wegen Verdachtes der Brandstiftung verhaftet und nach Bruchsal
abgeführt worden.
FAus Würzburg schreibt die „W. 3.“: Unteroffizier
Pud'e, derselbe, welcher den Studenten Sicken erschoß, soll seit
rinigen Tagen vermißt werden. Es wird an dieses Gerücht die
abenleuerliche Combination geknüpft, als ob Pude ein Opfer
verspäteter Lynchjustiz geworden sei.
Die „Suͤddeuische Presse“ in München nimmt von der
Mittheilung, daß unser seitheriger Reichstagsabgeordneter Herr
Oberstlandesgerichtsraih Schmidit, aus Gesundheitsrücksichten
rine abermalige Aufstellung abgelehnt hat, Notiz und bemerk!
dazu: „Der Rücktritt dieses begabten und hochgesinnten Poli⸗
sters wird weit über die Grenzen Bayerns hinaus Bedauern
erregen.“
* Aus Muünchen wird dem „Pf. K.“ geschrieben: In den
Kreisen unserer Abgeordneten bereitet ein Brief ungemeine Heiter⸗
keit, welchen ein Ersatzmann an einen Abgeordneten seines Wahl⸗
freises gerichtet hat. Aus diesem Wahlkreise sind alle Ersatzmänner
hbexeits als Abgeordnete eingetreten bis auf den einen letzten. Der⸗
selbe wendet sich nun mit seinem Anliegen an den betr. Abgeord⸗
neten; er wolle nun auch in die Kammer, wenn auch nur auf 14
Tage, eintreten, theils um das parlamentarische Leben, theils und
haupisächlich um München kennen zu lernen, da ihm beides unbe⸗
iannt sei; der Adressat wolle daher zunächst einen der schon einge⸗
lreleneu Ersatzmänner zum Austrilt bewegen, damit dem Briefschreiber
Platz gemacht werde; für den Fall aber, daß keiner sich bereit erkläre
dem naiven Ansinnen zu entsprechen, stelle er an den — nebenbe
bemerkt, einen unserer besten — Abgeordneten die Aufforderung
dieser solle selbst austreten, seine Wiederwahl sei ja ohnedies gesichert.
Diese nette Epistel und die Befähigung des Schreibens wird noch
illustrirt durch seine Orthographie. Um nur Eines hervorzuheben,
jpricht er von einem VBienanzminister“. (Und solche Leute halten
die Wähler für gut genug, Ersatzmänner und allenfalls Abgeordnete
zu werden! Ein schönes Armuthszeugniß für die Wähler!)
pEingemauert und,lebendig — gebraten.
In der Papierfabrik der Herren Geilerth und Fürth in Pilsen
hat sich am Montag ein schauererregender Unglücksfall zugetragen.
an diesem Tage erhielten mehrere Arbeiter den Auftrag, den Ofen
und Dampftessel zu reinigen, welche Arbeit mehrere Stunden un⸗
unlerbrochen ihre Kräfte in Anspruch nahm. Von der anstrengenden
Arbeit ermüdei, legte sich der 19 Jahre alte Fabrikarbeiter Anton
Kaczander unbemerkt in den Kanal, welcher sich unter dem Heiz⸗
ofen befindet, hinein, um hier einige Augenblicke ungestört ausruhen
zu können. Er verfiel bald in einen tiefen Schlaf und alsbald
erschienen an der Oeffnung des Kanals Maurer und fingen an die⸗
selbe zu vermauern. Als sie nun mit ihrer Arbeit fertig geworden
erschien der Heizer und zündete im Ofen Feuer an. Welch schreck
liche Schmerzen der Eingemauerte bei seinem Erwachen ertrug, läß!
fich leicht denken; Ein Entweichen aus dieser furchtbaren Situation
war nicht möglich. — In der Fabrik hatte man den Kaczander
unterdessen vermißt, man suchte ihn aber vergeblich. Endlich hatten
sich mehrere Arbeiter an die Oeffnung des Kanals erinnert, sie
drangen hinein und fanden den Kaczander, aber als Leichnam —
als schrecklich verbranntes Skelett.
Die Zahl der deutschen Beamten, welche durch das Ver—
trauen des Sulians dazu berufen sind, behufs Einführung zweck⸗
entsprechender Verbesserungen vorübergehend hervorragende Stell—
ungen im türkischen Staatsdienst zu bekleiden, hat wiederum eine
Vermehrung erfahren: der Steuerinspektor Bertram aus Saar⸗
burg in Lothringen reiste nach Konstantinopel ab, um dort als
Beiraih des Generaldirektors des türkischen Zollwesens zu wirken.
