Full text: St. Ingberter Anzeiger

stacht der Hafer gestohlen und an dessen Haus die 
Drohung geschrieben, daß es innerhalb 14 Tagen 
bei ihm brennen werde (F. T.) 
.Aus Kaiserslautern, 7. November, 
schreibt man der „Pfälzer Zeitung“: „Die Cen— 
ruͤmspartei hat beschlossen, mit ihrer ganzen Macht 
nn den Wahlkampf zu gehen und ihre Stimmen 
dem Candidaten der demokratischen Partei Dr. Herz 
in Mannheim zu geben. Derselbe hat nicht nur 
mündlich in öffentlichen Versammlungen, sondern 
auch schriftlich auf besondere Anfrage das Wort 
Jegeben, daß er für die Aufhebung der gegen die 
datholiken gerichteten Ausnahmegesetze eintreten 
wird; derselbe gehört ferner einer Partei an, mit 
der wir einig sind in dem Bestreben, daß keine 
neuen Steuern bewilligt werden, ohne gleichzeitige 
Entlastung des Volks von andern Steuern, daß 
insbesondere das Tabaksmonopol zu bekämpfen sei 
ꝛc. Wir haben demgemäß ein volles Recht, für 
die demokratische Partei in den Wahlkampf zu 
gehen. Wir haben aber nicht blos das Recht, dies 
zu thun, sondern es ist nach unserem Dafürhalten 
für alle Katholiken, denen die Religion und das 
Wohl und der Friede des Vaterlandes am Herzen 
liegt, eine gebieterische Pflicht, durch die Wahl des 
Dr. Herz den Nationalliberalismus 
zu bekämpfen. 
— Die Klage des Bierbrauer Sick aus Speier 
gegen den Redakteur der „Pf. Vlkz.“, Gotttand in 
Zaiserslautern kommt dem Kais. Stadtanz. zufolge, 
am 22. ds. Mts. in Berufungsinstanz vor dem k. 
Landgerichte Kaiserblautern zur Verhandlung. 
— Wie wir hören, wird der pfälzische 
Landrath am 1. Dezember zusammentreten. 
— pPfälzischer Feuerwehr-Veer— 
band. Entsprechend dem beträchtlichen Wachs— 
thume des Verbandes hat ich in letzter Zeit auch 
die Zahl der bei dem Ausschusse einlaufenden Un— 
zerstützungsgesuche fortdauernd erhöht. So lagen 
demselben bei der am 7. November l. J. zu Neu— 
stadi abgehaltenen Sitzung nicht weniger als 29 
Gesuche unbemittelter Feuerwehren um unentgeld⸗ 
liche Ueberweisung von Mannschafts-Ausrüstungs- 
stücken aus dem Requisitenlager zur Bescheidung 
dor. Da diese Gesuche mit wenigen Ausnahmen 
begründet befunden wurden, so erreichte der Werth 
des bewilligten Materiales den Betrag von M. 
2530. Acht theilweise schwer verletzten Feuerwehr⸗ 
leuten wurden Unterstützungen überwiesen im Be⸗ 
srage von 5 bis 350 Mark, zusammen von M. 
775. Einen erfreulichen Fortgang nimmt die Bil—⸗ 
dung der Feuerwehr-Bezirks-Verbände und die 
Finfügung derselben in den Kreisverband. Wäh— 
tend der letzten Wochen wurden Unterhandlungen 
Jepflogen in Betreff ‚des Verhältnisses des einen 
imilichen Charakter tragenden Bezirksverbandes 
irchheimbolanden zum pfälzischen Feuerwehrbande; 
in Folge eines Beschlusses des Ausschusses führten 
dieselben nun zur Annahme einer Vereinbarung, 
welche zweifellos für beide Theile sich vortheil— 
haft erweisen und der deßhalb die Genehmigung 
des kgl. Bezirksamtes und der Hauptversammlung 
des Verbandes wohl nicht vorenthalten werden 
wird. Der günstige Abschluß dieser Angelegenheit 
dürfte vielleicht in Bälde zu einer gleichen Verein⸗ 
barung mit dem Bezirksverbande Kusel Veranlassung 
geben, so daß zu erwarten steht, daß noch vor 
dem Schlusse dieses Jahres die Constituirung von 
11 Bezirksverbänden mit im Wesentlichen gleichen 
Feuerldsch⸗Ordnungen innerhalb des Kreisverbandes 
durchgeführt sein wird. 
