Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberker Anzeiger. 
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter BVei⸗ 
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M 30. 
Sonntaag, den 20. Tebruar 
1881. 
Deutjsches Reich. 
Die bayerische Staatsregierung soll dem Vernehmen nach 
zeabsichtigen, in Ausführung des Reichsgesetzes über Fälschung 
zer Nahrungsmittel, eine allgemeine Visitation der Weinvorräthe 
hei den Händlern durch eigens hiezu bestellte und beeidigte Sach⸗ 
verständige anzuordnen. 
Die Zolleinnahmen sind veranschlagt auf: 188,250,000 
M. (21,399,000 M. mehr), die Tabaksteuer auf 4,578,000 M. 
(4,209,000 M. mehr), die Rübenzuckersteuer auf 49,8858, 000 M. 
2772,300 Mtk. mehr), die Salzsteuer auf 36,868,780 Mt. 
627,940 M. mehr), die Brausteuer auf 15, 095, 760 M. (232,000 
Mk. weniger), die Branntweinsteuer auf Mark 34,854,120 Mtk. 
(872,800 Mk. weniger), die Zollaverse auf 6,790,540 Mk. 
(389,940 Mk. mehr), die Gesammteinnahme aus Zöllen 
und Verbrauchssteuern auf 335,490,150 Mk. (28,293,680 Mk 
mehr), Ueberschüsse: Post- und Telegraphenverwaltung 18,697,147 
Mk. (2,048,100 Mk. mehr), Reichsdruckerei 1,061,520 Mk. 
(108,180 Mk. mehr), Eisenbahnen 11,089,400 Mk. (672,000 M. 
mehr), verschiedene Einnahmen 5,815,801 Mk. (876,986 Mk. 
weniger), Einnahme des Invalidenfonds 31,071,344 Mk. 
(1,027, 168 M. weniger). Ueberschüsse früherer Jahre 6,829,730 
Mk. (10,188,356 Mk. weniger), Zinsen aus belegten Reichsgel⸗ 
dern 3,842,605 Mk. (9017,030 Mt. weniger), außerordeniliche 
Zuschüsse 68, 125, 300 Mk. (15, 149,991 Mi. mehr), Matri— 
kular-Beiträge 106,126,378 M. (24, 455, 428 M. mehr.) 
Die gesammte Einwohnerzahl des deutschen 
Reiches beträgt nach den vorläufigen Zusammenstellungen des 
tatistischen Bureaus rund 45,470,000 Einwohner, daß ist eine 
Vermehrung seit der letzten Volkszählung von 2,745,6834. 
Der Etat des deutschen Reiches schließt mit 5396,811,409 Mk 
Ausgaben ab, darunter 518,924, 888 M. fortdauernde und 82,886,521 
Mk. einmalige dauernde Ausgaben. Die Kosten der Militärver⸗ 
waltung beziffern sich für Preußen auf 264,846,502 Mk., für 
Sachsen auf 21,402,028 Mk., für Württemberg auf 14,464, 958 
M., für Bayern auf 48, 101,514 M., zusammen auf 343,815002 
Mk., gegen das Vorjahr 17,899,936 M. mehr. Die Marinever—⸗ 
waltung erfordert 28,218,8326 M. (2,620,087 Mk. mehr.) Die 
ortdauernden Gesammtausgaben übersteigen um 47,635. 169 Mt. 
den vorjährigen Betrag. 
Die von Deutschland angeblich übernommene Führung in 
der orientalischen und speziell der griechischen Frage wird von der 
Berliner „Post“ dahin beschränkt, daß Deutschland in diesem Augen⸗ 
blick zwar formell an der Spitze der europäischen Aktion stehe 
thatsächlich aber wegen seiner uninteressirten Stellung anderen Mäch— 
ien die wirkliche Führung überlassen und sich zuruͤckhalten müsse. 
Ausland. 
Nicht die Engländer wie sich nach den gestern vorliegen⸗ 
den Nachrichten annehmen ließ, sondern die Boers haben die 
hand zum Frieden geboten und, wenn die Nachricht des „Standard“ 
cichtig ist, hätte England dieselbe auch angenominen. Nach dem 
genannten Blatte wurde bei der Verhandlung mit den Boeren 
borgeschlagen, denjenigen Theil von Transbaal, auf welchen sie 
zerechten Anspruch hätten, unabhängigig zu erklären; der Rest solle 
unter englischer Verwaltung bleiben und für die Hauptstadt der 
Boeren ein englischer Präsident ernannt werden. Dem „Daily 
Telegraph“ zufolge wäre Amnestie und völlige Selbstverwaltung 
ingeboten, die Beziehungen mit den Eingeborenen aber sollten der 
englischen Aufsicht unterstehen. 
Das „Journal de St. Petersbourg“ konstatirt den großen 
ind guten Eindruck, welchen die deutsche Thronrede überall hervor— 
zerufen, und hebt sodann hervor: Es mache hiernach wenig aus, 
venn mehr oder weniger bedeutende Schriftsteller die Ueberein⸗ 
immung durch unzeitgemäße Polemik zu stören suchten, und es 
sei sehr wenig unwahrscheinlich, daß sie damit Erfolg haben würden. 
Was Griechenland angehe, so werde Europa bald Alles gethan 
saben, was es thun konnte ohne Friedensstörung. 
