Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Jushtherter Amzeiger. 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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MX 180. 
Politische Uebersicht. 
Deutjsches Reich. 
Die in München J erforderliche Stichwahl 
st auf 7. November anberaumt; außerdem aber 
jaben in Bayern noch sechs Stichwahlen (in 
dandau⸗Neustadt, Kaiserslautern, Hof, Kulmbach, 
sürnberg und Würzburg) stattzufinden. Bis jetzt 
ind in Bayern gewählt: 31 klerikale und 10 
mtiklerilale Abgeordnete. (Gberbayern, Nieder⸗ 
ayern und die Oberpfalz schicken 18 ultramontane 
Abgeordnete; dazu kommt nach die Stichwahl in 
huünchen; Unterfranken 4 ultramontane und einen 
iberalen, dazu die Stichwahl in Würzburg; 
-cchwaben entsendet 6 ultramontane Oberfranken 
inen liberalen (Feustel) und zwei ultramontane 
v:. Gagern und Irhr. von Horneckh), dazu zwei 
Stichwahlen (in Hof zwischen Schauß und Papel⸗ 
ier, in Forchheim zwischen Fürst Hohenlohe und 
Landgerichtsrath Herz); Mittelfranken zwei natio⸗ 
nalliberale (Grieninger und Dr. Schreiner), zwei 
Secessionisten (Stauffenberg und Jegel), einen ul⸗ 
ramontanen (Schmidt), dazu die Stichwahl in 
sürnberg. 
Nach zehnwöchentlicher Uebung wurden in 
Bbayern am 30. Oktober die Ersatzreser⸗ 
ist en der Infanterie und der Fußartillerie (zu⸗ 
ammen 4629 Mann) wieder entlassen; die mit der 
kinübung derselben betrauten Offiziere sprechen sich 
uußerordentlich befriedigt mit der Führung, dem 
Fleiße der Mannschaft und den in so kurzer Zeit 
erzielten Resultaten aus.. 23 5 
Der Kaiser ist wohlbehalten von Ludwigsluft 
nach Berlin zurückgekehrt und wird zunächst dort 
verbleiben. Die Jagden im Lezzlingerforst sollen 
mm 18. und 19. November stattsinden. I 
Im neuen Reichstage wird die Enischeidung 
nehr als bisher, mehr als jemals beim Centrum 
iegen. Mit den gemäßigt Liberalen konnte fich 
die Regierung vielfach noch verständigen, die Ver⸗ 
chiebung nach links im liberalen Lager hat die 
Tonsequenz, daß eine aus den Conserdativen und 
den gemäßigten Elementen des Liberalismus be⸗ 
stehende Majorität, die im vorigen Reichsstag mit⸗ 
unter noch zusammen zu bringen war, jetzt unmög⸗ 
iich geworden ist. Das Ceutrum wird noch mehr 
ils in der verflossenen Legislaturperiode zur Bil⸗ 
zung der Majorität herangezogen werden. Die Re⸗ 
zierung bietet denn auch dem Centrum bereits einen 
hakt an. Der Berliner Officiosus, der sich von 
Zeit zu Zeit in der Wiener, Pol. Corr.“ vernehmen 
äßt, schreibt unterm 1. d. M.: „Die Majorität ist 
ꝛei dem Centrum und bei den Conservativen, wenn 
diese Gruppen sich vereinigen können. Die conser⸗ 
vativ·nationalliberale Majorität ift nicht mehr mög⸗ 
ich, weil erstlich die Nationalliberalen zu schwach 
jeworden sind und weil zweitens Herr v. Bennigsen 
)en Zielen des Kanzlers definitiv abgesagt hat. 
das Centrum ist in der Vorhand und hat eine 
zroße Gelegenheit, die Klugheit seiner politischen 
deitung zu zeigen. Wenn die Herren glauben 
ollten, als Sieger und Herren der Situation dem 
steichskanzler ihre Bedingungen diktiren zu können, 
verden sie Gelegenheit zum Lernen erhalten. Ver— 
tehen sie, die Gunst der Umstände mit Mäßigung 
ju benutzen, Erreichbares von Unerreichbarem zu 
interscheiden, sogar Unwillkommenes zu fördern, um 
Werthvolleres zu erlangen, so mögen sie die Rolle 
arhalten, welche zwölf Jahre lang die national⸗ 
Aberale Partei inne gehabt hat, und mögen diese 
Donnerstag, 3. November 1888. 
