Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anaherler Aumzeiger. 
Dder St. Ingberter Auzeiger und das (Z mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonnementspreis betragt vierteljährlich 
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—1881. 
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I185. 
— 15 
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Deutsches Reich. 
In Muürchen sollte heute (Samstag) die beabsichtigte und 
angekündigte Zusammenkunft des Kaisers von Oesterreich mit König 
Albert von Sachsen stattfinden. 
Von der deutschen Behörde wurde den auf der Houwels'schen 
Werft zu Kiel eben erst gebauten Schiffen ‚Diogenes“ und „So— 
frates“ das Auslaufen unlersagt; die Maschinen wurden heraus— 
genommen und die Corbette „Blücher“ hat sich zur Bewachung vor 
Zeide Schiffe gelegt. Es heißt, die peruanische Regierung, Gwelche 
noch immer im Krieg mit Chili ist) habe die Schiffe zu Kriegs⸗ 
wecken bestellt. Deutschland als neutraler Staat kann natürlich 
as Auslaufen nicht gesiatten. (Nach einer anderen Annahme sollen 
deide Schiffe für fenische oder nihilistische Zwecke bestimmt sein.) 
Ueber die am 4. ds. in Bad Gastein stattgehabte Kai⸗ 
serzusammenkunmft wird von dort berichtet: „Unter Glocken⸗ 
geläute und den Klängen der Nationalhymne ist der Kaiser 
don Oesterreich hier eingetreffen, von der Bevölkerung und 
bon den Kurgästen mit lebhaften Hurrahrufen empfangen. Er 
trug die Uniform des preußischen Kaiser Franz⸗Garde-Grenadier—⸗ 
Regiments und das Band des Schwarzen Adlerordens. Während 
des Empfangs stieg Kaiser Wilhelm in österreichischer 
Oberstuniform und mit dem Kreuz des Stephansordens von den 
Stufen des Badeschlosses herab; Kaiser Franz Joseph eilte über 
den Platz hinweg dem Kaiser Wilhelm entgegen; beide Monarchen 
umarmten und küßten sich herzlich und begaben sich darauf Arm 
in Arm in lebhafter Unterhaltung ins Badeschloß. Kaiser Franz 
Joseph verweilte *a Stunden im Badeschloß und begab sich sodann 
nach feinem Absteigequartier im Hotel Straubinger. So weit bis 
jetzt bestimmt, verlaͤßt Kaiser Wilhelm Samstag (6. Au— 
Zust) Vormittag 11 Uhr Gastein und übernachtet in Salzburg 
BZon dort begibt er sich nach Koblenz, wo er einen Tag zu ver— 
weilen gedenkt, und trifft Dienstag in Berlin ein. 
Auslaud. 
Gambetta, welcher jetzt eine Reise durch Frankreich macht, 
um die Wähler zum Waͤhlen von gemäßigten Republikanern zu be⸗ 
stimmen, wurde in Tours mit den Rufen: „es lebe Gambetta, 
8 lebe die Republik!“ empfangen. Er erwiederte auf die Ansprache 
des Bürgernietisters, die schmerzlichen Gefühle, die ihn bei seinem 
ersten Aufenthalt in Tours (1870/7 1) ergriffen, kümen heute wieder 
und er koͤnne sie nur mit Mühe unterdrücken, um sich dem wohl⸗ 
wollenden Empfang, der ihm zu Theil werde, hinzugeben. „Wenn 
wir, sagte er, noch leiden unter den Erinnerungen an die Nieder⸗ 
lage, so finden wir uns wenigstens wieder in vollem Triumph, in⸗ 
dem die Republik fest gegründet ist mit denselben Gefühlen und 
derselben Hingebung an's Vaterland.“ 
Auf dem am Abend ihm zu Ehre gegebenen Bankett hob 
Gambettia in längerer Rede hervor, daß die monarchische Partei 
besiegt sei. Die Republik müsse nun endlich ihre seit langem der 
Nation gemachten Versprechungen erfüllen; nämlich soziale Eman⸗ 
zipation, vollständige Freiheit und eine Politik unausgesetzten 
Fortschreitens. Er, Redner, sei für das Zwei-Kammersystem 
aber eine Reform des Senats sei unabweislich. Er verlange, daß 
die jetzt auf Lebenszeit ernannten Senatoren sich einer Neuwahl 
durch den Kongreß zu unterwerfen hätten. Gambetta forderte 
ferner Weiterentwickelung des öffentlichen Unterrichts, vollständige 
Associationsfreiheit und bezeichnete als nächstliegende Aufgabe der 
Bolksvertretung die teilweise Reform der Verfassung hinsichtlich 
des Senats, Herstellung einer Frankreich repräsentierenden Majorität 
und endlich die Wiederherstellung der Achtung vor den Prärogativen 
der administrativen Gewalt. 
Für die algerischen Verhältnisse ist eine Veränderung ge— 
troffen worden, welche gegenüber den bisherigen dortigen Verhält⸗ 
nissen die denkbar herbste Kritik enthält. Die französische Regierung 
hat alle dortigen Verwaltungszweige mit den entsprechenden Mini⸗ 
sterien des Hauptlandes zu vereinigen beschlossen. Mit dieser Zen⸗ 
tralisationsmaßregel ist die 50jährige Selbständigkeit der dortigen 
Kolonie so gut wie völlig vernichtet; freilich war sie durchweg *4 
dur der niederträchtiasten Mhenteirreruesellschaft zu Gute gekommen 
Vermischtes. 
