Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker AAnzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit deu Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Vei⸗ 
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R 89. 
Sonntag, den 5. Juni 
—1881. 
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HSeiner Koeniglichen Hoheit Vrinz Cudwig von Vayern 
jaben geruht, für den Höchstdemselben bereiteten herzlichen Willkomm in Zweibrückken und St. Ingbert, wie die 
allseitige ehrerbietige Begrüßung Seine hohe Befriedigung auszusprechen und haben mir gestattet, Seinen huldvollen 
dank an die Gesammtbevölkerung zum Ausdruck zu bringen. 
Indem ich diese gnädige Anerkennung zur allgemeinen Kenntniß bringe, verbinde ich hiemit meinen wärmsten 
Dank für das freudige Zusammenwirken der Bevölkerung zur Verherrlichung dieser Tage. 
Die Jahrhunderte alte Zusammengehörigkeit von Zweibrücken mit unserem erhabenen Koönigshause ist um ein 
weiteres werthvo lles Geschichtsblatt bereichert. 
Zweibrücken, den 3. Juni 1881. 
Der. Schlagintweit 
kgl. Bezirksamtmann. 
Deutsches Reich. 
Wie man dem ‚„Bayer. Kur.“ versichert, wird dem nächsten 
bayerischen Landtage gleichzeitig mit dem Budget auch ein 
Gesetzentwurf vorgelegt, durch welchen das neue Malzaufschlaggesetz, 
dessen Geltung mit dem Schlusse der laufenden Finanzperiode zu 
Ende geht, des Weiteren verlängert werden soll, da bei dem Stande 
der Staatsfinanzen das durch das betreffende Gesetz erhöhte Er⸗ 
trägniß des Malzaufschlages nicht entbehrt werden kann. 
Der deutsche Kaiser verlieh dem bayerischen Staats⸗ 
minister Dr. v. Luttz das Großkreuz des rothen Adlerordens. 
Sigl's „Vaterland“ berichtet, daß dem Klerus der Diöcese 
Passau vom Bischof verboten worden sei, sich bei den Wahlagi—⸗ 
tationen und Wahlversammlungen zu betheiligen. 
In Bezug auf das Tabaksmonopol ist es in neuerer Zeit still 
geworden, dagegen wird jetzt aus Berlin gemeldet, daß der 
Reichskanzler das Projekt einer Fabrikatsteuer nach amerikanischem 
Muster wieder aufgenommen habe. Das Projekt hatte s. Z. in 
der Tabak-Enquetekommission viele Anhänger gehabt und Herr v. 
Bennigsen soll bei den vor einigen Jahren mit dem Reichskanzler 
gepflogenen Verhandluugen zur Vermehrung der Reichseinnahmen 
die Einführung der amerikanischen Fabrikatsteuer in Vorschlag ge— 
bracht haben. Für die Landwirthe dürfte diese Art der Besteueruug 
vorzuziehen sein, indem dadurch eine Menge lästiger Controlmaß⸗ 
regeln wegfielen. Die Tabakindustrie allerdings würde dafür mit 
um so größeren Schwierigkeiten zu kämpfen haben. 
Der Schluß des Reichstags wird wahrscheinlich am 22. 
oder 23. ds. Mis. erfolgen und die Neuwahlen Ende September 
stattfinden. Die Letztereu werden voraussichtlich eine beträchtliche 
Menge neuer Leute in den Reichstag führen, da eine große Anzahl 
der bisherigen Abgeordneten eine Wiederwahl abgelehnt hat. 
Ausland. 
Wie verlautet, ist es auf der Insel Arran (Nordküste von 
Irland) am 31. Mai zu einem Handgemenge zwischen den Ein⸗ 
vohnern und der Mannschaft eines Kanonenbootes gekommen. 
Fünf Boote, welche zu dem dort zum Schutze der Gerichtsdiener 
tationirten Kauonenboot „Goshawk“ gehörten, wurden von den 
kinwohnern der Insel zerstört und der „Goshawk“ schoß deßhalb 
auf die Insel. 
Aus Rußland kommt über Berlin die erstaunliche Nach— 
icht, daß der am 16. Juli 1798 geborene Fürst Gortschakow nach 
jeinen auf der Durchreise nach Sti. Petersburg gegebenen Erklär— 
ungen das auswärtige Amt wieder übernimmt. Der uralte Kanzler 
hatte Audienz bei dem deutschen Kaiser und machte eine Art von 
Versöhnungsbesuch bei dem Fürsten Bismarck. Auf seine St. Pe— 
tersburger Wirksamkeit gegenüber den jetzt am Ruder befindlichen 
Ignatjew und Pobedonoszew darf man billig gespannt sein. 
