Hl. Ingberler Anzeiger.
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R 145. Sonntag, den 11. September
188155
* Sparsamkeit und Sparkafsen.
Sparsamkeit ist eine jener Tugenden, welche in unserer leicht⸗
ebigen, genußsüchtigen, nur auf möglichst raschen und bequemen
helderwerb bedachten Zeit von den meisten Menschen verkannt wird
nd doch die wahre Quelle allen Wohlstandes ist. Ganz richtig
ennt daher auch der Franzose Malarce die Sparsamkeit eine Tugend,
ne lobenswerthe Thätigkeit, um sich verführerischen Bedürfnissen
er Art, die leicht entbehrlich sind, zu entziehen. Es kann wohl
cht geläugnet werden, daß gerade bei uns in Deutschland bezüg—
sch der Genußsucht viel gesündigt wird, denn der Deutsche ist —
m Gegensatz zu den meisten anderen Nationen, im Allgemeinen
esonders genuß⸗ und vergnügungssüchtig und man braucht gar
ein scharfer Beobachter zu sein, um zu bemerken, daß diese Ge—
nußsucht hauptsächlich in unseren miltleren und unteren Klassen
um Ausdrudk gelangt. Diese Genußsucht wird aber schon mehr
—
a Deuischland ein richtiger bürgerlicher Wohlstand, wie er in
frankreich herrscht, noch immer nicht einstellen will. Diese Genuß—
uͤcht ist darum mit allen Mitteln zu bekämpfen und ein solches
Nillel — und gewiß das beste — sind die Sparkassen. Die
zparkassen haben vor Allem — außer ihrem praktischen Nutzen —
inen ethischen Werth. Die Sparsamkeit stärkt den Charalkter un⸗
emein, sie weckt im Menschen Selbstvertrauen und das Gefühl der
inabhängigkeit und ist am nächsten mit der Klugheit, Mäßigkeit
ind Freiheit verwandt. Wer immer borgt und Ausgaben macht,
ie seine Einnahmen übersteigen, kommt schließlich in die Lage,
mter einer Schuldenlast seufzen zu müssen, welche die Freiheit und
inabhängigkeit seiner Handlungen ernstlich bedroht. Wer jedoch
parsam leot, sichert sich seine Unabhängigkeit und schützt sich vor
er Nothwendigkeit, sich in Zeiten der Noth nach Almosen oder
Fientlichen Unterstützungen umzusehen.
Aber auch in anderer Weise sind die Sparkassen von Be⸗—
ꝛeutung. Was der Mensch auf rechtliche Weise sich selbst erwor⸗
en und erspart hat, das hat für ihn einen ganz besonderen Werth,
zarauf hält er, und je schwieriger es ihm geworden ist, je länger
s gedauert hat, sich Ligenthum zu erwerben, detto größer ist sein
gestreben, es zu erhalten. Hieraus resultirt aber auch das ihm
oon der Gesellschaft verbürgte Eigenthumsrecht, worin für den spar⸗
amen und thätigen Menschen der mächtigste Sporn liegt, sich
deichthümer oder wenigstens ein gewisses solides Vermögen zu er—
verben. Wenn man aber zur richtigen Würdigung und Schätzung
essen, was man sein Eigen nennt, gelangt ist, wird auch die
echte Würdigung fremden Eigenthums wachsen und man wird
Anderen auch das Ihre gönnen. Wo aber Achtung vor fremdem
rigenthum entstanden ist, da findet der Sozialismus und Kom—
nunismus mit seinen utopistischen Gleichheitsprincipien keinen Boden
ind in diesem Sinne kann man auch behaupten, daß durch die
zparkassen der Sozialdemokratie der Boden für ihr Dasein ent—
ogen wird. Eben weil bei vielen unserer Arbeiter, Handwerker,
leinen Kaufleuten u. s. w. das Gefühl für Sparsamkeit noch nicht
echt entwidelt ist, wodurch sie in den Stand gesetzt würden, sich
in kleines Kapital zu erwerben, findet die Sozialdemokratie unter
iesen Leuten ihre meisten Anhänger, denn jede Menschenklasse, die
von der Hand in den Mund lebt, wird stets ein Spielball der
Zeitumstände bleiben. Mit Recht konnte daher der englische Ge⸗
verlvereinler Cobden zu den Arbeitern von Huddersfield sagen:
Die Menschen sind immer in Sparsame und Verschwender ein—
getheilt gewesen. Alles, was den Menschen zu einem civilisirten
Menschen gemacht hat, ist von den Sparsamen geleistet worden
ind wer seine Hülfsmittel vergeudet hat, ist daher jederzeit ein
Sclave der Sparsamen gewesen.“
Die Sparkassen sind daher das beste Mittel, den Geist der
Selbsthülfe in den Arbeitern, kleinen Gewerbetreibenden ꝛc. zu
oecken und zu nähren! Ein gesunder Geist der Selbsthülfe unter
iesen Leuten würde aber mehr als jede andere Maßregel dazu
nienen, sie als Klasse zu heben und sie auf einen höheren Stand⸗
„unkteauch in Bezug auf Intelligenz und Sitilichkeit zu bringen.
Deutsches Reich.
Berlin, 7. Sept. Ueber die Reichstagswahlen sagt die
„Prob.⸗Coresp.“: Die Regierung wird nichts versäumen, um die
Wähler, welche ihr folgen und sie unterstützen wollen, über die
Ziele und Wege, die sie verfolgt, in's Klare zu setzen, um so mehr,
ils eifrige Widersacher thätig sind, dies in den Augen der Wähler
u verdunkeln. In einem Artikel über die Anbahnung des kirch—
ichen Friedens sagt die „Korresp.“, die Aussichten auf einen Frie—
en mit der katholischen Kirche hätten erfreuliche Fortschritte gemacht.
