Sl. Ingberler Anzeiger.
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Samstag, den 29. Januar 1881.
V IJ
Deutsches Reich.
(Bayerischer Zandlag.) Derselbe wählte in den Aus—
chuß für das Wahl⸗Reform⸗Gesetz die Abgeordneten Peßl, Schels,
vörg. Stauffenberg, Daller, Bekh Rußwurm, Fischer, Soden,
zampert, Meyer, Louis, Senestrey, Schauß. Der Austritt Scharrer's
vurde genehmigt und die Korordnung auf Antrag des Abg. Lerzer
ner Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen, ebenso das Vieh⸗
euchengesetz.
Ueber die ersten Uebungen der Ersatzreserve im laufenden
zahre iu Bayern von den Generalkommandos im Einvernehmen
nit den Kreisregierungen bestimmt, daß selbe am 22. August zu
beginnen sind und am 29. Oklober zu enden haben; zur Decung
Fer heurigen Uebungsquote von 462d Mann find in erster Reihe
zie beim diesjährigen Aushebungsgeschäfte wegen hoher Loosnummer
ur Ersatzreserve J. Ki. zu überweisenden Mannschaften heranzu⸗
iehen. Zu einer Nachübung sind solche Mannschaften, welche dem
Finberufungsbefehle nicht pünktlich nachgekommen, der Vergünstigung
er Wahl der Truppentheile verlustig gegangen sind oder deren
Zestellungstag Aufschub erfahren hat, edentuell mit den Rekruten
es Jahrganges 1881 zu Aufang November einzuziehen.
Aus Berlin wird officiös geschrieben: „Es wird wiederholt
uu verbreiten gesucht, daß die dem Bundesrath wiederum vorgelegten
Ind voraussichtlich von da aus abermals an den Reichstag ge⸗
jangenden Steuervorlagen nicht ernst gemeint seien, vielmehr nur
die Bestimmung hätten, zu zeigen, daß die einzige Hilfe in dem
Tabatmonopol bestehe. Wir können diese Annahme auf das ent⸗
chiedenste bestreiten. Wenn der Bundesrath, wie zu erwarten,
nuf's neue jene Entwürfe bestätigt, so werden die Vertreter desselben
m Reichstage auch mit vollem Rachdruck für dieselben eintreten.“
Die probeweise Bewaffnung des preußischen Garde⸗Schützen⸗
gataillons mit dem Maggazingewehr ist, der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge,
unächst wieder aufgegeben worden. Die Gewehre sind bereits
zegen die bisher gebrauchten umgetauscht. Eine definitive Ent⸗
cheidung über die Einführung des Magazingewehres wird vom
zaiser je nach Befinden über den eingereichten Immediatbericht bez.
ieser Waffe erwartet.
Es besteht die Aussicht, daß im Reichsbudget von 1882 die
befürchtete Erhöhung der Malrikularumlagen vermieden
derden kann, va die schon mitgetheilten Einnahmen der Zölle und
Berbrauchssteuern bis Ende 1880 Ueberschüsse in Höhe von 25
Rillionen M. über die Budgetansätze ergeben sollen. Daß in dieser
Sachlage keine besondere Veranlassung zur Freude für das steuer⸗
zahlende Volk liegt, brauchen wir wohl nicht weiter zu erwähnen:
zie Zoölle und Verbrauchssteuern nahmen pfennigweise, wo die Ma⸗
itularumlagen markweise fordern würden — die Summen selbst,
ie aus den Taschen der Steuerzahler gehen, bleiben sich gleich,
tesp. sie erhöhen sich auch für 1882.
Ausland.
In dem Bud get-Entwurf Frankreichs für 1882,
welchen der französische Finanzminister am vergangenen Freitag in
der Kammer eingebracht hat, sind die Agsgaben auf 2,818,662,933
ind die Einnahmen auf 2,836,803,228 Frs. angesetzt, so daß
das Budget mit einem Ueberschuß von 17,840,290 Frs. abschließt.
Die Ausgaben sind um 55,262,510 und die Einnahmen um
72,335, 234 Irs. höher veranschlagt, als im Jahre 1881. In
dem Capitel für die Verzinsung der Staatsschuld ist eine Erhöhung
on 163 Milljonen für die im Laufe dieses Jahres auszugebende
ilgbare Rente vorgesehen. Das außerordentliche Budget, wekches
us dieser Renten-⸗Ausgabe seine Mittel schöpft, belaͤuft sich auf
359 Millionen, worunter 55 Millionen für das Kriegsmaterial,
z5 Millionen für das Flottenmaterial, 453 Millionen für die
ffentlichen Arbeiten und 10 Millionen für den Weiterbau des
anterirdischen Telegraphen⸗Netzes, für welchen schon 9 Millionen
perausgabt worden sind.
Gambetta spielt sich in seinen jüngsten Reden als Frie⸗
densapostel auf. Ob es ihm damals ernst ist? Gambetta ist der
Friede, wie es Napoleon Jii. war, nämlich so lange der Friede
hm dient; er wird den Frieden zum Tempel hinauswerfen, wenn
I Geschaft es mit sich bringt und sein Organ (die „Reb.
