Sl. Jugberter Ahzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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M 193.
Montag, 21. November 1881.
16 Jahrg.
72P7
Politische Uebersicht. —
Deutjches Reich.
Bayerischer Landtag. Nach dem Bericht
es Abg. Rittler über die Nachweisungen der
Ausgaben für den Etat des k. Kultusmini—
teriums fün1879 betragen die Gesammtaus—
jaben desselben 19,100,8582 M. 48 Pf., um
187,907 M. 57 Pf. weniger, als im Budget
eranschlagt war.
Karlruhe, 19. Non. Die Kammer wählte
jeute einstimmig Lamay (libr.) zum Präsidenten
ind Betziinger (ultr.) mit allen gegen 2 zum
ersten, Friedrich (natl.) mit 29 gegen 26 Stim⸗
nen zum zweiten Vicepräsidenten.
Berlin, 19. Novb. Bei dem Kaiser fand heute
stachmittag ein größeres Diner statt, an welchem
nehrere fuͤrstliche Personen, Mitglieder des Bundes⸗
athes und Generale, dann auch der Cardinal v.
dohenlohe theilnahmen. — Der Kronprinz, welcher
nit seiner Familie heute hierher übersiedelte, empfing
eute am Nachmittag den Cardinal Hohenlohe.
Berlin, i9. Nov. In Reichstagskreisen wird
8 bestätigt, daß Fürst Bismarck den Posten des
gicekanzlers schaffen will. Als solcher wird
er preuß. Minister des Innern, v. Puttkamer.
ezeichnet.
Berlin, 19. Nob. (Reichstag.) Der
Alters⸗Präsident Graf von Moltke theilte mit, daß
ie Abtheilungen gebildet seien. Es erfolgt die
Wahl des ersten Präsidenten. Im ersten Wahl⸗
jange werden 342 Stimmen abgegeben. Von
iesen erhielt Herr von Levetzow (Cons.) 193. von
Stauffenberg (libr.) 148, v. Seydewitz 1 Stimme.
». Levetzow ist somit gewählt. Er nimmt die
Wahl mit Dank an und verspricht, nur von sach⸗
ichen Rücksichten sich leiten und möglichste Unpar—
eilichkeit walten zu lassen. Dem um das Vater⸗
and hochverdienten Alters⸗Präsidenten spricht er den
dank des Hauses aus. (Levetzow ist Landesdirektor
»er Provinz Brandenburg und Riltergutsbesitzer auf
Bossow; Abgeordneter fuͤr Königsberg i. N. Pro—
dinz Brandenburg). Zum ersten Vicepräsidenten
vurde mit 197 Stimmen Frhr. v. Franckenstein
Centrum, Präsident der bayerischen Reichsraths⸗
ammer) gewählt. v. Benda (nat.»lib.) erhielt 186
Stimmen. Bei der Wahl des zweiten Vicepräsi⸗
enten fielen 157 Stimmen auf v. Benda, 148
uuf Hänel (fortschr.). Benda erklärt, er sei nicht
n der Lage, die Wahl anzunehmen. (Brabo links,
ho rechts und im Centrum.) Im zweiten Wahl⸗
ljang erhält Ackermann 158, Hänel 138 Stim⸗
nen. Ackermann ist sohin gewählt und nimmt die
Wahl an. (Ackermann, Hofrath und Finanzpro⸗
urator in Dresden, gehört der konservativen Partei
m und ist nebenbei sachsischer Partikularist.
Der Erfolg der neuen Wrtihschafts⸗
Politik. Hierzu bemerkt die „Frankf. Presse“:
der Ankündigung der kaiserlichen Botschaft, der
deichhaushalts-Etat für das nächste Jahr
eige ein erfreuliches Bild der vorschreitenden finan—
iellen Entwickelung des Reiches und der guten Er—
olge der unter Zustimmung des Reichskanzlers ein⸗
eschlagenen Wirchschaftspolitik, scheinen die Zahlen
zes Reichshaushalis-Etats wenig zu entsprechen.
