Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Znzeiger. 
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M 70. 
Dieunstag, den 3. Mai 
1881. 
Deutsches Reich. 
GBayerischer Landtag.) Die Abgeordnetenkammer be— 
chloß sich bei'm Begräbniß v. d. Tann's durch eine Deputation 
„on 8. Mitgliedern vertreten zu lassen. Dem Antrag des Abg. 
. H. Schmidt zur Petition des Gemeinderathes Herxheim (Pfalz) 
um Wiedererrichtung des eingezogenen Notariats entsprechend, über⸗ 
wies die Abgeordnetenkammer die Petition der Regierung zur 
Würdigung. Der Justizminister erklärte, eine prinzipielle Absicht, 
zie Landnotariate in der Pfalz aufzuheben, bestehe nicht; es werde 
n jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob ein Landnoiariat lebens⸗ 
ahig sei; nach den Gutachten der pfälzischen Behörden sei das 
derxheimer Notariat nicht lebensfähig, daher könne die Regierung 
der Petition keine Folge geben. 
Die dem bayerischen Landtage vorliegenden Steuser⸗ 
zesetz⸗? Entwürfe werden dem Anscheine nach trotz der vor⸗ 
sandenen Schwierigkeiten doch noch zur Annahme in den beiden 
ammern gelangen. Von beiden Häusern ist ernstlich die Geneigt⸗ 
jeit vorhanden in der Sache etwas fertig zu machen. Auch darüber 
ist man einig, daß das Großkapital mehr zur Steuer herangezogen 
verden muß; darüber, ob die von der Reichsrathskammer ange— 
nommene Skala bei der Kapitalrentenstener besser ist, als die von 
der Abgeoednetenkammer aufgestellte, dürfte sich wohl auch eine 
Verständigung erzielen lassen. 
Im Amtsblatt des Ministeriums des Innern wird eine Zu— 
ammenstellung des Schuldenstandes der sämmtlichen Gemeinden 
»es Königreiches Bayern nach den Rechnungsabschlüssen für das 
Jahr 1879 veröffentlicht. Wir entnehmen derfelben, daß der 
Schuldenzugang sämmtlicher Gemeinden im Jahr 1879 die Summe 
von 16,748, 278 Ac 74 betrug, und, nach Abzug der auf 
Schuldentilgung verwendeten Beträge, der Gefammtschuldenstand 
hei'm Rechnungsabschluß 1879 sich auf 116,227,676. 80 
vdeläuft, gegen 109,723, 106 AM. 62 nach dem desinitiven Rech— 
zungsabschluß für 1878. An dem Schuldenzugang im Jahr 1879 
st Oberbayern am stärksten betheiligt, mit 8,485, O082 AC 42 H, 
wovon wieder auf die unmittelbaren Städte dieses Kreises der 
Nehrbetrag, 7,247,924 A. 73 4 entfällt. Eine Vergleichung der 
dechnungsabschlüsse der letzten 10 Jahre ergiebt, daß der Gesammt⸗ 
chuldenstand der bayerischen Gemeinden in runden Summen betrug: 
1869 44, 385, 000 A, 1870 46,747, 000 A, 187150, 298, 000t, 
1872 55, 481, 000 AC, 18738 64, 266, 000 AM., 1874 71,934, 000M. 
875 80,8354, 000 Aß, 1876 86,581, 000 AM0. 1877 99,997, 00040. 
1878 108,242, 000 A, 1879 116,227, 000 JA. (A. 3.) 
(Bayerischer Armeebefehl.) S. M. der Könia hat 
olgenden Armeebefehl erlassen: 
Tief bewegt durch das überraschend eingetretene Ableben mei— 
nes in aufopfernder Treue und Hingebung für König und Vater— 
and bewährten General-Adjutanten, Generals der Infanterie Lud— 
vig Freiherr von der Tann-⸗Rathsamhausen, habe ich 
estimmt, daß die Offiziere der Armee drei Tage, die Offiziere des 
IJ. Infanterie-Regiments sieben Tage Trauer anlegen und das 
kegiment seinen Namen unverändert führt. Mit mir verliert in 
em Verblichenen meine Armee einen heldenmüthigen, in zahlrei— 
hen Schlachten und Gefechten erprobten General, dessen Andenken 
anlöslich verknüpft ist mit den ruhmvollen Thaten des 1. Armee— 
orps. — Um ihn und den im Tode ihm vorausgegangenen kom⸗ 
nandirenden General meines 2. Armeekorps, General Jakob Frei⸗ 
err von Hartmann, und in diesen beiden hervorragenden 
baherischen Heerführern zugleich meine treue, tapfere Armee dau⸗ 
end zu ehren, behalte ich weitere Anordnungen mir vor. 
Ludwig. 
Der deutsche Reichstag hat am Samstag den Gesetz⸗ 
entwurf betr. die Besteuerung der Dienstwohnungen der Reichsbe— 
anten in 2. Lesung und jenen beir. die Oeffentlichkeit der Ver—⸗ 
sandlungen des elsaß⸗lothr. Landesausschusses sowie die Einführung 
ꝛer deutschen Sprache als Geschäftssprache dieser Körperschäft in 
3. (letzter Lesung) angenommen. 
