St. Inaberler Anzeiger.
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—V
Dienstag, den 20. September —1881.
Deutsches Reich.
Das bayerische Ministerium des Innern erläßt eine Be—
kanntmachung, wonach der Tag, an welchem die Auslegung der
Wählerlisten für die Reichstagswahlen zu beginnen hat, auf den
27. Sept. lJ. JIs. festgesetzt ist.
* Die Reichsregierung scheint der Colonisationsfrage
wieder näher treten zu wollen, wenigstens könnte man einen auf
unsere Colonialpolitik bezüglichen Passus in dem freikonservativen
Wahlaufruf als ein Zeichen hierfür auffassen. Schon gleich nach
Verwerfung der Samoa-Vorlage sprach man sich in der damal—
herrschenden sehr gereizten Stimmung in Regierungskreisen sehr
unumwunden dahin aus, daß man sich bei dem ablehnenden Reichs⸗
agsvotum nicht bescheiden, sondern in einer oder der andern
Form auf die in weiten Kreisen des Volkes populäre Sache zu⸗
rückkommen werde. Wenn auch nicht anzunehmen ist, daß ein
Colonisationsplan irgendwie bereits greifbare Form angenommen
hat, so steht doch fest, daß diese Frage in der bevorstehenden Reichs⸗
lags-Session discutirt und hierdurch der Regierung Gelegenheit
gegeben wird, ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit darzulegen.
Karlsruhe, 18. Sept. Der Kaiser, von dem Flonen-
manöver aus Kiel kommend, der Kronprinz und Prinz Wilhelm
sind um 11 Uhr mittelst Extrazuges hier eingetroffen, empfangen
von den Mitgliedern der großherzoglichen Familie und den fremden
Fürstlichkeiten. Die Kronprinzessin ist in Darmstadt bei der groß⸗
herzoglich hessischen Familie zurückgeblieben. Der Kaiser veränderte
ganz plötzlich die Reisedisposition, er blieb hier, anstatt nach Baden
weiter zu fahren und fuhr unter dem Jubel der Bevölkerung in
offener Equipage in das Schloß. Die Kaiserin trifft zu aller
Freude bereits heute Nachmittag von Baden hier ein. Gan; Karls—
ruhe ist auf den Beinen.
Ausland.
* Die irische Landliga it enischlossen, den Kampf gegen
die englische Regierung im Aulgemeinen und die Gutsbesitzer in
Irland im Speciellen einstweilen frisch und fröhlich weiterzuführen.
Diesen kriegerischen Geist athmen die Resolutibnen der am ver—
gangenen Donnerstag zu Dublin eröffneten nationalen Convention
der Landliga, wozu 1800 Delegirte erschienen waren.
Nach einer telegr. Nachricht aus Longbranch ist der Ver—
einigte Staaten⸗Präsident Garfield gestern 19. ds. gestorben.
*Die Lage der Franzosen in Tunesien ist zur Zeit noch
immer eine bedenkliche, denn mit Ausnahme der Hauptstiadt und
einiger festen Plätze im Norden sind die aufständischen Araber
herren des Landes. Die Colonne des Generals Sabatier ist in
Zaghouan von den Insurgenten vollständig eingeschlossen und die
Situation des eingeschlossenen Corps ist um so ernster, als es den
Insurgenten sogar gelungen ist, den Franzosen einen Theil des
Trinkwassers abzuschneiden; eine Entsatz« Colonne ist von Tunis
bereits unterwegs.
uführen und vor allem nothleidenden, armen Kameraden Unter—
tützungen zukommen zu lassen. Dies Letztere sei auch im hiesigen
Bereine dadurch möglich, weil derselbe Mitglied der pfälzischen
dampfgenossenschaft und als solches zugleich Mitglied des bayeri—
schen Veteranen⸗, Krieger⸗ und Kampfgenossen-Bundes sei, der
iber einen sehr bedeutenden Unterstützungsfond verfüge.
Dieser Unterstützungsfond sei entstanden aus der Wohlthätigkeits⸗
lotterie der Jahre 1879 und 1880 welche einen Ueberschuß von
uüber 160,000 M. abgeworfen habe. Auch dieses Jahr komme
wieder eine Serie zur Ausloosung (und zwar die drilte mit fort⸗
laufenden Nummern). Die Ziehung finde am 11. Oktober nächst⸗
hin statt und sei es am Plahe, wenn jeder Kamerad mindestens
ein Loos à 1M. nehme, um das Unterstützungswesen im Vereine
dadurch fördern zu helfen. (Auch unseren Lesern sei diese Lotterie
des edlen Zweckes, wie der günstigen Gewinn⸗Chancen halber
bestens empfohlen. Die Red.) Schließlich gedachte der Redner
des hohen Proteltors oben genannten Bundes, Sr. Maj. des
Königs Ludwig IU., der bei der Uebernahme des Protektorats ge—
agt habe, daß er sich freue, dasselbe zu übernehmen. Da der
Bund schon bei mehreren Gelegenheiten seine patriotischen Ideen
zezeigt habe, so fordere er alle Kameraden auf, an dem Prinzipe
estzuhalten. Ein mit Begeisterung aufgenommenes Hoch auf den
erhabenen Protektor schloß die Ansprache. — Hierauf wechselten
mit einander ab 4händige Klavierpidcen, Männerchöre und Solo—
Juartette, welche eingeladene Herren hiesiger Vereine so freundlich
varen, vorzutragen und die mit dem groͤßten Beifalle aufgenom⸗
nen wurden. Dazwischen ertönten die Klänge der gut conzerti⸗
cenden Schadewitz'schen 12 Mann starken Kaͤpelle. Nur ungern
rennten sich zur Feierabendstunde die in frohester Feststimmung
Jewesenen Mitglieder und Eingeladenen, die alie sich ein baldiges
ähnliches Wiedersehen zuriefen.
