Full text: St. Ingberter Anzeiger

Am Montag wurden dem Adjunkt Forrer aus Ibers— 
hei m. (Rheinhessen), wãhrend seiner Abwesenheit 7000 M. gestohlen. 
Ein Engländer fuhr ungefäht vier Wochen lang alle Tage 
mit einem Rheindampfboot von Mainz nach Köhn und dann 
wieder von Koln nach Mainz. Der Schiffskapitän staunte über die 
Ausdauer seines Passagiers, obwohl die Gegend dort zu den schönsten 
der Welt gehört, und fragte ihn eines Tages: „Nun, Mylord, 
insere Gegend gefällt Ihnen gewiß ausnehmend, weil Sie die 
Fahrt regelmäßig mitmachen?“ — „Ach was, Gegend!“ versetzte 
der Gefragte, „ich war in Neapel und Konstantinopel und habe 
noch weit schoͤnere Gegenden gesehen; aber so wohlschmeckende 
Pfannekuchen, als auf diesem Schiff gebacken werden, habe ich in 
der ganzen Welt noch nicht getroffen. 
F Am 22. Aug. wurde bei der Station Rhen (nahe bei 
Boppard) eine Mutter mit ihrem Kinde von dem vorbeifahrenden 
Fisenbahnzuge todtgefahren. Die Mutter schnitt oder rupfte am 
Fisenbahndamm Gras, während ihr etwa zweijähriges Kind in der 
Nähe spielte und dabei bis auf das Geleise geklettert war. Der 
zührer des heranbrausenden Zuges bemerkte das Kind; er ließ 
eine Pfeife schrill tönen und suchte den Zug zu hemmen. Da 
jemerkte auch die Mutter die Gefahr des Kindes; erschreckt sprang 
ie hinzu, griff nach dem Kinde, aber sie konnte nicht mehr zurück, 
ie glitt vielleicht auch aus, und über Mutter und Kind ging der 
Zug hinweg. Es war ein herzzerreißender Anblick, und viele Passa⸗ 
giere konnten sich der Thränen nicht enthalten. 
Das Schützenfest in München soll einen Ueberschuß von 
wa 20,000 M. ergeben haben. 
F Ein entsetzliches Ereigniß steht der Stadt München be— 
»or. Wie der „Vayer. Cour.“ mittheilt, wird in Bälde die Quelle 
des Hofbräuhauses versiegen, wenn nicht anderes Bier zum Aus⸗ 
chant kommen sollte. Diese Kalamität soll hauptsächlich das deutsche 
zundesschießen hervorgerufen haben, während dessen an einem Tage 
allein 120 Hektoliter ausgeschänkt worden sind. 
— Gelegentlich der 8. Hauptversammlung des bayerischen 
VBolisschullehrer-Vereins zu Bamberg wird den 
zen sich legitimirenden Lehrern auf den pfälzischen und hessischen 
Bahnen und den bayerischen Staatsbahnen eine Fahrtarermäßi— 
zung von 50 pCt. in 3. Wagenklasse gewährt. Die vom 28. 
August ab in der Pfalz nach Aschaffenburg gelösten einfachen 
Billete 8. Klasse sind zur Rückfahrt bis inkl. 8. Sept. l. J. giltig. 
Gfennigsparkassen) Die im Herbst d. J. in 
gerkin stattfindende Versammlung deutscher Armenpfleger wird 
oraussichtlich auch Gelegenheit geben, einer neuen Einrichtung der 
Pfennigsparkassen naher zu treten, die nach dem Vorgang von 
Harmstadt über Deutschland sich auszubreiten beginnen. In jener 
Stadt mit ungefähr 40,000 Einwohnern, von wo die Bewegung 
muusging, wurden in den ersten vier Monaten der Begründung in 
olchen Pfennigen über 85,000 Mk. zusammengetragen. An jedem 
Sainstag Abend sind dort, wie man der Nat.⸗Ztg.“ berichtet, 20 
Zammelstationen von 5 bis 8 Uhr bereit, die Einlagen im Empfang 
zu nehmen, deren Beträge alsbald in die städtische Sparkasse ein⸗ 
jelegt und dort jeder Station gutgeschrieben werden. Sobald das 
huthaben des einzelnen Einlegers 1 Mark oder mehr beträgt, 
dird es auf dessen Namen übertragen und ihm verzinst. Der 
Dienst der Stationen und des Kuratoriums der Pfennigsparkassen 
vird unentgeltlich versehen und die Beamten der städtischen Spar— 
iassen übernehmen entgegenkommend die ansehnliche Arbeitsvermehrung. 
Bon großem Werth ist die in Darmstadt gemachte Erfahrung, daß 
zie Zurücknahme der Einlagen eine verschwindend kleine ist, obwohl 
nan die Einlegebüchlein den Einlegern zur Verwahrung und Dis— 
„osition überlassen hat. Erfreulich ist weiter die Wahrnehmung, 
aß die Gründung der Pfennigsparkassen die Lust zum Sparen 
nuch in Schichten der Bevölkerung anregte, denen durch bessere 
kinnahmen das Sparen größerer Beträge erleichtert wird. 
