Full text: St. Ingberter Anzeiger

200j ähriges Regimentsjubiläum. Das 1. 
ayerische Infanterrieregiment „König“ feiert bekanntlich vom 21. 
ig 28. ds. Mis. sein 100jähriges Jubiläum; im nächsten Jahre 
ber werden vier bayerische Regimenter das 200jährige Jubiläum 
srer Errichtung feiern. Es sind dies das 2. Infanterieregiment 
Zronprinz“, das 10. Infanterieregiment „Prinz Ludwig“ in In⸗ 
plstadt, das 1. Chevauxlegersregiment „Kaiser von Rußland“ in 
dürnberg und das 2. Chevauxlegersregiment „Taxis“ in Dillingen. 
diese vier Regimenter — und zwar die beiden letzteren zuerst als 
zuirassire — wurden vom Kurfürsten Max Emanuel am 29. 
juni 1862 errichtet. 
Wie man aus Murnau schreibt, sind die Spitzen der baer. 
upen seit 7. ds. mit frischem Schnee bedeckt. Die Temperatur 
tbei anhaltendem ziemlich heftigem Regen äußerst kühl. 
fRinderpest in Polen. Wie der „Pos. Ztg.“ aus 
garschau mitgetheilt wird, ist wiederum in der 4 Km. von der 
zreisstadt Gystinin entfernten Gemeinde Zaboromw die Rinder— 
„est ausgebrochen. Es sollen daselbst gegen 100 Stück Rindvieh 
er Seuche erlegen sein. 
Der österreichische Feldmarschall-Lieut. Frhr. v. Uchatius, 
»elcher am 4. ds. seinem Leben durch Erschießen ein Ende machte, 
itt bereits seit langer Zeit an hochgradiger Nervosität; er war 
ormlich menschenscheu geworden. Wahrscheinlich hat ihn schließlich 
eine Melancholie übermannt und zu der That getrieben. 
Von großartigen Unterschleifen zum Nachtheil des Hauses 
dollfus, Mieg u. Comp. in Mülhausen und Paris wird 
hom „Temps“ berichtet: „Vor etwa 14 Tagen bemerkten die In— 
zaber des Geschäfts, daß die Bücher der Filialein Paris unordentlich 
jeführt seien und daß Veruntreuungen müssen stattgefunden haben. 
der Verdacht fiel sofort auf den Chef des Rechnungswesens und 
mehrere andere Angestellte, ohne deren Beihilfe dem ersteren die 
— 
wären. Hr. Dollfuß machte bei der Polizei Anzeige und durch 
das umsichtige Verfahren der zur Untersuchung ausgewählten Poli— 
zeibeamten stellte es sich heraus, daß der Kassier Dörr, ein Stutt⸗ 
zarter von Geburt, sich der Fälschung von Schriften und der 
Unterschlagung von Geldern schuldig gemacht hatte. Der Betrag 
—VVV 
peculationen verwendet. 
Nach einer Mittheilung des kgl. Ministeriums des Inneren 
s von Seite der französischen Regierung zum Schutze der Gesund— 
seit der Kinder ein unbedingtes Verbot des Verkaufs von mit 
giftigen Stoffen bemalten Kinderspielwaaren erlassen worden. Es 
sind in dieser Hinsicht die bestimmtesten Weisungen an die Präfecten 
ergangen und haben zugleich, da sich selbstverständlich die Verfüg— 
ing auch auf Waaren ausländischer Herkunft erstreckt, die Zollbe— 
sörden den Auftrag erhalten, derartige vom Ausland kommende 
Zendungen zurückzuweisen. 