*St. Ingbert. In der sinnig geschmückten protest.
dirche wurde am Sonntag Vormittag unter sehr zahlreicher Be—
heiligung der Gemeindeglieder der neue prot. Geistliche Hr. Pfarrer
Ferckel, durch den k. Dekan von Homburg in sein Amt einge—
ührt. — Am Sonntag Nachmittag hatte ein Theil unserer Feue r⸗
wehr, einer an sie ergangenen Einladung folgend, einen Au s—
flug nach Dudweller zum Besuche einer Hauptübung der
dortigen Feuerwehr gemacht.
— Ensheim, 19. Sept. Die angekündigte Ob st a u 8⸗
bellung wurde heute, begünstigt vom schönsten Wetter, durch
den kgl. Bezirksamtmann, Herrn Dr. Schlagintwei t, feier⸗
ichst eröffnet. Herr Bezirksamtmann Di. Schlagintweit drückte
eine große Freude aus über die reichliche Ausstellung, die von
großer Sachkenntniß zeuge. Das aus dieser Ausstellung Gewonnene
möge braktisch verwerthet werden. Sodann nahmen die Herren
Besichtigung der Obstsorten vor, und man war allgemein erstaunt
iber die getroffenen Arrangemenis, sowie über die zahlreichen Obst⸗
sorten, deren es wohl 500 sein mögen. Dazwischen spielte unsere
treffliche Kapelle und trug nicht wenig zur allgemeinen Festesfreude
bei. Verschiedene Toaste fanden allseitigen Beifall. Ein gemein⸗
chaftliches Nachtessen vereinigte eine stattliche Anzahl Gäste. Im
hanzen mögen wohl heute 800 die Aussiellung besucht haben.
Zerrn Pfarrer Rütter gebührt die Anerkennung, daß er keine
Mühe scheute, um die Ausssellung zu einer gelungenen zu gestalten.
ꝙ0 Aus dem Bliesgau, 18. Sept. Vorgestern be⸗
ichtigte Herr Ministerialrath Heintz aus München, begleitet von
inigen Hrn. Beamten aus Zweibrüchken, die bekannten Röͤmer—
äderinErfweiler-Ehlingen. Wie ich vernehme, sollen
Schritte gethan werden, um die Bäder vollständig frei zu legen. —
In meiner Correspondenz vom 14. ds., Zwetschenverkauf anlan⸗
nend, finde ich einen Irrthum, indem für den Zit. Zwetschen nicht
M. 580 Pf., sondern 4 M. 530 Pf. bezahlt werden, was dahin
erichtigt werden wolle. n
x In Folge einer Explosion in der Grube „Zollern“ bei
Dortmund verunglückten 9 Bergleute; 4 waren sofort todt,
z starben nachher.
Vermischtes.
St. Ingbert, 20. Sept. Am letzten Sonntag Abend
feierte der Krieger⸗Verein im Oberhauser'schen Saͤale sein
Stiftungsfest. Der Beginn war auf 8 Uhr festgesetzt. Anfangs
war der Saal noch etwas leer, doch bald begaun er, sich zu füllen
und gegen 9 Uhr war er vollständig besetzt. Die Musik spielte
erst einige Stücke, dann wurde das Lied: „Deutschland, Deutsch⸗
land über Alles“ als allgemeiner Chor mit Klavierbegleitung ge⸗
sungen. Nachdem hierauf die Musik noch ein Stück gespielt hatte,
erstattete der Vorstand des Kriegervereins, Herr Kaufmann
H. Fischer, Bericht über das abgelaufene Vereinsjahr. Diesem
entnehmen wir, daß die Mitgliederzahl des Vereins im letzten
Jahre von 89 auf 106 gestiegen ist und daß schon wieder mehrere
Anmeldungen zur Aufnahme für die nächste Generalversammlung
vorliegen. Auch in finanzieller Beziehung steht der Verein heute gut
da. Schulden hat er keine mehr und er kann nun damit beginnen,
einen Unterstützungsfond anzulegen. Der Redner ließ jeßt eine
urze Darlegung über den Zwedk des Kriegervereins-Wesens folgen,
der darin bestehe, die im Dienste für's Vaterland gepflogene
Kameradschaft und Lihénglichkeit auch in's bürgerliche Leben über—
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Deme