Vor einigen Tagen erließ Jemand ein Inserat im „Berliner 
zutelligenzblatt“, nach welchem zum Adressenschreiben junge Kauf⸗ 
eute gegen 10 Pf. pro Stunde gesucht werden. Auf dieses An⸗ 
jebot liefen 142 Offerten ein, manche mit flehender Bitte, berück⸗ 
ichtigt zu werden. 
Der „Magd. Ztg.“ entnehmen wir folgenden hübschen Ka— 
enderscherz': Der 18. August war ein merkwürdiger Tag. 
Derselbe geschrieben 18.8. 1881 — 1881881, besitzt nämlich wie 
as Jahr 1881 die seltene Eigenschaft, von vorn und hinten, von 
ben und unten übereinstimmend gelesen zu werden. Solcher 
nerkwürdiger Tage besitzt unser Jahrhundert nur noch 2, den 
(0. Aug. I801 1081801 und der 11. Aug. 1811 - 1181811. 
horher war der letzte derartige Tag der 8. Aug. 1188 * 881188 
ind der nächste wird sein der J. Oltober 8011 * 1108011. 
iie wird es dann, nämlich in 5130 Jahren, auf unserer Erde 
uussehen? . 
F Der Magistrat von Wien beabfichtigt die Einführung der 
lekirischen Veleuchtung, Es soll damit auf dem 
FJraben mit 16 Flammen à 2000 Kerzen und auf dem Stephans 
olatzeb egonnen werden. 
4 In Tarasp, Graubünden, ist der Rechtsanwalt Arnold 
—AVV 
im Großherzogthum Vaden eine Rolle spieite und damals viel von 
ich reden machte. Mit 19 Jahren bereits Artillerieoffizier, kam 
er als Student der Rechte nach Heidelberg und kommandirte beim 
Aufstand das von Mannheim aus gegen Ludwigshafen gerichtete 
Artilleriefeuer. Vor das badische Kriegsgericht gestellt, wurde er 
zu lebenslänglicher Festungsstrafe und für den Erfolg seiner Ka— 
nonade gegen Ludwigshafen zu 300,000 Gulden Entschädigung 
erurtheill. Er wurde in Bruchsal in Haft gehalten, konnte aber 
dort auf romanhafte Weise entfliehen. Auf dem Bodensee wurde 
r zwar von der badischen Polizei erkannt, durfte indessen, weil er 
ich an Bord eines schweizerischen Postdampfers befand, nicht mehr 
estgenommen werden. 
F Aus der Schweiz wird gemeldet, daß das Moos am 
wechten Ufer der Zihl (zwischen Neuenburger- und Bieler-See) im 
Brand stehe; seit acht Tagen bedeckt ein dicker Rauch die Ebene. 
das Feuer hat die Torflager an verschiedenen Stellen ergriffen, und 
za die Austrocknung des Großen Mooses den Torf trocken gelegt 
jat, ist das Feuer vier bis fünf Fuß tief in den Boden gedrungen. 
Bis jetzt waren alle Anstrengungen zu seiner Bewältigung erfolglos 
geblieben und vergebens hat man zu seiner Einschränkung Gräben 
jezogen. Der Rauch wird weithin getrieben und belästigt die Be— 
vohner der Umgegend sehr stark. 
Aent —achrichten. 
Der Forstgehilfe Ludwig Geieß in Neuhäusel, Forstamts Zweibrücken, 
vurde in gleicher Eigenschaft zum Revier Jägersburg versetzt und der geprüfte 
orstschutzle hrling Fr. Die pold in Berg, Forstamts Neumarkt, zum 
orstgehilfen in Neuhäusel ernannt. 
2— 
BGemetrnariges. 
Gegen Verbrennungen wird jetzt von amerikanischen Aerzten wie⸗ 
erholt eine Auflösung von Soda in Wasser empfohlen und angewendet. 
Dieselbe muß jo start sein, daß sich ein Theil davon im Gefäße niederschlägt, 
inen Bodensatz bildend. Man sollte stets eine Flasche von solcher Soda⸗ 
luüjsigkeit für vorkomnende Fälle vorräthig halten. Bei seiner Einfachheit 
ind Billigkeit verdient diefes Mittel jedenfalls alle Beachtung. Der Anwesen⸗ 
zeit der Soda (kohlensaures Natron) in er Seife verdankt offenbar auch der 
Zeifenbrei (geschabte Seife) seine Wirksamkeit gegen Verbrennungen. 
