Full text: St. Ingberter Anzeiger

vxAAr Ingherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Der Et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs— 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich 1A 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Vost bezogen 1.4 60 , einschließlich 
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A 181. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Gayrischer Landtag.) Der Abg. Wal— 
er wird als Referent für den Finanzausschuß hin— 
ichtlich des Gesetzentwurfes einen Kredit für Ka— 
ernenbauten betreffend beantragen, daß die zum 
dasernbauten betreffend beantragen, daß die zum 
steubaue bezw. zur Vervollständig von Garnisons- 
auten geforderten 2,177,100 M. nicht genehmigt 
verden sollen, dagegen beantragt er die Genehmi— 
ung dafür, daß die Ersparnisse an dem im Ge— 
etze vom 28. Februar 1880 bewilligten Vorschuß⸗ 
cedite für außerordentliche Bedürfnisse des Heeres 
Erweiterung der Schieß⸗ und Exezierplätze) ver⸗ 
vendet werden. Ebenso beantragt Referent die 
zewilligung des Kredites für Verlegung des 
auptlaboratoriums und der Geschützgießerei nach 
ngolstadt 800,000 M. Der Korreferent Dr. 
„rankenburger ist bezüglich seiner Anträge noch 
ucht ganz schlüssig und will die definitiven An— 
räge des Referenten abwarten. 3 
München, 2. Nov. Die Kammer der Reichs⸗ 
uthe wird in nächster Zeit wieder mit Petitionen 
im Aufhebung des siebenten Schuljahres über— 
chwemmt werden; bereits sind Formulare ausge⸗ 
jeben und werden überall Unterschriften zusammen⸗ 
jetrommelt. In der Abgeordnetenkammer hat be⸗ 
lanntlich Frhr. v. Hafenbrädel einen Antrag auf 
Aufhebung des fiebenten Schuljahres gestellt, und 
ya die „Rechte“ die Mehrheit hat, wird er auch 
mngenommen werden: Die Reichsrathskammer, die 
denselben Antrag in der letzten Landtagssitzung ab⸗ 
zelehnt hat, soll nun durch die Petitionen and rn 
Zinnes gemacht werden. 
München, 2. Nod. Nach hieher gelangter 
MNittheilung hat S. Maj. der deutsche Kaiser die 
kErnennung des bisherigen Rathes bei dem k. bayer. 
obersten Landesgerichte, von Bomhard, zum Reichsge⸗ 
iichtsrathe bereits vollzogen. 
München, 2. Nov. Se. Maj. der Koönig hat 
den kgl. Kammerer Karl Grafen v. Drechsel auf 
deufstetten zum lebenslänglichen Reichsrath ernannt. 
München. Das „Münchener Fremdenblatt“ 
chreibt: Der Abgeordnete Graf Preysing (Rechte) 
zat dem Kriegsminister eine Denkschrift überreicht, 
die an das Gesammtministerium gerichtet ist und 
die thunlichste Beschränkung des „den Producenten 
vie Consumenten schädigenden Zwischen⸗ 
Jandels behandelt und besonders darauf gerichtet 
st, das Ministerium wolle geeignete Schritie thun, 
illen kzl. Anstalten, besonders bei Verproviantirung 
det Armee, durch Errichtung von Getreidebörsen 
Belegenheit zu geben, direct ihre Einkäufe bei'm 
Producenten zu ermöglichen und nur in Ausnahme⸗ 
ällen die Einkäufe bei Unterhändlern zu gestatten. 
Karlsruhe, 2. Nov. Rach der „Karlsruher 
zeitung“ soll der Landtag auf den 15. Nov. be⸗ 
rufen werden. Wenn der Reichstag auch in diesem 
Monat zusammentrete, würde die Kammer nur die 
ringendsten Geschäfte erledigen und im Jannar 
ihermals zusammentreten. 
Berlin, 2. Nov. Die „Prov.⸗Corresp.“ sagt 
iber das Ergebniß der Wahlen: Im Ganzen ist 
es hinter der Erwartung der Regierung zurückge- 
blieben. Wie die partlamentarischen Verhältnisse 
demnächst sich gestalten, hängt bei den einzelnen 
Fragen von der Stellung der Parteien unter ein⸗ 
inder und zur Regierung ab. Die Regierung ist 
jach wie vor von der Heilsamkeit ihrer Bestrebungen 
Samstag, 5. November 1881. 
überzeugt. Sie wird trotz der größeren Schwie⸗ 
rigkeiten auf deren Verwirklichung bedacht sein. 
