Sl. Ingberker Anzeiger.
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Samstag, den 13. August
—1881.
Deutsches Neich.
Se. Maj. der König von Bayern hat den kommandiren—
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d. Horn, und den Kommandanten von München, Generalmajor
Fried. Ritter v. Muck, zu seinen Generaladjutanten ernannt.
Vom bayerischen Cultusministerium ist folgende Entschließ⸗
mng ergangen: „In letzter Zeit mehren sich die Fälle, in welchen
Umversitätsstudirende das humanistische Gymnasialabsolutorium nach—
holen und sich hiebei von dem Glauben leiten lassen, daß die vor
Erlangung des Maturitäts-Zeugnisses an der Universität zugebrachten
Zemester in die vierjährige Universitätszeit eingerechnei werden
zürfen, welche nach Z 26 der Statuten für die Zulassung zur
lniversitätsprüfung gefordert wird. Das Staatsministerium nimmt
vaher Anlaß, darauf aufmerksam zu machen, daß die Beibringung
)es Reifezeugnisses von einem humanistischen Gymnasium eine
Borbedingung für den Beginn des akademischen Studiums bildet
ind daß daher die Anrechnung einer Universitätszeit ohne diese
borbedingung weder ohne Weiteres zulässig noch auch, ganz beson⸗
»ers gelagerte Fälle ausgenommen, auf dem Dispensationswege zu
rlangen ist, woran grundsätzlich festgehalten wird.“
Bei der Berathung des Reichstags über den Entwurf eines
Unfallversicherungs⸗Gesetzes und des Antrags von Varn⸗
„üler und Gen., betreffend die Revision des Unterstützungswohnsitz⸗
Zesetzes, wurde bekanntlich auf den Mangel einschlägigen statistischen
Naterials hingewiesen. Inzwischen ist, wie bekannt, zur Abhilfe
ieses Mangels die Aufnahme einer Unfalls-Statistik angeordnet
porden. Auf Antrag des Reichskanzlers wird nun auch, wie wir
hoͤren, von den Bundesregierungen die Aufnahme einer Armen⸗
Statistik vorbereitet. Es wird sich dabei vorzugsweise um zuver⸗
assige Nachrichten über die Zahl der dauernd oder vorübergehend
ius öffentlichen Armenmitteln unterstützten Personen handeln, wobei
zie hauptsächlich in Frage kommenden Gründe der Verarmung, also:
äoͤdtung oder Verletzung des Ernährers durch Unfall, Arbeitsun⸗
ähigkeit (Invalidität) des Ernährers, sowie geistige oder körperliche
hgebrechen besonders hervorzuheben sind. Die Ergebnisse der be—
reffenden Erhebungen sollen bis zum 15. November dieses Jahres
zem Reichskanzler übermittelt werden.
In Freiburg wurde der Domkapitular Dr. Joh. Baptist
IArbin vom Damkapitel einstimmig zum Erzbisthumsverweser
jewählt. Orbin ist geboren am 22. September 1806 zu Bruch—
al, Priester seit dem 6. August 1830, Domkapitular seit dem 20.
februar 1847.
Die Verzichte auf Reichstagsmandate seitens alter Parlamen⸗
arier mehren sich. Auch Oberbürgermeister Miquel in Frank—⸗
urt, der übrigens schon dem letzten Reichstage nicht mehr ange—
örte, hat auf mehrfache, wegen Annahme eines Reichstagsmandats
in ihn ergangene Anfragen, verneinend geantwortet.
In dem Befinden der Kaiserin Augusta ist in den letzten
Tagen eine merkliche Besserung eingetreten. Eine Wiederholung
er Zwischenfälle, welche bisher, obgleich von der Operation und
eren Veranlassung unabhängig, die Wiederherstellung verhinderten,
st voraussichtlich nicht mehr zu befürchten. Obwohl die Kaiserin
m Stande ist, sich ab und zu in ihren Räumen kurze Zeit zu be—
vegen, so ist das Maß ihrer Kräfte doch noch der Art, daß ihr
ioch für längere Zeit Schonung geboten ist.
Es verlautet bestimmt, die Verhandlungen zwischen der Kurie
ind der Regierung betreffend die Neubesetzung des Bischofsstuhles
u Fulda seien dem Abschluß nahe.
Der Kaiser ist bei seiner am Mittwoch Morgen erfolgten
UInkunft in Potsdam von seinen Enkelkindern, dem Prinzen
ind der Prinzessin Wilhelm, dem Meining'schen Erbprinzenpaare
md dem Erbgroßherzoge von Baden empfangen worden. Seine
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Unkunft sahen, freudiges Aufsehen erregt.
In Folge der neuerlich an der pommerisch⸗westpreußi⸗
chen Grenze vorgefallenen Judenkravalle hat der preußische
HNinister des Innern die Regierungspräsidenten von Pommern und
Vestpreußen angewiesen, den Ausschreitungen gegen die Juden und
den Agitationen in Versammlungen mit allen gesetzlichen Mitteln
entgegenzutreten.
