Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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R7. 
Sonntag, den 15. Mai 
I8sl. 
Deutsches Neich. 
GBayerischer Landtag.) In der AbgK. beantragte 
n der Sitzung vom Donnerstag bei der Beraihung der Rüd— 
iußerung der Kammer der Reichsräthe zum Kapitalrenten— 
teuere Gesetzentwurf der Ausschuß die von dieser beschlossene 
Erhöhung des Steuersatzes bei einer Jahresrente über 1000 Mk. 
von 3*4 auf 4 pCt. abzulehnen. Abg. Strauß (inke) motivirt 
und Abg. Walther (Rechte) unterstützt die Modifikation, denselben 
Steuersatz von 4 pCt. bei einer Jahresrente von mehr als 5000 
Mlk. eintreten zu lassen, um einen der Reichsrathskammer entgegen⸗ 
kommenden Gesammibeschluß über die Vorlage zu sichern. Louis, 
p. Schlör, Daller und Brandenburg sprechen gegen den Antrag 
des Abg. Strauß; die Kammer lehnt schließlich denselben und den 
Beschluß der ersten Kammer ab, so daß der Steuersatz von 30 pCt. 
für jede Jahresrente von mehr als 1000 Mk. wieder hergestellt ist. 
Bei den übrigen wesentlichen Punkten wurden gleichfalls die früheren 
Beschlüsse aufrecht erhalten und nur der Steuerbefreiung für die 
den Behörden unterstellten Hilfs und Sparkassen zugestimmi. Der 
zanze Gesetzentwurf wurde schließlich mit 125 gegen 15 Stimmen 
angenommen. 
München, 12. Mai. In den Einlauf der Kammer der 
Keichsräthe gelangten Vorstellungen von dem Gemeinderath und 
Bürgern der Gemeide Haardt, von Mitgliedern der Gemeinde 
Winzingen, von dem Buͤrgermeisteramie Diedesfeld, von den Mit⸗ 
zliedern der Gemeinde Neustadt a/H., endlich von dem landwirth⸗ 
chaftlichen Bezirkskomite Landau, die Fabrikation bezw. Besteuer⸗ 
ung der Kunstweine betreffend. 
Der 8. Ausschuß der Kammer der Reichsräthe hat den An⸗ 
rag bezüglich des siebenten Schuljahres berathen und ent— 
prechend dem Antrag des Referenien, Reichsraths v. Dinkel, be⸗ 
chlossen, der Kammer zu empfehlen, dem Beschluß der Abgeord⸗ 
netenkammer nicht beizutreten. — Der Steuergesetzausschuß der 
Reichsrathskammer hat bei der Berathung des Gesetzentwurfs über 
zie Haus- und Grundsteuer den Antrag des Referenten Grafen zu 
Irtenburg die höhere Besteuerung der Villen, Luxusbauten und 
rFabriketablissements abzulehnen, angenommen. 
Am Freitag sollte die zweite Lesung der Unfallversicher⸗ 
ungsvorlage in der betr. Reichstags-Kommission Sian finden. 
Man hofft, die Wiederherstellung der Reichsversicherung durchzu⸗ 
etzen. Dr. Marquardsen behiell der nationalliberalen Partei die 
kinbringung eines Antrages auf Wiederherstellung der Reichsver⸗ 
icherung ausdrüdlich vor. Derselbe bemerkle, daß durch die Lan⸗ 
)esversicherung den Einzelstaaten etwa mit Ausnahme von Preu⸗ 
zen eine unerträgliche Last aufgebürdet werden würbe. Man er— 
nnert sich, daß Herr v. Lutz am 11. Februar d. J. bei Beant⸗ 
vortung der Interpellation Jörg die Frage der Reichs- oder Lan— 
»esversicherung zwar unentschieden ließ, die letztere aber zugleich 
als die ungleich kostspieligere bezeichnele. 
Ausland. 
Der „Temps“ bestätigt, daß dem Bey von Tunis am 
12. ds. der Vertrag über die von Frankreich geforderten Bürg⸗ 
chaften vorgelegt werden sollte und fügt hinzu: „Wenn der Bey 
iblehnt, so wird die Besetzung des Bardos und der —XXV 
Tunis unverzüglich bewirkt werden.“ 
Die „Daily News“ bringen einen Privatbrief aus Rom, 
emzufolge die dortige Polizei von einem geplanten Attentat auf 
den König Humbert Kenntniß erhielt 
Die Zustände in Irland gefialten sich mit jedem Tage be—⸗ 
denklicher, in Folge dessen hat die Regierung sich während der 
etzten paar Tage nicht nur veranlaßt gesehen, über Dublin, sondern 
uuch über Cork, Kilkenny und andere irische Städte und Ortschaften 
»en Belagerungszustand zu verhängen. Dublin selbst war der 
Schauplatz arger Skandale. Auf offener Straße wurden zwei junge 
deute niedergeschossen, die im Verdacht standen, der Regierung eine 
Waffen⸗Niederlage verrathen zu haben. 
