Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint woͤchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierieljahrlich 
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Sonntag, den 27. M34 
1881. 
Deutsches Reich. 
Für 1881/82 hat Bayern 20,149,588 M. an Matri— 
tfularbeiträgen zu zahlen; für 1880/81 betrugen dieselben 
naur 18,403, 839 M. Hierzu werden diejenigen Beiträge hinzu— 
jerechnet, welche Bayern als Averse für die von den übrigen 
Staaten in die Reichskafse abzuführenden, von ihm aber für eigene 
Fechnung vereinnahmten Steuer- ꝛc. Erträge zu zahlen hat. Diese 
Aversen berechnen sich: Für die Brausteuer auf 2372,4148, für 
die Branntweinsteuer auf 5,227, 153, Ueberschuß der Post- und 
Telegraphenverwaltung auf 2,217,6083, eigene Einnahmen der 
Heeresberwaltung 449, 068, in Summa auf 10, 266,264 M. 
Unter dem neuerdings dem Reichstage zugegangenen 
Petitionen finden sich auch Dutzende, welche die Aufhebung 
der obligatorischen Civilehe fordern. Auch die Standes 
amter sollen, so verlangen diese Eingaben, aufgehoben werden. 
Ausland. 
Dem „Bureau Reuter“ wird aus Mount Prospect gemeldet: 
Bestern (28. Marz) nahmen die Boeren die englischen 
Friedensbedingungen an. 
Die Pforte ließ am 23. März unter Entfaltung einer be⸗ 
deutenden Truppenmacht die albanesische Ligg in Ueskuep auf⸗ 
sösen; 11 hervorragende Mitglieder der Liga wurden unter starker 
Eslkorte gefangen nach Salonichi gebracht. 
Der deutsche Kronprinz und der Prinz von Wales sind 
vohlbehalten in Petersburg eingetroffen. Bald nach seiner 
Ankunft besuchte der deutsche Kronprinz die jetzt prächtig ge⸗ 
chmückte Unglücksstätte, wo zwischen Kränzen und Blumen eine 
Capelle mit einem Heiligenbild steht. 
Petersburg, 24. März. Die Feier zur Beisetzung der 
Leiche Alexander H. ist jetzt auf nächsten Sonntag (heute) festge— 
jetzt worden. 
Kaiser Alexander III. von Rußland soll kürzlich auf dem 
dopfkissen seines Bettes ein nihilistisches Urtheil vorgefunden haben, 
mit dem Siegel des Exekutivkomites versehen. Dieses Urtheil ver⸗ 
hängt über den neuen Zaren die Todesfirafe, falls er nicht inner⸗ 
halb sechs Wochen dem Lande freie Einrichtungen zu geben anschickt. 
— Rach der Art und Weise der Vorbereitungen zu den Attenaten 
auf den gemordeten Kaiser kann Einen Nichis mehr in Erstaunen 
etzen, und deßhalb kann man es gewiß Niemandem verargen, wenn 
x die vorstehende Nachricht, so seltsam sie im Ganzen klingt, für 
ichtig hält. Nach Dem, was in Rußland seit ein paar Jahren 
geschehen, ist dort eben Alles möglich 
xIn Heidelberg hat fich vor einigen Tagen der Stu—⸗ 
)ent Seydlitz aus Köln in Folge eines sog. amerilanischen Duells 
rschossen, nachdem er Abends vorher noch das Thealer besucht hatte. 
Dder auf so traurige Weise Dahingeraffte war hier seines ehren⸗ 
jaften Charalters halber sehr beliebt; nebenbei ist noch zu erwähnen, 
aß derselbe vor einigen Monaten in einer Lotterie einen Treffer 
von 200,000 Mark gemacht hat. 
Das Münchener Bayerische Vaterland“ schreibt: „Die 
Antisemiten⸗Adresse an Bismarc hat in Muün chen 5386 Unter⸗ 
chriften erhalten; darunter sind 362 Studenten, 8 Generäle, 240 
Offiziere und Militärbeamte, 56 höhere Beamte, 195 Verwaltungs⸗ 
eamte, 14 Mitglieder der städtischen Gemeindekollegien, 418 Sub⸗ 
ilternbeamte, 3652 Gewerbs- und Handwerksmeister.“ 
F Dem K. f. N. zufolge hat den Haupttreffer von 45,000 
Mk. der Ludwigshafener Lotterie ein Fabrikarbeuer in Efsen 
zewonnen. 
F Explosion. Vor einigen Tagen flog die Pulvermühle 
»ei dem einige Stunden von Siegen belegenen Kreisorte 
Waldbröl in die Luft. Die durch Unvorsichtigken herbeigeführte 
ẽxplosion forderte, wie man dem „W. M.“ meldet, zwei Men⸗ 
chenleben, mehrere Arbeiter wurden verwundet. 