16. Jahrg. 
Rolle vielleicht mit weittragenden historischen Wirk— 
ungen zum Nutzen des Vaterlandes und zum Heil 
hrer Kirche in einem Moment durchführen, dessen 
ritische Bedeutung für Rom wohl nur wenige 
Fentrumsmitglieder bis jetzt ahnen. Die Gelegen⸗ 
seit ist seltener Art und das Versäumniß der rich—⸗ 
tigen Benutzung wäre von weittragendster Be⸗ 
deutung. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*Si. Ingbert, 8. Nopr. EErnennung. 
Herr Nechtspraktilant K. Auffschneider, z. Z. 
Amtsderweser des k. Notars Herrn Sauer dahier, 
wurde zum ek. Notar in Dahn ernannt. 
F Zweibrücken, 1. Nov. Die für den heutigen 
Tag in Ausficht genommene Aufstellung des Denk⸗ 
nals für den verstorbenen Herrn Regierungsrath 
Damm ist leider in Folge verschiedener Umstände 
inmoͤglich geworden. Insbesondere war der Marmor 
ür die Büste nicht entjprechend, so daß derselbe 
vieder nach Carrara zurückgesendet werden mußte. 
doffen wir — und der Name des Künstlers Menges 
Kaiserslautern) bürgt dafür — daß den Winter 
iber das Denkmal fertiggestellt werde, so daß es 
m nächsten Frühjahre aufgestellt werden kann, eine 
neue Zierde des hiefigen Friedhofes, würdig des 
Andenkens des so sehr verehrten Verblichenen. 
(Zweibr. Ztg.) 
— Das k. Amisgericht Waldmohr hat über das 
Vermoͤgen des Louis Harth, früher Uhrmacher, 
ett Direktor der Baumaterialiengesellschaft Glan—⸗ 
nünchweiler, in Glanmünchweiler wohnhaft, den 
donkurs eröffnet, und zum Konkursverwalier den 
Beschaftsmann O. Walter in Waldmohr ernannt. 
—, Die Stichwahl für den Wahlkreis Landau— 
Neust adt soll dem Vernehmen nach am Freitag, 
den 11. ds., stattfinden. 
—Ramberg, 1. Rob. Dieser Tage trug 
ich hier ein interefsantes Geschichten zu. Ein 
-chreiner wollte einem Handelsmanne von Böch—⸗ 
ngen seine Kuh verhandeln; fie wurden aber nicht 
inig.“ Da jagte der Handelsmann auf einmal: 
Meine Kuh wiegt schwerer, wie die Deine“. 
Füur jedes Pfund, das Deine mehr wiegt, zahle 
ch 5 M.“, erwiederte der Schreiner. Die Wette 
var fertig, fie schlugen ein. Gestern nun wurden 
ʒeide Kühe zu Landau auf der Stadtwaage ge⸗ 
vogen. Der Schreiner wollte seine Kuh vor der 
Abwiegung mit Kleien und Brod füttern, aber sie 
raß nicht. Unser Händler wußte seine Kuh besser 
zu füttern, so daß sie kugelrund war. Es wurde 
ewogen. Das Resultat war, daß die Kuh des 
Letzteren 20 Pfund mehr wog; mit betrübtem 
Herzen mußte unser Schreiner ihm 100 M. zahlen, 
woran ihm auch kein Pfennig nachgelassen wurde. 
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— Auf den 18. November ist bekanntlich die 
rdentliche Generalsynode des Consiftorialbezirks 
Speyer einberufen. Zum kgl. Commissär für 
ieselbe wurde, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, der 
Reichssrath Ferd. v. Bödina ernanni. 
Ausland. 
Wien, 1. November. Durch Handschreiben des 
daisers an den Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe 
wird die Einberufung des Reichsrathes auf 
den 14. Nobember angeordnet. 
Der Konig Humbert von Italien hat vor 
einer Abreise von Wien bestimmt, daß dem 
bürgermeister von Wien 8000 Francs zur Ver⸗ 
heilung für die Armen Wiens eingehändigt werden. 
