Wie ein schweizerisches sozialistisches Blatt zu wissen glaubt,
wollen auch die pfälzischen Sozialdemokraten bei den dem—
nächstigen Wahlen in Aktion treten. Sie beabsichtigen demnach in
jenen Wahlkreisen, wo Anhänger ihrer Sache vorhanden, eigene
Kandidaten aufzustellen, dagegen bei etwaigen Stichwahlen ihre
Stimmen den Kandidaten der Volkspartei zuzuwenden.
Der „Pf. V.“ wird geschrieben: „Wir hatten jüngst Ge⸗
legenheit, einer Zivilsitzung des Amtsgerichts X. beizuwohnen, in
welcher auch ein Prozeß wegen Bezahlung von 11 Mark vorkam.
Der Kläger war durch einen Rechtsanwalt vertreten, und betrugen
die Gebühren des letzteren' (einschließlich der Reisegebühren, da der—
selbe nicht am Sitze des Amisgerichts wohnt) über 20 Mark
Uebrigens kommt es eben häufig vor, daß die Partien in den bei
Amtsgerichten anhängigen Prozessen durch Rechtsanwälte vertreten
find. Die stets nicht unbedeutenden Kosten der Vertretung fallen
der unterliegenden Partei zur Last, die Reisekosten eines auswärtigen
Eechtsanwalts jedoch nur insoweit, als die Zuziehung nach dem
Ermessen des Gerichts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der
Kechtsvertheidigung nothwendig war.“
1In Kaiserslautern hat der Siadtrath die Errichtung
einer Station zur Untersuchung von Lebensmitteln u. s. w. beschlossen.
7 Die Postboten der Pfalz halten nächsten Sonntag, den 30.
ds. Vormittags 11 Uhr eine Versammlung im Saalbau zu Neu—
stadt ab. Zweck derselben ist dem Vernehmen nach Berathung
einer Petition um Erhöhung der Gehaltsbezüge.
F.In Neustadt hat der „Frauenverein“ beschlossen, auch
diesen Winter eine Suppenanstalt zu eröffnen.
f Aus Maikammer, 26. Januar, schreibt man der
„Ggwrt.“: „Die große Kälte der letzten Tage hat in unseren
Weinbergen ihre Spuren zurückgelassen; in verschiedenen Lagen
sind die Augen der jungen Reben zum Theil erfroren. Der hier—⸗
durch entstandene Schaden läßt sich jetzt noch nicht übersehen, der⸗
selbe dürfte aber nicht unbedeutend sein.“
7 Das Bürgermeisteramt Dürkheim gibt bekannt, daß
der Vertrag über Verpachtung der Saline ꝛc. an den Ingenieur
e. v. Feral die Genehmigung des Bezirksamts erhalten hat. —
Der Armenpflegschaftsrath daselbst hat für diesen Winter wieder
eine Suppenanstalt errichtet, die am 26. Januar eröffnet worden
ist; der Liter Suppe wird um 8 Pf. abgegeben.
F Aus Ungstein, 26. Januar, schreibt man dem „Dürkh.
Anz.“: Nach vielseitig angestellten Untersuchungen sind die Wein⸗
stoͤcke, so weit sie nicht mit Schnee bedeckt waren, in der ganzen
Gemarkung und in allen Traubensorten erfroren, nur wenige
Lagen mit kleinerer Ausdehnung sind verschont. Mögen sich bei
diesem, nach den vielen Fehljahren doppelt schweren Unglück die
Befürchtungen bezüglich der Wutzeln in dem hart und tief gefro—
renen Boden nicht bewahrheiten.
Wie der „Börsen⸗-Kur.“ mittheilt, hat der Direktor der k.
preuß. Eisenbahndirektion Saarbrüsccken wegen der Verfolgung
des „Neunkircher Tgbl.“, die ohne zureichenden Grund erfolgt sei,
aus dem Ministerium einen Tadel erhalten. J
7 Das zweite Geleise de Moselbahn, das mit dem
15. Mai (Sommerfahrplan) dem Verkehr übergeben wird, ist in
einzelnen Sektionen vollständig fertig gelegt.