F.Aus Verscze, bei Waitzen (Ungarn), wird dem 
Egyetortoss“ folgende Schreckensthat gemeldet: Am 19 d. M. 
vurde in dem gegen Waitzen liegenden Dorf⸗Ende in einem Trag⸗ 
orb ein abgeschniltener Frauenkopf, in weiße Unterkleider gewickelt 
ind von einer blauen Schürze umwunden, aufgefunden. An dem 
Irt war nicht die geringste Spur eines Kampfes, noch Blut zu 
ehen. Der Kopf war der eines 36 bis 38 Jahre alten hübschen 
Veibes, von langen, kastanienbraunen Haaren umrahmt. der 
Mund war mit Gewalt zugedrückt. Der Korb kam, nach seiner 
zlechtart zu urtheilen, aus dem eine Stunde entfernten Dorfe 
Zzokola, wo solche Körbe in Gebrauch sind. Der Dorfrichter fuhr 
ilends nach Szokola, um dem Verbrechen nachzuspüren, während 
er Notar nach allen Seiten hin telegraphirte. Unterdessen kam 
in Szokolger Insasse, namens Michael Kata, nach Veröcze, sein 
Weib zu suchen, das, seiner Angabe nach, Freitag den 18. ds. 
aach Waitzen ging, um daselbst cinkäufe zu machen und seither 
aicht zurückkehrte. Der Mann erkannte den abgeschnittenen Kopf 
als den seiner Gattin. Da aber sein Benehmen Verdacht erregte, 
wurde er an den Ort geführt, wo man den Kopf fand, und man 
untersuchte, ob seine Stiefel in die zurückgebliebenen Fußspuren 
paßten. Dies traf zu. Aber auch andere Verdachtsgründe traten 
auf. In seiner Stiefelröhre wurde ein einen halben Schuh langes 
Messer mit scharf geschliffener Klinge gefunden, dessen Heft von 
rischem Blute triefte, auch waren seine Fußsohlen blulig. Hierauf 
vpurde der Mann in das Gemeindehaus gebracht und gefesselt. 
stun bekannte Michael Kata, daß er Freitag Nachts seine Gattin 
xmordet habe. Kata gestand auch, daß er den Rumpf der Er— 
nordeten im Stall vergrub und den Kopf in der nächsien Nacht 
n die Veröczer Gemeinde trug, um den Verdacht von sich abzu⸗ 
enken und glauben zu machen, daß seine Frau auf dem Wege 
von Waitzen nach Veröcze ermordet worden wäre. 
F. Die Kinder in den Pariser Gemeindeschulen werden jetzt 
— bewaffnet; die militäri⸗ 
chen Uebungen sollen zweimal wöchentlich stattfinden. Officiere und 
Unterofficiere der Reserve sollen diese jugendlichen Truppen com— 
nandiren. Die Uniform besteht aus einer kurzen Jacke, militärisch 
verschnürtem Beinkleid und Käpi. Als Waffe ist eine Flinte nach 
dem System Gras in Aussicht genommen. Zur Anschaffung der 
Ausrüstungsstücke wird der Gemeinderath eine Summe von 289, 000 
Frcs. bewilligen. 
F Aus Nizza wird gemeldet, daß bis gestern Mittag 63 
Todte aus den Trümmern des Theaters hervorgezogen waren. 
Wie das Wiener „T. C. B.“ meldet, ist die Fürstin 
Dolgoruky, Wittwe des Kaisers Alexander U. von Ruß⸗ 
sand in Venedig (Italien) eingetroffen. 
Fur die Redaction verantworttich F.x D cnNt. 
Vermijschtes. 
* Sit. Ingbert. Mit dem Eintritt der besseren Witterung 
cheint auch hier und in der Umgegend die Auswanderungslufi 
tärker zu erwachen. So hören wir, daß zwei hiesige Familien 
Vorbereitungen treffen, um die Reise über den Ozean anzutreten. 
Aus Hassel und den anderen umliegenden Ortschaften wollen eben⸗ 
ralls mehrere Personen, verheirathete und ledige. nach Amerika 
auswandern. 
— Von dem Schwurgerichte der Pfalz wurde am 28. d. M. 
der des Meineids angeklagte Steinhauer Friedrich Ebel von Gim— 
neldingen freigesprochen. Damit endete die erste Schwurgerichis⸗ 
periode dieses Jahres. 
F, Wie sehr die Hühnerzucht bei richtiger Pflege allerorts zu 
empfehlen ist, zeigt folgendes Beispiel in Kusel: Ein hiesiger 
Hastwirth hat seit dem 7. Januar ds. Is. bis 10. März von 7 
hühnern sog. Spanier-Race mit Unterbrechung von 8 Tagen Legezeit 
320 Eier erhalten, welche an Größe sowohl als auch an Geschmag 
nichts zu wünschen übrig lassen. 
F Die nächste Ganversammlung Westricher T hi e r⸗ 
ir ztte wurde mit Rücksicht auf die am 83., 4. und 5. April d. J. 
zu Kaiserslautern Statt findende Geflügel-Ausstellung vom 7. auf 
den 4. April (Montag) verlegt. 
. In Neustadt a. S. (Unterfranken) konnte wegen des 
Schneesturmes vom 22. März, welcher das ganze Saalthal mit 
ußhohem Schnee bedeckte, der auf diesen Tag angesetzte Jahrmark! 
aicht abgehalten werden.