Wie das Sprichwort sagt: „er mir eine —, ich ihm einen
Orden!“
— Vermisce⸗s.
St. Ingbert, 17. Juni. Die gestrige Frohnleich⸗
namsfeier war vom schönsten Weiter begünstigt und nahm einen
großartigen Verlauf. Die Theilnahme an der Prozession war eine
Außerordentlich starke. Die Straßen, durch welche dieselbe ihren
Weg nahm, waren mit frischem Grün bestreut, und die Häuser in
demfelben waren fast ausnahmslos mit Fahnen, Kränzen und
Bildern auf's festlichste geschmückt. Besonders zahlreich hatte sich
Besuch aus den benachbarten preußischen Gemeinden eingestellt und
es herrschte dadurch bis zum Abend in unserer Stadt außerge—
wvöhnliches Leben und Treiben. — Am Nachmittag wurde durch
herrn Photograph Ollig die Hauptstraße in der Unterstadt mit
der daselbst zu Ehren des Prinzen Ludwig von Bayern errichteten
Ehrenpforte photographisch aufgenommen. Wie bei der Anwesen⸗
jeit des Prinzen, so hatten an der Seite der Straße Kriegervereine
imd Feuerwehr Aufstellung genommen, die Ehrenpforte war wie
damals von Personen (einem Landmann, Bergknappen, Hüttenar—
Feiler und Glaͤsmacher) besetzt, zur Versinnbildlichung der hier ver—
Tetenen Gewerbe. Es kann also das anfgenommene Bild ein
hübsches Erinnerungszeichen an den Besuch des Prinzen Ludwig
in unserer Stadt abgeben.
4 Die Wahlen der Dibcesansynoden zur Genera lUsynode
sind in sieben Bezirken (Frankenthal, Neustadt, Bergzabern, Winn⸗
weiler, Obermoschel, Lauterecken und Kirchheimbolanden) freisinnig
uusgefallen; die gegnerische Richtung siegie in den fünf Bezirken
Speher, Kaiserslautern, Pirmasens, Kusel und Zweibrücken; ge—
nischt wurde gewählt in Dürkheim, Landau, Germersheim und
homburg.
Von der Diöcesansynode Zweibrücken wurden als
Abgeordnete zur Generalsynode gewählt: Dekan Sturtz, Pfarrer
Bluͤm, Oberlandesgerichtsrath Nössel von Zweibrücken und Lehrer
Vogelgesang von Breitfurt; als Ersatzleute: Pfr. Candidus von
Mimbach, Pfr. Helfenstein von Hornbach, Gerichtsschreiber Rettig
und Prof. Hahn von Zweibrücken. Die Gewählten gehören der
trengeren kirchlichen Richtung an. In den Synodalausschuß wurden
gewählt: Pfr. Candidus, Lehrer Vogelgesang, Notär Vasquay
und Prof. Krafft.
-Der Ausschuß des pfäl zischen Schützenbundes
jat für das 7. deutsche Bundesschießen in München zwei Preise
gekauft. Mein Dutzend silberne Löffel mit silbernem Vorleglöffel,
Werth 150 M.; 2) ein silbernes Kaffeeservice mit Brodkorb, gleich⸗
falls 150 M. werth.
4 Auch die Civilkammer des Landgerichts Kaiserslautern
hat in einem kürzlich gefällten Erkenntniß sich gleich dem Landge⸗
richt Landau dahin ausgesprochen, daß ein im Mahnverfahren der
Jeuen Civilproceßordnung erwirkter Vollstreckungsbefehl eine gericht⸗
liche Hypothek begründe. W
JDer 15. Verbandstag der pfälzischen Kreditgenossen⸗
schaften wird am 2. und 3. Juli zu Kaiserslautern im
nasino abgehalten.
FIn Kaiserslautern ist ein neues. Stadt⸗Orchester
uu der Bildung begriffen, welches seine Thätigkeit mit dem 1. Ok—
sober beginnen und 20 tüchtige Musiker umfassen soll.
— VLandtagsabgeordneter Freiherr von Stauffen berg
wird auf Einladung des Zentralkomites des freisinnig-nationalen
Wahldereins Kaiserslautern⸗Kirchheimbolanden Sonntag den 26.