— Vom 1. Januar nächsten Jahres haben die 
Beamten und Bediensteten der Pfäl zen Bahnen 
vährend ihrer öffentlichen Dienstverrichiungen in 
vorgeschriebener Uniform zu erscheinen, und zwar 
sind hiezu in erster Linie die Beamten verpflichtet, 
welche mit dem Publikum in direkten Verkehr zu 
treten haben: Die Berwaltungsbeamten, Einnehmer, 
Telegraphisten, das Zugbegleitungspersonal ꝛ⁊c.; 
der mit der Abfertigung der Personenzüge betraute 
Verwaltungsbeamte trügt bei Ausübung seines 
Dienstes an Stelle der blauen Mütze eine ponceau⸗ 
rothe Dienftmütze. Das Tuch des Uniformrockes 
ist von dunkelblauem Tuche mit Stehkragen von 
schwarzem Sammt und der entsprechenden Stickerei 
von Silber; die Hose ist von schwarzem Tuche 
der hellem, jedoch einfarbigem Stoffe. Ferner 
haben die Gepäckträger während ihrer Dienstverrich- 
ungen an ihrer Muͤtze die Aufschrift „Gepäckträ⸗ 
jer“ zu iragen. In' Gala tragen die Bezirksin⸗ 
jenieure, Maschinenmeister, Betriebskontroleure, 
Werkmeister und Bahnhofverwalter 1. Klasse einen 
Degen mit verfilbertem Gefaß, Degengehänge von 
Silberfaden, sowie weiße Handschuhe. (Pf. Pr) 
Vermischtes. 
Vor dem Schöffengericht in Saarbrücken 
vird sich am 17. d. M. eine Hexengeschichte ab— 
pielen: Ein in Mabstatt-Burbach wohnen— 
zes Ehepar hat kürzlich der Haußzeigenthümerin, 
iner alten gelähmten Frau Schuld gegeben, sein 
dind. verhert zu haben und deshalb allerhand 
Nittel angewandt, um den Bann der Hexe von 
em armen Wurm abzuwenden. Unter anderm 
oburde auch das bekannte Hexenbannmittel mit 
em hinter der Stubenthüre stehenden Besen an— 
ewandt. Die alte Frau wurde dazu in die Woh— 
iung des abergläubischen Ehepaares gelockt und 
ort beschimpft und verhöhnt. Vor dem Hause 
atte sich natürlich auch ein Haufen bornierter 
Nenschen eingefunden; welcher an dem Unfug 
heilnahm. Die angebliche Here. und deren Ehe⸗ 
jann haben nun gegen das Eingangs erwähnte 
hepaar Klage wegen Beleidigung und Vermögens- 
eschädigung erhoben (letzteres weil sämmtliche 
dausleute auszogen). Die Verhandlung dürfte ein 
ateressantes Streiflicht auf den in unserer Gegend 
roch herrschenden Aberglauben werfen. 
(Saarbr. Ztg.) 
4 Eschweiler, 4. Nov. Heute Abend 7 Uhr 
zassirte auf Eschweiler-Pu,umpchen ein schreckliches 
Inglück. Der größte Kessel mit drei Oefen explo⸗ 
irie. Zehn zum Theil schwer Verwundete wurden 
ach dem Hospital befördert; etma zwanzig leicht 
gerwundete begaben sich nach ihren Wohnungen. 
Ib einzelne Todte unter den Trüumern begraben 
iegen, läßt fich nicht sagen, eben so wenig über die 
Arsache des Unglücks. 
F Ein eigenthümlicher Unfall traf dieser Tage 
inen Wirth in der Nähe von Markdorf in Baden. 
Vahrscheinlich aus Versehen schlug man den Spund 
ines mit neuem Wein gefüllten Fasses zu. Einige 
Tage darauf sieht ein Nachbar in der aus dem Keller 
es Wirkhs kommenden Rinne puren Neuen fließen. 
5ẽr macht darauf aufmerksam und beim Nachsehen 
—R 
äure ihre Fesseln dadurch gesprengt, daß sie den 
goden des Fasses eingedrüft hatte. Der ganze In⸗ 
alt desselben, etwa 1000 Liter, war ausgelaufen. 