Je zerfahrener die Parteien bei den positiven 
—„chöpfungen sein werden, desto mehr wird man 
erkennen, daß die wirkliche Förderung des Volks⸗ 
vohles nur im festen Anschluß an die Regierung 
moͤglich ist. 
Berlin, 2. Nov. Am Hofe ist man nicht ohne 
Besorgniß über die Erkränkung der Königin 
von Sachsen. MDDieselbe leidet an Fieber. Der 
kaiser empfängt, wie wir hören, täglich direkte Nach— 
icht über den Verlauf der Krankheit. — Die Stich— 
vahlen zum Reichstag sollen bis zum 14. d. M. 
rledigt sein. Unter solchen Umständen bleibt es 
nöglich, daß der Reichssstag bereits zum 17. Novem⸗ 
zer berufen wird; ein Beschluß ist noch nicht gefaßt. 
Alle Betrachtungen über eine mehr oder minder nahe 
Auflösung des neuen Reichstags find ohne jeden 
dnhalt. — Als feststehend darf angesehen werden, 
daß die Antisemiten, namentlich in Berlin und 
ZBreslau, insgeheim und, soweit es geht, auch offen 
für den Sieg der Sozialdemokraten gegen die 
andidaten der Liberalen bei den Reichstagswahlen 
agitiren. Die Wahl der letzteren in Breslau soll 
denn auch mehr als fraglich sein. 
Die Zusammensetzung des künftigen Reichs⸗ 
tages. Die „Nat.⸗Zig.“ hat unter Berüchsichti⸗ 
zung der wahrscheinlichen Resultate der Stichwahlen 
die Zusammensetzung des künftigen Reichstages, 
der in Klammern die Stärke der betreffenden Partei 
m vorigen Reichstage beigegeben ist, wie folgt be— 
rechnet: Conservative 56 (früher 58), Freikonser⸗ 
dative 29 (48), Centrum 100, dazu 10 Welfen, 
macht 110 (früher 105), Nationalliberale 47 (64), 
Secessionisten 41 (22), Fortschritispartei 59 (28), 
andere Liberale 7 (9), Volkspartei 7 (4), Sozial⸗ 
»emotraten 8 (10), Polen 17 (14), Elsaß⸗Loth⸗ 
cinger Protestler 14, 1 Däne. Hiernach würde 
die Bildung einer Mehrheit aus den beiden eon⸗ 
servativen Fraktionen und den Nationalliberalen 
unmöglich sein — übrigens eine feststehende That— 
ache. Aber es würde auch eine klerikal⸗conser⸗ 
vative Mehrheit unmöglich sein und die Entschei— 
dung in den Händen der Polen, Welfen, Sozial⸗ 
demokraten, Protestler ꝛc. liegen. 
Aus einer Uebersicht der Etatsstärke des deut⸗ 
schen Heeres für das Etatsjahr 1882/83, welche 
dem Bundesrathe zugegangen ist, erhellt, daß das 
deer zählt: an Offizieren 181834, davon kommen 
uf Preußen 14,008, Sachsen 1137, Württemberg 
773, Bayern 2216; an Unteroffizieren 51581 
davon kommen auf Preußen 39591, Sachsen 3283 
Württemberg 2341, Bayern 6366; an Mann⸗ 
chaften inkl. der Unteroffiziere überhaupt 427,274, 
davon auf Preußen 330,629, Sachsen 27,606, 
Württemberg 18,815, Bayern 50,224. Die Ge—⸗ 
ammtzahl der Militärärzte beträgt 1698, der 
Zahlmeister 782, der Roßärzte 618, der Büchsen⸗ 
macher 656, der Sattler 93, der Diensipferde 
81.2629 
Auslarnd. 
Obgleich Wiener Blaͤtter mit gaoßer Bestimmt⸗ 
geit über die bevorstehende Ernennung des Grafen 
Andrassy zum österreichischen Minister des Aeußern 
zerichten, so gehen den B. P. N. doch direkte 
Meldungen aus Wien zu, welche die Richtigkeit 
zieser Nachrichten in Zweifel ziehen und hinzufügen, 
daß kein Anzeichen fuͤr eine überhaupt unmittelbar 
bevorstehende kaiserliche Entschließung oder dafür, 
daß eine solche bereits gefaßt, vorliege. 