Beide Theile hätten einen Standpunkt gewonnen, welcher eine
Verständigung ermögliche. Die Besetzung des bischöflichen Stuhles
u Trier zeige, daß die Möglichkeit in einem Punkt zur Wirklich—
eit geworden sei. Sie gebe eine gewisse Bürgschaft für weitere
Annäherung und Verständigung.
* Der Reichskanzler hat ein Schreiben an die Bundes⸗
regierungen gerichtet, in welchem ausgeführt wird, daß von ver—⸗
chiedenen Seiten Beschwerden über polizeiliche Anordnungen in
der Reichskanzlei eingelangt seien, welche auf Grund des Reichs—
zesetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unter⸗
)rückung und Abwehr von Viehseuchen und der dazu vom Bundes⸗
athe erlassenen Instruction über die Handhabung der Hundesperre
jetroffen worden seien. Um nun eine falsche Auslegung des be—
eichneten Gesetzes zu verhüten, beabsichtigt der Reichskanzler dem
zundesrathe nach seinem Wiederzusammentritte eine Vorlage zu
nachen zum Zweck der Verhütung von Mißverständnissen, wie sie
jesonders in der Reichshauptstadt nach dieser Richtung schon vor⸗
zekommen sind. Die Sache hat unläugbar eine sehr weitgehende
Zedeutung, denn die Tollwuth-Epidemie der Hunde ist nicht nur
ür den Einzelnen, sondern für die Gesammtheit eine gewaltige
Befahr und es ist darum dankbar anzuerkennen, daß zur möglichsten
Minderung derselben die Reichsregierung einen weiteren Schritt zu
chun gedenkt.
Berlin, 9. Sept. Der Kaiser, der Kronprinz und der
Broßherzog von Meklenburg -Schwerin sinb gestern Abend 914
Ahr mittelst Extrazuges nach Danzig abgereißt.
Danzig, 9. Sept. Kaiser Wilhelm, Kronprinz Friedrich
Wilhelm und der Großherzog von Mecklenburg sind heute früh 6
ühr 10 Minuten hier eingetroffen und enthusiastisch empfangen
vorden. Kaiser Wilhelm und Kronprinz Friedrich Wilhelm, Beide
'n russischer Uniform, begaben sich um 1294 Uhr nach Neufahr—
vasser. Fürst Bismarck, welcher Vormittags eine einstündige Au—
dienz bei'm Kaiser Wilhelm gehabt hatte, fuhr unmittelbar hinter
dem Wagen unseres Kaisers. Der Großherzog von Mecklenburg-
-chwerin trug ebenfalls russische Uniforn. Um 112,4 Uhr kam
as russische Geschwader in Sicht.
Pfalzisches Schwurgericht.
III. Quartal 1881.
Zweibrücken, N. Sept. Bei der am Montag, den 12. Septem⸗
er l. Is., unter dem Vorsitze des Herrn Oberlandesgerichtsrathes Hessert
eginnenden Schwurgerichtssession des III. Quartals 1881 kommen nachste⸗
sende Fälle an den untenbezeichneten Tagen zur Verhandlung: Am 12. Sept.,
ßorm. 8. Uhr: 1. Diehl Jakob, 58. J. a. früher Wirth, jetzt Tagner;
. Frank Katharina, 63 J. a. dessen Ehefrau, beide von Winnweiler,
vegen betrüglichen Bankerutts. Vertreter der Staatsanwalt⸗
chaft: J. Staalsanwalt Petri; Vertheidiger: Rechtskandidat Fleischmann.
Um 12. Sept., Nachmittags 3 Uhr: 1. Pout h Anton, 18 J. a. Kellner;
. Endres Anton, 18 J. a., Bäcker, beide aus Trier, wegen Noth⸗
uchtsverssucch. Vertreter der Staatsanw.: II. Staatsanwalt ODr.
drell, Vertheidiger: Rechtskandidat Loew. Am 13. Sept., Vorm. 8 Uhr:
doch Georg, 48 J. a., Lumpensammler von Dreisen, wegen Brand⸗-
tiftunge Verir. der Staatsanw.: J. Staatsanwalt Petri; Vertheidiger:
Rechtskandidat Chormann. Am 14. Sept. Vorm. 8 Uhr: Web er Joseph,
175 J. a., Schuhwaarenhändler von Pirmasens, wegen betrüglichen
zankerutts. Vertreter der Staatsanw.: II. Staatsanwalt Dr Krell;
gertheidiger: Rechtskandidat Schuler. Am 14. Sept., Nachmittags 8 Uhr:
sed in er Luise, 53 J. a., Ehefrau von Georg Bindewald, Schlosser in
daiserslautern, wegen Meineids, Vertr. der Staatsanw.;
..Staatsanwalt Petri; Vertheidiger: Rechtsanwalt Schmidt. Am 15. Sept.,
horm. 8 Uhr: Elisabetha Kraft, 39 J. a., Tagnerin, Ehefrau von Jo—
ann Wolf in Bann, wege Meineids, Privaturkunden⸗
älschung und Betrug. Vertr. der Staatsanw.: Staatsanwalt am
Iberlandesgericht Scherrer; Vertheidiger: Rechtskandidat Loew. Am 16.
zept. Vorm. 8 Uhr: Jo est Adam, 22 J. a. Kaufmann aus Hausenstamm.