Full text: St. Ingberter Anzeiger

e 6 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit ullustrirter Bei 
lage) erscheint wöchentlic viermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Ver Abonuementspreis betragt vierieljährlich 
1AA 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 16 60 B, einschließlich a0 Zustellgebüuhr. Anzeigen werden mit 10 von Auswari⸗ 
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattischrist oder deren Raum, Reclamen mit 30 A pro Zeile berechnet. 
M 60. Donnerstag, den ia. April I 1881. 
————— 
Deutsches Reich. 
(GBayerischer Landtag.) Der Abg. Fleischmann und 16 
Genossen haben den Antrag eingebracht, die Abgeordnetenkammer 
wolle an Se. Maj. die Bitte richten, das Gefsetz über die Be— 
steuerung des Gewerbebetriebs im Umher— 
zie hen im Landtagsabschied authentisch interpretiren zu wollen 
dahin: „Auf den Viehhan del findet das Gesetz vom 10. 
März 1879, die Besteuerung des Gewerbebetriebs im uͤmherziehen 
ʒetr., keine Anwendung.“ 
Wie ein Münchener Correspondent des „Pf. K.“ ver— 
nimmt, will die „patriotische“ Kammerfraction am Schluß des 
dandtags eine öffentliche Erklärung über ihre Thätigkeit während 
der nun bald abgelaufenen sechsjährigen Dauer des Mandats der 
Abgeordneten, also eine Art Rechenschaftsbericht, erlassen und soll 
der Entwurf derselben alsbald nach den Osterferien in der Fraction 
zur Berathung kommen. 
In der am 8. d. M. unter dem Vorsitze des Staatsministers 
. Bötticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde 
zunächst dem Gesetzentwurfe betreffend die Fürsorge für die Witt— 
ven und Waisen der Reichsbeamten der Zivilverwaltung in der 
»om Reichstag beschlossenen Fassung die Zustimmung eriheilt und 
der vom Vorsitzenden in der letzten Sitzung vorgelegte Entwurf 
eines Gesetzes betreffend die Kontrole des Neichshaushalts und des 
dandeshaushalts von Elsaß-Lothringen für 1880/81 genehmigt. 
Auf den mündlichen Bericht des IV. Ausschusses wurde der Ent— 
vurf eines Gesetzes wegen Abänderung der Gewerbeordnung (Tanz⸗, 
Turn- und Schwimmlehrer, Rechtskonsulenten ꝛc.) in erster und 
weiter Lesung nach der Präsidialvorlage genehmigt. 
Seitens des betr. Ausschusses wird dem Bundesrath die 
ẽrrichtung eines deutschen Volkswirthschaftsraths vorgeschlagen. Die 
Zahl der Mitglieder soll auf 185 gestellt werden, so daß ieder 
Bundesstaat mindestens einen Vertreter habe. 
Wenn es sich bestätigt, daß der Herzog von Braunschweig 
beabsichtigen soll, den zweiten Sohn des Großherzogs von Baden, 
Prinz Ludwig Wilhelm, zu adoptiren, so würde hierdurch die 
vraunschweigische Erfolgefrage aus der Welt geschafft, die seit 
wanzig Jahren und laͤnger viel von sich reden gemacht. Prinz 
dudwig Wilhelm steht im 16. Lebensjahre und ist ein Enkel des 
daisers Wilhelm. Durch diese Adoption würden, so schreibt die 
„Vossische Zeitung“, alle dynastischen Ansprüche der Welfen⸗Linie 
sinfällig. (Nach andern Nachrichten soll der Herzog von Cumber— 
iand zum Nachfolger des Herzogs von Braunschweig bestimmt sein) 
Ausland. 
In Frankreich ist es mit Rücksicht auf die Dinge in Tu— 
nis zu einer interessanien Aeußerung seitens des „National“ gegen 
den Kriegsminister Farre gekommen. Diesem wird notorische Un⸗ 
jähigkeit vorgeworfen, er habe, ohne an die Colonien zu denken, 
nur das preußische System copirt, welches nicht mit solchen zu 
cechnen, also auch nicht für dahingehende Fälle zu sorgen habe, 
vie Frankreich. Die ganze französische Militär⸗Organisation sei 
uur gegen Deutschland und Italien berechnet. Gewiß ein zu be⸗ 
ichtendes Geständniß aus französischem Munde! 
Die „Agence Havas“ meldet aus Tunis, der französische 
Fonsul habe gegen die Frankreich zugeschriebene Absicht, Tunis er— 
bern und den Bey absetzen zu wollen, bei dem Bey Verwahrung 
eingelegt und erklärt, Frankreich erstrebe lediglich wirksame Garam 
nieen fuͤr die Sicherheit der Grenze. 
Aus Tunis wird gemeldet: Der Bey erklärte, ein ge⸗ 
neinschaftliches Operiren mit französischen Truppen behufs Züch⸗ 
igung der Krumirs ablehnen zu müssen; er wolle auf seinem 
derrain allein handeln. Die bezügliche Note des Bey's wurde 
en fremden Konsuln mitgetheilt. Der Bey beschuldigt darin 
Frankreich der Verletzung der Rechte Tunis', der Pforte und der 
efreundeten Mächte. 
