ↄ*1. Iugberter Arzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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W 184.
e
Die Lage in Elsaß-Lothringen.
Wenn es schon das allgemeine politische Interesse
cheischt, daß wir den Zuständen in den wiederge—
vonnenen Reichslanden Elsaß⸗Lothringen öfters unsere
lufmerksamkeit und Theilnahme schenken, so nöthigt
ns neuerdings doch ganz besonders der Ausfall
ꝛer Reichstagswahlen in Elsaß-⸗Lothringen dazu,
inmal energisch danach zu fragen, welche Fort⸗
chritte das Deutschthum in den neuen Reichslanden
emacht hat. — Nun, wir verhehlen uns die bittere
chatsache nicht, daß durch die jüngsten Reichstags-
wahlen in Elsaß-Lothringen ein gewifser Rückgang
der loyalen Gesinnung und des Deutschthums in⸗
nerhalb der elsaß⸗lothringischen Bevölkerung constatirt
vorden ist, denn während im vorigen Reichstage
ünf Autonomisten saßen, die eine Versoͤhnung der
hegensätze zwischen Altdeutschland und ElsaßeLo—
hringen anstrebten, sind diesmal in den neuen Reichs—
anden nur Anhänger der Protestpartei für den
deichstag gewählt worden, also Männer, die den
rankfurter Frieden, kraft welchen Deutschland El⸗
aß⸗ Lothringen vertragsmäßig von Frankreich erhalten
at, nicht anerkennen und eine möglichst baldige
Viedervereinigung Elsaß-⸗Lothringens mit Frankreich
vünschen. — Wir wollen nun allerdings in Folge
yer Siege der Protestpartei durchaus nicht sagen,
daß das Deutschthum in der elsaß⸗lothringischen Be—
oolkerung jeden bedeutenden Anhang und Einfluß
erloren habe, dies ist trotz des betrübenden Aus—
alls der Reichstagswahlen in Elsaß-Lothringen glück⸗
icher Weise nicht der Fall, die lohale Autonomisten⸗
zartei hat immer noch bedeutende Anhänger und
ie Landbevölkerung in den neuen Reichslanden, zu⸗
nal im Elsaß, verleugnet weder ihre uralten deutschen
tigenschaften, noch ihre Sympathien für Deutsch-
and. Zweierlei ist indessen bei dem Ausfall der
Keichsstagswahlen in Elsaß-⸗Lothringen im höchsten
Maße betrübend: Der nutzlose Aufwand von so viel
hroßmuth und wohlwollendem Entgegenkommen der
Reichsregierung, vertreten durch den mannhaften und
ꝛdelmüthigen Statthalter Freiherrn v. Manteuffel,
gegenüber den Französlingen in Elsaß-Lothringen,
und die neue Nahrung, welche durch den deutsch⸗
feindiichen Ausfall der Reichstagswahlen die Fran⸗
osen bezüglich der Wiedererwerbung Elsaß⸗Lothringens
rthalten haben. Zum Glück ist ja allerdings die
dage Deutschlands und Europas derartig, daß es
Wahnsinn von den Franzosen wäre, wenn sie etwa
n den nächsten Jahren unter Hinweis auf die fran⸗
osenfreundlichen Wahlen in Elsaß⸗Lothringen offene
Unsprüche auf diese Provinzen zur Geltung bringen
wollten, aber der Revanche sind doch durch diese
Wahlen ganz bedeutende Hoffnungen gegeben worden
und es wird nun hohe Zeit, daß den Französlingen
in den neuen Reichslanden an Stelle der bisherigen
Sammethand“ auch die „eiserne Hand“ Deutsch⸗
ands gezeigt wird, womit es Elsaß⸗Lothringen fest⸗
hält und nimmermehr loslassen wird, denn alle Ge—
duld, alles Wohlwollen, alle Liebenswürdigkeit, die
Deutschland in der Person und Politik des Statt⸗
halters Freiherrn d. Manteuffel der protestlerischen
Bedolkerung Elsaß⸗Lothringens erwies, ist auf stei⸗
aigen Boden gefallen und das strenge Regiment, wie
einst der verdienstvolle v. Möller über die neuen
Keichslande ausübte, wird wohl noch für ein volles
dahczehnt das beste Bindemittel zwischen Deutsch-
land und ElsaßVLothringen sein, bis in den wieder—
Jewonnenen Reichslanden eine neue Generation her—
angewachsen ist, die Deutschland gegenüber wohl⸗
vollender und gerechter denkt.
