Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðSlt. Jugherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöcherltich füufmal: Am Montag, Dienstag, Vonnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
hlatt und Sonntags mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 146 40 ¶ einschließlich Trägerloha; durch die Post bezogen 14 60 , einschließlich 
O B Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 B, bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechntt. 
—16 Jahrg. 
J/ 
M 176. 
Fuüur die Monate November und 
Dezember werden Bestellungen 
zegehrt nach keiner Rache an Italien für die an 
iesen Staai verlorene Lombardei und Venedig, und 
Italien, welches in den Jahren 1859, 1866 und 
1870 mit fremder Hülfe die Lombardei, Venedig 
ind Rom gewann, kann mit seinem derzeitigen 
rLänderbesitz recht gut zufrieden sein und hat wenig— 
tens keine zwingende Ursache, seine Grenze noch 
veiter nach Oesterreich auszudehnen. Auch heben 
vir an dieser Stelle noch besonders hervor, daß 
ie Schreiereien der . Italia irredenta“ nach Triest 
ind Welschtirol von den maßgebenden Kreisen Ita⸗ 
tiens nicht gebilligt werden. 
—AD 
Annäherung Italiens an Oesterreich und Deutschland 
tatt, und dieses glückliche Resultat haben die be— 
heiligten Staaten jedenfalls in erster Linie dem 
ꝛeutschen Reichskanzler zu verdanken, welcher mit 
ewunderungswerther Geschiclichkeit einen gewaltigen 
zriedensbund Deutschlands, Oesterreichs, Rußlands 
ind Italiens hergestellt hat. 
Stadt hat sich zusammengethan, um die Verdienste, 
velche sich der Geh. Regierungsrath Reuleaur als 
Reichskommissar für die Ausstellungen in Phila— 
elphia. Sidney und Melbourne um die deutsche 
Induͤstrie erworben hat, durch Ueberreichung einer 
Idresse zu ehren. Außerdem soll zu Ehren des 
henannien am 5. November ein Festmahl im Kai⸗ 
erhof stattfinden. — Aus einer neulich in dem 
jal bamtlichen ,Militär⸗Wochenblatt“ gemachten An⸗ 
zeutung will man schließen, daß der Entwurf eines 
Wehrsteuergesetzes nur zurückgelegt, aber keineswegs 
uufgegeben ist und auch der Ausfall der Wahlen 
—ED— 
Das Urtheil des Reichsgerichs in dem bekannten, 
auch im „Anz.“ mitgetheilten, Hochverraths⸗ 
prozesse verurtheilt in der schärfsten Weise die im 
dagife der Verhandlungen zu Tage getretene Poli⸗— 
eispionage. Das Reichsgericht sprach sich bei Be⸗ 
ariheilung der Glaubwürdigkeit zweier Polizeispione 
ahin aus: „Wenn dem Reichsgericht ein Mensch als 
Zeuge vorgeführt wird, der von der Polizei gedungen 
ind bei dem das Aequivalent seiner Dienste von 
emjenigen abhängt, was er ausspioniren werde, 
o steht das Reichsgericht vor einer vollendeten That⸗ 
ache. Aber es hat das Recht und die Pflicht, die 
Blaubwürdigkeit dieser Menschen zu prüfen. und 
s hat sich betreffs der Vorgeführten dahin aus— 
prechen müssen, daß es ihnen gar keinen Glauben 
chenke, daß sie für den Gerichtshof ohne alle Be⸗ 
eutung sind. „Ob ein solches Thun“ (die Spi— 
mage und Spionsbestellung) „aus ethischen Gründen 
äch rechtfertigen läßt. das gehört vor das Gebiet 
der Moral.“ 
uuf den 
„St. Ingberter Anzeiger,“ 
ne Uebertreibung das verbreitetste Blatt 
n' Stadt und Canton St. Ingbert, bei allen Post⸗ 
instalten und Postboten, sowie in der Exped. ent⸗ 
egengenommen. Unterhaltungsblätter 
id ATlustr. Sonntagsblätter werden nach— 
geliefert, so weit der Vorrath reicht. 
Italiens Aunähernng an Oehterreich und 
Deutschland. 
