Full text: St. Ingberter Anzeiger

»*t. Iunherter Awzzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs— 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1. 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 60 B, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H, bei Reclamen 80 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 189. Dienstag, 15. November 1881. —16. Jahrg. 
— 
itis „Varzin, 11. November 1881. Ich danke Ihnen 
Politische Uebersicht. — ihe für die Aufmerksamkeit, welche sie mir 
Deutjsches Reich. zurch die Uebersendung Ihrer elegant ausgestatteten 
Karlsruhe, 14. Nov. Der Großherzog hat Agenda erwiesen haben und benutze diesen Anlaß 
u der Nacht viel und ruhig geschlafen; beim Er— sern, um meiner Freude über Ihre opferbereite 
bachen war er sehr erquickt. Die Temperatur war ind muthige Theilnahme am Kampfe gegen die 
»8, der Puls 78, der allgemeine Zustand wie gestern Fortschrittspartei Ausdruck zu geben. Das glän— 
„efriedigend. Der deutsche Kronprinz reist heute ende Beispiel, welcher Sie durch Eintreten in die 
MNittag um 1! Uhr nach Potsdam ab, wo er Wahlbewegung gegeben haben, wird, wie ich hoffe, 
norgen früh eintreffen wird. pelebend auf solche Gesinnungsgenossen wirken, de— 
In Freiburg i. Br. genehmigte die Stadt- en Zurückhaltung von persönlicher und sachlicher 
Frordnetenversammlung, daß die Freiburg-Breisacher Mi:wirkung eine der Ursachen des gegnerischen 
xisenbahn um 1,987,100 Mt. an den badischen Sieges bildet. v Bismarck. 
staat verkauft werde. Der Bürgerausschuß in Von einer Zusammenkunft des öster⸗ 
Zreisach, welche Stadt Miteigentümerin der Bahn reichischen und des russischen Kaisers ist 
tt, hatte schon vorher zugestimmt. »s wieder stille geworden; die Wahrscheinlichkeit 
Darmstadt, 14. Non. Der deutsche einer solchen bleibt natürlich nicht ausgeschlossen. 
dronprinz) wird heute Nachmittag 5 Uhr von kFine interessante Nachricht kemmt aus Rußland, 
zaden-Baden hier eintreffen. Derselbe beabsichtigt, vonach die Petersburger Regierung aus Ersparungs- 
us Besuch der großherzoglichen Familie im Neuen ind Zweckmäßigkeitsrücksichten gedenkt, ihre kost— 
Zalais bis Abends 9 Uhr zu bleiben und zu ge— pieligen und zwecklosen Gesandsschaftsposten an den 
annter Stunde die Reise nach Potsdam fortzusetzen. nittelstaatlichen Höfen einzuziehen; letzteren wird 
zeder Empfang ist verbeten worden. »adurch die beste Gelegenheit gegeben, auch ihrer— 
Kreuznach. In der Stichwahl erhielt v. eits dieselben Rücksichten walten zu lassen. 
reitschke (nat.-lib.) 9855, v. Schorlemer Die Stichwahlen sind der Mehrzahl nach zu 
Lentr.) 7812 Stimmen. ende; nur eine verhältnißmäßig geringe Zahl zieht 
Berlin, 14. Nov. Der Kaiser hat gestern ich noch in diese Woche hinein. Der Gesammt— 
cachmittag mit dem Reichskanzler conferirt. harakter der Stichwahlen läßt sich dahin zusammen⸗ 
Berlin, 13. Nov. Nachdem das letzte Unwohlsein, assen, daß sie das Resultat der Hauptwahlen noch 
»on dem Seine Majestät der Kaiser befallen twas verschärft zum Ausdruck gebracht haben. Die 
vorden, sich erfreulicherweise schnell wieder gehoben erschiedenen liberalen Richtungen haben in ziemlich 
jat, scheint es jetzt festzustehen, daß der Reichstag leichem Verhältniß noch eine ansehnliche Verstärkung 
zurch den Kaiser in Person eröffnet werden wird. mpfangen, einen starken Zuwachs ferner die So— 
die vom Reichskanzler concipirte Thronrede, deren ialdemokraten. Auch das Centrum hat eine Reihe 
Entwurf Staatsminister Bötticher von Varzin mit⸗ ieuer Sitze gewonnen, dagegen haben die Konser⸗ 