In der Reichstagssitzung vom 29. v. Mts. erregte die 
Dohung des Reichskanzlers, die deutsche und selbst die preußische 
egierung, und zwar schon in der nächsten Session, von Berlin 
veq zu verlegen, peinliches Aufsehen. Diese Aeußerung des Reichs— 
fanzlers wird vorläufig nur als ein Ausdruck seiner Unzufrieden⸗ 
jeit mit Berlin betrachtet und für einen bloßen Schreckschuß an⸗ 
gesehen. 
Kaiser Wilhelm hat sofort nach Empfang der Nach⸗ 
icht vom Tode des Generals v. d. Tann befohlen, daß die Büste 
esselben in Marmor ausgeführt werde. Im Auftrage des Kron⸗ 
rinzen Friedrich Wilhelm hat der Chef des Stabes der 4. Armee⸗ 
znspektion, Generalmajor Mischke, dem Begräbnisse des verstorbenen 
Benerals beigewohnt und auf dessen Sarg einen Kranz mit den 
Farben des Ordens pour le mérite und im Namen Ihrer kaiserl. 
und königl. Hoheit der Kronprinzessin einen zweiten Kranz mit den 
deutschen Farben niedergelegt. Bei der Leichenfeier war die preuß. 
Armee durch Offiziere aller Grade vertreten. 
Der dentsche Kaiser ist am Freitag in Wiesbaden ange⸗ 
kommen. 
Nach einer Kieler Meldung des „Deutschen Montagsblattes“ 
ollen in nächster Zeit mehrere Schiffe der deutschen Kriegs⸗ 
marine nach Tunis beordert werden. 
Ausland. 
Die Franzosen ergriffen im Tunesischen einen Kurier mit 
zinem Brief des Tuarek-Häuptlings, worin dem Sullan in Kon— 
tantinopel die Ermordung der Expedition Flatters angezeigt und 
hierfür eine Belohnung erbeten wird. (Sonst kümmern sich diese 
Stämme um den Sultan nicht; da aber kennen sie ihn.) 
Eine Proklamation des Vicekönigs erklärt die Stadt Dublin 
Hauptstadt von Irland) für im Zustande der Ruhestörung befind⸗ 
ich und verfügt für Dublin die Suspendierung der Habeaskorpus⸗ 
Akte. Die Verhaftung Dillons und anderer Häupter der Agrar⸗ 
iga gilt als unmittelbar bevorstehend. 
Einem Berichte des „Czas“ zufolge, ist in der Ukraine 
Rußland) der Nihilismus unter dem Landvolke im Zunehmen be⸗ 
zriffen. Die Bauern vergreifen sich an dem Eigenthum der Groß⸗ 
zrundbesitzer, in Folge dessen es in Ziwnogrod zum offenen Kampfe 
kam. wobei mehrere Personen verwundet und zwei getödtet wurden. 
Vermißschtes. 
FGfälzisches Schwurgericht. Die Eröffnung 
der nächsten Sitzungsperiode des Schwurgerichts wurde auf Mom 
ag den 20. ds. Irs. festgesetzt, Oberlandesgerichtsrath Wolff zum 
Porsitzenden des Schwurgerichtshofes und Landgerichtsdirectot Her⸗ 
eldt zu dessen Stellvertreter ernaunt. 
Die Generalversammlung der Aktionäre der Pf äl z⸗ 
schen Eisenbahnen hat den Antrag der Verwaltung, 
ämmtliche 492 prozentige Anleihen der drei pfälzischen Eisenbahn⸗ 
zesellschaften in 4prozentige zu konvertiren, gutgeheißen. 
.. Das pfälzische Kreisamtsblatt Nr. 27 enthält das 
Reichs-Gesetz über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen 
»om 23. Juni 1880. 
m. Aus dem Kantone Waldmohr. Am verflosse⸗ 
nen Samstag (80. April) wurde der Beschälwärter Karl Hertel 
iuf dem Eichelscheiterhof von einem Hengst derart nieder⸗ 
zeworfen, daß er sofort eine Leiche war. Der Verunglückte hinter⸗ 
äßt eine Wittwe mit 5, größtentheils noch unerzogenen Kindern. 
F Im verflossenen Betriebsjahr erzielte die Kammgarnspinnerei 
daiserslautern einen Bruttoverdienst von » 1,898,379. 
15. wovon, nach Abzug der statutenmäßigen Abschreibungen ⁊c. ein 
Nettogewinn von A I, O24, 021. 47 verbleibt. Der Antrag des 
Aufsichtsrathes, eine Extra⸗Abschreibung von AK. 120, 000 vorzu— 
gehmen und auf die Aktie eine Dividende von M300 zur 
Vertheilung gelangen zu lassen, wurde von der Generalbersamm- 
ung angenommen. 
Das landwirthschaftliche Bezirks-Comite Edenkoben— 
dandau beschloß in der am letzten Montag stattgehabten Sitzung 
einstimmig, ebenso wie das Bezirks⸗Comite Reustadt⸗Dürkheim an 
die Reichsrathskammer die Bitte zu richten, dem von der Abgeord⸗ 
netenkammer betreffs Besteuerung der fabricirten Weine gefaßten 
Beschluß zustimmen zu wollen. 
In Ludwigshafen waurde während des dortigen 
Jahrmarktes von einem älteren Manne eine Gaunerei sonder 
gleichen verüuht. Als am Körper gelähmt sich ausgebend, ließ er