Die Aufgabe Bertram's wird zunächst darin bestehen, die türkischen
Zollvorschriften auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen, bezw. die nöthig
etscheinenden Abänderungen ꝛc. vorzuschlagen und diejenigen Maß⸗
regeln zu treffen, welche geeignet sind, eine bessere Controle zu
fichern. Nur wer sich von der unglaublichen Zerfahrenheit, Ver⸗
wirrung und Unredlichkeit, die gerade auf diesem Gebiete der
türkischen Verwaltung herrscht, persönlich hat überzeugen können,
dermag die Größe und Schwierigkeit des ihm anvertrauten refor⸗
matorischen Werkes in vollem Umfange zu würdigen.“
Wie letzthin in Speyer, so hat sich am vorigen Sonntag
auch in Köln eine beträchtliche Anzahl von Handwerkern aus der
preußischen Rheinprovinz und Westphalen zusammengethan, um die
Innungsfrage zu besprechen. Hauptwortführer war der Schneider-
meister Faßbauer von Köln, der, sowie auch die anderen Redner,
für Innungs- und Prüfungszwang sprach. Von den anwesenden
Gegnern seiner Vorschluge ergriff keiner das Wort. Die hieraui
angenommene Resolution erkennt, ganz nach Art der Speyerer,
den von der Reichsregierung ausgearbeiteten Gesetzentwurf über die
Innungen als ein Zeichen ihrer, den Handwerkern wohlwollenden
Gesinnung an und fügt dann bei, daß Das aber nicht genug sei,
daß vielmehr die Zwangsinnung und die Zwangsprüfung das ein⸗
zige Heilmittel sei, um dem Handwerkerstand die ihm in der bür⸗
gerlichen Gesellschaft gebührende Stellung zu sichern. In der Re—
olution selbst wird die Zahl Derer, welche derselben beistimmten,
mit 83000 angegeben.
F Eine inleressante Wette, die auch in medicinischen Kreisen
Aufsehen erregt, ist seit Samstag, den 53. d. M., von einem
Beriiner Referendar eingegangen und bisher auch gewissenhaft
innegehalten worden. Derselbe hat sich nämlich, veranlaßt durch
das Beispiel einer in Breslau lebenden Frau v. T., dazu bereit
erklärt, zunächst auf die Dauer von einem Jahre von nichts Anderem
als von Milch und Brod zu leben. Alle anderen Nahrungsmittel
sind ausgeschlossen. Als einziges Zugeständniß ist ihm gestattel
worden, 'ab und zu bei passender Gelegenheit ein Glas Bier zu
trinken. Bisher ist dem Wettenden, der sich körperlich wohl be—
findet, seine Kur außerordentlich gut bekommen; er hat an Umfang
und Gewicht eher zu⸗ als abgenommen. Von ärztlicher Seite wird
der Patient genau beobachtet, um die Folgen der Kur zu konstatiren.
4 Ein Monstreprozeß im wahrsten Sinn des Wortes, der für
einen der blühendsten deutschen Industriezweige von weittragendsier
prinzipieller Bedeutung ist, hat soeben vor dem Londoner
Appeliationsgericht sein Ende erreicht, und zwar mit dem Sieg der
deutschen Firma. Die „Singer Manufakturing Company“ in London
hatte mit Unbehagen bemerkt, daß ihr von deutschen Nahmaschinen
jabrikanten in England erfolgreiche Konkurrenz gemacht werde
Zie beschloß daher, gegen den Vertreter der Frifter und Roßmann
schen Rähmaschinenfabrik Hermann Loog in London, klagend vor
nigehen unser dem Vorgeben, daß diese Firma, welche nach dem
System „Singer“ und „Wheeler und Wilfson“ fabrizirt, dadurch
eine Täuschung des Publikums herbeiführe, daß fie auf allen Zir⸗
fularen, Preislisten ꝛc. den Ausdruck „Frister und Roßmann'sche
Singer⸗Maschine gebrauche. Die Verhandlung erster Instanz währte
17 Tage. 45 Zeugen, Händler, Käufer ꝛc. wurden vernommen.
Das Urtheil lautete gegen Frister und Roßtiann, resp. deren
Agenten. Die Gerichtskosten betrugen 6000 Pfund Sterling oder
130,000 M. Die unterlegene Firma appellirte an die höhere
Instanz und diese hat nach viertägigen Verhandlungen die Anklage
zurückgewiesen und der Singer Manufakturing Company die in—
zwischen auf 200,000 M. angewachsenen Kosten auferlegt. In
den Entscheidungsgründen sagt der Lord Justice James, daß die
Zirkulare die Moͤglichkeit einer Täuschung absolut ausschließen und
daß die Bezeichnung „System Singer“ nicht den Eindruck machen
könne, als handle es sich um eine in Amerika fsabrizirte Singer'sch⸗
Maschine.
