8* . Ingberler Anzeiger.
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M 79. Dounerstag, den 19. Mai
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1881
Deutsches Neich.
(Bayerischer Landtag.) Wie zur Zeit bestimmt, soll
ne feierliche Schließung des Landtages und zwar durch den Prin—
jen Luitpold als hierzu von Sr. Maj. dem König bevollmächtigt,
sommenden Samstag Nachmittag mit dem üblichen Ceremoniell im
Sitzungssaal der Abgeordnetenkammer stattfinden. Zur Berathung
des hierbei zu verkündenden Landtags-Abschiedes wird am Don—
zerstag (heute) eine Sitzung des Staatsrathes stattfinden.
Der Reichstag hat die Vorlage betr. Brausteuer,
jon der übrigens Bayern nicht berührt würde, abgelehnt.
Der Gesetzentwurf über Einführung zweijähriger Bud—
getperioden ꝛc. beschäftigte am Montag den Reichslag in drit—
er Lesung. Die zweijährigen Budgetperioden fanden wieder keine
gnade vor seinen Augen; dagegen wurde die von der Reichsre—
jerung beantragte Verlängerung der Legislaturperiode (Dauer des
Randats der Abgeordneten) von drei auf vier Jahre mit 155
jegen 122 Stimmen angenommen, und zwar bildete sich die Mehr—
seit aus den beiden conservativen Parteien und dem größeren
kheil des Centrums. Weiter wurde der neulich von Bennigsen
gestellte Antrag, daß der Reichstag alljährlich auf den October
einberufen werden solle, mit 147 gegen 132 Stimmen angenom—
men; hier setzte sich die Mehrheit zusammen aus den National⸗
iiberalen, den Secessionisten, der Fortschrittspartei, den Socialde—
nokraten und einem Theil des Centrums. Und als es nun zur
Abstimmung über den ganzen so construirten Gesetzentwurf kam,
wurde derselbe fast einstimmig abgelehnt, weil die eine Hälfte dem
Einen, die andere dem Andern nicht recht war. Angenommen
wurde dagegen der vom Abg., Rickert gestellte Antrag, den Reichs—
kanzler zu ersuchen, er wolle dahin wirken, daß in Zukunft der
Voranschlag des Reichshaushalts eher festgestellt werde, als die
boranschläge für den Haushalt der Einzelstanten. Aber wie das
machen, wenn weder der Reichstag frühzeitiger berufen wird (das
wvollen die Regierungen nicht), noch eine zweijährige Budgetperiode
ür den Reichshaushalt beliebt wird? Cetztere will die Reichs—
agsmehrheit nicht.)
Ueber den Regierungsbezirk Pfalz wird in dem Jahres—
hericht des kgl. Fabrikinspectors für 1880 Folgendes
nitgetheilt: „Von den revidirten 223 gewerblichen Anlagen hat—
en 46 Kranken⸗Unlerstützungs-Kassen, und zwar wurden solche
borzugsweise in den größeren Fabriken angetroffen, während die
rebidirten 85 gewerblichen Anlagen mit 1 bis 10 Arbeitern keine
olche Einrichtungen besaßen. Die vorhandenen Kranken⸗Unter—
tützungs⸗Kassen gewähren freie ärztliche Behandlung und freie Arz⸗
iei, sowie bis zur Dauer von 6 Monaten Unterstützungsgelder,
die gewöhnlich nach Klassen abgestuft sind. Die Beiträge der Ar—
beitgeber machen meistens 4 bis 2 des Gesammtbeitrags der
Arbeiter aus. Einige vorhandene Sparkassen werden wenig be—
nutzt, dagegen halten mehrere Fabriken, z. B. ein großer Theil
der Schuhfabriken in Pirmasens, ihren Arbeitern einen bestimmten
Theil des Lohnes ein, über den die Eigenthümer nach Bedarf von
Zeit zu Zeit verfügen können, falls sie ihn nicht bis zum Ende
des Jahres stehen lassen. Altersversorgungs- resp. Pensionskassen
inden sich namentlich in folgenden Elablissements: Zuckerfabrik
Frankenthul, Kammgarnspinnerei Kaiserslautern, Eisenwerk Kaisers—
autern — diese sämmtlich ohne Beitragspflicht der Arbeiter. In
den Eisenwerken der Gebrüder v. Gienanth in Kaiserslautern wer—
den alte Arbeiter in der Weise pensionirt, daß sie freie Wohnung
und Geldunterstützungen bis zu je 80 Mk. im Monat erhalten.
Fombinirte Hilfss und Krankenkassen mit einem s bezw. der
Sesammtleistung der Arbeiter erreichenden Beitrag der Arbeitgeber
bestehen auf dem Eisenhüttenwerk der Hrn. Gebr. Krämer in St.