F Zahlreiche Ehescheidungen in Frank— 
urt a. M. geben ein recht betrübendes Zeichen 
er dortigen heillosen Familienzustände. In der 
erflossenen Woche wurden dort 6 Ehen geschieden. 
deines der Paare hatte 2 Jahre mit einander ge⸗ 
ebt. In dieser Woche sind wieder 6 Klagen auf 
rhescheidung zu verhandeln. 
7 (Gewinn.) In München hat die bayerische 
dandelsbank bei der am 2. November stattgefun⸗ 
enen Ziehung der österreichischen 1860er Loose den 
öchsten Treffer im Betrage von 300, 000 fl. gemacht. 
In Augsburg hat sich am 7. der Zahl⸗ 
neister bei der kgl. Kreiskasse, Karl Planer, 
uurch einen Pistolenschuß entleibt. Der Verlebte, 
Familienvater von fünf Kindern, war erst zum 
dontroleur befördert worden und sollte demnächst 
nach seinem neuen Bestimmungsort Landshut ab⸗ 
jehen. Ueber die Ursache zu dem unseligen Schritte 
st bis jetzt Nichts bekannt. 
4 Auf der Stuttgarter Ausstellung fand sich 
eine Küche mit folgenden Küchenmoral predigenden 
Insshriften geziert: 
„Ein guter Koch ist ein guter Arzt.“ 
„Wenn Grethe viel am Fenster ist, 
Sie ihren Braten leicht vergißt.“ 
„Mit der Gabel ist's eine Ehr', 
Mit dem Löffel kriegt man mehr.“ 
„Wie nützlich gute Küche sei, 
Beweist uns Esau's Linsenbrei·“·. 
Berlin, 8. Novb. Ueber die gestern von 
ins erwähnten Gerüchte, nach nelchen große deutsche 
zankhäuser ganz erhebliche Verluste erlitten haben 
ollen, hören wir, daß dieselben mit den schwindel⸗ 
aften Spekulationen des in neuerer Zeit viel ge⸗ 
annten französischen Finanzmannes Bontoux zu⸗ 
ammenhängen. 
F Die allerinteressanteste Reichstagswahl hat 
vohl in dem Städtchen Schönsee stattgefunden. 
gon 8306 Wahlberechtigten gaben 3 (sage drei) 
hre Stimme ab. 
— Die Reihe der verblüffenden chirurgischen Ope⸗ 
ationen ist noch lange nicht zu Ende. Nach der 
dehnung der Nerven, nach der Resection des Magens, 
er Ausschneidung der Harnblase kommt nun die — 
estirpation der Lungen. In einer vor— 
ausigen Nitgeilung, welihe ver Assestelnn uln 
lich chirurgischen Clinicum zu Berlin, Dr. Th. Glue 
in der „Berliner klinischen Wochenschrift“ mach 
empfiehlt er, gestützt auf erfolgreiche Thierversuche 
zas operative Einschreiten gegen chirurgische Affec- 
ionen der Lunge auch beim Menschen. Di— 
Wiener ärztlichen Capacitäten haben sich über diesen 
neuesten Fortschritt noch nicht ausgesprochen und 
die „Wiener medicin. Blätter“ registriren vorläufig 
erst die Berliner Mittheilungen. Dr. Gluck hat die 
Operation zuerst au Thieren geübt und zwar an 
sechs Hunden und an vier Kaninchen. Ueber 
weitere Versuche folgen erst noch die Berichte. 
4 Auch eine deutsche Einigkeit.) Für 
die seuchenartige Krankheit, welche seit dem Früh 
jahr unter den Pferden in Deutschland und Frank 
eich aufgetreten ist, hatte man bisher die ver 
chiedenartigsten Bezeicknungen gebraucht, wie In— 
luenza, nervenzöses Katarrhalfieber, nervöse Brust 
euche, rheumatisches Nervenfieber, Faulfieberseuche 
iervöse Seuche der Pferde, Typhus der Pferde u. s. w. 
Brofessor Dieckerhoff, Vorsteher der Klinik der 
Thierarzneischule zu Berlin hat nun den Vorschlag 
gemacht, die Seuche „Staupe der Pferde“ zu nennen. 