4Ein interessantes Geschenk. Karl Schurz, der frühere
Minister des Innern in Washington, erhielt vor Kurzem ein
interessantes Geschenk von der Indianer⸗Fürstin Chipeta, der Wittwe
des verstorbenen Ute-Häuptlings Ouray. In einer Herrn Schurz
zugegangenen Kiste lagen ein aus Bockshaut gefertigter, hübsch be—
tickter Rock, die Beinkleider, das Pulverhorn und der Tabaksbeutel
des zu seinen Vätern versammelten Häuptlings. Die Wittwe be—
gleitete diese Reliquien mit einem Schreiben, worin sie den „Mann
mit den vier Augen“ (Herr Schurz trägt bekanntlich eine Brille)
dat, er möge die Gegenstände als ein Zeichen der Freundschaft und
Achtung von ihr und ihrem Volke annehmen. Sie habe die Artikel
selbst angefertigt und übersende sie dem Manne, der, wie ihr ver⸗
torbener Gatte sagte, „der beste Freund ihrer Nation sei und so
biel für sie gethan habe.“ Herr Schurz hat das Geschenk ange—
nommen und ließ an Chipeta seinen Dank aussprechen.
7 Illustrirte russische Zeitungen bringen die getreuen Ab—
bildungen des Wagens, in dem Zar Alexander U. am 18.
März ausgefahren und der durch die Bombe zertrümmert wurde
Man sieht ganz deutlich bei Betrachtung der Bilder, daß es sehr
vohl möglich gewesen wäre, den Kaiser zu retten, wenn nicht eben
alles den Kopf verloren hätte. Man brauchte nur, als die erste
Bombe geschleudert worden war, in scharfem Galopp nach dem
Winterpalast weiterzufahren und alles war sicher. Die erste Bombe
war nämlich, wie die Bilder deutlich zeigen, viel zu kurz geworfen
worden; sie verletzte nur die hintersten Theile des mit großer Eile
dahinsausenden Wagens, ohne indessen die Achse u. s. w. zu zer—
trümmern.
Marktberichte.
Zweibrücken, 831. März. (JFruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.
Weizen 11 M. 42 pf., Korn 10 M. 57 Pf., Gerste zweireihige O M. — Pj.
bierreihige 8 M. 56 Pf., Spelz 0O M. — Pf., Spelzkern — M. — Pf—.
Dinkel — M. — Pf., Mischfrucht — M. — Pf., Hafer 6 M. 90 Pf.,
Erbsen — M. — Pf., Wicken 7 M. 54 Pf., Kartoffeln 1 M. 90 Pf.
r 2 M. 90 Pf., Stroh 3 M. 06 Pf., Weißbrod 1/3 Kilogr. 57 Pf,
ornbrod 3 Kilogr. 74 Pf., Gemischtbrod 8 Kilogr. 88 Pf., paar Weck 100
Gr. 6 Pf., Kindfieisch J. Qual. 56 Pf. II. Qual. 50 Pf. Kalbfleisch 50 Pf.
Hammelfleisch 61 Pf. Schweinefleisch 60 Pf.; Butter */2 Rilogr. 1I M. — Pi.
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier J Liter 24 Pf.
Homburg, 30. März. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.) Weizer
11 M. 66 pf. Korn — M. — Pf., Spelzkern — M. — Pf., Spelz 0 M
— Pf., Gerste 2reihige — M. — Pf., Gerste 4reihige d M. — Pf. Hafer
7 M. 21 Pf., Mischfrucht 10 M. 72 Pf., Erbsen — M. — Pf., Wicen
d M. — Ppf., Bohnen O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗
»rod 6 Pfund — Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 83 Pf. Ochsenfleisch — Pf
Rindfleisch 50 Pf. Kalbßleisch 40 Pf., Hammelfleisch — Pf. Schweinefleisch
50 Pf., Butter 1 Pfund 1 M. 10 Pf., Kartoffeln per Ztr. 1 M. 80 Pf.