Ingbert und der Draht-, Ketten- und Stiftenfabrik von Roth,
Zeck und Schwinn in Irheim bei Zweibrücken. Eine gleichartige
Sinrichtung der Papiermache-Waaren-Fabrik von Gebrüder Adten
Ensheim wird lediglich durch Beiträge der Arbeiter unterhalten,
dagegen zahlt die Hälfte des Jahresbeitrags der Arbeiter zu einer
derartigen Kasse die Actien-Glashütte St. Ingbert. Tie 4 letz⸗
ceren Kassen sind Zwangskassen. Vorübergehend wird der vorzüg⸗
ichen Wohlfahrtsanstalten der vom Fabrikinspector damals noch
nicht besuchten Anilin⸗ und Soda-Fabrik in Ludwigshafen (mit
1500 Arbeitern) gedacht. Alle oben genannten und noch andere
Fabriken besitzen auch noch meistens sonstige Einrichtungen zu
Bunsten ihrer Arbeiter, wie z. B. Consumvereine, Badeanstalten,
Familien-Wohnungen. Ein Hosgpital unterhalten die Hrn. Gebr.
trämer in St. Ingberi.“
Eine groößere Anzahl Gemeinderäthe der Pfalz hat die
Anschaffung der neuen Volksschul-Lesebücher auf Gemeindekosten
beschlossen.
Das diesjährige Aushebungsgeschäft wird in Zweibrü—
cken am 23., 24., 25. und 27. Juni vorgenommen.
7 Dem Vernehmen nach hat Se. Kgl. Hoheit Prinz Lu d—
wig von Bayern gelegentlich seiner demnähhstigen Anwesenheit
in der Pfalz auch Zweibrücken einen Besuch zugedacht, der
wahrscheinlich auf Dienstag 1. Juni fallen wird.
F In Kusel wird am nächsten Sonntag der 12. Verbands-
tag der pfälzischen Kampfgenossenschaft abgehalten. Laut der Ta⸗
gesordnung werden die Verhandlungen u. a. betreffen den Vertrag
mit der Feuerversicherungsgesellschaft (derselbe hat im letzten Jahr
dem Verband fast 370 Mk. eingetragen, welche nur zu Unter—
ttützungen verwendet werden), den letzthin in Frankfurt a. M. ab⸗
gehaltenen deutschen Kriegercongreß und die Errichtung eines Denk—
mals für die bei Wörth gefallenen Bayern.
Der Ausschuß des pfalzischen Schützenbundes, welcher vo—
rigen Sonntag in Neustadit versammelt war, hat beschlossen,
‚um 7. deutschen Bundesschießen in München zwei Threngaben,
ede im Werth von 150 Mk., zu spenden. Aus der Pfalz wer⸗
den etwa 150 Schützen zusammen nach München gehen.
F In Worms wurden drei Landstreicher verhaftet, die
außer einigem Silbergeld zusammen etwa 21 Pfund Nickel- und
Zupfermünzen besaßen.
In Heidelberg lebte der Besitzer des Gasthauses
„„um Engel“ ehelichen Zwistes wegen getrennt von seiner Frau,
Tochter eines Forstbeamten aus Ktirchheimbolanden. Am 16. Mai
var dieselbe mit ihrem Bruder dort. um auf qütlichem Wege eine
Ausland.
Der französische Senat nahm in zweiter Berathung das
hesetz über die vollständige Unentgeltlichkeit des Elementar-Unter—
achts mit 166 gegen 94 Stimmen an.
Der „Temps“ meldet aus Madrid: In politischen und
militärischen Kreisen hält man jetzt den Augenblick sür gekommen,
um Marocco unter das Protektorat Spaniens zu stellen.
Am Montag Abend um 5 Uhr fand zu Petersburg ein
Fähnrich unter der Steinbrüde, am Landungsplatze der Dampf—
chiffe in der Straße, welche zu dem Bahnhofe von Zarskoje-Selo
Lustschloß des Kaisers) führt, eine mit 57 Pfund Vulver gefüllte
Rine.
Die Judenverfolgungen im Süden von Rußland dauern
sort. Der Gouverneur von Odessa meldet den Ausbruch von Un—
cuhen aus Odessa, Losowa, Romm, Wolotschisk, Smela u. s. w.
—
Vermischtes.
* St. Ingbert, 18. Mai. In heutiger Schöffen—
iitzung kamen folgende 5 Fälle zur Verhandlung und Abur-⸗
heilung: Ein junger Mensch von Rohrbacher⸗Glashütte wurde
degen Betrugs und Unterschlagung zu einer Gesammtgefängniß—
srafe von drei Monaten und ein Bursche von hier wegen zweier
diebstähle zu einer Gesammtgefängnißstrafe von vierzehn Tagen
derurtheilt. Der Vater dieses Burschen, welcher wegen Nichtab—
haltens seines Sohnes vom Diebstahie angeklagt war, wurde als
nicht überführt freigesprochen. — Von drei der gemeinschaftlich ver⸗
ibten vorsäßlichen Koörperberletzung beschuldigten hiesigen Burschen
durden zwei unter Annahme mildernder Umstände zu je vierzehn
Tagen Gefängniß verurtheilt und einer als nicht überführt frei—
zesprochen. — Ein Fall wegen Diebstahls mußte, da die Vorla—
dung den Angeklagten nicht erreichte, ausgesetzt werden.
*St. Ingbert. Als Curiosum kann mitgetheilt werden,
daß bei der Ausständeversteigerung einer hiesigen Fallitmassi
5777b M. 76 Pf. zu 538 M. Rugeschlagen wurden,