Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberker Anzeiger. 
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V soog. 
Sonntagq, den 10. Juli 
1881. 
Deutsches Reich. 
Die Börsensteuer tritt in Deutschland am 1. Oktober 
bestimmt in Kraft.. 
Der Bundesrath trat am 7. Juli seine Ferien an. Für 
den beabsichtigten Zollanschluß Hamburgs hat er eine Vollzugskom⸗ 
nission ernannt, bestehend aus Mitgliedern, welche zu je einem? von 
Preußen, Bayern, Sachsen unr aus zweiten, welche von Hamburg 
zu wählen sind. Die beiden hamburgischen Mitglieder haben jedoch 
nur eine Stimme. 
Die conservative Presse eröffnet gegen den Staatssekretär im 
Reichspostamt, Dr. Stephan, ein ziemlich lebhaftes Geplänkel. 
Dr. Stephan soll beim Reichskanzler deßhalb in Ungnade gefallen 
jein, weil er sich in der Frage einer Besteuerung der Quittungen 
ijber Postanweifungen ablehnend verhalten habe. Von conservativer 
Seite wird jetzi eine Erhöhung des Brief⸗ und Depeschenporto ver⸗ 
angt, damit dem Reiche daraus eine ergiebigere Einnahmsquelle 
geschaffen werde. Freilich hat Post und Telegraphie unter der Herr⸗ 
chaft der billigen Porti stets größere Ueberschüsse geliefert, als zur 
Zeit der höheren, indessen derlei unbezweifelbare Thatsachen exi⸗ 
üren für unsere Reaktionäre ja nicht. Die Erleichterung des inter⸗ 
nationalen Handelsverkehrs durch die jetzige Post- und Telegraphen⸗ 
verwaltung erregt ihren Zorn und ihre Kampflust. Vorläufig 
freilich sind diese Bestrebungen noch unschädlich, denn noch sind wir 
durch den Weltpostvertrag gebunden. Daß sie aber gefährlich werden 
müssen, wenn in den naͤchsten Wahlen eine realtionäre Mehrheit in 
das Parlament kommt, ist klar. 
Die Genesung der Kaiserin Augusta schreitet günstig 
'ort; doch lassen Schlaf und Appetit noch zu wünschen übrig. 
Der Kronprinz und die Kronprinzessin von 
Deutschland sind in Windsor eingetrofsen. 
Das in Schleswig⸗Holstein bevorstehende Kaisermanöver 
uimmt die dortigen Behörden schon jetzt in Anspruch. Erwartet 
verden zu demseiben: der Kaiser (die Kaiser in wird hoffentlich er⸗ 
scheinen können), der Kronprinz, der Großherzog und Erbgroßherzog 
‚on Mecklenburg- Schwerin, Prinz Albert, der Großherzog von 
Oldenburg, Prinz Wilhelm und Gemahlin, der Feldmarschall Graf 
Moltke, der Kriegsminister, der Chef der Admiralität, die General⸗ 
inspekteure der Artillerie und Ingenieure, ferner etwa 80 fremd⸗ 
herrliche Offiziere. Der Hauptvereinigungspunkt wird Itzehohe sein. 
Ausland. 
Zwischen der Türkei und Frankreich ist durch die Be— 
jetzung von Tunis seitens der Franzosen eine Spannung hervorge⸗ 
rufen worden, welche sich immer mehr steigert. Die französische 
Regierungspresse greift die Pforte wegen ihre zweideutigen Haltung 
in Tripolis auf das heftigste an, während die türkische Botschaft in 
Paris in einer Note gegen jede Verantwortlichkeit der türkischen 
RKtegierung für die Unruhen in Sfat und gegen alle Verdächtigungen 
hrer Haltung in Tripolis protestirt. Jedenfalls fühlt sich die Pforte 
zurch das Vorgehen der Franzosen in Tunis tief verletzt und die⸗ 
selben werden vielleicht in Nordafrika mit der Türkei als einem 
aicht zu unterschätzenden Factor zu rechnen haben. 
Die Aufregung in Amerika über das Attentat auf Gasr⸗ 
eld ist noch ungeheuer. Ein Eisenbahnarbeiter, welcher den 
Wunsch aͤußerte, daß Garfield stürbe, wurde von seinen Kameraden 
—XXX 
Die jüngsten Bulletins über den nordamerikanischen 
Präsidenten Garfiseld besagen, daß sein Befinden im Allge— 
meinen ein andauernd befri edigendes ist und daß sein Zustand be⸗ 
ründete Hoffnung auf Wiedergenesung erweckt. Der Staats- 
etretair Biaine hal allen denen, welche ihre Theilnahme an dem 
Schicksal des Verwundeten ausdrückten, durch ein öffentliches 
Schreiben den Dank des Präsidenten übermittelt. 
Vermischtes. 
St. Ingbert. Am Donnerstag Nachmittag waren im 
Fruchthallsaale zů Zweibrücken gegen 70 Mitglieder des engeren 
ind weiteren Ausschusses des liberalen Wahlvereins für den Bezirl 
Zweibrücken versammelt. Auf der Tagesordnung standen zwei 
hunkie: 1. Miitheilung über die von dem engeren Ausschusfe in 
Sachen der nahe bevorstehenden Abgeordneten-Wahlen 
bisher entwickelie Thätigkeit; 2. Berathung darüber, welche Schritte 
in den einzelnen Urwahlbezirken zu thun sind, um zu bewirken, 
»aß bei der Urwahl nur solche Männer gewählt werden, welche am 
21. Juli, dem Wahltage, freisinnige und reichsstreue Männer zu 
Abgeordneten wählen. Da sich in einzelnen Gegenden des Wahl⸗ 
hzezirks besonders unter der ländlichen Bevölkerung Bedenken regen 
zegen die Canditatur des Hrn. Rathes C. Schmidt (München), 
so drehte sich die Diskussion hauptsächlich um die Canditatenfrage. 
