Full text: St. Ingberter Anzeiger

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3 65. I Sonntag, den 24. April 
1881. 
Deutsches Reich. 
Die bayerische Kammer der Reichsräthe nahm das Ein—⸗ 
»mmensteuergesetz nach den Ausschußanträgen mit der 
zteuerstala Ortenburgs (Artikel 4) und dem Antrag Franckenstein 
Finkommen bis 400 M. steuerfrei) trotz lebhaften Widerspruches 
es Finanzministers mit allen gegen 53 Stimmen an. Der Antrag 
zafenbrädl, das siebente Schuljahr betreff, wurde an einen Aus— 
quß verwiesen. 
Von den zu den Frühjahrsübungen des Gardekorps nach 
gerlin kommandirten bayerischen Offizieren hatten die Regiments- 
zommandeure eine Audienz beim Kaiser, der von seinem neulichen 
Inwohlsein völlig wieder genesen ist. 
Ausland. 
Französische Stimmen äußern sich bedenklich über den 
drieg gegen die aufständischen Beduinenstämme; sie glauben, derselbe 
verde sehr schwierig, gefährlich und langwierig werden, um so mehr, 
ls die Franzosen das Land nicht genauer studirt hätten. Die Kosten 
er Expedition werden auf 50,000,000 Fres. veranschlagt. 
Die französische Panzerfregatte Surveillante und zwei franzö— 
che Kanonenboote sind mit etwa 1600 Mann Landungstruppen 
infanterie, Artillerie, Genie) an Bord abgegangen, um die 
anesische Insel Tabarka zu besetzen, welche als theilweise Basis 
Operationen gegen die Krumirs dienen soll. (Die Insel wurde 
m Donnerstag von den Franzosen nach kurzer Beschießung ge— 
ommen und besetzt. Von derselben war einige Tage vorher ein 
ranzösisches Kriegsschiff von Tunesen beschossen worden.) 
Die militärischen Operationen der Franzosen in Tunis sollten 
estern oder heute (Samstag od. Sonntag) beginnen. Es ist Be— 
ehl gegeben, die Truppen des Beys mit der äußersten Strenge zu 
ehandeln, wenn sie sich dem Einmarsch der Franzosen zu wider— 
ttzen oder in der Nähe der französischen Truppen zu verharren 
ersuchten. 
Dem „Telegraphe“ wird aus Rom gemeldet, mehrere italien⸗ 
sche Blätter erwähnten einer Vereinbarung zwischen Fraukreich 
ind Italien, wonach Italien Frankreichs Ansprüche in Tunesien 
merkennen und neutral bleiben werde, wogegen Frankreich versprochen 
abe, eine gleiche Neutralität zu beobachten, wenn Italien in Tripoli 
juß fassen wolle. 
In Rußland scheint die Verfassungsfrage doch endlich in 
luß kommen zu sollen. Der Petersburger Berichterstatter der 
Dailh News“ theilt eine Reihe von Einzelnheiten über einen 
Rinisterrath mit, welchen Alexander III. nach längerem Zögern 
uf den Rath Loris Melikows berufen hatte, um über einen von 
»em Vater des Kaisers gebilligten Reform-Plan, betreffend die 
tinsetzung einer aus Vertretern des Adels, der Städte u. s. w. 
estehenden Redaktions-Commission zu berathschlagen. Die Mehr— 
ꝛeit des Ministerrathes (9 gegen 5) erklärte sich für die Einsetzung 
er Commission und auch der Kaiser sprach sich mit folgenden 
Borten zustimmend aus: „Die Mehrheit (0 gegen 5) hat sich 
so für den Vorschlag, daß eine vorbereitende, durch alle Klassen 
rwählte Commission im Interesse des Staates einberufen werden 
ille, ausgesprochen und daß der Vorschlag ausgeführt werde. Ich 
imme mit der Mehrheit überein und wünsche, daß das Volk 
iese neue Reform dem Andenken unseres Vaters, welchem sie ge— 
iörte, zuschreibe. Der Minister des Innern wird den Ukas ent— 
Irechend unseren soeben gemachten Bemerkungen vorbereiten.“ 
dieser erste Schritt auf der Bahn zu einer Reform der russischen 
zustände dürfte in erster Linie dem Drängen Loris Melikows zu— 
uschreiben sein, der im Verlaufe des Ministerrathes den Einwand, 
aß das russische Volk zu einer Verfassung nicht reif sei, mit dem 
reffenden Hinweis auf England zurückwies, das vor 300 Jahren 
ücht mehr als Rußland jetzt entwickelt war und sich trotzdem frei— 
inniger Institutionen erfreute. 
In den letzten Tagen sind in Petersburg wieder zahlreiche 
Lerhaftungen vorgenommen worden; mehrere Nihilisten sollen sich 
n den Händen der Behörde befinden. Auch einige Studentinnen 
wurden festgenommen. 