* St. Ingbert, 6. August. Gestern Nachmittag wurde 
ein „zuro pam'üder“ Schuhmacher von hier auf eine dem— 
elben gewiß höchst unangenehme Weise an der Ausführung seines 
Vorsatzes, resp. dem Antritte seiner überseeischen Reise gestört. Ein 
Gerbermeister, bei dem der Auswanderungslustige noch ziemlich tief 
in der Kreide steht, ließ ihm nämlich die schon gepackten Reisekoffer 
und Taschen mit Beschlag belegen. Es wird nun dem Betreffen⸗ 
den nichts übrig bleiben, als seinen Gläubiger, der ihm nach 
Amerika zu kreditieren nicht'gesonnen ist, zu befriedigen, oder seine 
Abreise vorläufig noch hinaus zu schieben. 
— Die stadtischen Umlagen für Homburg haben sich gegen 
voriges Jahr nicht unerheblich ermäßigt; von 120 pCt. im Jahre 
1880 auf 104 pCt. heuer. Die Districtsumlagen haben sich um 
—AV— 
Kaiferslautern, soll bekanntlich eine zweite katho⸗ 
lische Kirche erhalten. Der vom Baumeister Schmidt angefertigte 
Plan zu derselben ist sehr sehenswerth. Der Neubau wird in rein 
jothischem Style und imposanten Dimensionen aufgeführt. Die 
irche erhalt eine Länge von 79 Meter, 2 Thürme, bedeckt einen 
Flachenraum von 18140 Quadratmeter und ist auf 825,000 M. 
deranschlagt. 
p'In Lambrecht sind in einer Familie die Blattern aus⸗ 
gebrochen. 
Aus mehreren Ortschaften des mittleren Gebirges 
wird ein bedeutendes Sinken der Weinpreise gemeldet. So soll in 
Fdesheim sog. Erntewein um 68 bis 12 Pfg. per Liter verkauft 
werden; in Hambach wird von einem Winzer der Liter zu 82 
Pf. und in Neustadi bei Producenten und Wirthen ein 1879er 
zu 20 Ppff. per Schoppen verzapft. Ob der in Aussicht stehende 
Jute Herbst dies Wunder allein zu Stande gebracht hat, oder ob 
sonst noch etwas dahinter steckt, mag dahingestellt bleiben. 
In Weisenheim a. Sd. wurde in seiner Wohnung 
der 78jährige Kaufmaun Jakob Löb mit einer Hacke erschlagen 
und aus dessen —7— das Geld geraubt. Bereits vor 
Jänger als einem Jahre Wurde bei dem Genannten, der allein wohnt, 
eingebrochen. Die sofort eingeleitete gerichtliche Untersuchung wird 
hoffentlich dazu führen, daß der Raubmörder entdeckt wird. 
F Zahnarzt Detz ner aus Speyer hat auf der Ver—⸗ 
sammluug der deutschen Zahnärzte in Heidelberg am 1. 2. und 
3. August den ersten Preis erhalten fuüͤr eine vom Vorstand des 
Central⸗Vereins deutscher Zahnärzte zur Preisbewerbung ausge⸗ 
schriebene Arbeit. 
In kaum acht Tagen sind in der Gemarkung Ogg ershe im 
30,000 Stück Mäuse gefangen worden, wofür die Gemeindekasse 
500 A. zahlte. 
In Heidelberg hat Hofrath Czerny eine Magen-Re— 
sektion mit glücklichstem Erfolge ausgeführt und vor einigen Tagen, 
dier Wochen nach der Operation, den betreffenden Patienten mit 
einer Gewichtszunahme von 11 Pfund entlassen. 
Am'6., 7. und 8. ds. Mis. findet in Lahr das erste 
Kreisturnfest des 10. deutschen Turnkreises statt. Angemeldet sind 
Jjegen 1000 Turner und es verspricht das Fest ein sehr glänzendes 
su werden. — Gäste sind bis jetzt schon aus sehr vielen Orten 
ingemeldet u. a. auch aus Edenkoben, Cisenberg, Frankenthal, 
Bermersheim, Grünstadt,' Kaiserslautern, Kirchheimbolanden, 
zambrecht, Ludwigshafen a/ sth, Mannheim, Mußbach, Neustadt a⸗H., 
hirmasens, Speyer, Straßburg, Wolfstein, Zweibrücken. 
Der Bisthumsverweser Lothar v. Kübel in Freiburg 
Baden), der bei der letzten Priesterweihe unwohl geworden und 
darauf an der Herzentzündung erkrankt war, ist am Donnerstag 
plötzlich am Herzschlage gestorben. 
Die Frau Fürstin Bismarck wird vom Bad Kreuth Ende 
dieser Woche in Kisfingen eintreffen. Sie soll die Cur mit 
sehr günstigem Erfolge gebraucht haben. Die Abreise des Fürsten 
Zismarck von Kissingen soll am 15. Mai ds. Monats stattfinden. 
Er ist bis dahin vole sechs Wochen in Kissingen gewesen, und 
auch ihm hat die Cur gut angeschlagen. 
Wisrenß ver au FJaden ves siebenten deutschen Bundes—