F(GGambettianna.) Die Pariser Blätter füllen jetzt 
hre Spalten mit Anekdoten über den Volkstribunen von Cahors 
and den Besuch, den er seiner Heimath abgestattet. Zumal die 
monarchistischen Publicisten strengen all' ihren Witz an, um „Ihn“ 
ammt seinen Erlebnissen und Jugend-Erinnerungen ins Lächerliche 
zu ziehen. Der Eine legt der Amme Gambetta's das Wort in 
den Mund: „Ich habe immer gesagt, daß dieser kleine — karceur 
ꝛinst ein großer Spitzbube (fourbe) werden wird.“ Der Andere 
üßt sich an ihren ehemaligen Milchsohn die Frage richten, „ob er 
ie zu seiner Krönung einladen werde“, während der Dritte gar 
zehauptet, er wurde mit dem Majestätstitel „Sire“ von ihr ange— 
prochen. Ebensowenig Satire verräth der Ausspruch, den ein 
solcher Berichterstatter dem „Vater“ Gambetta's zuschreibt: „Du 
hast Recht gethan, mein Sohn, dich der politischen Carrière zuzu— 
venden, da bist du wenigstens Etwas; ein ordentlicher Krämer 
wäre ohnehin nie aus dir geworden.“ Gehässiger sind die Aus— 
ülle der rothen Socialisten, von denen einer Gambetta — an den 
ersten Napoleon, den ogre corse erinnernd — den „Cahorsischen 
Wehrwolf“ neunt. Freilich tragen gerade solche Schnurren dazu 
— 
womöglich noch zu erhöhen. 
FFranzösische Schildbürger. In Mamers 
erfällt der Gemeinderath in zwei gleich starke Funktionen, eine 
iberale und eine reaktionäre. Jüngst nun wurde der einhellige 
beschluß gefaßt, einen Kiosk für die Militärkapelle zu erbauen. 
Aber hier schürzte sich der Knoten. Die Republikaner hatten zur 
Aufstellung des Kioskes einen Platz gewählt und die Reaktionären 
einen anderen. Was thun, um diese schroffen Gegensätze zu ver— 
söhnen? Da verfiel ein besonders geriebener Stadtvater auf eine 
innreiche Idee, die allsogleich den Beifall der ganzen Versammlung 
erlangte. Der Kiosk wurde mit Rädern versehen, und wird ab— 
wechselnd einen Tag auf dem republikanischen und den nächsten 
auf dem reaktionären Platze aufgestellt. 
Ein hübscher Sparpfennig. Die General- 
direction der Steuern in Frankreich berechnet die liegenden Güter 
der gesetzlich anerkannten Ordensgesellschaften auf 380. 031. 184 
Die gesetzlich nicht anerkannten Orden besitzen 14,448 
dektar. 
Wer willesprobiren? Ein französischer Arzt, 
Frederic Gerard, gibt ein Verfahren an, welches auch giftige 
Schwämme ohne Schaden genießbar macht. Man läßt ein Pfund 
Schwämme in einem Liter Wasser, dem man drei Eßlöffel voll 
Essig und zwei Eßlöffel voll Salz zusetzt, zwei Stunden lang ein⸗ 
weichen, wäscht die Schwämme in frischem Wasser aus, kocht sie 
'm Wasser eine halbe Stunde und wäscht sie nochmals. In ähn⸗ 
icher Weise bereiten die Indianer Brod aus giftigen Wurzeln, aus 
velchen sie den Giftsaft herauspressen. In einer ärztlichen Zeit— 
chrift, den Köthener „Fliegenden Blättern“, wird übrigens berech— 
net, ein Pfund Pilzsubstanz enthalte so viel Nährstoff als ein Pfund 
dalbfleisch. 
Dr. Hansjacob erzählt in seiner neuesten Schrift „In den 
Niederlanden“ (zweiter Theil „Holland“ S. 558), daß der Drosch⸗ 
tenkutscher, welcher ihn in Frankfurt führte, beim Vorüberfahren 
an Schillers Monument darauf hinwies, mit den Worten: „Schil⸗ 
ler, berühmter Glockengießer aus Wärtterberch!“ Und da er die 
erheiternde Wirkung bemerkte, welche seine Erläuterung hervorrief, 
so fügte er bei: „Herr, Sie derfe mir alles glawe, denn ich fahr 
scho fünf Jahr dorch ganz Frankfort!“ — Das kömmt davon, 
wenn man ein soö schönes Lied „von der Glocke“ dichtet. 