Zchließlich einigte sich die Versammlung dahin, dem engeren Aus⸗ 
chusse das Mandat zu übertragen, neben Herrn Schmidt nach wei⸗ 
seren Persönlichkeiten Umschau zu halten und über deren eventuelle 
Mandats⸗Annahme sich zu vergewissern. 
8. Aus dem Bliesthal. (Zu den Wahlen.) Die Con⸗ 
servativen haben sich schon seit mehreren Jahren, ganz besonders aber 
hor der letzten Reichslagswahl als die einzige Partei betrachtet, die 
das Interesse des Handwerkerstandes vertrete und mit ängstlicher 
Zorgfalt über dessen Wohlfahrt wache. Für diese ihre Liebe, welche 
die Conservativen im Reichstage und in ihrer Presse zur Schau 
rugen, haben sie in ihrer bekannten un eigennütziigen Weise 
uchts verlangt als Gegenliebe, d. h. nämlich die Stimmen der 
Zandwerker. Daß die H. Conservativen die Rechnung ohne den 
Wirth gemacht haben, beweist ein Wahlaufruf verschiedener Hand⸗ 
werker. Gegenwärtig sind es nun die Bauern, welche die Conser⸗ 
hativen in's Schlepptau zu nehmen gedenken. Da kommt die 
onservative Presse und rechnet ihren Lesern vor, wie der arme 
gauer mit Steuern belastet ist, und daß keine Partei des verlassenen 
gauernstandes sich annehmen wolle, sondern alle nur für Begünstig- 
uing des Kapitals und der Großindustrie arbeiten. So kümmert 
ich die „Pf. Post“ auch um unsere Wahlkandidaten und sucht zu 
»eweisen, daß sie resp. ihr Correspondent nicht unsern Candidaten 
döoh, sondern H. Rath Schmidt von seinem Abgeordnetenposten 
herdrängen wolle, und knüpft daran die Bemerkung: Die Liberalen 
m Zweibrücker Wahlkreis werden hoffentlich eine Antwort empfangen. 
Die Anwwort wird am 14. ds. Mis. gegehen werden; ob dieselbe 
der „Pf. Post“ genehm sein wird, müssen wir noch abwarten, da 
wir in unsern Behauptungen die Kühnheit besagten Blattes uns 
nicht aneignene wollen. 
X. Im Bliesthale hat die Kornernte bereits be⸗ 
gonnen. 
— Einem dem Andenken des verstorbenen kgl. Landgerichts⸗ 
arztes Hrn. Dr. K. Rausch in Zweibrücken gewidmeten Rekrologe 
in der „Zw. Zig.“ entnehmen wir, daß der genannte Verstorbene 
im 29. vez. 1831 auf der St. Ingberter Glashütte, 
soll wohl heißen: Glashütte zu St. Ingberter Grube), wo sein 
Vater kaufmännischer Beamter gewesen ist, geboren war. Seinen 
Bater hatie er schon im vierten Lebensjahre verloren; er war dann 
bis zu seinem Eintritt in das Gymnasium im Hause seines Onkels, 
des evangelischen Pfarrers Hae rter in Straßburg erzogen worden. 
die pfälzischen Genossenschaften GVorschußvereine, 
Volksbanken, Gewerbebank Speyer), 24 an der Zahl, hatten i. J. 
1880 zusammen 10,096 Mitglieder (gegen 9685 im Jahre 1879.) 
die meisien Mitglieder, 10583, zählte die Speyerer Gewerbebank; 
die nächst meisten, 821, die Volksbank in Bergzabern, dann 813 
die Volksbank in Landau; es kommen dann die Volksbank in 
dudwigshafen mit 632 und der Dürkheimer Vorschuß⸗ und Credit⸗ 
VBerein mit 628 Mitgliedern. Die geringste Mitgliederzahl, 120, 
jat der Vorschußverein in Obermoschel. — Am zahlreichsten find 
inter den Mitgliedern vertreten die selbstständigen Handwerker 
2636 Maänner und 106 Frauen); dann kommen die selbststän⸗ 
digen Kaufleute und Händler (1649 Männer und 103 Frauen); 
hierauf die selbstständigen Landwirthe, Gärtner, Förster und Fischer 
1628 Mauner und 85 Frauen); dann kommt die Kategorie der 
dirchen⸗, Staats- und Gemeindebeamten, Aerzte, Apotheker, Lehrer, 
Quünstler und Schriftsteller (000 Männer und 23 Frauen). Aus 
der Classe der Handwerlsgesellen, Fabrik- und Bergarbeiter finden 
vir 232 männuiche und 6 weibliche Mitglieder. Die Frauensperr 
onen überwiegen in der Classe der Rentner, Pensionären und anderer 
Personen ohne Bernfsausuͤbung; hier kommen auf 321 münn⸗ 
liiche 741 weibliche Miiglieder.