Mit den russischen Reformen wäre es also, wenn die 
„Vat.«Zig.“ gut unterrichiet ist, wirklich nichts; Alexander LI. 
oll sich vielmehr entschlossen haben, in der Weise seines Vaters 
veiter zu regieren. Der Kaiser beweißt damu doß er in muthiger 
Mann ist, der sich um die nihilistischen Drohungen nicht allzuviel 
ümmert; ob er klug daran thut, ist allerdings eine andere Frage 
ind die Zukunft wird lehren, ob sich die in einem am 12. dz. 
erlassenen kaiserlichen Manifeste ausgedrückte Hoffnung verwirklichen 
wvird. In dem Manifest erklärt der Kaiser, daß er die Regierung 
übernommen habe im Glauben an die Kraft der Selbstherrschermacht, 
velche der Kaiser für das Wohl des Volkes konsolidiren und 
jegen alle Anfechtungen wahren werde. In dem Manifeste werden 
ille treuen Unterthanen aufgefordert, treu und aufrichtig ihm und 
dem Staate zu dienen, um dem Auslande gegenüber, den Rußland 
nit Schande bedeckenden Rebellengeift auszurotien und den Glau⸗ 
ꝛen und die Sittlichkeit zu kräftigen und die Grundlage der Er— 
iehung zu bessern. 
Zermischtes. 
x Bis zum 283. d. M. einschließlich liegen in jeder Gemeinde 
die Wählerlisten für die Landtagswahl zur Einsicht auf. 
Innerhalb der genannten Frist steht jedem Betheiligten das Recht 
»er Einsprache zu. Volljährige Staatsangehörige, welche deim 
Ztaate seit mindestens 6 Monalen eine direkte Steuer entrichten, 
iber den Verfassungseid noch nicht leisteten, mögen nicht vergessen, 
ich zur Ableistung dieses Eides vor dem Bürgermeisteramte ihres 
Wohnortes einzufinden. Die Ableistung dieses Eides bildet die ge— 
etzliche Voraussetzung der Zulassung zur Wahl als Urwähler; sie 
vird bis einschlietzlich 23. d. M. durch Vermerk in der Wählerliste 
irkundlich gemacht, und solcher Vermerk entbindet den Urwähler 
im Tage einer Urwahl von der Beibringung eines besonderen 
Nachweises der Eidesleistung. 
F Diejenigen Angestellten der Pfälzischen Eisenbahnen, 
velche bis 1. Juli 1881 25 Dienstjahre zurückgelegt haben und 
Anspruch auf Auszeichnung erheben zu können glauben, werden 
Seitens der Direktion aufgefordert, ihre desfallsigen Gesuche um 
Bermittelung ihrer Abtheilungsvorstände spätestens bis zum 15. Mai 
bei der Direktion einzureichen. 
F Mit Entschließung hoher kgl. Regierung vom 26. April 
bhin ist der praktische Arzt Hr. Dr. Ost hoff in Zwei— 
oörücken mit der Verwesung des Bezirksphysikates betraut wor⸗ 
)en, da der kgl. Landgerichtsarzt Ht. Dr. Rausch krankheitshal⸗ 
her seinen Dienst zur Zeit nicht versehen kann. 
Am Donnerstag verunglückte der verheirathete Bergmann 
dJakob Breit von Miftelbexbach in der preußischen Grube 
König“ bei Neunkirchen, indem er waͤhrend der Arbeit von herab⸗ 
allenden Kohlenstücken erschlagen wurde. Derselbe hinterläßt eine 
Bittwe mit 3 noch kleinen Kindern. In diesem Jahre ist Dies 
chon der zweite Bergmann aus Mittelbexbach, der in derselben 
Brube verunglückte. 
Am 7. Mai l. Is. starb nach kurzem Krankenlager Pfarrer 
zinn zu Speyerdorf, im Leben ein treuer Sohn der pfälz. 
mirten Kirche und ein echter deutscher Mann. Daß sein Christen⸗ 
hum nicht in Worten bestand, sondern in der That, das bewiesen 
zie Legate, die er letztwillig bestimmt, nämlich 20,000 Mtk. an die 
Iniversität Straßburg (die Zinsen dieser Summe sollen zu Sti— 
endien für pfälzische Theologie Studirende verwendet werden), 
odann je 100 Mk. für die beiden pfälzischen Rettungshäuser, den 
Justav⸗Adolph-⸗Verein, den Missionsverein, den Retscherverein und 
die Pfarrtöchterkasse zu Speyer. 
Vom 1. Juni ab werden die Orte Peppenkum, Riesweiler, 
Seyweiler, Utweiler dem Postbestellbezirk von Medelsheim 
ugetheilt. 
F Ans München wird vom Donnerstag berichtet: In der 
vergangenen Nacht trat hier wieder Schneefall ein, der bis Mittag anhielt. 
F In Berlin hat sich am Mittwoch ein entsetzliches Fa⸗ 
miliendrama zugetragen. Eine Mutter hat sich und ihre drei Kinder 
G, 4 und 2 J. alt) am Todtenbett ihres Mannes durch Kohlen⸗ 
unst getödtet. 
F Bei den Hochzeits⸗-Festlichkeiten in Wien ist die Wittwe 
des Hof⸗Baurathes Rösner, Frau Elise Rösner, eine Schwester des 
hemaligen Botschafters Freiherrn v. Hübner, erdrückt worden. Es 
ollen auch sonst noch Unglücksfälle vorgekommen sein. 
—— Für die MNedactien veri ———