Ausland.
Die Wahlagitation in Frankreich beschränkt sich bis jetzt
auf die größeren Städte, während das Land noch ruhig, fast gleich⸗
zültig ist. Man weiß zu genau, daß der Sieg zu Gunsten der
Kepublik ein sicherer ist und die Frage, ob Gambetta oder Grevy
die Oberhand erhalten wird, ist für die Landbevölkerung von ge⸗
ringer Bedeutung. Darüber besteht aber kein Zweifel daß die
Wahlen eine entschiedene Niederlage der Confervativen bringen
verden, und diese gestehen ihre Ohnmacht auch offen ein. Man
nimmt an, daß dieselben wahrscheinlich nur 100 Koͤpfe stark wieder⸗
ehren, also auf weniger als ein Fünftel zusammengeschmolzen
ein werden.
Aus Romt wird berichtet, daß die Nachricht, der Papst werde
nöglicherweise von Rom abreisen, unbegründet ist. Der Papst soll
ioch am vorigen Sonntag gegen seine Umgebung geäußert haben,
er sei entschlossen, Rom nicht zu verlassen, außer wenn er brutaler
ßewalt weichen müßte. Die päpstlichen Nuntien wurden ange⸗
viesen, in diesem Sinn zu aniworten, wenn sie gefragt werden.
Die Zustände in Irland sind noch immer höchst unerquick⸗
icher Natur. Die Regierung sieht sich noch immer veranlaßt, Ver⸗
jaftungen in Gemäßheit des Zwangsgesetzes vorzunehmen; erst
ieser Tage wieder wurden hier hervorragende Mitgliedet der Land
iga zu Nenagh ins Gefängniß gebracht. In verschiedenen Gegen⸗
ven Irlands entstanden vorige Woche bei einigen Ausweisungsver⸗
uchen kleine Reibereien mit der Polizei, die in einem Falle damit
undeten, daß ein Gerichtsvollzieher gezwungen wurde, die Aus—
veisungsbefehle zu verschlingen und zu schwören, daß er sich nie
vieder zum „Handlanger“ der tyrannischen Gutsherren und Ge
ichtshöfe“ machen lassen wolle. In dem mit dem 30. Juni enden⸗
den Halbjahre kamen im ersten Vierteljahre 350 Pächter -NAus—
veisungen vor, wovon 1732 Personen beiroffeu wurden; im zweiten
Bierteljahre dagegen wurden 1068 Ausweisungen vorgenommen,
vovon 5226 Personen betroffen wurden — ein Beweis, daß die
dlage der irischen Parlamentsmitglieder, die Grundbesitzer würden
die Zeit vor der Annahme der Landvorlage zu einer Vermehrung
der Ausweisungen benutzen, nicht ganz unbegründet war. (Die
rische Landbill ist jetzt von beiden gesetzgebenden Körperschaften,
Iber- und Unterhaus, angenommen. Hoffentlich wird das neue
Besetz von guter Wirkung sein.)
Mit der Ruhe in der Regentschaft Tunis, von welcher offiziöse
französische Berichte jüngst meldeten, scheint es nicht sonderlich gut
hestellt zu sein. Aus Susa hört man von neuen Räubereien,
gegen welche die Einwohner sich mit bewaffneter Hand wehrten,
so daß sie das geraubte Vieh den Räubern wieder abnehmen konn—
ten. — Italienische Arbeiter verließen das Bergwerk am Dschebel
Arasas, wo sie von Beduinen bedroht wurden, und flüchteten nach
Tunis.
Vermischtes.
*St. Jugbert, 12. Aug. Die auf gestern Vormittag
11 Uhr angesetzte Nachwahl eines Landtags-Abgeord
neten für den Wahlkreis Zweibrücken-Pirmasens
jatte nachstehendes Ergebniß: Erschienen waren von den 2138 Wahl⸗
nännern 205. Von denselben wurden 203 giltige Stimmen ab—
jegeben; die absolute Majorität betrug sonach 102. Gewählt
vurde der Kandidat der Liberalen, Herr Heinrich Hessert, kgl.
Oberlandesgerichtsrath in Zweibrücken, mit 120 Stimmen.
Bereits kurz in vor. Nr. des „Anz.“ mitgetheilt.) Der Kandidat
er klerikalen Partei, Hr. Bürgermeister Velten von Reifenberg,
rrhielt 78 Stimmen; die übrigen 5 Stimmen zersplitterten sich. —
Die liberalen Wahlmänner hatten sich in zwei Vorbesprechungen,
zuf Tivoli und in der Gambrinushalle, über den aufzustellenden
dandidaten geeinigt. In der ersten legte Hr. Hessert seine poli⸗
ische Stellung ausführlich dar, und in der zweiten, zahlreicher
nesuchten, ergriff er nochmals das Wort zu einer Stizzirung seines
Standpunktes.
Hr. Oberlandesgerichtsrath Hessert sprach sich nach einer Ertra—