Juni in Langmeil in Gemeinschaft mit seinen Kollegen Vail—
ant und Herr Vericht über die abgelaufene Session des bayerischen
Landtages erstatten.
p'Von 1061 Flaschen, welche dem Festcomite zu Neustadt
für die pfälzische Weinprobe bei der Anwesenheit des Prinzen
Ludwig zur Verfügung gestellt worden waren, sind, wie das Comite
hekanm giebt, 248 Flaschen übrig geblieben, die von den Spen⸗
dern nicht reclamirt wurden. Dieseiben kommen jetzt im Saalbau
zur Versteigerung.
4 Die neulich von der Neustadter „Bürgerztg.“ gemachte
Angabe, daß ein Einwohner von NReustadt in Verlin als Social⸗
demokrat verhaftet worden sei, erweist sich, wie vorauszusehen war,
als ein schlechter Witz.
— Die Vorarbeiten zur Verlegung des Hauptzollamts von
Naiserslautern nach Landanu sind soweit gediehen, daß dieselbe
Im 1. Rovember erfolgen kann. Kaiserslaulern erhält von diesem
Tag an bekanntlich ein Nebenzollamt.
Waldse'e. Im Laufe der letzten Woche sind die ersten
Briefe der hiesigen Auswanderer aus Amerika eingetroffen. Ihre
Briefe übertreffen alle Etwartungen. Nach einer Fahrt von 15
Tagen sind sie glücklich an ihrem Bestimmungsort gelandet, wosel bst
ihnen die Unterstützungsgelder für die ersten Tage ihres Dortseins
prompt ausbezahlt wurden. Es traf sogleich nach ihrer Ankunft
in Telegramm eines größeren Etablissements ein, des Inhalts,
daß diese Fabrik zwölf Familienväter mit Familien in Arbeit und
Wohnung nehmen würde. Es erklärte sich hierzu auch sogleich die
rforderliche Anzahl bereit, und wurden dieselben per Bahn auf
kechnung ihrer zukünftigen Herren an Ort und Stelle beförder
vofelbst ihnen zweistöckige Wohnhäuser angewiesen und sie mi
geitung und dem nothwendigen Küchen⸗ und Haushaltungsgeschitt
ersorgi wurden. Die Leute schildern wirklich in ergreifender Weise
sas steundliche Entgegenkommen und die gute Versorgung von
Zeite ihrer Fabrikherren. Es wohnen immer zwei Familien in
inem Hause, eine im untern, die andere im obern Stock. Der
lohn ist ein sehr hoher. So verdient z. B. ein Mann per Tag
ach unserem Gelde5 Mark und sein 15jähriger Sohn 83 M
0 Pf. für 10stündige Arbeit. Das Fleisch ist sehr billig, die
dartoffeln theuerer als die Aepfel. (Die betr. Auswanderer sind
lekanutlich auf Kosten der Gemeinde Waldsee über den Ozean
pedirt worden.)
Aus Dürkheim, 13. Juni wird berichtet: Die kgl.
Ztaatsbehörde ist noch immer bemüht, auf Grund des Nahrungs.
nittel-Gefetzes gegen die Weinverfälschung vorzugehen. So sim
)eute wieder in einem hiesigen Keller und vor einigen Tagen bei
ßroduzenten benachbarter Gemeinden aus verschiedenen Kellern
Hßroben abgeholt worden. (Man sollte nicht nur bei Produzenten
ind Händlern, sondern auch — und vielleicht wäre das für daz
zroße Publikum die Hauptsache — bei Wirthen recherchiren! so
neint die „gZw Ztg.“)
Der „pf. Ztg.“ erklärt die Mittheilung der „Pf. Post“,
daß Hofprediger Stöcker im September in Speyer einen Vor
rag zu halten beabfichtige, für unrichtig. Ein solcher Vortrag sei
veder beabsichtigt, noch sei derselbe beschlossene Thatsache.