7 Gelegentlich des am 28. ds. in Berlin gefeierten Krönungs—
und Ordensfestes hat Se. Maj. der Kaiser folgende in Elssaß⸗
Lothringen verweilende Pfälzer decorirt: mit dem rothen
Adlerorden 8. Klasse mit der Schleife Oberlandesgerichtsrath Duy
in Kolmar; mit dem rothen Adlerorden 4. Klasse Regierungsrath
Karl in Straßburg, Ministerialrath Dr. Hoseus in Straßburg,
Landgerichtsdirektor Lellbach in Metz.
Den Mühlenbesitzern in der Gegend von Trier sind kürz⸗
lich von einer niederländischen Firma 8 Proben eines feingemahlenen
Stoffes zugegangen, von welchem der Preis pro 100 Kilo 814
und 10 M. (d. h. das Pfund 424, 484 und 5 Pf.) kostet.
Der Leser wird errathen, wozu dieses Zeug dienen soll.
F In Saarburg wurde der Weinhändler Charton, der
uicst⸗ mit Naturwein gemischt und dieses Gemisch als Naturwein
derkauft hatte, hierfür zu einer Geldbuße von 500 M. und 4
Wochen Gefängniß verurtheilt.
Die Theaterintendantur zu Frankfurt erließ im Herbste
1879 ein Preisausschreiben für Trauerspiel, Schauspiel, Luͤstspiel
und Oper. Ueber 8300 Stücke sind eingegangen und — durch—
gefallen! Kein einziges darunter, das den gestellten Anforderungen
genügt hätte. (In München war es gerade so.
f Die Nr. 2 der „Deutschen Turnzeitung“ enthält Mitthei⸗
lungen über das 5. allgemeine deutsche Turnfest in Frankfurt
a. M. Die Einnahmen betrugen 225,779 Mark 91 Pf., die
Ausgaben 210,789 M. 62 Pf., so daß sich bei der am 8. Januar
d. J. Statt gehabten Abrechnung ein Ueberschuß von 14,990 M.
29 Pf. ergab. Nach den Beschlüssen des Zentralausschusses wurden
etwa 4000 M. als Gratifikation an die Unterstüßungskassen der
Feuerwehr und der Schutzmannschaft gegeben. Der Rest mit
10,000 M. wird zur Bildung eines Reserbefonds für die bei dem
Feuerwerk Verunglückten verwendet. Die für die Verunglückten
jesammelten Liebesgaben betragen im Ganzen 39,627 M. 97 Pf
Rechnet man obige 10,000 M. dazu, so ergibt sich die Summ—
von beinahe 50,000 M. Hiervon sind bis jetzt an 20 Personep
etwas über 6000 M. abgegeben worden.
F Die „Frankf. Ztg.“ schreibt: Ende verwichener Woch⸗
verstarb dahier ein anscheinend in höchst bescheidenen Verhäaltnisser
lebender Greis, welcher das hohe Alter von 92 Jahren erreichte
Derselbe soll ein Vermögen von 5 bis 6 Millionen Mark, dae
dem Associs einer Anilinfabrik zufällt, hinterlassen haben.
Die Vorbereitungen zum 24. deutschen Lehrertage in Karlsz.
ruhe nehmen nunmehr greifbare Gestalt. Ver Großherzog hat
ür den Fall seiner Anwesenheit die Theilnahme an den Verhand
ungen in Aussicht gestellt. Am ersten Tage soll eine Theatervor
tellung Statt finden, für den zweiten Versammlungstag ist eir
mufikalischer Abend geplant, und zum Schlusse der Verhandlungen
wird eine Festfahrt nach Baden eintreten.
In Mannheim sowohl wie in Karlsruhe ist da
Berücht verbreitet, daß demnächst über die erstgenannte Stadt de
Belagerungszustand verhängt werden solle. Was an der Sach
ist, wird sich bald herausstellen.
F Aus Mainz, 24. Januar wird berichtet: Seit einigen
Tagen passiren größere Transporte Gefangener unter Bededung
hayerischer Gendarmerie unsere Stadt. Dieselbe kommen aus den
hayerischen Zuchthaus zu Amberg, welches derart überfüllt ifl
daß die überzähligen Häftlinge nach und nach über Mainz nad
dem Zuchthaus in Zweibrücken transportirt werden. Sie werden
im hiesigen Arresthause auf Kosten der bayerischen Regierune
verpflegt.
f Vom 1. Juni ab wird Heidelberg endlich eine Gar
aison erhalten. Heidelberg ist die einzige deutsche Unibersität, der
hbisher eine Garnison fehlie.
