Hl. Ingberler Anzeiger.
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M 67.
Donnerstag, den 23. April
—1881.
Deutsches Reich.
Im deutschen Reichstag wurde ein Antrag eingebracht
uf Abänderung des Braugesetzes, wonach alles zur Bier- und
Essig-⸗Bereitung bestimmte Malz mit einer Abgabe von zwei Mark
»om Centner belegt werden soll und unter Malz alles künstlich
zuum Keimen gebrachte Getreide zu verstehen sein soll; die Ver—
vendung von Malzsurrogaten zur Bierbereitung soll mit Geld—
trafe bis zu 1000 Mk. und Confiskation geahndet werden. (Die
Sache berührt Bayern nicht, welches seinen eigenen Malzauf—
chlag hat.
Im Bundesrathe werden die Arbeiten jetzt wieder auf—⸗
jenommen, und zwar sollen sich dieselben zunächst solchen Gegen—
tänden zuwenden, deren Erledigung durch den Reichstag in dieser
Seffion noch erfolgen soll.
Aus Berlin meldet man der „Allgem. Ztg.“: Die deutschen
commissäre bei der Pariser Münzconferenz sind angewiesen, kei—
aerlei Verpflichtungen einzugehen. Die Reichsregierung will auch
serner in der Währungsfrage an ihrer bisherigen abwartenden
Stellung festhalten.
In Preußen ist von mehreren landwirthschaftlichen Cen—
ral⸗Vereinen an die Regierung der Wunsch ausgesprochen worden,
ie möge eine Commission nach Amerika entsenden, um einen Be—
icht über die gesammten landwirthschaftlichen Zustände dieses
ꝛandes zu erstatten. Es wird geltend gemacht, daß in Amerika
»ie Produktionskosten für das Getreide so gering seien, daß es
ür die europäischen Länder, namentlich für Deutschland unmöglich
väre, mit Amerika in Konkurrenz zu treten; es werde dort ein
olcher Raubbau getrieben, daß schon jetzt große Länder striche un—
yebaut liegen bleiben, weil sie Ertragsunfähig geworden sind. Es
ei deßhalb für die deutsche Landwirthschaft die Frage von großer
WBichtigkeit, wie viel Acker noch der Kultur in Amerika unter⸗
vorfen und angebaut werden könne, und darum sei es sehr er—
vünscht, wenn die Staatsregierung sich in der angedeuteten Weise
Bewißheit darüber verschaffte.
Am Hofe zu Berlin, in militärischen wie in weiteren po—
itischen Kreisen hat der gestern in Meran erfolgte Tod des Gene—
tals von der Tann überaus große Theilnahme hervorgerufen. Die
Verdienste des verewigten Heerführers in dem letzten Feldzug ha—
jen ihm ein bleibendes ehrenvolles Gedächtniß in der Geschichte
»eutscher Heerführer gesichert und namentlich die besondere Werih—
chätzung des Kaisers gewonnen.
Anläßlich des brauuschweigischen Regierungsjubiläums
tt zu erwähnen, daß der Herzog die ihm angetragene Ranger⸗
wohung definitiv abgelehnt hat.
Ausland.
Die Nachrichten vom französisch-⸗tunesischen Kriegsschau⸗
iatze fließen infolge der strengen Censur von Seiten des dortigen
ꝛommandos äußerst spärlich und sind wenig der Wahrheit gemäß.
po sollte bekanntlich die Insel Tabarca schon von den Franzosen
or mehreren Tagen besetzt sein ꝛc., dasselbe ist jedoch erst am
dienstag geschehen, nachdem die Tunesen die Insel geräumt hatten
vas bis jetzt jedoch noch nicht der Fall ist. Tas Expeditionscorps
cheint noch nicht mit und in fich selbst sertig zu sein, was gerade
icht sehr für die Schlagfertigkeit der franzoͤsischen Armee spricht
ind wodurch wohl mit am Besten die Meldung gerechtfertigt wird:
Von Tunis nichts Neues!“
Der Pariser „Telegraph“ meldet, die Pforte habe dem Beiy
von Tunmis angezeigt, daß sie seine Haltung vollkommen billige
ind zur Sicherung ihrer und seiner Rechte energische Schritte bei
)en Mächten gethan habe.
In Konstantinepel will man jetzt nachträglich noch her—
musgefunden haben, was früher die ganze Welt behauptet hatte,
aͤmlich, daß der frühere Sultan Abdul Äziz nicht freiwillig aus
ꝛer Welt gegangen war, daß vielmehr einige diensteifrige Freunde
eines Nachfolgers ihm diesen Liebesdienst erwiesen hätten. Es
vird von dort gemeldet, daß vier Personen gefänglich eingezogen
vurden, welche auch bereits gestanden hätten, den Sultan erdroffelt
ind ihm dann die Adern geöffnet zu haben, um dadurch den
wlauben an einem Selbstmord zu erwecken. Ein früherer Kriegs-
mi nister und zwei Palastbeamte sollen in die Geschichte, die übri⸗
gjens der Bestätigung bedarf, verwickelt sein.
