gezogenen Kartoffeln die im selben Felde mit Knollen gepflanzten
Stode an Größe und Zahl übertreffen. Gegen Mitte August
schon zählte ich mit meinem Freunde an einem durch Ableger 8
dide, schälbare und 6 kleine Knollen. In Jahrgängen, wo die
Setzkarioffeln theuer sind, kann dieses Versahren für arme Leute
von höchsier Wichtigkeit werden. Jedenfalls verdient der Versuch
allgemein bekanni und ausgeführt zu werden. Schließlich will ich
noch bemerken, daß die Ableger nicht allzu glatt geschnitten werden
dürfen. (7)
pAus Lothringen, 28. Aug. In Metz wurden bei
einem Metzger Namens Isaak Rothschild vor einiger Zeit eine große
Quanutät verdorbener, zum Theil schon hochgradig in Fäulniß über—
gegangener Fleischwaaren, namentlich Würste, confiscirt. Die Straf⸗
ammer des dortigen Landgerichts verurtheilte den Metzger, der er⸗
wiesenermaßen wiederholt seine der Gesundheit höchst schädlichen
Fleischwaaren dadurch, daß er sie zu Spottpreisen verkaufte, an
den Mann gebracht hatte, zu einer Gefängnißstrafe von 4 Monaten,
sowie zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und zur Stellung
unter Polizeiaufsicht je auf die Dauer von 2 Jahren.
Straßburg, 29. Aug. Die landwirihschaftliche Aus⸗
stellung der Reichslande wird Sonniag, den 11. September, Vor⸗
mittags 10 Uhr, eröffnet. Während ihrer Dauer finden verschie⸗
dene Festlichkeilen stait, so am 11., Nachmittags, Wasserfest des
Straßburger Ruderclubs, am 17. und 18. September Pferderennen,
an letzterem Tag Abends Beleuchtung des Münsters. Am 20.
September Ziehung der Ausstellungslotterie.
pUnsere Dienstboten. Der Düsseldorfer „Anzeiger“
verbirgt die Wahrheit folgender Geschichte: „Bei einer Herrschaft
in Düsfeldorf machte eine Köchin zum Zwecke Engagements
einen Besuch. Die in Sammt und Seide gelleidete Dame fuhr
— D—— daß
die behandschuhte und verschleierte Dame die neue Köchin sei. Als
sie jedoch soiches erfuhr, wurde der feinen Küchenfee bedeutet, daß
sie (die Herrschaft) so feine Umgebung nicht gewöhnt sei. Mit
den Wortien: „Ich empfehle mich“, rauschte die Coquette von
dannen. Der Kutscher öffnete den Wagenschlag, die Magd stieg
graziös ein und fuhr davon.
München, 31. Aug. In der verflossenen Nacht wurden
aus dem Laden des Goldarbeiters Auser Waaren im Betrage von
16,000 M. gestohlen. Die Frechheit der Diebe ist um so gribßer,
als kaum 80 Schritte davon entfernt die Kommandantur und etwa
30 Schritte davon ein Gendarmerieposten sich befindet.
77 Auf der Fraueninsel im Chiemsee läßt König Lud⸗
wig von Bayern bekanntlich ein großes Schloß im Style des zu
Versailles erbauen. Die Westfront ist im Aeußeren nahezu fertig,
im reinsten Stein, gewaltig und belebt von Statuen und Emblemen.
An 500 Arbeiter sind eben am Bau innen und außen beschäftigt;
Gold, Marmor und mächtige Gemälde fesseln den Blick des draußen
Stehenden, während der Eintritt den nicht bei dem Bau Beschäftig-
jen strengstens untersagt ist. Zu dieser Wald⸗Einsamkeit des see⸗
umspülten Gebäudes wird ein Canal geleitet, der später den könig
ichen Herrn direct in seine überreichen Gemächer führen soll. Jetzt
schon sei, sagt man, ein von Gold starrendes Bett dafür ange—
jommen, dessen Kunstwerth sich auf mehr als hunderttausend Mark
ttelle. Den Schluß des Prachtbaues soll auf der einen Seite eine
stirche, auf der anderen Seite ein Theater bilden, so daß zur Vol—
lendung des Werkes noch eine Reihe von Jahren erforderlich sein
wird. Selten wird in unserer Zeit ein europäischer Fürst solchen
Prachtbau aufführen lassen, an solcher Stelle aber ist Aehnliches
wohl kaum erstanden. Denn Aegyptens und Thebens Bauten ge—
hören nicht in diese Kategorie von Schönheit, Kunst und Pracht,
mitten hinein gestellt in diese einzig-artige liebliche Einsamkeit.