— Mit welch' zweifelhaften Genüssen der Dienst eines Gen—
darmen oft verbunden ist, bewies eine am 25. ds. am Landgerich
München I. gepflogene Verhandlung. Der Gendarm Röhr
arretirte an einem der letzten Tage des Monates Dezember in
St. Quirin den Schlossergesellen Hermann Golge von Kreuzbero
in Schlesien wegen Betiels. Da Golge nicht gutwillig mitging
wurde er gefesselt, die Fesseln ihm jedoch wieder abgenommen, al⸗
er erklärte, seine Hände schmerzten ihn der Kälte wegen sehr. Au
dem Weitermarsche blieb Golge, nur um den Gendarm zu ärgern
bald stehen, bald legte er sich nieder und in die Nähe des Tegern
see's gekommen, sprang er plötzlich in diesen. Trotz aller Auf⸗
orderungen des Gendarmen ging Golge nicht aus dem Wasser, sia
aß sich der Gendarm gezwungen sah, gleichfalls ein kaltes Bad zu
nehmen; doch Golge schwamm weiter in den See hinein und tauchte
plötzlich unter, in welchem Moment ihn der Gendarm beim Rod
dackte und an's Land zog. Trotz der damals herrschenden kalter
Temperatur hatten beide keine nachtheiligen Folgen von dem un⸗
eitgemäßen Bade. Wegen Widerstands und Betiels wurde Golge
zu 6 Monaten Gefängniß und 8 Tagen Haft verurtheilt.
F Die Intendantur des 2. bayer. Armee-Korps vergib
m Wege schriftlicher Submission am 10. Februar d. J. für ver
chiedene Magazine die Lieferung von Roggen (für Germersheim
Landau, Nürnberg, Würzburg und Zweibrücken), sowie von Weizen⸗
und Roggenmehl (für Nürnberg und Würzburg). Es wird hierbe'
namentlich die Betheiligung kleinerer Produzenten gewünscht. Di⸗
Bedingnißhefte liegen vom 25. ds. Mts. ab bei den Magazins⸗
bezw. Garnisons-Verwaltungen vorgenannter Garnisonsorte, sowi
auch im Kazleigebäude der Intendantur zur Einsicht der Interes⸗
senten offen.
Das Betriebsergebniß der ba yerischen Staais-Eisen⸗
hahnen schließt für das Jahr 1880 mit einem Mehr von 1,108, 888
M. gegen das Vorjahr (was nur ein Mehr von 139,860 M.
zegen 1878 war) ab. Die Gesammt-Einnahmen des Jahres 1880
betragen nämlich 74,781,691 M. Gegen das Votjahr ist die Be—
riebslünge der bayer. Staats-Eisenbahnen nur uͤn 55 Km ge—⸗
tiegen, nämlich von 4135 auf 4190 km. Im Jahr 1880 wür—
den 12,087,545 Personen befördert, davon die verhältnißmäßig
meisten im August, nämlich 1,436, 804.
. Ein grauenhafter Gattenmord ist heute in dem Dorfe
Gushagen bei Kassel begangen worden; der Steinbrucharbeiter
Klein hat seine Ehefrau erschlagen, indem er ihr durch einen
wuchtigen Hiebe mit dem Beil den Kopf buchstäblich vom Rumpfe
rennte. Klein hatte in Folge des anhaltenden Frostwetters keine
Beschäftigung im Steinbruche, also auch keinen Verdienst; es herrschte
daher große Noth in der mit fünf Kindern gesegneten Familie.
Wie von den Furien gepeitscht, hat der Mörder nach Verübung
der schaurigen That die Flucht ergriffen.
f Ueber eine wohlhabende Almosenempfängerin in Char—⸗
lbottenburg (bi Berlin) schreibt „Schlesingers Int.Blatt“:
Die Wittwe Konczak in der Schloßstraße bezieht seit 1870, also
seit länger als 10 Jahren, eine monatliche Armenunterstützung von
3 M. aus städtischen Mitteln, da sie es verstand, sich bettelarm