F Eine Vergiftung. An einem der jüngsten 
Tage wird bei einem gesuchten Arzte der inneren 
Stadt heftig geschellt. Ein Kammermädchen in 
mprovisirter Toilette stürzt herein, der Herr Doktor 
oslle rasch X-Gasse, Haus⸗Nr. Y, komnien; eine 
unge Dame habe sich aus Liebesgram vergiftet 
der Doctor fliegt dahin; er findet eine reizende, 
londe Dame auf dem Sopha. Sie hat sich that⸗ 
ächlich vergiftet, aber nur sehr wenig, kaum der 
DNühe werth. Der Arzt hat in wenigen Minuten 
Jas Uebel vollständig besiegt. Tags darauf erscheint 
zei dem Arzte ein distinguirter Herr. „Sie haben 
Zerr Doktor, durch Ihre Bemühung Madame 3 
Jas Leben gerettet; ich komme, Ihnen zu danken. 
Nit diesen Worten legt der Herr eine beträchtlich— 
zanknote auf den Tisch und, indem er sich an— 
hickt, sich zu entfernen, spricht er: „Die arm 
zrau! Man hatte ihr gesagt, daß ich mich ver 
eirathen wollte; sie war, wie sie mir eben erzählte 
arüber so verzweifelt, daß sie sterben wollte. 
des anderen Tages erscheint bei dem Arzte ei; 
weiter Herr; er sagt ganz dasselbe, wie der erste 
ind legt gleichfalls ein Honorar auf den Tisch. 
der Doktor sagt nichts, um seine Klientin nicht zu 
ompromittiren, hält sich aber für verpflichtetet, der 
dame einen Besuch zu machen und ihr zu melden 
zaß er für eine und dieselbe Kur zweimal honorirt 
vurde. „Ach, Sie sind's. lieber Doctor!“ ruft die 
dame, als sie des Arztes ansichtig wird, „meir 
Ketter, setzen Sie sich!“ Der Doktor fängt an 
eine Geschichte zu erzählen, doch kaum war er so 
veit, zu berichten, daß zwei Herren bei ihm ge— 
vesen, wird er von der Dame unterbrochen: „Zwei 
los!“ ruft sie; „gehen Sie rasch nach Hause, 
jeber Doktor, es duͤrfte noch ein Dritter kommen 
ind das wird noch nicht der Letzte gewesen sein!“ 
Ueber Erkältung und Erkältungsfurqh 
sielt Herr Sanitätsrath Niemeyer zu Berlin einen 
Vortrag, in welchem er nach dem „Berl. Tageblatt“ 
»twa folgendes ausführte: Viele Menschen kennen 
iür alle möglichen Erkrankungen keine andere Ur— 
ache, als „Erkältung“ — „Erkältung und kein 
Ende!“ — Daß man sich in unserem wetterwen⸗ 
dischen Klima erkälten kann und auch recht oft er— 
fältet, wird ja bereitwilligst zugegeben, nicht aber, 
daß Erkältung etwas Gefährliches sei. Daß man 
ich nicht immer erkälten müsse, lehrt das Beispiel 
der halbnackten Feuerländer und der ganz ausge— 
chniiten“ gehenden Seesoldaten. Viel gefährlicher 
ils die Erkältung ist die Erkältungsfurcht und 
das vor ihr sogenannte Inachtnehmen, das nich! 
aur nicht vor Erkältung schützt, sondern auch an 
dere schwere Gesundheitsstörungen verschuldet, z. B 
das Vothalten eines Tuches vor Mund u. Nase draußen 
das Tragen des Mundrespirators, das „Banda— 
zieren“ des Halses u. s. w. Beim Einpferchen ir 
estgeschlossene, geheizte Räume (Coupees, Pferde 
hahnwagen) handelt man statt der frischen, freier 
duft, die von Dubois-Reymond „Anthropotoxin“ 
getaufte Giftluft ein. Durch Vorlesung eine 
Schilderung des deutschen Gasthoflebens in den 
Hesprächen des Erasmus, die vor 300 Jahren er— 
chienen, zeigt Redner, daß das „Schmoren“ n 
Jeißer Luft von jeher deutsche Nationallibhabere 
var, doch habe man damals wenigstens noch keiner 
Tabakrauch, Fensterglas, eiserne Oefen und Kohlen— 
'euerung gekannt. Das „Laster“, zu welchem di 
xrkältungsfurcht erzieht, ist die Verweichlichunß 
velches jgesund“ nur das heißt, welches auf di