In Sondon hielten die Socialisten eine von 8000 Menschen 
besuchte Versammlung ab, welche den Zweck hatte, gegen die Ver— 
haftung Most's und die gerichtliche Verfolgung der „Freiheit“ zu 
protestiren. Sie wurde aber durch Antisocialisten gestört und durch 
die Polizei aufgelöst, wobei ein Polizeimann schwer verwunde 
wurde. Verhaftungen haben nicht stattagefunden. 
Die Rationalzeitung“ kommt aus Petershurg auf in⸗ 
direktem Wege folgende Mittheilung zu: „Man unterlasse in Briefen, 
die nach Petersburg gehen, jede politische Anspielung, da alle Briefe 
geöffnet werden, die aus dem Auslande kommen. Irgend ein miß⸗ 
liebiges oder verdächtiges Wort kann den betreffenden Angehörigen, 
Bekannten, Freunden, große Unannehmlichkeiten bereiten. Die 
Briefe für das Ausland werden gleichfalls regelmäßig an der Grenze 
gesichtet und geöffnet.“ (Recht gemüthliche Verhälinisse, das!) 
Es heißt, die griechische Regierung habe beschlossen, den 
Vorschlag der Gesandten der Großmächte nicht ganz zu verwerfen, 
sondern weitere Bedingungen und Vorschläge aufzustellen, um neue 
Verhandlungen herbeizuführen. 
——— 
—AEE 
Vermischtes. 
Die Besucher der nächsten pfäl zischen Kreis⸗Thierschau 
owie alle Viehzüchter und sonstige Interessenten machen wir jetzt 
chon darauf aufmerksam, daß dem Verzeichniß der zur Ausstellung 
gelangenden Thiere und Maschinen auf Anordnung Sr. Exz. des 
herrn Regierungspräsidenten v. Braun auch eine Karte der Pfalz 
beigegeben werden wird, auf welcher die Verbreitungsgebiete der 
einzelnen Schläge und deren Kreuzungen durch Farben in äußerst 
übersichtlicher Weise angegeben sind. 
FIn Zweibrücken hat sich am Dienstag früh der Sol⸗ 
dat V. Sennefelder aus Wuüstenbuch (Bez. Bamberg) vom 
2. Bataillon des 18. Infanterie-Regiments auf einem Vorplatz der 
daserne erschossen, nachdem er ersi um 8 Uhr Morgens in be— 
trunkenem Zustande in die Kaserne gekommen war. Derselbe 
äußerte schon öfter, daß er sich erschießen müsse. Aller Wahrschein⸗ 
ichkeit nach haudelte er in einem Anfalle von Geistesstörung. 
F In Zweibrücken in der unlern Stadt neben dem 
Basthaus „zum Hirsch“ wird an Sielle eines niedergelegten alten 
dauses ein neues gebaut. Bei den Fundirungsarbeiten stieß man, 
wie der „Pf. Post“ berichtet wird, auf starkes, altes Mauerwerk 
und aus diesem förderten die Mauͤrer heute früh eine geheimniß⸗ 
bosle Kiste zu Tage. Dieselbe ist ungefähr * Meter lang und 
breit und halb so hoch, mit eisernen Reifen umbunden und 70 
bis 80 Pfund schwer. Ueber ihren Inhalt verlautet bis jetzt noch 
nichts. 
Auf Anregung einer Versammlung von Landwirthen und 
Gewerbtreibenden, welche in den letzten Tagen in Homburg 
Statt fand, wird auf den zweiten Osterfeiertag eine allgemeine 
Wählerversammlung des Walhlkreises Homburg⸗Kusel nach 
Landstuhl ausgeschrieben werden zum Zweck der Verständigung 
über die bei den demnächstigen Wahlen zu wählenden Abgeord- 
neten, der Besprechung des e c und 
der Verständigung über das demselben gegenüber zu beobachtende 
Verhalten. 
FDer Vorturnerkurs für den Bezirk „Westpfalz“ 
des „Turnerbundes“ wird am 2. Ostertage in Waldmohr 
abgehalten. 
F In Waldfischbach starb ein Knabe von9 Jahren 
an einer Kopfpverletzung, welche er beim Spiele von einem seiner 
Kameraden erhalten haite. 
F Nicht eigentlich studentische Verbind ungen waren es, welche 
kürzlich am Kaiserslautérer Gymnasium zur Be⸗ 
trafung von Schülern führten, sondern die Gründung einer „Ab⸗ 
olvia“ 1882, 1883, 1884, die unter sich in gewisse Berührung 
traten, und die Veranstaltung von Kneipereien. Zwei Schüler 
wurden, wie gemeldet, entlassen, 89 mit mehrlägigen Carcerstrafen 
helegt. 
Die Ludwigshafener Volksbank hat bei einer 
Mitgliederzahl von 632 einen Umschlag von M. 32,522,095.44 
und einen Reingewinn von M. 34 806.59 erzielt. Die Dibend 
wurde auf 8. Proz. festgesetzt. IJ 
Speyer, 18. April. Der in Amerika lebende Pfälzer 
Herr Hilgard hat auch dem hiesigen Gymnasium 10,000 Maͤrk 
geschenkt. (Sp. 3.) 
F Bei der in Speyer im vor. Jahre abgehaltenen Prüfung 
der Einnehmerei-Kandidaken haben von s84 FShbeit 
rehmern 38 bestanden.