das ist allerdings richtig, daß die Steigerung der
en einzelnen Bundesstaaten vom Reich zu über—
veisenden Beträge erheblich höher ist, als die Stei—
jerung der Matrikularbeiträge. Die letztere beläuft
ich auf 12,378,371 M., das Mehr der Ueber⸗
veisung auf 16,856,280 M. Der größere Theil
ieseßs Mehr kommt aber auf Rechnung der Ein—
nahme aus dem Börsensteuergesetz vom 1. Juli 1881,
velche auf 12,066,000 M. veranschlagt ist. Auf
ie guten Erfolge der neuen Wirthschaftspolitik
ommen also nur 4,748,000 M., um welchen Be⸗
rag im Jahre 188283 die Herauszahlungen an die
finzelstaaten auf die Einnahmen aus den Zollen
ind der Tabaksteuer zunehmen sollen. Die Heraus⸗
ahlungen waren 188081 auf 40,628,500 M.,
881/82 auf 66,637,000 M. veranschlagt; die
Zteigerung für 188283 um 4.7 Mill. M. beträgt
Iso nur 2300 der diesjährigen. Wie ungünstig
ieses Resultat ist, ergiebt sich erst, wenn in Be—
racht gezogen wird, daß in Folge der im nächsten
zahre eintretenden Erhöhung der Tabaksteuer von
z0 auf 45 Mark pro 100 Kilogramm die Ein—
ahme um 6,451,240 Mark höher veranschlagt ist.
Wird diese von der Wirthschaftspolitik unabhängige
Nehreinnahme in Abzug gebracht, so ergiebt sich,
aß die Zolleinnahmen für 1882/83 im Vergleich
u dem Voranschlag für das laufende Jahr noch
m 1,788, 450 M. geringer sein werden, mit an—
eren Worten, daß die Reichsverwaltung mit einem
tdüchgange der Erträge der neuen Zölle
echnet. Wenn trotzdem die Steigerung der Ueber—
veisungen an die Einzelstaaten um circa 4 Mill.
Nark höher ist als die Steigerung der Matrikular⸗
eiträge, so ist das kein Beweis für „den guten
erfolg der unter Zustimmung des Neichstags ein⸗—
eschlagenen Wirthschastspolitik“, sondern die noth—
dendige Folge der Einführung neuer Steuern.
Turnverein hier ein, empfangen und begrüßt von
dem hiesigen Turnverein. Nachdem sich die Mit—
zlieder des ersterei in den oberen Lokalitäten des
Tafe Oberhauser etwas erfrischt hatten, begaben
ich beide Vereine in die Gartenhalle, welche vom
siesigen Turnvereine als Uebungsplatz benutzt wird,
ind woselbst nun ein gemeinschaftliches Turnen,
»as großen Beifall fand, begann. Unser junger
siesiger Verein bestand dabei die Probe in aner⸗
ennenswerther Weise. Darnach fand im großen
Saale des Oberhauser'schen Cafes ein von Turnern
ind Freunden des Turnwesens zahlreich besuchter
Lommers statt. Später versammelten sich die
Jünger Jahns in den Lokalitäten der Becker'schen
Brauerei in der Unterstadt, von wo aus auch kurz
jyor 10 Uhr Abends der St. Johanner Turnverein
zum Bahnhofe abmarschirte.
— In Dacenheim fand vorige Woche eine
eltene Doppelfeier stait. Die Eheleute Jakob
Sippel begingen an diesem Tage das Fest ihrer
joldenen Hochzeit. Mit der Einsegnung des Jubel—
zaares fand auch die kirchliche Trauung des ältesten
Enkelkindes desselben statt.
— Der Sozialdemokrat Dreesbach erläßt im
Frankenthaler Tageblatt“ folgende Aufforderung:
„Diejenigen Arbeiter der Bad. Anilin⸗ und Soda⸗
abrik, welche in Folge der Reichstagswahl ge—
maßregelt, bezw entlassen wurden, werden hiermit
aufgefordert, sich bei dem Unterzeichneten zu mel⸗
den, da es sich um einen Protest gegen die Wahl
des Herrn Dr. Groß handelt.“
Ausland.
Rom. In dem am 18. ds. abgehaltenen Con⸗
istorium verkündigte der Papft die Ernennung des
heneralbicars Kopp von Hildesheim zum Bischof
on Fulda.