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Vermischtes.
* St. Ingbert, 27. April. In heutiger Schöffen⸗
itzung kamen nur zwei Fälle zur Verhandlung. Der Erste
etraf einen hiesigen Burschen, welcher der vorsätzlichen Körperver⸗
etzung, wobei das Messer benutzt wurde, angeklagt war, weshalb
hn das Schöffengericht zu 2. Mouaten Gefängniß verurtheilte.
Der zweite Fall war gegen einen andern Bnrschen, ebenfalls von
zier, gerichtet, gegen welchen, der vorsätzlichen einfachen Körper—
zerletzung angeklagt, eine Geldstrafe von drei Mark, ebent. 1 Tag
Befängniß, ansgesprochen wurde.
Das Kreisamtsblatt der Pfalz Nro. 26 enthält eine
Bekanntmachung der königl. Kreisregierung betreffs der in den
afälzischen Volksschulen neu einzuführenden Lesebücher (vom Schul⸗
ahr 1881/82 an durfen bekanntlich die sämmtlichen Haesters'schen
Zesebücher nicht mehr gebraucht werden.) Es wird in dieser Be—
anntmachung als wünschenswerth bezeichnet, daß die bei Oldenburg
in München erschienenen, von mehreren pfälzischen Lehrern bear—
heiteten Lesebücher nicht nur sofori an Stelle der Haesters'schen,
ondern allmählich, jedoch unter Vermeidung jeglichen Zwangs nach
»em Aufbrauch auch an die Stelle der anderen dermalen noch in
Bebrauch befindlichen Lesebücher treten.
F Vor einigen Tagen trug sich nach der „Pf. V.“ in der
civilsitzung des kgl. Amtsgerichts Zweibrücken ein höchst ei—
Jenthümlicher Fall zu. Von zwei Prozeßparthien sollte ein Eid
iusgeschworen werden und zwar von einem älteren, corpulenten
Mann. Als der Akt der Eidesabnahme begann, sagte die Geg⸗
ierin des Mannes: „Der Schlag soll Dich rühren, wenn Du
alsch schwörest.“ Der Mann sieht die Frau an und stürzt plötz⸗
ich — vom Schlage getroffen zu Boden.
F Vorige Woche hat, wie die „Pf. Ztg.“ berichtet ein Maurer
n Herschberg, notorischer Schnapstrinker, den Unterrock
Frau um 11 Pfennige verkauft und das Geld in Schnaps
angelegt.
Man hat schon gehört, daß Conscribirte, vor Vergnügen
frei“ geworden zuͤ sein, Gläser und Siöcke zerschlugen, auf der
Straße getanzt haben und gehüpft sind, daß aber ein solcher aus
»emselben Anlaß bei dieser kühlen Witterung ins Wasser springt,
vie es in Bergzabern geschah, dürfte wohl zum ersten Male
agewesen sein.
F Zur Anhörung des „Vortrags“, welchen der Führer der
deutschen Fortschrittspartei, EuUgen Richter, am Sonntag
m Soalbau zu Neustadt hielt, hatten sich über 3000 Perso—
ien eingefunden. Der gewandte Redner erzielte mit vielen seiner
»esonders gegen die projektirten neuen Reichssteuern gerichteten
Ausführungen häufig großen Beifall. Von der bekannten Parole
des Berliner Fortschritts: „Fort mit Bismarck“ schwieg Herr
Richter weislich, wenn er auch gegen die „diktatorischen“ Gelüste
Bismarcks scharf losfuhr. Resolutionen wurden nicht gefaßt,
außer dem Vortragenden auch Niemand zum Wort zugelassen.
7Gur Statistik des bayerischen Lehrerstandes.) Die
Zahl der im Jahre 1880 in Bayern gestorbenen Lehrer beträgt
209, wovon 108 aktiv und 101 pensionirt waren. Das Durch—
chnittsalter der aktiven war 46,6, der pensionirten 67,8, der Ge⸗
ammtdurchschnitt 5758 Jahre. Auf die einzelnen Regierungsbe—
zirke treffen folgende Sterbefälle: Oberbayern 32: 13 aktive, 19
densionirte; Niederbayern 23: 9 aktive, 14 pensionirte; Pfalz 28:
15 aktive, 18 pensionirte; Oberpfalz 22: 12 altive, 10 pensionirte;
Iberfranken 19: 13 aktive, 6 penfionirte; Mittelfranken 34: 18
iktive, 16 pensionirte; Unterfranken 22: 17 aktive, 5 pensionirte;
Schwaben 29: 11 aktive, 18 pensionirte.
Samstag, 30 April, wird vor der Strafkammer des Land⸗
—
rüheren Bankvereinskassier Max Scheuch wegen Wechselfälschung
»eginnen. Derselbe ist angeklagt, Wechsel im Betrag von 52,000
Mrk. gefälscht und in Umlauf gesetzt zu haben. Von diesen
Wechscin sind einige im Betrag von 20,000 Mrk. nachträglich