Dienstag, 8. November 1881.
—16. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
(Reichstagswahle⸗Ergebnißz für
Bayern.) Waͤhrend noch bei der Wahl im
Jahre 1877 in Bayhern zusammen 730,218 giltige
Stimmen abgegeben wurden, wurden im Jahre
878 nur noch 671,810 und diesmal gar nur
184,288 giltige Stimmen abgegeben.
Auf Oberbayern kommen hiervon 88,517
1877: 130,192; 1878: 124,018), auf Nie⸗
»erbayern 837,701 (1877: 71519; 1878:
33,367), Pfalz 74,321 (1877: 98,837; 1878:
4 593), Oberpfalz 31,627 (1877: 64,629;
878: 34,895), Oberfranken 44,841 (1877:
0,697; 1878: 61,434), Mittelfranken
5, 130 (1877: 92,691: 1878: 91495),
Unterfranken 60,102 (1877: 986,112;
878: 82,052) und Schwaben 72,049
1877: 105,686; 1878: 99,466) Stimmen.
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß aller Orten
Vahlmüdigkeit eingetreten ist. Zumal ist diese im
dreise Niederbayern zu konstatiren, wo diesmal den
lerikalen Kandidaten keine Liberalen gegenüberge—
fellt wurden. So kam es, daß vorn den ca.
30 7883 wahlberechtigten Wählern nur 87,701
ziltige Stimmen abgegeben wurden. Den 6 dor⸗
igen Wahlkreisen geht der von Deggendorf voran,
n welchem von 19,931 Wahlberechtigten nur
3997 (1877 noch 9968, 1878: 8121)) giltige
ztimmen abgegeben wurden. Diesem Kreise folgt
Aberpfalz wo durchgängig “8 Stimmen we⸗
niger als 1878, gegen 1877 um ðhs weniger ab—
jegeben wurden.
Berlin, 6. Nop. Wie bereits miitgetheilt,
var Gambetta in Paris vom Prinzen von Wales
um Dejeuner geladen worden. Die Zusammen-
unft dauerte, wie der Pariser, Times,⸗Correspondent
erichtet, über zwei Stunden. Was an der Unter⸗
edung hauptsächlich von Interesse ist, war die von
em Prinzen an Gambetta gerichtete directe Frage,
b er den Fürsten Bismarckhgesehen und ge⸗
prochen habe? welche Gambetta, in Lachen aus—
rechend, bestimmt verneinte, hinzufügend, daß dies
as dritte Mal gewesen sei, daß er Dentschland
neognito bereist habe. Gegen einen seiner Freunde
nachie Gambetia noch die Bemerkung: „Ich hätte
ꝛem Prinzen von Wales auch noch sagen können,
aß ich den Küsten Hollands entlang bis nach der
ussischen Grenze gereist bin, daß ich mit Bequem⸗
ichkeii mir die detachirten Forts und die Fortifi—
alionen an der russischen Grenze angesehen und
näher untersucht habe.“
Der Pariser Correspondent der „Times“ sendet
iesem Blatte einen langen Privatbrief, von
—XV
iner Stellung befindet, welche verbürgt, daß der⸗
elbe gut unterrichtet sein kann und wodurch bestä⸗
igt wird, was Gambetta dem Prinzen von Wales
zefagt hat. In diesem Briefe heißt es: „Was
hambettas Besuch betrifft, so habe ich es aus dem
Nunde des Fürsten Bismarck selbst, daß er den
ranzösischen Siaaismann nicht gesehen hat und daß
ieses allein von Gambetta abhing, indem der Reichs-
anzler vollständig bereit war, ihm einen guten Em⸗
Ffang zu geben, um so mehr, da er auch keinen
grund hatte, einer Unterredung mit dem künftigen
ranzösischen Premier⸗Minister aus dem Wege zu
jehen. Ich glaube selbst, daß der Fürst in seinem
innern über dessen Nicht-Erscheinen erstaunt gewesen
ein muß, weil Gambettas Reise ihn ganz in die
Nähe von Varzin brachte“
Berlin, 7. Nov. Die auf weitere Rück⸗
värtsrebision der Gewerbeordnung gerichteten Wünsche
verden sich nach einer Correspondenz der „Magdeb.