—— ⏑ ⏑ 
*St. Ingbert. Ein 14jähriger Junge von hier, Namens 
S.. war im Vorjahre auf dem Buregu des k. Gerichtsvollziehers 
dahier als Schreibgehilfe beschäftigt und hatte dabei Gelegenheit 
gefunden, aus einer Schublade, in welcher die eingegangenen Gelder 
ufbewahrt wurden, nach und nach die Summe von wenigstens 
195 Mark zu entwenden. Dafür verurtheilte ihn die Strafkammer 
des k. Landgerichts Zweibrücken in der Sitzung vom 16. ds. Mis. 
zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahre. 
Ballweiler, 18. Febr. Vergangenen Mittwoch brach 
nn den Gebäulichkeiten des Ackerers und Wirths Welsch von 
Wecklingen Feuer aus, das das Haus in kurzer Zeit einäscherte. 
Welsch hat versichert. 
4 Aus dem Bliesthale. Unlängst wurde ein Mann 
nus Reinheim in nicht geringen Schrecken versetzt. Im Walde be⸗ 
chäftigt, sah er sich plötzlich einem Wolfe gegenüber. Mit Zittern 
rat er den Rückweg an, worauf alsbald eine Treibjagd angestellt 
vurde. Doch wurde der Wolf nicht angetroffen und mag noch 
Manchen in Schrecken versetzen. 
F Wie man der „Pf. Zig.“ mittheilt, sind im Laufe des 
Winters im Kanton Blieskastel mehrfach Wolfsspuren gefunden 
vorden: die Wölfe selbst hat aber Niemand zu Gesicht bekommen. 
F Die Aktienbrauerei Tivoli in Zweibrücken hält am 
25. Februar im Comptoir der Brauerei, eine außerordentliche 
Beneralversammlung ab. Tagesordnung: Schlußbericht über die 
Statt gehabte Rivision. 
Die deutschkonservative Partei der Pfalz hat auf nächsten 
Sonniag abermals eine Versammlung einberufen. Dieselbe findet 
in Enkenbach Statt. Herr Pfarrer Fleischmann wird einen Vor⸗ 
rrag über Fuͤrst Bismarck und die Parteien in Deutschland halten. 
Wie die „Kais. Ztg.“ hört, wurde in der Spezialkonferenz 
der Kaiserslauterer Volksschullehrer zur Beschaffung einer 
inheitlichen Liniatur in der Volksschule die bayer. Lehrervereins⸗ 
iniatur eingeführt. Wenn die Sache definitiv geregelt ist, werden 
die Beschlüsse sämmtlichen Interessenten mitgetheilt. 
Sonntag, den 27. ds. Mis., Vormittags 11 Uhr, wird 
n Kaiserslautern im Hotel „zum Schwanen“ ein Dele— 
sirtentag des „Pfälzischen Gewerbevereins-Verbandes“ abgehalten. 
Tagesordnung: 1) Die Vorlage der Reichsregierung an den Bun⸗ 
desrath, die Abänderung der 88 97 -104 der Reich-Gewerbeord⸗ 
uung — Innungsfrage — betreffend; 2) die Vorlage der Reichs⸗ 
regierung an den Bundesrath, Unfallversicherung betr.; 8) Besprech⸗ 
ing über die Gründung einer pfälzischen Gewerbezeitung. Etwaige 
veitere dringende Fragen, welche außerdem besprochen werden sollen, 
önnen noch beim Vorort angemeldet werden. Einer recht zahl⸗ 
reichen Beschickung dieses Delegirtentages durch die Gewerbevereine 
wird seitens des Vorortes entgegengesehen. 
Herr G. M. Pfaff, Besitzer der rühmlichst bekannten 
und durch Preis⸗Medaillen ausgezeichneten Fabrik in Kaiser s8- 
lauter'n hat der Frauenarbeitsschule in Speyer eine Naͤhma⸗ 
schine zum Geschenk gemacht. 
7 Das landwirthschaftliche Bezirkz-Comite Reustadt hat 
an das Kreis⸗Comite des landwirihschaftlichen Vereins für die 
pfalz das Ersuchen gerichtet, es möge Letzteres die Anordnung der 
— 
porten. Das Gesuch stüßt sich auf die Urtheile mehrerer badischen 
Gerichte, welche die Verfertiger fabricirter Weine wegen Ueber⸗ 
retung des Rahrungsmiitelgesetzes mit sehr hohen Strafen be— 
legten. 
— Nach der „Pf. Z.“ behält Regierungsdirektor v. Meyer 
in seinem Pensionsstande einstweilen die Stellung als kgl. Kom⸗ 
missaͤr bei den Pfälzischen Eisenbahnen bei. 
4 Ein Referat über die Unfallversicherung wird 
auch den Pfalz⸗Saarbrücker Bezirks-Verein deutscher Ingenieure be⸗ 
chäftigen, und zwar in einer am 20. d. Mis. im „Rheinischen 
Hofe“ zu St. Johann abzuhaltenden Versammlung. 
p'In Mainz wurde beim Scheibenschießen auf dem Schieß⸗ 
platze ein Obergefreiter des dort garnisonirenden Fußartillerieregi⸗ 
nents erschossen. Der Obergefreite versah den Dienst als „Mar⸗ 
irer“. Infolge einer Verwechslung des Signals mit dem eines 
ʒenachbarten Scheibenstandes trat der Markirer zu früh hinter seinem 
Schutzwalle hervor; in demselben Augenblicke krachte der Schuß,