Wenn man in Alhen recht berichtet ist, wird die Uebergabe 
der von der Pforte an Griechenland abgetretenen Gebiete eiwa 
am 24. d. M. beginnen. Bis sie vollendet sein wird, werden 
rotz aller betreffenden Festsetzungen der Großmächte angesichts des 
rürkischen Hinhaltungssystems die Nächte wohl schon wieder be—⸗ 
zeutend länger geworden sein. 
So leicht wie sich die Dinge in Tunis für die Franzosen 
machten, so schwer scheinen dagegen die Zustände in Algier imit 
den aufständischen Arabern sich für sie zu gestalten. Die Einge⸗ 
jorenen erheben sich immer mehr gegen das Vordringen der fran⸗ 
zösischen Kolonisten. Da gibt's also für das thatendurstige Frank⸗ 
ꝛeich noch eine harte Nuß zu knacken, wobei es sich die Zähne 
twas ausbeißen dürfte. Uebrigens kann es uns schon recht sein, 
venn die Franzosen in Afrika beschäftigt sind. 
Bermischtei. 
* St. Ingbert, 1. Juni. In heutiger Schöffen⸗ 
sitzung kamen folgende 6 Fälle zur Verhandlung und wurden 
nerurtheilt: Ein Mann von hier wegen Uebertretung gesundheits⸗ 
polizeilicher Vorschriften in eine Geldstrafe von 6 M. event. 2 
Tage Haft; ein Mann von Hornbach wegen Thierquälerei in eine 
daftst rafe von sechs Tagen; ein Mann von hier wegen Ueber⸗ 
retung der Gewerbeordnung in eine Geldstrafe von 6 M., eb. 2 
Tage Haft; ein Mann von Oberwürzbach wegen unberechtigter 
Jagdausübung zu einer Gefängnißstrafe von fünf Tagen; ein 
andwerksbursche wegen Bettel und Landstreicherei zu einer 
Hhaftstrafe von 42 Tagen und ein Mann von hier wurde 
von der Anschuldigung der Uebertretung des Hundesieuergesetzes 
als nicht überführt freigesprochen. Die Verhandlung gegen einen 
Burschen von Rohrbach, welcher des Diebstahls beschuldigt ist, 
wurde wegen Nichierscheinens des Angeklagten auf unbestimmte 
Zeit vertagt. 
F In St. Johann sollte heute (4. Juni) die Handwerker⸗ 
gewerbe⸗Ausstellung eröffnet werden. 
Einem Geschäftsmann in Mergentheim, dessen Frau 
dor einigen Monaten gestorben ist, brachte neulich der Agent einer 
debensversicherungsanstalt 12,000 Mark, um welche Summe die 
Frau ohne Wissen ihres Mannes ihr Leben hatte versichern lassen. 
Bewiß ein seltenes Vorkommniß! 
F Bei dem bevorstehenden XIII. deutschen Protestantentage 
in Berlin wird der prot. Verein der Pfalz durch die Herren 
Landtagsabgeordneten und Gutsbesitzer Herer von Harxheim und 
Pfarrer Butters von Zweibrücken vertreten sein. 
— Blutvergiftung. Der Koncipient W. in der Lilienstraße in 
Berlin saß vor acht Tagen bei der Arbeit und verletzte sich bei 
dem Versuch, die Feder in den etwas engen Halter zu klemmen, 
scheinbar unerheblich am Daumen der linken Hand. Er beachtete 
die Wunde wenig, mußte aber doch buld ärztliche Hülfe nachsuchen. 
Leider hat sich die Sache so verschlimmert, daß bereits am Diens⸗ 
tag Nachmittag die Amputation der Hand in Aussicht genom⸗ 
men wurde. 
F In Leitenbach Golledau) nahmen 1000 Gänse in frisch 
gegypstem Klee ihr Souper ein, was sämmilichen das Leben lostete. 
FBei einem Versuchsschießen am 2. Juni auf der Festung 
Grauden;z wurden durch eine Granate, welche unter den am 
Ziel mit der Aufnahme der Schußwirkung beschäftigten Mil itär⸗ 
personen platzte, getödtet: Hauptmann Bröcker vom 18. Feld⸗ 
artillerieregiment, Hauptmann Schmid vom 7. Fußartillerie⸗ 
Kegiment, beide Miiglieder der Artilslerievrüfungskommission, Haupt⸗