Zu Ehren der Anwesenheit des deutschen Kron—
prinzen war die Stadt Augsburg am Montag Abend
festlich illuminirt. Der Kronprinz machte eine Rundfahrt durch
die Hauptstraßen der Stadt, bei der Rückkehr des Kronprinzen
zum Hotel bildete die Feuerwehr Spalier. Von sämmtlichen dor—
ligen Gesangvereinen unter Mitwirkung der Veteranenkapelle wurde
dem Kronprinzen eine Serenade dargebracht; in das vom Vorstand
der Liedertafel auf den Kronprinzen ausgebrachte Hoch stimmte die
dicht gedrängte Menge begeistert ein. Der Kronprinz erschien auf
dem Balkon und dankte, sich freundlichst nach allen Seiten ver⸗
neigend.
Lager Lechfeld. Zur Inspizirung der hier zu den
Brigadeübungen seit letztem Samstag versammelten dritten In—
fanteriebrigade (I. Jägerbataillon, 3. und 12. Infanterie⸗
Regiment) traf heute Vormittag gegen 10 Uhr, Se. k. k. Hoheit
der Deutsche Kronprinz mit Extrazug von Augsburg kommend im
Lager ein und wurde vom Platzkommandanten Generalmajor Duntze
am Bahnhof empfangen. Der Kronprinz begab sich sofort zu der
in Parade aufgestellten Brigade und ritt nach Entgegennahme der
Meldung und des Frontrapportes im Schritte die Fronten der
Treffen ab; hiernach formirten sich die Truppen in Kolonnen mit
Nompagniebreite zu einem Vorbeimarsch mit gefaßtem Gewehre und
iufgepflanztem Yatagan, der als mustergiltig bezeichnet werden
nuß. Nach mehreren kleinen Exerzitien wurden mehrere Bewe-
zungen in der Brigade ausgeführt, welche mit einem Gefechtsexer
itium schlossen. Einen imposanten Anblid bot die massirte Bri⸗
zjade, als sie in wuchtigem, weitausgreifendem Gleichschritte auf
zem festen, dröhnenden Boden einhermarschirte. Es ist doch was
zrin in unserer strammen Infanterie und das früher den Franzosen
aachgeahmte sogenannte legore Wesen, auf das wir uns gegenüber
er norddeutschen Festigkeil nicht wenig einbildeten, glücklicherweise
erschwunden. — Einer Einladung des Offizierkorps des 3. In⸗
Inlericregimentz huldvollst Folge gebend, dejeunirte der Kronprinz
n der improvisirten Speiseanstalt und trat dann die Rückkehr nach
Augsburg an.
Bei dem Gesangwettstreit in Wiesbaden errang in der
2. Abtheilung den ersten Preis (silbervergoldete Schale auf ziselirtem
ruße, Geschenk des Kronprinzen und der Kronprinzessin, nebst
300 M.) die „Hilaria“ von Aachen; die anderen drei Preise
jelen dem Singverein von Nürnberg, der Liedertafel von
MNauinz und der Liedertafel von Würzburg zu. In der
ritlen Äbtheilung erhielt den ersten Preis der Männergesangverein
»on Hannover, den zweiten der Männergesangverein von
gra'z, die beiden andern der Männergesangverein von Mainz
Ind das Neeb'sche Männerquartett aus Frankfurt a. M. Die
echs Vereine, welche so den je ersten und zweiten Preis davonge⸗
ragen, werden sich morgen im engeren Wetistreite zu messen haben.
In diesem engeren Wettstreite errang den 1. Preis der Männer⸗
esangwerein Hannover, den 32. der Männergesangverein
Braz.)
