Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
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— 125. Sonntag, den 7. Auaust 
21881. 
Deutiches Reich. 
In München sollte heute (Samstag) die beabsichtigte und 
angelündigte Zusammenkunft des Kaisers von Oesterreich mit König 
Aldert von Sachsen stattfinden. 
Von der deutschen Behörde wurde den auf der Houwels'schen 
Werft zu Kiel eben erst gebauten Schiffen, Diogenes“ und „So— 
rates“ das Auslaufen unlersagt; die Maschinen wurden heraus⸗ 
genommen und die Corvette ‚Blücher“ hat fich zur Bewachung vor 
ide Schiffe gelegt. Es heißt, die peruanische Regierung, (welche 
noch immer im Krieg mit Chili ist) habe die Schiffe zu Kriegs⸗ 
wecken bestellt. Deutschland als neutraler Staat kann natürlich 
as Auslaufen nicht gestatten. (Nach einer anderen Annahme sollen 
zade Schiffe für fenische oder nihilistische Zwecke bestimmt sein.), 
Ueber die am 4. ds. in Bad Gastein staltgehabte Kai⸗ 
serzusammenkunft wird von dort berichtet: „Unter Glocken⸗ 
gelaute und den Klängen der Nationalhymne ist der Kaiser 
Fon Oesterreich hier eingetroffen, von der Bevölkerung und 
on den Kurgästen mit lebhaften Hurrahrufen empfangen. Er 
rug die Uniform des preußischen Kaiser Franz⸗Garde⸗Grenadier⸗ 
stegiments und das Band des Schwarzen Adlerordens. Während 
des Empfangs stieg Kaiser Wilhelm in österreichischer 
Oberstuniform und mit dem Kreuz des Stephansordens von den 
Stufen des Badeschlosses herab; Kaiser Franz Joseph eilte über 
den Platz hinweg dem Kaiser Wilhelm entgegen; beide Monarchen 
marmten und küßten sich herzlich und begaben sich darauf Arm 
n Arm in lebhafter Unterhaltung ins Badeschloß. Kaiser Franz 
Joseph verweilte*4 Stunden im Badeschloß und begab sich sodann 
nach feinem Absteigequartier im Hotel Straubinger. So weit bis 
zetzi bestimmt, verlaͤßt Kaiser Wil hel m Samstag (6. Au⸗ 
zust) Vormittag 11 Uhr Gastein und üͤbernachtet in Salzburg. 
hon dort begibt er sich nach Koblenz, wo er einen Tag zu ver—⸗ 
weilen gedenkt, und trifft Dienstag in Berlin ein. 
Ausland. 
Gambetta, welcher jetzt eine Reise durch Frankreich macht, 
um die Wähler zum Wählen bvon gemäßigten Republikanern zu be— 
zimmen, wurde in Tours mit den Rufen: „es lebe Gambetta, 
eg lebe die Republik!“ empfangen. Er erwitderte auf die Ansprache 
des Bürgermeisters, die schmerzlichen Gefühle, die ihn bei seinem 
ersten Aufenthalt in Tours (1870/7 1I) ergriffen, kämen heute wieder 
und er koͤnne sie nur mit Mühe unterdrücken, um sich dem wohl⸗ 
wollenden Empfang, der ihm zu Theil werde, hinzugeben. „Wenn 
wir, sagte er, noch leiden unter den Erinnerungen an die Nieder- 
age, so finden wir uns wenigstens wieder in vollem Triumph, in⸗ 
»em die Republik fest gegründet ist mit denselben Gefühlen und 
erselben Hingebung an's Vaterland.“ 
Auf dem am Abend ihm zu Ehre gegebenen Bankett hob 
Jambetta in längerer Rede hervor, daß die monarchische Partei 
besiegt sei. Die, Wepublik müsse nun endlich ihre seit langem der 
Natio eudec, Wersprechungen erfüllen; nämlich soziale Eman— 
ipation, vollstandige Freiheit und eine Politik unausgesetzten 
Fortschreitens. Er 7 Redner, sei für das Zwei-Kammersystem, 
ber eine Reform des Senatis sei unabweislich. Er verlange, daß 
die jetzt auf Lebendzeit ernannten Senatoren sich einer Reuwahl 
durch den Kongreß zu unterwerfen hätten. Gambetta forderte 
jerner Weitereniwickelung des öffentlichen Unterrichts, vollständige 
Associationsfreiheit und bezeichnete als nächstliegende Aufgabe der 
Bolksvertretung die teilweise Reform der Verfassung hinstchtlich 
—D00 
und endlich die Wiederherstellung der Achtung vor den Prärogativen 
der administrativen Gewalt. 
Fur die algerischen Verhältnisse ist eine Veränderung ge⸗ 
roffen worden, welche gegenüber den bisherigen dortigen Verhält⸗ 
nissen die denkbar herbste Kritik enthält. Die franzöfische Regierung 
jat alle dortigen Verwaltungszweige mit den entsprechenden Mini⸗ 
terien des Hauptlandes zu vereinigen beschlossen. Mit dieser Zen⸗ 
ralisationsmaßregel ist die 80jährige Selbständigkeit der dortigen 
dolonie so gut wie völlig vernichtet; freilich war sie durchweg fast 
uur der niederträchtigsten Abenteurergesellschaft zu Gute gekommen 
Vermischtes. 