Ein Stück Bauernromantik mit einem recht bedauerlichen 
—Schlußact spielte sich vor einigen Tagen in dem Dorfe Pinmno w 
m Oderbruch ab. Der 28 Jahre alte Bauernsohn Wilhem Frank 
jatte sich in die 16 Jahre alte Tochter Bertha des Bauers Staats 
herliebt und verfolgte sie mit seinen Liebesanträgen, ohne indessen 
Frhörung zu finden. Als die Staats kürzlich des Abends gegen 
10 Uhr mit einer Schwester des Frank die Dorfstraße entlang 
zing, gesellte sich der verschmähte Liebhaber zu den beiden Mädchen. 
Plötzlich umschlang er die Bertha Staats, schleppte sie an den in 
zer Nähe befindlichen, sehr tiefen Teich und stürzte sich, sie fest an 
ich drückend, mit ihr hinein, wo Beide ertranken, bevor die Schwester 
duͤlfe herbeizurufen vermochte. 
London hat einen Flächenraum von 78,080 Morgen 
oder 122 Quadratmeilen. Die Straßen haben eine Gesammi—⸗ 
änge von 1500 (englischen) Meilen oder einen Flächenraum von 
aahezu 13 Quadratmeilen. Cloakenröhren haben eine Länge von 
2000 Meilen. Der Werth des Grundeigenthums in London wurde 
m April 1881 auf 27,405,488 Lstrl. abgeschätzt. Auf jeden 
Morgen Flächenraum Londons kommen 42, und auf jede Quad⸗ 
atmeile 26,674 Einwohner. 
F Die griechische Räuberbande, deren Hauptmaun der 
herüchtigte Niko ist, hat kürzlich wieder eine grauenvolle That auf 
ürkischem Boden begangen. Sie entführte zwei junge Mädchen 
m Alter von 17 Jahren, Töchter verschiedener Eltern, und ver— 
langte eine große Summe Geldes als Lösegeld für dieselben. 
Einer der Väter zahlte das Lösegeld und erhielt seine Tochter zurück. 
Dem anderen aber, der das Lösegeld nicht rechtzeitig zahlte, wurde 
die Leiche seines Kiudes in neun Theile zerstückelt zugesandt. 
F Im April 1881 sind in die Vereinigten Staa— 
ken von Nordamerika eingewandert aus 
Deutschland 38,898 Italien 2,811 
Desterreich 1842 Niederland 2,615 
Ungarn 28 Norwegen 2,462 
Schweiz 24 Polen 2,466 
England und Wale Rußland 656 
—A Schweden 6,305 
Irland Tanada 12,306 
Belgien China 1,528 
dänemark Verschiedenen Ländern 418 
Frankreich 
146 
Summa 95,890 Personen. 
— In der Residenz der Zarenfamilie in Gatschina entlud 
iich vor einigen Tagen ein furchtbares Gewitter. Der Blitz schlug 
ein und zerstörte den 87 Arschin hohen, zwischen dem zu Palais 
gehörenden und dem Prioratsparke gelegenen Obelisken, der von 
Paul J. im Jahre 1792 an dieser Stelle errichtet wurde. Der 
zaselbst stationirte Posten sowie eine zweite Persönlichkeit wurden 
zrschlagen. Der Obelisk ist gänzlich zertrümmert. Im Palais 
ind eine Menge Fensterscheiben zerschlagen. Daß dieses Gewitter 
»ei dem abergläubischen russischen Volk nicht ohne Deutung bleiben 
pürde, war vorauszusehen. So werden denn auch heute, nachdem 
die durch das Gewitter angerichtete Zerstörung kaum erst bekannt 
geworden, bereits die verschiedensten Schlüsse laut, die sämmtlich 
darauf hinauslaufen, die Zerschmetterung des im Park von Gatschina 
efindlichen Oblisken sei als „schlimmes Ohmen“ zu betrachten. 
In Sidney (Australien) haben die im Verlaufe der letzten 
14 Tage eingetroffenen 20,000 Chinesen, welche angeblich nur den 
Vortrab einer noch bedeutend größeren Anzahl bilden, einige Be— 
unruhigung, namentlich unter den einheimischen Arbeitern. her— 
norgerufen. 
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