zrachte, soll auch einen Passus über den Ausfall vativen nur ganz vereinzelt noch ein Mandat er— 
der Wahlen enthalten. Man glaubt, daß aus ge— bert; die Wahl Stöckers in Minden erregt dabei 
chäftlichen Rücksichten (zumal weil das Resultat in ganz besonderes Interesse. Die deutsche Reichs⸗ 
zer letzten Nachwahlen erst am 18. amtlich verkündet nartei ist nahezu vernichtet. Nach den Stichwahlen 
vird) die Präsidentenwahl im Reichstage st das Vorhandensein einer klerikal-konservativen 
erst am Montag, den 21., stattfinden dürfte. Im Nojorität nicht problematischer als vorher und da— 
Zureau des Reichstages sind bereits, wie verschiedene ait ist der feste Punkt, der in den bisherigen 
Zlätter mittheilen, die ersten Beschwerden wegen 5pekulationen auf den künftigen Gang der Reichs- 
Wahlbeeinflussungen, eingelaufen, welche rolitik am bestimmtesten hervorgetreten war, nahe 
namentlich in Preußen noch nie zuvor so zahlreich aran, unter den Händen zu zerrinnen, zumal wenn 
vie bei den jetzigen Wahlen festzustellen waren. nan, wie es doch geboten ist, die Annexe des Cen⸗ 
Am Samstag Abend ist der Reichskanzler rums von der positiven Mitarbeit ausscheidet. 
dürst Bismarck in Begleitung seiner Gemahlin und zmmer mehr zerschellt jeder Versuch, mit diesem 
»es Grafen Herbert in Berlin eingetroffen. steichsstag eine andere Politik, als die der Be— 
Die Andeutung, daß Fürst Bismarck sich mit chränkung auf die nächstliegenden Gegenstände, der 
»em Gedanken beschäftige, einem Nachfohger Platz enthaltung von allen tiefer eingreifenden, gesetz⸗ 
uu machen, ist nirgend mit so großem Ernst auf⸗ jeberischen Arbeiten zu führen, an den harten Zahlen. 
jefaßt worden, als in Wien und namentlich !in 
»emjenigen Theile der dortigen Presse, der mit der 
Regierung engere Beziehungen hat. Von dort her 
vird dem deutschen Volke ans Herz gelegt, einge⸗— 
sender zu erwägen, welche Folgen ein Rücktritt Bis⸗ 
narc's haben müsse. Man möge die Sache ein⸗ 
nal von dem Gesichtspunkt der auswärtigen Politik 
ruffassen; Oesterreich habe für das deutsche Bünd⸗ 
niß keine so starke Garantie wie die Person des 
Fürsten Bismarck, und werde sich beunruhigt fühlen, 
venn die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten 
»er Parteipolitik anheimfalle. Grade jetzt, wo die 
danzlerkrise auftauche, gestalteten sich die Zustäude 
n Europa bedrohlich; Gambetta werde Minister, 
ind es sei die Rede davon, Ignatieff zurüczuberufen. 
der Rücktritt des Fürsten Bismarck sei ein Ereigniß, 
)as ganz Europa auf das Schwerste beunruhigen 
aüsse. 
Folgendes Schreiben des Reichskanzlers 
ut Herr Rudolf Hertzog in Berlin erhalten: 
ohne Wasser sein werden. Der Rückmarsch nach 
Algier wird durch die Oase Tozen und die Ankunft 
»er Colonne in Tebessa gegen den 4. Dec. erfolgen. 
Die Aufständigen entfernten ihre Familien und 
Zeerden aus Gaffa. Die Colonne des Generals 
Logerot wird am 4. Dec. in Gabes eintreffen und 
»er Küste entlang, welche nach Susa führt, weiter 
marschiren. Die Stämme fahren fort sich zu unter⸗ 
werfen. 
Paris, 13. Nop. Die äußerste Linke 
jat beschlossen, sogleich nach dem Zustandekommen 
des neuen Kabinets in der Kammer den Antrag 
ꝛinzubringen, es sollten die beiden Häuser des Par⸗ 
aments behufs Revision der Verfassung zu einem 
dongresse auf den 25. Januar einherufen werden. 
Man bemerke das auffallend späte Datum, welches 
14 Tage nach der partiellen Erneuerung des Senats 
ällt. Beinahe möchte man glauben, daß es der 
außersten Linken selbst mit ihrem Antrage nicht allzu 
ernst ist. 