* St. Ingbert, 6. August. Gestern Nachmittag wurde 
ein „Vzur opamüder“ Schuhmacher von hier auf eine dem⸗ 
selben gewiß höchst unangenehme Weise an der Ausführung seines 
Borsatzes, resp. dem Anteilte seiner überseeischen Reise gestört. Ein 
Berbermeister, bei dem der Auswanderungslustige noch ziemlich tief 
in der Kreide steht, ließ ihm nämlich die schon gepackten Reisekoffer 
und Taschen mit Beschlag belegen. Es wird nun dem Betreffen⸗ 
den nichts übrig bleiben, als seinen Gläubiger, der ihm nach 
Amerika zu kreditieren nicht'gesonnen ist, zu befriedigen, oder seine 
Abreise vorläufig noch hinaus zu schieben. 
7 Die städtischen Umlagen für Hom burg haben sich gegen 
voriges Jahr nicht unerheblich ermäßigt; von 120 pCt. im Jahre 
1880 auf 104 pCt. heuer. Die Districisumlagen haben sich um 
2 pCct. erhöht, von 52 auf 854 pCt. 
Kaisferslhautern, soll bekanntlich eine zweite katho— 
lische Kirche erhalten. Der vom Baumeister Schmidt angefertigte 
Plan zu derselben ist sehr sehenswerth. Der Neubau wird in rein 
Jothischem Style und imposanten Dimensionen aufgeführt. Die 
dirche erhalt eine Länge von 79 Meter, 2 Thürme, bedeckt einen 
Flächenraum von 1840 Quadratmeter und ist auf 825,000 M. 
deranschlagt. — 
F'In Lambrecht sind in einer Familie die Blattern aus⸗ 
gebrochen. 
Aus mehreren Orischaften des mittleren Gebirges 
vird ein bedeutendes Sinken der Weinpreise gemeldet. So soll in 
kdesheim sog. Erntewein um 6 bis 12 Pfg. per Liter verkauft 
verden; in Hambach wird von einem Winzer der Liter zu 32 
Pf. und in Neustadt bei Producenten und Wirthen ein 1879er 
zu 20 Pf. per Schoppen verzapft. Ob der in. Aussicht stehende 
zute Herbst dies Wunder allein zu Stande gebracht hat, oder ob 
sonst noch etwas dahinter steckt, mag dahingestellt bleiben. 
7 In Weisenheim a. Sd. wurde in seiner Wohnung 
der 78jährige Kaufmann Jakob Löb mit einer Hacke erschlagen 
und aus dessen Kassenschranke das Geld geraubt. Bereits vor 
sänger als einem Jahre wurde bei dem Genannten, der allein wohnt, 
eingebrochen. Die sofort eingeleitete gerichtliche Untersuchung wird 
hoffentlich dazu führen, daß der Raubmörder entdeckt wird. 
Zahnarzt Detzner aus Speyer hat auf der Ver—⸗ 
sammluug der deutschen Zahnärzte in Heidelberg am 1. 2. und 
3. August den ersten Preis erhalten für eine vom Vorstand des 
Central⸗Vereins deutscher Zahnärzte zur Preisbewerbung ausge- 
schriebene Arbeit. 
— In kaum acht Tagen sind in der Gemarkung Oggershe im 
50,000 Stück Mäuse gefangen worden, wofür die Gemeindekasse 
500 MA zahlte. 
In Heidelberg hat Hofrath Czerny eine Magen⸗Re⸗ 
sektion mit glücklichstem Erfolge ausgeführt und vor einigen Tagen, 
zier Wochen nach der Operation, den betreffenden Patienten mit 
einer Gewichtszunahme von 11 Pfund entlassen. 
Am 6., 7. und 8. ds. Mis. findet in Lahr das erste 
dreisturnfest des 10. deutschen Turnkreises statt. Angemeldet sind 
zegen 1000 Turner und es verspricht das Fest ein sehr glänzendes 
ju werden. — Gäste sind bis jetzt schon aus sehr vielen Orten 
ingemeldet u. a. auch aus Edentoben, Cisenberg, Frankenthal, 
Bermersheim, Grünstadt, Kaiserslautern, Kirchheimbolanden, 
dambrecht, Ludwigshafen a/Rh., Mannheim, Mußbach. Neustadt a / H., 
pirmasens, Speyer, Straßburg, Wolfstein, Zweibrücken. 
Der Bisthumsverweser vLothar b. Kübel in Freiburg 
Baden), der bei der letzien Priesterweihe unwohl geworden und 
darauf an der Herzentzündung erkrankt war, ist am Donnerstag 
plötzlich am Herzschlage gestorben. 
Die Frau i Bismarck wird vom Bad Kreuth Ende 
dieser Woche in Kissingen eintreffen. Sie soll die Cur mit 
sehr günstigem Erfolge gebraucht haben. Die Abreise des Fürsten 
dismarck von Kissingen soll am 15. Ma- ds. Monats stattfinden. 
krist bis dahin vole sechs Wochen in Kissingen gewesen, und 
auch ihm hat die Cur gut angeschlagen. 
Wuaͤhrend der acht Tagen des siebenten deutschen Bundes