Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sf. Ingberler Anzeiger. 
Her St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstaa, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis betragt vierteljäh-lich 
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M 51. 
Dieustag, den 29. Marz 1881. 
Deutsches Reich. 
Dem Reichstag ist am 25. ds. das Trunksuchtgesetz zuge⸗ 
— 
dat noch einen 86 hinzugefügt, welcher lautet: „Mit Geldbuße 
bͤis zu einhundert Mark, oder mit Haft bis zu zwei Wochen wird 
bestraft, wer bei Verrichtungen, welche zur Verhütung von Gefahr 
für Leben oder Gesundheit Anderer oder von Feuersgefahr besondere 
Aufmerksamkeit erfordern, sich betrinkt oder betrunken in anderen 
als in Nothfällen solche Verrichtungen vornimmt“. 
Nach der Wehrsteuer⸗Vorlage haben Wehrpflichtige, die 
vom Dienste ausgeschlossen oder ausgemustert sind, oder der Ersatz⸗ 
reserve erster oder zweiter Klasse oder der Seewehr zweiter Klasse 
überwiesen werden, oder endlich vor erfüllter Dienstpflicht aus jedem 
Militärverhältniß ausscheiden, längstens zwölf Jahre hindurch jähr⸗ 
lich 4 M. Wehrsteuer zu entrichten. So lange diese jungen Leute 
unselbstständig sind, haben ihre Eltern diese Steuer zu bezahlen. 
Aber es ist mit den 4 R. jährlich noch nicht abgethan. Die Steuer⸗ 
aflichtigen, deren steuerpflichtiges Einkommen den Betrag von 6000 
M. übersteigt, haben eine Jahressteuer von 83 Prozent zu entrichten, 
velche bei einem Jahreseinkommen von mehr als 6000 - 7000 M. 
180 M. und von mehr als 7000-8000 M. 210 M. und so 
fort für jedes weitere Einkommen von 1000 M. 30 M. Steuer 
mehr beträgt. Es haben ferner Steuerpflichtige, deren steuerpflich— 
ciges Einkommen den Betrag von 6000 M. nicht übersteigt, eine 
Jahressteuer nach folgenden Sätzen zu entrichten: bei einem Jahres⸗ 
einkommen von mehr als 5400 bis intl. 6000 M. — 148 M., 
oon mehr als 4800 bis inkl. 53400 — 120 M., von mehr als 
1200 bis inkl. 4800 — 96 M., von mehr als 3600 bis inkl. 
4200 — 72 M., von mehr als 3000 bis inkl. 3600 — 52 M., 
bdon mehr als 2400 bis inkl. 3000 — 36 M., von mehr als 
1800 bis inkl. 2400 2 24 M., von mehr als 1500 bis inkl. 
1800 — 18 M., von mehr als 1200 bis inkl. 1300 — 12 M., 
von mehr als 1000 bis inkl. 1200 - 10 M. Sofern an Stelle 
)er wehrsteuerpflichtigen jnngen Leute die Eltern derselben die Steuer 
jahlen müssen, wird die Hälfte ihres jährlichen Einkommens in 
Ansatz gebracht und, wenn mehrere Kinder vorhanden sind, noch 
durch die Kopfzahl derselben getheilt. Besondere ausnahmsweise 
Steuernachlässe sind vorgesehen. Das Gesetz soll am 1. Oktober 
zieses Jahres in Kraft treten. Der Jahresertrag der festen Steuer 
wird auf 9,600,000 M., das Gesammtergebniß auf 16,090, 000 
M. veranschlagt, wobei sich spätere Steigerungen natürlich von 
elbst verstehen. 
Der deutsche Kaiser hat die ihm zum letzten Geburis⸗ 
este dargebrachten Glückwünsche des Königs Ludwig II. von Bavern 
nit herzlichen Dankesworten erwidert. 
Ausland. 
Die „Gazzetta Italia“ meldet mit Vorbehalt aus Genf, 
daß dort gleichzeitig mit dem russischen auch Attentate auf den 
Deutschen Kaiser und den König Humpert geplant wurden. Das 
Blatt verlangt von den Regierungen, sie sollten die Schweiz auf—⸗ 
'ordern (ohne ihre Freiheit anzutasten), wachsamere Polizei auszu⸗ 
üben, widrigenfalls die Grenzländer genöthigt seien, einen Grenz⸗ 
ordon gegen die Importirung der Umstürzler zu ziehen. 
Troß der Verhaftungen in Irland gehen dort die Agita⸗ 
ionen der Landliga ruhig weiter. Die Pächter werden in öffent⸗ 
lichen Versammlungen fortgesetzt aufgefordert, keinen Pachtzins zu 
entrichten ꝛc. Einer der Inhaftirten äußerte bei seiner Verhaftung 
„Für Jeden von uns, der eingesperrt wird, muß ein Guisbesitzer 
das Leben lassen. Auge um Auge!“ Dazu die Pulbver-Verschwoͤr⸗ 
ung gegen den Londoner Oberbürgermeister — Alles zusammen 
in fast gleiches Bild wie im — heiligen Rußland! 