Begenwärtig erhält in der oͤsterreichischen Haupt⸗ 
tadt Wien ein neues Friedensverhältniß seine 
Sanktion; denn am Donnerstag kam, wie schon 
sorher bestimmt, der König Humbert von Jtalien 
rach Wien, um mit dem Kaiser Franz Josef 
ie längst geplante Zusammenkunft zu haben. Daß 
iese Monarchenbegegnung nicht nur ein Akt der 
Hourtoisie, sondern ein Ereigniß von größter poli— 
ischer Bedeutung ist, darüber kann nicht der ge⸗ 
angste Zweifel bestehen, denn vor der Zusammen⸗ 
sunft des Konigs Humbert mit dem Kaiser Franz 
Joseph fanden mehrere Monate hindurch Verhand— 
lumgen zwischen den Cabineten von Wien, Berlin 
und Rom statt und zum Gefolge des italienischen 
önigs zählen auch sein Premierminister Depretis 
ind sein Minister des Auswärtigen Mancini. 
Die Klarlegung der Ursachen der Wiener Mo— 
archenzusammenkunft bedarf keiner tiefsinnigen Er⸗ 
rterungen, dieselbe bedeutet ohne Zweifel, daß der 
alte Antagonismus zwischen Italien und Oester⸗ 
reich als ein überwundener Standpunkt betrachtet 
werden soll und Italien seinen Anschluß an den 
Friedensbund Oesterreichs und Deutschlands voll- 
sieht. Es ist ziemlich leicht begreiflich, daß die 
alienischen Staatsmänner und König Humbert 
zu der Einsicht kommen mußten, daß ein solider 
Friede und eine diesem Zweck förderliche Annäherung 
Italiens an die Friedenspolitit der Kaisermächte 
das größte Heil sei, welches für lange Zeit hinaus 
dem italienischen Königreiche widerfahren konnte. 
Bewissermaßen einsam und verlafsen war die Stell⸗ 
ing Italiens inmitten der europaischen Großmächte 
zeworden, denn die Beziehungen der alten Bundes— 
Jenossenschaft Italiens mit Frankreich lockerten sich 
eit 1870 auch mehr und mehr und seit dem 
eroberungssüchtigen Vorgehen Frankreichs in Tunis, 
worauf Italien selbst berechtigte Ansprüche zu haben 
Jaubte, sind die italienische und französische Na— 
kon sogar in eine unverkennbare Gegnerschaft gerathen, 
eine Gegnerschaft, welche durch die Wuthausbrüche 
wischen den Franzosen und Italienern in Mar⸗ 
eille während des ietzten Sommers neue Nahrung 
rhielt und ohne allen Zweifel die Italiener den 
Franzosen entfremdet hat. Wenn nun aber Italien 
insehen mußte, daß es bei Frankreich keine Stütze 
mehr finden konnte, so sahen die italienischen Dip⸗ 
somaten sich offenbar genoöͤthigt, sich Bündniß suchend 
mn eine andere Italien am nächsten stehende Groß— 
macht zu wenden. Dies wird nun offenbar Deutsch⸗ 
and gewesen sein, da aber zwischen dem deutschen 
skeiche und dem öͤsterreichischen Kaiserstaate ein 
enges Freundschaftsverhältniß besteht, so konnte 
deutschland einen Anschluß Italiens nicht annehmen, 
wenn Italien nicht auch gleichzeitig gesinnt war, 
ich mit Oesterreich vollständig zu versöhnen. Eine 
Auüssohnung zwischen Oesterreich und Italien konnte 
aber unmöalich sehr schwer sein. denn Oesterreich 
Politische Uebersicht. 
Deutjches Reich. 
In Munchen trat dieser Tage der durch kgl. 
Verordnung vom 16. März d. J. ins Leben geru— 
ene Eisenbahnrath (für das rechtsrheinische 
tzayern) zum ersten Male zusammen. Derselbe 
vurde von dem Minister Frhrn. v. Crailsheim mit 
iner Ansprache eröffnet, in welcher er hervorhob, 
saß das Bedürfniß, mit den Männern der Land⸗ 
virthschaft, der Industrie und des Handels in be—⸗ 
ändiger Fühlung zu bleiben, für die Eisenbahn⸗ 
erwaltung lebhafier sei, als für irgend einen Zweig 
er Staatsverwaltung, daß namentlich die Lösung 
es vielfach auftauchenden Widerstreites zwischen 
den financiellen Interessen der Eisenbahnen und 
hrer wirthschaftlichen Aufgabe die sachverständige 
ntitwirkung einer Vertretung obiger Interessen⸗ 
zruppe erheische, daß die Verantwortlichkeit der 
risenbahnverwaltung hierdurch nicht geschmälert sei, 
zaß aber die Aufgabe derselben wesentlich erleichtert 
ind eine gerechte Beurtheilung ihrer Haltung ge⸗ 
Irdert werde. (Fr. Ztg.) 