Der Gemeinde Gravelotte bei Metz ist zur Herstellung
ines würdigen und stylvollen Mobiliars für die am ersten Pfingst-
ag eingeweihte Kirche die Summe von 6330 Mark aus dem
daiserlichen Disposit onsfonds bewilligt worden.
In Berlin ist, das Wett— und Schnell-Laufen sehr im
-„chwunge. Fritz Käpernik, ein früherer Soldat, ist der Held des
Tages, welcher in einem Wettlauf mit Kavallerie-Pferden von Pots—
am nach Berlin einen glänzenden Sieg davontrug, desgleichen
viederholt gegen ein Rennpferd.
Vergoldete Fünfzigpfennigstücke sind mehrfach (z. B. in
gerlin) 'im Geschäftsverkehr vorgekommen und sind dieselben,
d plump der Schwindel an sich ist, wenn sie mit der Adlerseite
ach oben liegen, doch sehr schwer von einem Zehnmarkstück zu
interscheiden und mögen besonders Frauen, wenn sie allein im
daden sind, die Augen offen halten.
Ein Glücksftall. Eine arme Handwerkerwittwe in
gerlin, die erst vor wenigen Tagen ihren Gatlen, der sie mit fünf
joch jungen Kindern in Noth und Elend zurückgelassen, zur letzten
ttuheftätte geleitete, erhielt am Sonnabend Nachmittag den Besuch
ines auswaͤrtigen Herrn, der ihr die Mittheilung machte, daß iht
hatte gegen eine monatliche Einzahlung von 10 Mark seit einiger
zeit sich bei seinem Hause das Anrecht und den Antheil verschie—
er Staatsloose geschert habe, in deren vollen Besitz er aber erst
ach Erlegung sämtlicher stipulirten Raten glangen kann. Eines
ieser Loose, woran ihr Gatte einen Antheil besitze, sei jedoch ge—
ogen und ein bedeutender Gewinn darauf gefallen, weßhalb er
ehufs Aushändigung des Geldes, etwa 24,000 Mt., um den
Untheilschein bitte. Die Frau, die keine Ahnung von dem „Spar⸗
zroschen“ ihres Mannes hatte, durchsuchte ihr ganzes Habe, bis fie
ndlich den für sie so verhängnißvollen Schein fand und das Geld
erhielt.
F In Rees ist ein Anstreichermeister auf eigenthümliche Art
ims Leben gekommen. Denselben fing, waͤhrend er damit beschãf⸗
igt war, Schweinfurter Grün zu reiben, die Nase an zu bluten.
Sewischte mit der Rückseite der Hand das Blut und dabei muß
hm etwas von dem giftigen Farbstoffe in eine kleine Wunde ge
Immen sein, die er an der Nase hatte. Nase und Gesicht schwollu
hm fruchtbar an und am anderen Tage war er eine Leiche.
- Heftige Gewitter mit Hagel suͤchten in den letzten Tagen
zas nördliche Frankre ich heim. In der Gegend von Etaples
ind Montreal fiel Schnee. Auch im Puy de Dome und in det
UImgegend von Clermont-Ferrand fiel am 8. Juni Schnee; in den
Deparlements der Indre, der Aube und der Landes richteten Hagel
veiter mehr oder minder beträchtlichen Schaden an.
Zuͤ Commentry im Alliere Departement, wo 1600
grubenacbeiter die Arbeit eingestellt haben, hat der socialistisch ge—
innte Gemeinderath des Ortes den Strikenden eine Unterstützung
jon 25,000 Fres. ausgesetzt. Man kann sich den Jubel vorstellen.
nit welchem dieser Beschluͤß von der radicalen Presse von Pari⸗
rufgenommen wird. Der Gemeinderath hat ferner verlangt, daz
ie“ auf Veranlassung des Präfecten nach Commentry enssandten
Truppen, nämlich 2 Compagnien Jafanterie und mehrere Brigaden
Fendarmerie, sofort aus der Stadt zurückgezogen werden, da sie
die friedliche Arbeiterbevölkerung nun herausfordern könnten. End⸗
lich hat der Gemeinderath eine Subscription für die Strikenden
cröffnet und sämmtliche Gemeinderäthe Frankreichs eingeladen, sich
in derselben zu betheiligen.