(Vorsicht mit Milch,, Rahm und Butter.) Diese Stoffe nehmen 
rfahrungsgemäß alle üblen Gerüche, Ausdünstungen und empidemische Krank⸗ 
eitskeime, die in der Luft verbreitet sind, in sich auf. Es ist in letzterer 
zeziehung nachgewiesen, daß durch die Milch selbst Diphterie, Dyphus, Blat⸗ 
ern, ꝛc. weiter verbreiiet wotrden sind. Daraus geht hervor, daß alle Milch⸗ 
zrodukle⸗ nicht nure in gesundheitlicher Beziehung, sondern auch in Bezug auf 
hre Qualitaͤt nicht sorgfältig genug vor schlechter Luft und üblen Gerüchten 
wahrt werden önnen. Der Verkauf von Milchprodukten aus Häusern, in 
enen epidemische Krankheiten und aus Ställen, wo derartige Seuchen herrschen, 
ollte gesetzlich verboten, resp. strenger beaufsichtigt werden. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 25. August. (Fruchtmittelpreis und Viltualienmarlt.) 
Weizen 13 M. Os Pj. Korn 69 M. 97 Pf., Gerste zweireihige 9 M. 36 Pf., 
dierreihige 08 M. 05 Pf., Spelz 8 M. O2 pf. Spelzkern — M. — Pf. 
Ddinkel · M. — Pf., Mischfrucht 10 M. 81 Pf., Hafer 7 M. 38 Pf., 
ẽrbsen — M. — Pf., Wicken O M. — Pf., Kartoffeln 3 W. 30 Pf. 
Zeu 4 M. 10 Pf., Stroh 8 M. 10 Pf., Weißbrod, 12/0 Kilogr. 62 Pf. 
dornbrod 3 Kilogr. 71 Pf., Gemischtbrod 8 Kilogr. 86 Pf., paar Weck 100 
Ir. 6 ppf. Rindfleisch J. Qual. 50 Pf. I. Qual. 46 Pf, Kalbfleisch 40 Pf., 
dammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 56 Pf.z Butter */3 Kilogr. 1M. O pf., 
Vein 1Liter 80 Pf., Bier J Liter 24 Pf. 
Homburg, 24. August. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.) Weizen 
12 M. 64 Pf, Korn 9ꝰ M. 410 pf., Spelzkern — M. — Pf. Spelz 07 M. 
Dßpf., Gerste Lreihige — M. — Pf. Gerste Kreihige dM. — Pf. Hafer 
7 M. 45 Pf., Mischfrucht O0 M. 64 Pf. Erbsen — M. — Ppf. Wicken 
d Rt. — pf, Bohnen O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
hrod 6 Pfunnd — Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 80 Pf. Ochsenfleisch — Pf. 
kindfleisch 50 Pf., Kalbfleisch 40 Pf. Hammelfleisch 60 Pf., Schweinefleisch 
50 Pf., Butter 1 Pfund 1 M. 05 Pf. Kartoffeln per Ztr. — M. — Pf. 
Kaiserslantern, 28. August. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.) 
Weizen 12 M. 51 Pf., storn O M. 83 ppf. Spelzkern — M. — Pf., Spelz 
IM. 74 Pf., Gerste9 M. 46 Pf., Hafer 7 M. 49 Pf., Erbsen — M. 
— pf. Wicden 0O M. — Pf., Linsen — M. — Pf., Kleesamen — M. — 
vf. Schwarzbrod 6 Pfund 80 Pf., do. 3 Pfd. — Pf. Gemischtbrod 
3Pfund 45 Pf., Butter pro Pfund 1M. 10 Pf. Eier 1Stüd o05 Pf. 
dartoffeln pro Zentner 4 M. 80 Pf. Stroh 3 M. — Bf. Heud M. — 
Bf., Kleeheu 4 M. 20 Nt, 
rür die Redaktion verantwortlich: F. A. Demen. 
Zum Lernen ist man nie zu alt. Dieser Satz findet seine Be⸗ 
tätigung in vollstem Maaße, wenn wir den letzten Jahresbericht des Tech⸗ 
nikum zu Mittweida in Sachsen, technische Fachschule für Maschinen⸗ 
Ingenieure und Werknieister, durchsehen und unter den Schülern Leute von 
ber 30 Jahren finden, Offenbar find dies Männer, die im praktischen Leben 
hon Stellungen bekleidet haben, aber schließlich zur Einsicht gelangt sind, 
aß zum Fortkommen in der Welt jetzt nicht blos praltische Bildung gehört, 
ondern auch theor:tisches Wissen, welches allein den strebsamen Techniker be⸗ 
aͤhigt, den zortschritten in seinem Fache zu folgen und sich eine bessere 
Siellung im Leben zu erringen. 
Reben vielen interessanten statiflischen Notizen finden wir in dem er⸗ 
vähnten Jahresberichte auch noch, daß die Eltern der ungefähr 400 Schüller 
neistens Fabrikanten, Ingenieure, Gewerbtreibende ꝛc. find, ein Beweis, daß 
ie Schule gerade in technischen Kreisen nach wie vor Vertrauen genießt. 
Ferner zeigt uns ein dem Programme beigefügtes Verzeichniß früherer Besucher 
der Schuͤle, welche ausgezeichnete Stellungen dieselben, im praktischen Leben 
gegenwaͤrtig einnehmen. 
Programme find unentgeldlich von dem Direktor der Schule, Herrn 
C. Weitzel in Mittweida zu beziehen.