mit der im nächsten Jahre in der Pfalz 
Statt findenden Wanderversammlung bayerischer Landwirthe ver 
undene Kreisthierschau verlangt werden. In der Kreisirrenanstalt 
dlingenmünster sollen Erweiterungen der Arbeitsräume vorgenom⸗ 
nen und die dafür erforderlichen Mittel bewilligt werden. Die 
Taubstummenanstalt soll von Frankenthal nach Speyer verlegt und 
nit einer Unterrichtsanstalt für Schwachfinnige und Epileptische ver⸗ 
unden werden. Die oben erwähnte unvoörhergesehene Einnahme 
oll zur Adwassire des für die Ausführung des Projektes erforder⸗ 
ichen Jend⸗ werden. Leber die eventuelle Errichtung 
iner Unterstützungstassefur pfaszsshe Kreisdevitisicte αα 
Landrathe Mitthennungen zugehen. Bezüglich der Rheindämme wird 
nemerkt, daß dieselben dem Eißstoße des letzten Winters und dem 
üngsten Hochwasser kräftig widerstanden und nur an einigen Stellen 
der Erhöhung und Verstärkung bedürfen. Die Rede gedenkt dann 
noch der Wittelsbachfeier und endet mit einem dreimaligen Hoch 
auf Se. Maj. den König. 
F In Homburg hat der Stadtrath in seiner Sitzung vom 
27. November beschlossen, daß auch von der Stadtgemeinde Hom⸗— 
zurg wegen Aenderung des Haussteuer-Modus eine Petition an die 
Abgeordnetenkammer eingeschickt werden solle. 
fKaiserslautern hat nach der Zählung vom 1. Dez. 
— freilich nur vorläufig zusammengestellt — eiwas über 26,000 
Finwohner, was gegen die Zählung vom Jahre 1875 einen Zu— 
wachs von ũber 83400 Köpfen ergäbe. 
F Die „Pf. Volksztg.“ verkuͤndet: „Da das Wahlkomite der 
reisinnig -nationalen Partei der Pfalz zu der am Sonntag in 
dangmeil Statt findenden Versammlung nur die Freunde und Ge— 
innungsgenossen der Partei, nicht aber sämmtliche Wähler des 
Wahlkreises eingeladen hat, so wird sich die deutsche Volkspartei 
als solche an dieser Versammlung nicht betheiligen.“ Na, denn nicht! 
Der „Land. Anzeiger“ theilt das Ergebniß der Volks— 
ählung in einigen Doͤrfern nächst Landau mit. Bemerkens— 
verth ist, daß in mehreren derselben die Einwohnerzahl gegen die 
zählung vom Jahr 1875 zurückgegangen ist, so in Siebeldingen 
im 14 Köpfe, in Gleisweiler um 44 in Herrheimweyher um 2, 
in Hergersweiler um 5. Zugenommen hat sie unbedeutend in 
Appenhofen und Knöringen, dann in Impflingen um 66. 
F Die bekannte Nußdorfer Liebesgeschichte wird, wie wir 
jören, noch einmal das Gericht beschäftigen. Bekanntlich wurde 
im 15. September d. J. der Küfer Jakob Vogt von Nußdorf von 
der Anklage der vorsätzlichen Körperletzung der Barbara Heupel 
nittelst gefährlichen Werkzeugs von der Strafkammer des k. Land⸗ 
jerichts Landau freigesprochen,, weil die Verletzte zur That aufge— 
ordert und eingewilligt hatte. — Gegen dieses Erkenntniß hatte 
zie Staatsanwalltschaft appellirt, und das Reichsgericht hat nun— 
nehr die Sache zur nochmaligen Verhandlung an die Strafkammer 
des k. Landgerichts Landau zurückverwiesen. (L. A.) 
fDie Bevölkerung der Stadt Ludwigshafen beträgt 
nach einer vorläufigen Zusammenstellung 15,003 Seelen. Nach der 
Volkszählung pro 1875 betrug die Seelenzahl 12,003. 
F Die „Kieler Ztg.“ erfährt aufs bestimmteste der Kassierer 
Jander sei zu Kisel im Besitze von 187000 Mark verhaftet. 
— Ein ebenso seltsamer wie merkwürdiger Würdenträger wurde 
dor einigen Tagen auf dem Gemündener Bahnhofe ange— 
taunt. Dieser Würdenträger war aber nicht etwa ein Zuluhäupt⸗ 
gbg 
Vermischtes. 
Der Ansprache, mit der der kgl. Regierungspräsident Herr 
». Braun am J. Dez., den Landrath der Pfalz eroffnete, entnehmen 
vir Folgendes: Für das Jaht 1881 ist abermals eine Herab— 
ninderung der Freisumlagen zu erwarten; eine außerordentliche 
*innahme aus dem Malzanufschlage hat sich im laufenden Jahte