Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

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Dienstag den 10. Februar 
1880. 
Deutsches Reich. 
Die am Samstag in der Abgeordnetenkammer stat tgehabte 
zweite Berathung des Gesetzes über das Spielen in auswärtigen 
Lotterieen schloß damit, daß der Regierungs⸗-⸗Entwurf mit 109 
zegen 31 Stimmen angenommen wurde, zugleich mit einem vom 
Abg. Henle beantragten Zusatz, wonach außer der Geldstrafe auch 
haft zulässig sein soll. 
Es folgte dann die Berathung des Etats für Reichszwece. 
Abg. Daller zog seinen Antrag (Se. Maj. der Koͤnig wolle Bayerns 
Vertreter im Bundesrath gegen die Vermehrung des Militärs 
timmen lassen) als hinfällig zurück. Die Kammer genehmigte schließ⸗ 
lich die Summe der Matricularbeiträge mit 16,029,0600 M. statt 
der von der Regierung geforderten 16,030, 000 M. 
Die neue Reichsmilitärvorlage ist am 6. ds. M. an die 
Ausschilfse für Heer⸗ und Rechnungswesen gelangt. Die unver— 
inderte Annahme derselben im Plenum ist mehr als wahrscheinlich; 
in den Ausschüssen ist sie bereits erfolgt. 
Trotz aller Gegenbemerkungen ist es eine unbestrittene That⸗ 
iache, daß das Project der Einführung einer Personal⸗Wehrsteuer 
ristirt und daß die betreffende Vorlage dem Reichstage in kurzer 
Frist zugehen soll. Die Angabe der Kreuzzeitung, daß der Gesetz⸗ 
entwurf sich an die frühere bairische bez. württembergische Wehr⸗ 
teuer anlehnen werde, wird als durchaus unrichtig bezeichnet, wie 
iich schon daraus ergebe, daß die einmalige Besteuerung der Los⸗ 
scheine u. s. w. mit einer Abgabe von 20 Mark für die Reichs⸗ 
asse nur eine Einnahme von 2 Millionen Mark jährlich abwerfen 
verde, während der Ertrag der jetzt beabsichtigten Wehrsteuer auf 
i2 Millionen Mark jährlich veranschlagt wird. 
Der Bundesrath war für Montag (gestern) zu einer Plenar⸗ 
itzung berufen, auf deren Tagesordnung außer den Etatsvorlagen 
nuch das Militärgesetz stand. 
Der dem Bundesrathe vorgelegte Etat für 188081 balanzirt 
mit 541888 184 M. Die Mehransätze gegen das Vorjahr be⸗ 
ragen, wie der „A. A. Z.“ telegraphirt wird, 56 804 829 M. 
zur Deckung derselben verbleiben aüs den Einnahmen 49 310 850 
M., so daß noch 7 493 979 M. zu beschaffen bleiben, welcher 
Betrag vorläufig bei den Matrikularbeiträgen mehr angesetzt, aber, 
wvie vorauszusetzen, bei der Etatsberathung wieder abgeseßt wird, 
da aus der Brausteuer u. s. w. eveniuell der Betrag des Mehr⸗ 
bedarfs erwartet wird. Die fortdauernden Ausgaben betragen 
167 409 487, die einmaligen 77 478 697 M. 
Endlich wurde im Beiheft des Marine⸗ Verordnungsblattes 
der amtliche Bericht über den Untergang des deutschen Panzerschiffes 
Grofßer Kurfürst“ nach den gerichtlichen Untersuchungsakten ver⸗ 
zffentlicht. 
Einführung derselben eiwa 120 bis 150 Hunde sich dahier ihres 
daseins erfreuten, während bei der gestern stattgehabten Visitation 
aur 63 vorgeführt wurden. 
— Der gestrige Jahrmarkt war trotz des gelinden Wetters 
sehr schwach von Verkäufern und Käufecn besucht; ein wieder⸗ 
holter Beweis, daß Jahrmärkte dahier kein Bedürfniß sind. J 
*Die Pfälzischen Eisenbahnen lieferten im Jahre 1879 
;ine Einnahme von 12,229,9683 N. 83 Pf. Im Jahre 1878 
betrug die Einnahme 11,748,842 M. 91 Pf. Aus dem Jahr 1879 
ist also gegen 1878 eine Mehreinnahme von 481. 120 R. 92 Pf. 
zu verzeichnen. 
F In Mittelberbach feierten am 3. ds. M. die Ehelleute 
Ruffing und die Ehelleute Ostheimer, beide Paare noch in bester 
Besundheit und Rüstigkeit, ihre goldene Hochzeit. 68 Enkel und 
8 Urenkel des Jubelpaares Ostheimer hatten sich außer den zahl⸗ 
reich Eingeladenen zur Festfeier eingefunden. 
F. Der „P. M“ erzählt folgende. Jagdgeschichte: Im Forst⸗ 
revier Pirmasens verfolgien vor einigen Tagen drei Nimrode 
inen Iltis, der sich in eine hohle Eiche verkroch. Die schlauen 
Jäger wollten denselben ausräuchern, verstopften die Astlöcher und 
egten unten am Stamm Feuer an. Die Eiche fing Feuer, brannie 
inen Tag und eine Nacht hindurch und wurde endlich zu Fall 
jebracht. Die „feurigen“ Pelzjäger sind bereits ermittelt und 
verden allem Anscheine nach den Iltispelz theuer bezahlen müssen. 