Muüͤnchen, 26. Okt. Wie wir vernehmen, wurde 
»em Staatsminister des kgl. Hauses und des Aeußern, 
Frhrn. v. Crailsheim, der preuß. Kronen⸗Orden 1. 
Tlasse verliehen. (A. Ztg.) 
Berlin, 26. Okt. Cin erfreuliches Zeichen für 
das Wohlbefinden des Kaisers ist dessen nun— 
nehr gefaßter Beschluß, sich an der Jagd in 
Mecklenburg zu betheiligen. Der Kaiser reist 
norgen Nachmittag nach Ludwigslust ab und kehrt 
von dort am Sonntag hierher zurück. 
Berlin, 26. Okt. Der „Germania“ zufolge 
jat das Breslauer Domkapitel heute den Weihbischof 
Fleich zum Kapitelsverweser gewählt. 
Durch den Besuch, welchen der König von Italien 
em Kaiser von Oesterreich abstatten wird, ist das 
Thema der Fürstenreisen wieder zur Erörterung ge⸗ 
angt. „Der Vollständigkeit halber“ registrirt die 
Nat.«Ztg.“ ein angeblich in hiesigen Hofkreisen 
irculirendes Gerücht, dem zufolge der König von 
-panien, der sich thatsäͤchlich zu einer Reise nach 
Zaris und London rüstet, auch dem hiesigen Hofe 
soch vor Ablauf dieses Jahres einen Besuch ab— 
tatlen würde. In Berlin war Koͤnig Alfons übri— 
gens schon einmal, als er vor etwa 7 Jahren in⸗ 
ognito mit mehreren Reisebegleitern von Wien aus 
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EFine Anzahl von angesehenen Männern unserer 
Ausland. 
Wien, 26. Okt. Der Voranschlag des Bud⸗ 
jets des gemeinsamen Kriegsministeriums für 1882 
hHeträgt 105,742,868 fl. Die den im Vorjahre be—⸗ 
visligten 104,136,3 15 fl. gegenüber sich ergebende 
Mehrforderung von circa Issro Millionen Gulden 
st zum größten Theil veranlaßt durch die Preis— 
teigerung, durch die Präliminirung der Beritten⸗ 
nachung der Hauptleute und durch die Fortsetzung 
der Befestigungsbauten. 
Paris, 25. Okt. Baron James Rodthschild's 
Zohn, Baron Nathanagel Rothschild, ist 
jeute früh in seinem Hotel in der Avenue Fried⸗ 
and plötzlich gestorben. 
In Mußland scheint man es jetzt auch mit 
der neuen Sozialpolitik des Fürsten Bismarck ver⸗ 
uchen ju wollen. Der Entwurf einer Arbeiter⸗ 
Anfallversicherung ist ausgearbeitet und auch bereits 
den zustaͤndigen Petersburger Behörden unlerbreitet 
worden. Auch andere Gesetze zu Gunsten der Ar⸗ 
hdeiter werden vorbereitet. 
Madrid, 283. Okt. (Ankauf von Gibral—⸗ 
dar.) Die hiesigen Zeitungen äußern sich über 
inen (schon aus London kurz signalisirten und dort 
nicht ernst aufgenommenen) Plan für eine National⸗ 
Zubscription, welche bezweckt, England Gibraltar 
ibzukaufen. Einige Madrider Bankiers sollen sich 
»xboten haben, 5 Millionen Franks für diesen Zweck 
u zeichnen. Wenn England sich weigern sollte, 
ʒen Vorschlag in Betracht zu ziehen, soll das Er— 
räaniß zu Befestigungszwecken benutzt werden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 28. Okt. Wir haben bereits 
gestern Abend durch Extra⸗Blatt das Resultat der 
Reichstagswahl in unserer Stadt veröffentlicht. Das⸗ 
selbe zeigt, daß Herr Hüttenwerksbesitzer Oskar 
ZRrämer hier der Mann des allgemeinen Ver—