GSoldatenschinderei.) Aus dem Soldatenleben
m Frieden wurde am Freitag ein recht trübseliges Kapitel der
ersten Strafkammer des Berliner Landgerichts J. anläßlich eines
geleidigungsprozesses vorgeführt, der gegen die Redaklteure der
Berliner Zeitung“ nnd des „Börsen⸗Kurier“ Dr. Langmann und
sobert Davidsohn, sowie den Berichterstattr Frhrn. v. Schirp an⸗
jestrengt war. Der Kanonier Weiß von der sechsten Batterie des
0. Artillerieregiements; welcher Bursche bei dem zur Artillerie⸗
Werkstatt in Spandau kommandirten, in Berlin Mauerstraße 15
vohnenden Lieutenant Woigtkittel war, hatte seinem Leben durch
ẽrhangen ein Ende gemacht, nachdem schon vorher einmal ein
Seibstinordversuch mißglückt war. Ueber diesen Selbstmord brach⸗
ca die beiden Blaiter einen aus dem Schirp'schen Korrespondenz-
gureau stammenden Bericht, wonach der verstorbene Kanonier durch
ortgesetzte Mißhandlungen mit der Reitpeiische und Fußtritte des
Iffiziers zum Selbstmorde getrieben worden sei. Auf den vom
egimentskommandeur gestellten Strafantrag wurden die drei An⸗
— Woigtkittel durch Ver⸗
zreitung nicht erweislich wahrer Thatsachen unter Anklage gestellt.
der Angeklagte v. Schird erbot sich zum Wahrheitsbeweise, welcher
un auch angetreten wurde. Das Urtheil des Gerichtshofes —
uuf Freisprechung, da er den Beweis der Wahrheit, daß Kanoni
MDeiß durch fortgesetzte Mißhandlungen in den Tod getrieben wor⸗
zen sei, für vollständig gelungen erachtete.
FOlmüg, 28. Aug. Doubravitz, ein Dorf bei Müglitz,
vurde gestern ein Raub der Flammen. Grundbesitzer Patzak, der
nit seinem Weib in Unfrieden lebte, zündete aus Rache sein eigenes
Zaus an. Im Augenblick stand das ganze Dorf in Flammen;
36 Hauser und Scheunen mit reichen Getreidevorräthen sind ein⸗
Jeäschert. Ein Weib verbrannte. Der Brandstifter wurde verhaftet.
Paris, 80. Aug. Die gestrige Entgleisung des Schnell⸗
uges der Mittelmeerbahn zwischen Saint Raphael und Cannes
par die Folge des Aufreißens der Schienen durch Verbrecher auf
ner Strecke von fünf Meter. Der Zug stürzte von einem 15
Meter hohen Felsendanim in die Tiefe. Nach heutigen Angaben
vurden 2 Personen getödtet, vier schwer verwundet.
Paris, 30. Aug. Schon wieder ein Eisenbahnunglüd!
Auf der Fahrt von Paris nach Marseille fand zwischen Clermon
ind Saint Germain des Fosses eine Entgleisung statt, bei welchet
in Kondukteur und acht Passagiere verwundet wurden.
4 Zu Anfang dieses Monats findet in Brüssel ein
zroße Katzenausstellung statt. Die Unternehmer füllen jchon
etzi die Journale tagtäglich mit Kaßengeschichten an, um das
publikum in die richtige Stimmung zu bringen. So erzält ein
Hlatt, daß bei den großen Festen in Holland man zuerst auf einen
deiterwagen ein fahrendes Orchester sieht, das aus folgende Weise
ufammengestellt ist: In der Mitte des Wagens befindet sich ein
ezähmter Bär rings umher sind in kleinen Kästen, die ihnen
ierlei Bewegung gestatten, mehrere Dutzend Katzen eingespertt,
hon denen nur die Schweife bei einer Hölung herausstehen.
Diese sind mit dünnen Stricken an einander gebunden und der
Bär benützt sie gleich den Regiestern einer Orgel. In dem Mase,
als er stärker oder schwächer anzieht, ertönt eine mehr oder weniget
hörbare Katzenmusik. Andere Journale lassen wieder die berüymten
datzenfreunde die Revue passiren. Lord' Chesterfield hinterlies
inen Kahen und ihrer Brut bedeutende Legate. Paul de Bos