Zwischen den Streitkräften der „albanesischen Liga“ 
welche in letzter Zeit stark daran war, dem Sultan den Gehopsam 
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yollständig zu kündigen) und den von Derwisch Pascha befehligten 
ürkischen Truppen ist es unweit Uesküb zu einem mehrstündigen 
vefecht gekommen. Die- Albanesen wurden von den etwa 10,000 
Nann starken Türken zum Rückzug genöthigt; doch telegraphirte 
Derwisch Pascha unmittelbar nach seinem Sieg nach Konstantinopel, 
nan möge ihm Verstärkungen schicken, damit er den errungenen 
Hortheil weiter verfolgen koͤnne. 
Aus Brasilien wird berichtet, daß die Regierung entschlossen 
ei, die Indianer-Sklaverei zu unterdrücken und alle Diejenigen zu 
estrafen, welche ferner noch am Amazonenstrome Sklaven halten. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Als Ergänzung zu der in voriger Nr. 
ʒeröffentlichten Königl. Allerhöchsten Verordnung, die Aufnahme in 
ie Volksschule betreff, theilen wir heute nach einem im Amisblatte 
Nr. 25 erschienenen Erlasse der kgl. Regierung der Pfalz noch 
dachstehendes mit: Da das Schuljahr 1881/82 am 25. April be— 
‚innt, so ist allen Knaben und Mädchen, welche bis zum 24. Juli 
. Js. einschließlich das 6. Lebensjahr zurücklegen werden und den 
Jehörigen Grad der Entwickelung der geistigen und körperlichen 
dräfte erlangt haben, die Aufnahme in die Volksschule zu gewähren. 
Jüngeren Kindern kann und darf diese Aufnahme unter keiner Be— 
ingung, auch nicht in Folge besonderer Dispense, gestattet werden. 
Desgleichen sind mit größter Strenge jene Kinder von der Schul⸗ 
nufnahme auszuschließen, deren geistige und körperliche Kräfte nicht 
ehörig entwickelt sind. In zweifelhaften Fällen haben die Orts⸗ 
hulkommissionen auf Grund ärztlicher Zeugnisse zu entscheiden. 
Die Aufnahme in die Schule ist als eine provisorische zu betrachten. 
ẽs sind daher Kinder, deren geistige und körperliche Kräfte nach 
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verden, unnachsichtlich sofort wieder zu entlassen. 
M. Aus dem Kantone Waldmohr. Der Ackerer 
Daniel Schleppi von Kübelberg fand am Donnerstag 
eim Ausgraben eines Rebstockes einen eisernen Topf, der mit 
Hold⸗ und Silbermünzen, aus der Zeit des 15. und 16. Jahr⸗ 
zunderts herrührend, gefüllt war. 
HOGroßblittersdorf, 21. April. Heute Vormittag 
raf S. Exc. General-Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, 
S„tatthalter von Elsaß-Lothringen, von Saargemünd kommend hier 
in. Eine Schaar junger Leute, geschmückt mit schwarz⸗weiß-rothen 
S„chärpen, war dem hohen Herrn eine Strecke Wegs entgegen ge— 
itten. Glockengeläute und Böllerschüsse verkündeten seine Ankunft. 
fFine Ehrenpforte war errichtet, die Schuljugend hatte sich zum 
ẽmpfange aufgestellt und weißgekleidete Mädchen überreichten ihm, 
iachdem er den Wagen verlassen, mit entsprechender Ansprache 
Zlumensträuße. Auch einige Häuser waren mit schwarz⸗weiß-rothen 
rahnen beflaggt. Nachdem sich S. Exc. im Gemeindehause die 
Nitglieder des Gemeinderaths und die Geistlichkeit hatte vorstellen 
assen, fuhr er nach etwa viertelstündigem Aufenthalte weiter nach 
Forbach. 
Der „Pf. Pr.“ wird aus der Vorderpfalz geschrieben: 
„Der neuerdings durch verschiedene wohlthätige Schenkungen in 
»en Zeitungen vielgenannte Herr Hilgard ist der Sohn des 
erstorbenen Oberappellationsgerichtsrathes Gustav Hilgard, früher 
n Zweibrücken und dann in München, und der Enkel 
»es ehemaligen Besitzers vom Klosterhof bei Kirchheimbolanden, 
veorg Friedrich Hilgard. Er ging in jungen Jahren nach Ame— 
ika, erwarb sich dort ein bedeutendes Vermögen, lebt jetzt noch in 
einem Adoptivvaterland, wo er unter dem Namen Henri Villard 
eine Thätigkeit hauptsächlich dem Eisenbahnwesen zuwendet und 
uuf verschiedene größere Eisenbahngesellschaften einen dominirenden 
Finfluß hat.“ 
F Die verlebte Elisabetha Eichinger zu Gönnheim bei 
Dürkheim hat der Gemeinde daselbst zum Zweck der Gründung einer 
Tleinkinderschule ein Kapital von 2000 M. letztwillig zugewendet. 
F Wie die „Neue Wormser Zeitung“ mittheilt, wird der fort⸗ 
chrittliche Reichstagsabgeordnete Eugen Richter am nächsten Sonn⸗— 
ag (24. April) in Neustadt a. H. einer Parteikonferenz bei⸗ 
vohnen und bei dieser Gelegenheit einen Vortrag halten. 
Zum Besuche der II. pfälz. Kreisthierschau.“ welsche im