Die Transvaalbauern haben mit den Engländern 
Frieden geschlossen. Durch den Friedensschluß erkennen sie die Ober⸗ 
derrlichleit der Königin von England über Transvaal an, behalten 
aber die Verwaltung ihres Landes vollständig in den eigenen 
händen. In ihrer Haupistadt wird ein englischer Commissär woh— 
nen, welcher den Verkehr zwischen den englischen Behörden der Cap⸗ 
Tolonie und der Boeren⸗Regierung zu vermitteln hat. 
Vermischtes. 
* St. Ingbert. Am Sonntag Abend hatte der „Musik— 
derein“ seinen Mitgliedern im Oberhauser'schen Saale eine recht 
gelungene musikalische Unterhaltung veranstaltet. Die einzelnen 
Nummern des Programms wurden zum größten Theil recht trefflich 
zum Vortrage gebracht. Besonders dankbar aufgenommen wurden 
die von Hrn. Schadewitz in bekannter meisterhafter Weise gespielten 
lavier⸗ und Flötenpioͤcen. 
F Nach der „Zw. Zig.“ wird unser Reichstagsabgeordneter 
Herr Oberstlandesgerichtsrath K. H. Schmidt in München, 
velcher schon im verflossenen Sommer aus Gesundheitsrücksichten 
nus dem Reichstage ausscheiden wollte, jedoch auf dringendes Er—⸗ 
uchen seiner Freunde bis zum Schlusse der Session auszuharren 
rllärte, für die nächste Session nicht mehr als Kandidat auftreten, 
nndessen nach Schluß des Reichstags zur Berichterstattung in den 
Wahlkreis kommen. — Zehn Jahre lang hat Hr. Schmidt den 
Wahlkreis Zweibrücken-Pirmasens im deutschen Reichstag vertreten 
und für die mit dieser Vertretung verbundenen großen Opfer An— 
pruch erworben auf die lebhafteste Dankbarkeit seiner Wähler, welche 
dieselben ihm auch sicher nicht versagen werden. 
FWie die „Ksrsl. Ztg.“ hört, haben die Fibel, sowie der 
1. und 2. Theil des von pfälzischen Lehrern bearbeiteten Le se— 
buchs die Genehmigung des Ministeriums zur Einführung in den 
ofälzischen Volksschulen erhalten. Schon in den nächsten Tagen 
verden dieselben im Buchhandel erscheinen. Das Lesebuch für 
Oberklassen liegt dem Ministerium noch zur Genehmigung vor. 
Die vom Verband pfälzischer Gewerbevereine beschlossenen 
Petitionen bezüglich der Innungen und der Arbeiterunfallversicherung 
ind an den Reichstag u. s. w. abgegangen. Zu ihrer Unterstütz⸗ 
ung hat sich Direktor Euler von Kaiserslautern nach 
Berlin begeben. 
F Am 21. April d. J., findet in Lud wigshafen eine 
Aufnahmsprüfung für den Betriebsdienst der pfälz. Bahnen Statt. 
dandidaten haben ihre Gesuche bis einschließlich 16. April an die 
Direktion der pfälz. Bahnen einzusenden. 
F In Lampertheim feierte der dortige Bürger Johannes 
Diehl seinen hundertsten Geburtstag. 
F Am Freitag Morgen stießen zwischen Langensalza 
und Ballenstedt zwei Personenzüge zusammen. Todt sind 
ein Zugführer und ein Geistlicher (aus Gotha), schwer verwundet 
ein Bahnmeister; mehrere Eisenbahnbedienstete und Vassagiere sind 
leicht verwundet. 
F Zur Nachahmung empfohlen. Der französische Minister 
des Innern, Herr Constans, hat vom Maire von Born Dordogne) 
eine Petition empfangen, welche dahin geht, allen öffentlichen Funk⸗ 
tionären, die ihre Unterschrift unleserlich schreiben, ihre Gehalts— 
bezüge während zweier Monate zu entziehen. Der Mann ist strenge 
aber gerecht; in welchem Lande beklagt man sich nicht über der— 
gleichen Unfug? 
Unter den bei dem Theaterbrand in Ni z za Umgekommenen 
ist bisher nur ein Deutscher, Dr. Arendti-Schilling von Cannstadt 
aus Eberswalde ermittelt. (Die Zahl der Todten wird jetzt auf 
ca. 150 angegeben.) 
F Aus St. Louis Mordamerika) wird der Tod Fried⸗ 
rich Hecker's, des bekannten Führers der badischen Revolution 
gemeldet. Hecker war am 28. September 1811 zu Eichtersheim 
in Baden geboren. Er war seiner Zeit einer der gefeiertsten und 
populärsten Männer in ganz Deutschland. 
„Was hat man bei einer Feuers brunst zuerst zu retten?“ 
Der „Figaro“ gibt auf diese brennende Frage folgende Antwort: 
„Die Kinder, sie sind die Zukunft; die Frauen, sie sind die Ge— 
genwart; die Greise, sie sind die Erfahrung. Dann die Möbel. 
Und hat man etwa noch Zeit, die Basen und die Schwie— 
germütter.“ 
Fur die Nedaction verantwortlich: F. X. Demetßz.