Petersburg, 19. Nov. Das „Journal de
ʒt. Petersbourg“ sagt über die Botschaft des Kaisers
Wilherm: Ddie Leser werden mit aufrichtiger Ge—
rugthuung den Passus aufnehmen, daß man seit
ehn Jahren nicht mit solcher Friedenszuversicht in
zie Zukunft geblickt, wie in diesem Augenblicke.
Dem Bericht der Indianer-Commission zufolge
eben gegenwärtig in den Verein. Staaten
Nordamerikas, ausgenommen Alaska, 261,912 In⸗
ianer, die sämmtlich, mit Ausnahme von 15,416,
nehr oder weniger untier der Aufsicht von Re—
nierungs-Agenten stehen.
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Vermischtes.
In Bonn wurden am Freitag Abend nach
11 Uhr zwei starke Erdstöße verspürt. Auch in
Qöbln wurde um dieselbe Zeit ein heftiger senk—
rechter Erd stoß verspürt. Das Barometer stand auf
770 Mm. der Himmel war sternhell. Die Beb—
ang dauerte zwei Sekunden, dann folgten während
mehrerer Stunden noch einige gelinde Zuckungen.
In Bernburg wurde ein fremder Mann
verhaftet, welcher bei dem bekannten Uhrmacher Fuchs
eine sogenannte Thomasuhr bestellt und abge—
nommen hatte.
F (GGauner⸗Prahlerei.) Die englische
Polizei hat, wie der „Perseveranza“ aus London
gemeldet wird, vor vier Tagen in einem der Be⸗
rüchtigsten Stadttheile, wso sie sich nur in großer
Stärke hinwagt, eine Razzia ausgeführt, bei welcher
71 Induviduen, zum größten Theil in betrunkenem
Zustande, festgenommen wurden. Einer dieser
Flenden sagte bei der Polizeibehörde aus, daß er
und seine Gefährten sich auf die Einladung eines
von ihnen versammelt hätten, weil der seine hun—
dertste Mordthat festlich begehen wollte. Der Be—
treffende, ein gewisser Richard Hoven, ist den Ge—
richten überliefert worden, aber bis jetzt konnte man
über seine Schrld noch nichts entdecken
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 21. Nov. Herr Notariats⸗
andidat Wies don Blieskastel, früher Amtsverweser
n Ludwigshafen, jetzt als Amtsverweser des Herrn
gl. Notar Sauer hier anagestellt. bat heute sein
Umt angetreten.
* St. Ingbert, 21. Nov. Zu dem von der
Besellschaft „Harmonie“ am Samstag Abend im
gereinslokale zu Ehren ihres scheidenden Mitgliedes
Irn. Notar Auffschneider veranstalteten Abschieds-
zankette hatten sich viele Mitglieder des genannten
gereins eingefunden. Den Toast auf den Schei⸗
enden brachte der J. Vorstand der „Harmonie“,
Ir. Thierarzt Weigand, aus. Der Abend verlief
in recht angenehmer und heiterer Weise. Für die
zedürfnisse des Leibes hatte auf das Beste mit
—„chweineknöcheln, Schinken und Sauerkraut und
refflichem Münchener Gerstensaft der Vereinswirth.
or. Heusser, gesorgt.
*St. Ingbert, 21. Nov. Gestern Nach—⸗
nittag herrschte in unserer Stadt ein ziemlich reges
deben. Gegen 2 Uhr zog mit klingendem Spiel
und in stramem Turnerschritt der St. Johanner
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Sterbfalle.
Gestorben: in Neustadt Jakob Renner, 69
J. a.; in Flemlingen Frau Clara Glas,
geb. Weick, 69 J. a.; in Freimers heim Frau
Zhilippina Müller, geb. Schach, 64 J. a.; in
Deidesheim Wwe. Fanny Hirsch, geb. Freu
denberger, 67 J. a.; in Dürkheim Frau Elis
Landmann; in Schiersfeld Jakob Stein,
61 J. a.; in Wellesweiler das 5 Jahre alte
Söhnchen Ludwig des Wirthes Jakob Dorst.
Fur die Redaction verantworilich . 3. Dnecr