Der erste Secretär der itanienischen Botschaft, Herr 
halvagna, hat dem Bürgermeister Ritter dv. Newald 
diesen Betrag übergeben. 
*Am Sonntag haben in der Schweiz die 
Wahlen zum Nationalrat hestattgefunden 
und sind dieselben, soweit sich erkennen läßt, ent⸗ 
schieden zu Gunsten der freisinnigen Partei ausge⸗ 
allen:. Von den bis jetzt bekannten Wahlen fielen 
78 auf die demokratischefreisinnige Partei, 80 auf 
zie Ultramontan-Conservativen und 19 auf die 
onservative Centrumspartei. Da die demobkratisch⸗ 
reisinnige Partei einen beträchtlichen Zuwachs er⸗ 
jalten hat, so wird also das liberale Element im 
Nationalrathe dominiren. 
Nom, 1. Nov. Der König und die Königin 
ind heute Morgen im besten Wohlsein ist Monza 
eingetroffen. Auf der Reise dorthin wurden die⸗ 
elben überall, besonders in Mailand, begeistert be⸗ 
zrüßt. Der Minister des Innern, Mancini, ver⸗ 
blieb in Mailand, während Ministerpräsident De— 
zretis die Reise nach Stradella fortsetzte. 
* In Rußland macht sich die nihilistische 
Agitation in neuerer Zeit wieder recht bemerklich. 
das Geheim⸗Comitee der Nihilisten verbreitet massen⸗ 
jaft Flugschriften revolutionären Inhalts, von welchen 
inige auch an die Offiziere der Armee gerichtet 
ind; die Petersburger Polizei soll eine angestreng⸗ 
ere Thätigkeit als je entfalten und es wird auch 
hehauptet, daß abwechselnd die Regimenter der 
Betersburger Garnison in den Casernen consigniri 
tünden, um einem eventuellen Aufstandsversuch der 
Rihilisten sofort mit Waffengewalt zu begegnen. 
Im auswärtigen Dienst Rußlauds sollen 
zegenwärtig bedeutende Veränderungen geplant 
verden. So verlautet der „Now. Wr.“ zufolge, 
aß die russischen Missionen in Dresden, Weimar, 
XDDO 
vie auch die Stellung eines russischen Minister⸗ 
kesidenten in Frankfurt am Main aufgehoben 
verden sollen. W 
Tunis, 81. Okt. Die Aufständischen in der 
Begend von Kef, Zaghuan und Kairuan sind fast 
zanz zersprengt. Ein Theil hält noch die Berge 
don Samada besetzt. 
Waßhington, 1. Nob. Gestern erschien ein 
ffenbar geistesgestörter Mensch mit einem sieben⸗ 
aͤufigen Revolver vor dem Weißen Hause und ver⸗ 
angte Einlaß; derselbe wurde nach heftiger Gegen⸗ 
vehr festgenommen. — Den Vertretern der Familie 
»es Freiherrn von Steuben wurde bei ihrer An⸗ 
sunft in Chicago ein sehr freundlicher Empfang be⸗ 
reitet. — Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten 
jat sich im Monat Oktober um 15 Millionen Dollar 
erringert. 
Vermischtes. 
Her Polizeiinspektor Wirz zu St. Johann 
hat an auswärtige Polizeiverwaltungen und Zei⸗ 
ungen folgende Warnung vor einem Schwindler 
rgehen lassen: „In den letzten Tagen hat sich in 
—AX junger Mann 
von etwa 30 Jahren großer proportionierter Statur, 
ingenehmen Aeußern, feinem Benehmen, welcher 
Joseph Dumoulin heißen, aus Zulpich und Corte— 
pondent der „Köln. Ztg.“ sein will, aufgehalten, 
n den besten Gasthäusern und Hotels fein gelebt, 
ind ist überall verschwunden, ohne zu bezahlen. 
dier im Hotel Guepratte hat er auf diese Weise 
26 M. 50 Pf. Schulden gemacht. Er pflegt sich 
iberall als Bekannter höherer Beamter auszugeben, 
veiß die saämmtlichen Redakteure anzugeben, 
will am 22. ds. M. bei der Einweihung der Gar—⸗ 
nisonkirche in Metz als Berichterstatter gewesen sein, 
und auf der Rückreise nach Koln zu demselben 
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