Paris, 14. Nov. Aus Kreider wird gemeldet: 
Fin Telegramm des Generals Delebecque aus 
ẽlliadiminun vom 8. November meldet: Der An— 
griff über die beiden Abhänge des Berges Benisur 
zatie den gehofften Erfolg. Der General stieß 
iuf die Araber, die von General Louis ihm ent⸗ 
zegengetrieben wurden. Die Araber flohen zurück 
ind ließen Zelte und Heerden zurück, welche dir 
Franzosen erbeuteten. Sliman Uled ben Hassan, 
jervorragender Führer des Amur-Stammes, wurde 
Jetödtet. General Delebecque bereitet einen Angrifi 
jor gegen die bei Col Fonassa concentrirte Schaar. 
Bradford, 13. Nov. Die Polizei hat gestern 
ine große Zahl Revolver, Patronen und fenische⸗ 
Schriftstücke beschlagnahmt. 
Petersburg, 13. Nov. Der „Regierungsan⸗ 
eiger“ veröffentlicht einen kaiserlichen Befehl über 
die zukünftige Reorganisation der inneren Einrich— 
ungen des Reiches. Derselbe erinnert zunächst daran, 
»aß die verschiedenen von 1859 — 1880 geschaffenen 
steformen ihren Zwe“ nicht erfüllten, welche in der 
ystematischen Reorganisation der gesammten inneren 
Verwaltung des Reiches bestehen. Es sei dringend 
nothwendig, mit der Reorganisation unverzüglich 
»orzugehen. Kürzlich seien mehrere Senatoren mir 
nusgedehntesten Vollmachten in verschiedene Provinzen 
entsandt worden, um eine Untersuchung über die 
estehenden Einrichtungen vorzunehmen, die Miß— 
zräuche und Bedürfnisse kennen zu lernen. Die 
Zahl dieser Institutionen soll vermindert, unnöthige 
Formalitäten sollen abgeschafft, die Dezentralisation 
o weit als angänglich durchgeführt werden. Zu— 
aächst sei nothwendig, ein Band zwischen der Re— 
zierungsverwaltung und den Provinzialversamm⸗ 
ungen zu schaffen, die Rechte, die Pflichten und 
die Verantwortlichkeit beider Theile genau festzu⸗ 
tellen. Diese Nothwendigteit bedinge eine vollstän— 
zige Umgestaltung der bestehenden Provinzialver— 
baltung mit theilweiser Verbesserung der Zemstvos. 
die Entwürfe sollen die Reorganisation der Ver⸗ 
valtungen der Provinzen und Land- und Stadt ⸗ 
istrikte der Bauernschaften umfassen. Sodann soll 
ine Kommission die Aufschlüsse nund Vorschläge 
velche die Berichte der Enquêtesenatoren enthalten. 
owie die Entscheidungen zur Regelung der für die 
Zauernangelegenheiten eingesetzten Behörden und 
Territorialbersammlungen prüfen; auch soll der 
dommissionspräsident in Uebereinstimmung mit dem 
Minister die Vertreter der Lokalverwaltungen 
Zemstvos,) deren Mitwirkung er nutzbringend hält 
zu den Berathungen einberufen. 
Ausland. 
Wien, 13. Nov. Das „Wiener Tagblatt“ pub⸗ 
icirt eine interessante, vor einigen Tagen stattge— 
zabte Unierredung seines Pariser Correspondenten 
nit Gambetta. Dieser erzählte, er war einen ganzen 
Nonat in Deutschland und besuchte auch Berlin. 
Zeine Beobachtungen während der Reise sind von 
roßem Intereffe; mit Bismarck traf er nicht zu⸗ 
ammen. Wenn irgendwelche Umstände eine Be— 
segnung einmal erheischen sollten, müßte dieselbe 
ffen vor aller Welt stattsinden. Schließlich bemerkte 
ßambetta: „Wenn ich die Regierung übernehme, 
vird die Welt erst sich überzeugen, daß Niemand 
nehr, als ich, den Frieden will; auch Bismarck 
veiß das ganz gut.“ 
Paris, 13. Nov. Nach Berichten aus Tunis 
oll die Colonne des General Forgemol am 24. Nov. 
n Gaffa ankommen. Der Marsch wird acht Tage— 
närsche erfordern, wobei die Truppen zwei Tage