In Holland macht sich nach Berichten aus 
Amsterdam eine sonderbare Beängstigung geltend: 
16. Jahrg. 
die Bismarckfurcht tritt wieder grell hervor und die 
holländischen Patrioten sehen schon wieder das Ge⸗ 
penst einer deutschen Annexion. Amsterdamer Ge— 
chäftsleute sollen an ihre deutschen Freunde die 
ingstliche Frage gerichtet haben, ob die deutsche 
Reichsregierung in der That beabsichtige, die Fahr⸗ 
harmachung des unteren Rheines für größere See⸗ 
chiffe durchzuführen und auf die Niederlande eine 
Zression auszuüben dahin, daß dieselben zu diesem 
Zwecke auch ihrerseits auf ihrem eigenen Gebiete 
nitwirken mögen. Man könne in Deutschland, so 
jeißt es weiter, doch nicht verlangen, daß Holland 
reiwillig einen tiefen Schnitt in's eigene Fleisch 
hue, und man habe doch auf der anderen Seite 
Brund zu der Befürchtung, daß Fürst Bismarchk 
ene Rheincorrektionsplane nur begünstige, um eine 
Handhabe gegen die nmiederländischen Nachbarn zu 
zewinnen und allerlei dunkele, in ihrer Unklarheit 
aur um so furchtbarere Absichten auszuführen. (1!) 
Paris, 1.Nop. Gambetta feierte gestern 
seinen 44. Geburtstag und begann das Lebensjahr, 
welches aller Warscheinlichkeit nach einen wichtigen 
Abschnitt in seinem Leben bilden wird. Darüber 
daß er die Bildung des Cabinets übernehmen wird, 
daß die Leitung der Regierung nur die Vorstufe 
zu der höchsten Wärde in der Republik für ihn 
bilden wird, ist man hier einig. 
Die Schäden in der französischen 
Armee. In einem Artikel über die Schäden 
in der französischen Armee wird der „Köln. Ztg.“ 
jeschrieben: Man wird sich erinnern, daß im Jahre 
871 gewissenlose Lieferanten der Bourbaki'schen 
Truppen Stiefeln mit Pappsohlen lieferten. Kaum 
hesser sind die Tornister, welche vor einiger Zeit 
zur Vertheilung gelangt find und nach wenigen 
Tagen zerrissen waren. Wer hat Kesgeliefert und 
ver hat die Wahl der Lieferanten getroffen? 
Farre's seltsame Vorliebe sür die Intendanz ist 
vekannt und die Anmaßung dieser in der Truppe 
ehr unbeliebten Herren wird nur durch ihre Un⸗ 
ähigkeit übertroffen. Ueber die schlechte Verpfle⸗ 
jung der Mannschaften in Afrika und über die 
entsetzlichen Zustände in den spärlich verstreuten, 
ingesunden Lazarethen und Amdulanzen noch zu 
prechen, hieße die Geduld des Lesers mißbrau⸗ 
hen. Es fehlt eben an Allem, an Lebensmitteln, 
an Betten und noch mehr an Bettzeug, ferner an 
Aerzten und Krankenträgern, Kleidungsstücken und 
Schuhwerk, an Transportmitteln, Maulthieren, an 
risenbahnen, an regelmäßiger Post⸗ und Telegra⸗ 
ohenverbindung u. s. w. Selbst in Frankreich 
errscht in dieser Beziehung große Verwirrung; 
o mußten z. B. die Reservisten in Melun in den 
WBirthshausern essen, weil die Beköstigung in der 
daserne ungenügend war. Es fehlte während der 
Manöver an Pferden für die Trains der Infan— 
erie, so daß man an den Patriotismus der Pferde 
jesitzenden Soldaten appellirte und sie aufforderte, 
gegen eine geringe Entschädigung und Befreiung 
dom Dienst ihre Pferde vor die Wagen zu spannen 
und letztere zu führen. Diese und ähnliche Vor— 
kommnisse können offenbar die Achtung gegen die 
oberste Heeresleitung und die allerdings an alle 
)em ziemlich unschuldigen Führer und Unterführer 
nicht erhöhen. Dazu kommt ein schamloses Pro— 
ektionswesen, welches sich allenthalben geltend macht. 
Die Kinder der Reichen, der Deputirten, der Gam— 
vettisten werden bei der Beförderung in jeder Weise 
bevorzugt, zu welcher Praxis die Bestimmung, daß 
ein Theil der Offiziere nach dem Dienstalter, der 
andere nach der Wahl aufrückt, eine bequeme Hand⸗ 
habe bietet. Die ältesten Offiziere werden nur zu