In Sachen der Lauterthalbahn war aus Otterberg eine 
Deputation in Speyer und Ludwigshafen und hat, wie mitgetheilt 
vird, sowohl Seitens der kgl. Regierung als auch der Bahndirection 
reundliches Gehör gefunden. An letzterer Stelle wurde die Zusage 
ertheilt, daß das von Otterberg in Aussicht genommene Project 
genau geprüft und gewürdigt werden solle. Es wird nun zu dem⸗ 
elben eine Zeichnung hergestellt und eine Denkschrift ausgearbeitet 
ind sowohl der Bahnbdirection als der kgl. Regierung vorgelegt 
werden. 
F.In Neustadt ist die Genehmigung zur Vornahme der 
Sammlung für das Gymnasium am Freitag eingetroffen. Es 
vird mit der Sammlung ohne Berzug begonnen werden. 
fF Vor einigen Tagen kam ein Sübdrusse Namens Ochs ner 
in Edenkoben an und erkundigte sich nach der Wohnung seiner 
Altwordern. Nach seiner Angabe sollen diese in größerer Gefellschaft 
m Jahre 1808 nach der Halbinsel Krim ausgewandert sein und 
hort eine deutsche Colonie gegründet haben. Die pfälzischen Kussen 
cheinen ihre Muttersprache ganz unverfälscht erhalten zu haben, 
denn der Tourist sprach in gutem pfälzer Dialeklt. Die Anhung⸗ 
ichkeit an die schöne Gegend am grünen Rheine gaben die Aus— 
gewanderten auch noch in der Weise zu erkennen, daß sie ihre Au⸗ 
siedelungen nach Ortschaften ihrer alten Heimath benannten. Ochsner 
ist z. B. aus Worms. Auch soll es auf der südlichen Halbinsel 
ein Speyer, ein Landau und sogar ein Rohrbach geben. (Ggwri.) 
Der Wasserstand des Rheines ist gegenwärtig so niedrig, 
daß an der Ausmündung des Frankenthaler Kanals das Flußbeit 
auf eine Breite von 100 Meter ganz trocken liegt und zu Spazier⸗ 
züngen benutzt werden kann. Ein solch niederer Wasserstand war 
dem „Fr. T.“ zufolge seit 1875 nicht mehr da. — 
F Nach dem eEilboten“ wurde der Bezirksamtmann Th. 
Pfender in Landau zum Regierungsrath bei der tal. Regierung 
»on Schwaben und Neuburg befördert. 
FIn Rheingönnheim ist am Sonntag Abend ein 
leines Kind verbranut, während die Eltern außer dem Hause 
varen. Als der Vater nach Hause kam, fand er das Kind über 
ind über verbrannt todt in der Wiege. Man vermuthet, daß 
chon bei'm Einwickeln des Kindes die Windeln durch irgend einen 
Zufall sich entzündet und dann weiter geglimmt hatien. — 
F Die erste Prüfung für das Gerichisschreiberamt 
indet am 7. Juni statt. 
fUngarisch.) unlängst hat ein Abgeordneter im Pester 
steichstag den Vergleich gewagt: „Es sei leichter, ein Ferkel an 
in einem geseiften Schwanze zu hallen, als einen Diplomaten an 
einen Worten.“ 
Flr die Redaction veraniwotitich ——— 
Ausland. 
Nach den neuesten Nachrichten bleibt der franzssische Boi⸗ 
chafter Graf St. Vallier in Berlin auf seinem Posten. 
Die belgische Kammer genehmigte die Verlänge rung des 
Handelsvertrags mit Deutschland. 
Wie aus Waßhington gemeldet wird, ist im amerikanischen 
Repräsentantenhause ein Gesetzentwurf eingebracht worden, wonach 
iine Commission aus Militär⸗ und Marine⸗ Ingenieuren bestehend, 
rnannt werden soll, welche die verschiedenen in Vorschlag gebrachten 
Projekte zur Durchführung des Durchstiches der Landenge von 
danama zu untersuchen hälte. Auch der bekannte französische In⸗ 
zenieur Lesseps, der Schöpfer des Suezkanals, hat seine Thaͤtigkeit 
zur Herstellung eines interoceanischen, den Atlantischen Occan mit 
er Südsee verbindenden Hanals in umfanareichstet Weife begonnen. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Das Amt eines Distriktsschulinspeltors für 
die prot. Schulen des Inspektionsbezirks Hornbach⸗-Blieskasiel⸗ 
St. Ingbert, das vor einiger Zeit durch den aus Gesundheitsrüc⸗ 
ichten erfolgten Rücktritt des seitherigen Inspektors, Hrn. Pf. Helf⸗ 
enste in in Hornbach, in Erledigung kam, wurde dieser Tage Herrn 
Pfarrer Krieger hier übertragen. 
* St. Ingbert, 10. Februar. Wie sehr die Hundesteuer 
zuf die Zahl der Hunde vermindernd eimpirkt bheweist·