Française“) ist schlau genug, dies jedem zu verrathen, der darüber
Awa Zweifel hegen soüte. Wodhfeil ist die Republik der Firma
—VT—— Monarchie Ludwigs XVI.
berbrauchte jährlich 300 Millionen, Napoleon J. rund 800, die
Restauration behalf sich mit einer Milliarde, das Bürgerkönigthum
hrauchte anderthalbe Milliarden ordentlicher Ausgaben, das zweite
Zaiserthum durchschnitilich 2600 Millionen; die dritie Republik
zraucht in zehn Friedensjahren je drei Milliarden ordentlicher Aus⸗
Jaben und die übrigen Ausgaben des Landes haben sich in dem⸗
elben Verhältnisse — nach dem Herzen Gambetta's — repu⸗
hlikanisirt.
Die Russen haben in Asien auf ihrem Feldzuge gegen die
Teke⸗ Turkmenen einen wichtigen Erfolg errungen. Denn wie aus
Petersburg offiziell gemeldet wird, haben sie unter General
Stobe ew am 24. ds. Geoktepe, die Hauptfestung des Feindes
aach ostündigem Kampfe erorbert und große Beute gemacht.
Die Maͤchte stimmten sämmtlich „im Princip“ dem Antrag
der Pforte auf Eröffnung von Verhandlungen in Konstantinopel
zu. Man (wer ) erblickt in dem Vorschlag der Pforte an sich
in Anzeichen für deren Geneigtheit, über die in der Note vom
30. Odober v. J. bezeichneten Concessionen hinauszugehen. Die
Verhandlungen werden nicht den Charakter einer Conferenz tragen,
ondern von den einzelnen Botschaftern geführt.
Der Prozeß gegen den trischen Agitator Parnell hat ein
nerkwürdiges Ende genommen. Die Geschworenen erklärten näm⸗
ich, es sei ihnen unmöglich, sich über einen Wahrspruch zu einigen,
worauf die Jury aufgelöst wurde. Wird nun eine neue Jury ge⸗
hildet, so muß der ganze Prozeß von vorne begonnen werden, um
nöglicherweise zu einem kleinen Resultate zu führen. Man wird
es den Geschworenen, die bei einem verurtheilenden Verdikt ihres
debens nicht sicher gewesen wären, kaum verargen können, wenn
ie sich auf diese Weise aus der heiklen Affaire zu ziehen suchten;
einigermaßen gespannt darf man aber darauf sein. wo die Sache
enden wird.
Lima, die Hauptstadt von Peru, hat sich, wie schon er⸗
wähnt, dem Heere der Chilenen ergeben. Das heißt, der Kampf
der drei Republiken Chili, Peru und Bolivia in Südamerika ist
zu Ende. Peru und Bolivia sind unterlegen und das ist befrie⸗
digend; denn auf Seite der Chilenen stand das Recht, die höhere
moralische und die materielle Kraft, die Chilenen sind arbeitsam,
üchtig und haben nur ungern zu den Waffen gegriffen. In Bo⸗
ibia und Peru sind die Einwohner arbeilsscheu, verdummt und
tief verschuldet. Bolivia hatte es versucht, durch eine übermäßig
hohe Besieuerung des Guano-Handels von Atacama, der sich meist
in Händen der Chilenen befand, ihren Finanzen aufzuhelfen. Als
Thilͤ dies mit Berufung auf Verträge ablehnte, erschienen plötzlich
auch die Peruaner auf der Scene. Auch sie wollten durch einen
Zlücklichen Krieg gegen das reiche Chili ihren Finanzen auf die
Zeine helfen. Es ist jedoch anders gekommen und die Regierung
von Chili wird nun den verbündeten Regierungen von Veru und
Rolibig den Frieden dictiren.
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Vermischtes.
F Füur alle im Jahre 1861 geborenen Wehrpflichtigen läuft
der Meldetermin für den einjährig-freiwilligen Dienst am 1. Februar
ab. Dispens bei Fristversäumniß wird nur vom Staatsministerium
des Innern bewilligt und ist schwer zu erlangen. Eltern oder
hormunder, denen die Aufsicht über 20jaͤhrige Söhne oder Mündel
»bliegt, haben keine Zeit zu verlieren, um die mit Geburts⸗, Leu⸗
munds⸗, Studien⸗ und Einwilligungsattesten versehenen Gesuche
den zuständigen Prüfungskommissionen vorzulegen.
FDer junge Mann, welcher, wie in der letzten Nr. des „Anz.“
zerichtet, sich in Kaiserslautern und Hochspeyer als Sohn des Holz⸗
Jändlers Jentzer von Waldfischbach ausgab und bei verschiedenen
euten an diesen Orten auf das Haus Jentzer Geld zu pumpen
uchte, wurde von der Gendarmerie in der Person des 18jährigen
Tünchers Karl Hersel von Waldfischbach bereits verhaftet. Als ihm
eine Pumppersuche mißlungen waren, hatte er sich nach Hause be⸗
geben, wo ihn bald darnach der Arm der Gerechtigkeit packte.