Ztg.“ vorläufig nicht erfüllen. Wenigstens dürften
zZersuche in dieser Richtung bei einer Reihe von
Bundesstaaten, welche das Princip der Gewerbe—
creiheit nicht preiszugeben gewillt sind, auf erheb⸗
liiche Schwierigkeiten stoßen. Kdan wird sich deß⸗
halb mit den beabsichtigten Vorschlägen, bezüglich
des Hausirhandels, des Gewerbebetriebs der Gesinde⸗
dermiether, der Rechtsconsulenten u. s. w. zufrieden
zeben müssen.
Auf eine Eingabe des Allgemeinen Jagdschutz—
Vereins haben die Minister der Landwirthschaft und
des Innern erwiedert, daß der Erlaß einer allge⸗
neinen Jagdordnung nicht aufgegeben sei, inzwischen
iber von der Abänderung einzelner provinzialgesetz
icher Bestimmungen auf dem Gebiete des Jagd⸗
wesens abgesehen werden müsse.
Fürst Bismarck wird am 11. d. M. in Ber⸗
lin erwartet; man berichtet, daß der Reichs⸗
anzler den Reichstag persönlich eröffnen wolle.
Bleichzeitig mit dem Fürsten wird Graf Szechenyi,
der österreichische Botschafter, wieder in Berlin ein—
treffen.
Von den im ganzen Reich definitiv gewählten
Reichstagsabgeordneten hatten bereits 184
Mitglieder dem letzten Reichstag angehört; außer—
dem sind 105 neue Mitqlieder gewählt.
Ausland.
NRom, 6. Nov. Von guter Seite verlautet,
—DD
vor Jahresschluß unserem Konig seinen Gegenbe—
ruch abstatten, Zum Besuchsort dürfte jedenfalls
Turin gewählt werden; doch ist es auch
möglich, daß die Begegnung an der Riviera
tattfindet.
Am russischen Hofe werden zu dem am9.
d. Mugroße Vorbereitungen getroffen, um diesen
fünfzehnjährigen Hochzeitstag des jetzigen Czaren
estlich zu begehen. Es heißt, daß zur Beiwohnung
dieser Feier der Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm
don Baden als Repräsentant des deutschen Kaiser⸗
hauses in Vetersburg eintreffen werde.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
M St. Ingbert, 8. Novd. Die gestern Abend
stattgehabte Generalpersammlung des Gewerbe⸗
Vereins beschloß zunächst über die Aufnahme
mehrerer neuer Mitglieder. Alsdann nahm dieselbe
die von dem I. Vorstande und dem Schriftführer
auf Grund der bisherigen Statuten, sowie der des
Bewerbevereins Kaiserslautern entworfenen neuen
Statuten mit einigen kleinen Abänderungen an.
die definitive Verathung derselben findet in der
nächsten Generalversammlung statt. Zu Punkt 8
»er Tagesordnung „Häusersteuerrevision“ betr. wurde
eschlossen, einen Anschluß der Stad, St. Ingbert
in das Vorgehen der Stadt Speyer behufs Revi⸗—
ion der Häusersteuer-Einschätzung zu veranlassen.
Zunächst soll nun in Speyer angefragt werden, in
velcher Weise entweder die Stadtverwaltung oder
zie Hausbesitzer fortan in fraglicher Angelegenheit
vorzugehen gedenken. In der nächsten General—
dersammlung wird hierüber Bericht erstattet und
Boeschluß gefaßt. Hinsichtlich des vierten Punktes
der Tagesordnung: „Anregung zur Erbauung einer
Straße nach Dudweiler“ einigte man sich dahin,
dorerst in den Montagskränzchen das Projekt fleißig
zu besprechen.