Full text: St. Ingberter Anzeiger

ewerbsmãßig in die Hand arbeiten, schreibt man der „N. B. 
IZig.“ schauderhafte Dinge über deren Manipulationen. Als 
Faciolum dieset Bande nennt sie einen gewissen Wilhelm Röder. 
die Opfer mußten Wechsel, zahlbar in drei Monaten, über die 
hnen geliehene Summe ausstellen, von welcher aber immer 10 
ᷣrocent im Voraus abgezogen wurden. Konnte der Schuldner 
Jach drei Monaten nicht zahlen, so bekam er den Wechsel pro— 
songirt, bezw. er mußte einen neuen Wechsel auf drei Monate 
usstellen, dessen Betrag aber um 10 pCt. oder mehr erhöht wurde. 
In der Art wurden die geliehenen Beträge in kurzer Zeit arg 
sinaufgeschraubt. Diese Wucherwechsel wurden von der Bruchsaler 
Gewerbebank“ in Umlauf gesetzt, bei welcher die Wucherer „be⸗ 
sonders protegirte“ Persönlichkeiten waren. 
Aus Rheinhessen wird gemeldet, daß man dort mit 
dem Plan umgeht, eine Secundärbahn von der Station Armsheim 
der Mainz-Alzeyer-Bahn über Alsenz nach einer Station der 
hein⸗Nahe-Bahn zu bauen. 
Der echte Münchener weiß auch die Telephonleit— 
ingen praktisch für sich auszunützen. Er geht zum Director des 
relephoninstitutes und erkläärt: „Sie, Herr Telephondirector, ich 
pünsche eine Leitung vom Hofbräuhaus in meine Wohnung.“ 
Vom Hofbräuhaus?“ „Ja, wissen's, damit ich's allemal gleich 
jör', wenn anzapft wird!“ 
— In dieser Woche wollen acht junge Männer aus Nürn— 
»erg nach Amerika auswandern, um sich unter die Mormonen in 
Utah aufnehmen zu lassen. Ob sie die benöthigten Weiber und 
Jungfrauen gleich von Europa aus mitnehmen, darüber ist nichts 
„ekannt. 
In Wiesbaden wurde dieser Tage im städtischen 
drankenhause der Invalide Bader Heinrich Litz ius, der im 
driege gegen Frankreich das linke Bein verlor, auf seinen Wunsch 
aochmals amputirt, da sich in dem Beinstumpf noch Granatssplitter 
befanden, die ihm noch von Zeit zu Zeit die heftigsten Schmerzen 
erursachten. 
'In Stuttgart hat sich dieser Tage in einem Konzert 
es Liederkranzes ein achtjähriges Mädchen auf dem Klavier hören 
assen und soll mit solcher Fertigkeit und solchem Verständniß das 
Omoll-⸗Konzert von Mozart, den Cis-moll-Walzer von Chopin 
und eine Polka von Schmitt gespielt haben, daß Kenner ganz ent— 
zückt gewesen seien. Die Kleine heißt Ilona Eibenschütz, ist das 
dind armer jüdischer Eltern in Pest und erhielt Unterricht bei 
inem Wiener Professor der Musik. 
In Hamburg hat ein am 1. Februar früh ausgebro— 
henes, bis Nachmittags andauerndes Feuer einen großen Theil 
des Seidenwaarenlagers von R. D. Warburg und Comp. zerstört. 
Die Versicherungzssumme beträgt 1,490,000 M., an welcher mei— 
tens englische Gesellschaften zu tragen haben. 
p Eine Aufsehen erregende Verhaftung ist am vorigen Mitt— 
voch in Charlottenburg erfolgt. Nachdem vor einiger Zeit 
ein Ritterguͤtsbesitzer v. H., der Schwager eines hochgestellten Mili— 
ärs, als geistestrank einer Heilanstalt übergeben worden, stellte sich 
jeraus, daß an dem Vermögen desselben 180,000 M. in ost— 
preußischen Pfandbriefen fehlten, und es enstand der Verdacht, daß 
die Wirthschafterin des Kranken, ein Fräulein v. B. sich dieselben 
angeeignet habe. Dieser Verdacht erhielt durch gewisse äußere Um— 
stände anscheinend seine Bestätigung, so daß vorgestern die Ver— 
haftung des Vaters des Fräuleins d. B. erfolgte, während auf 
letztere selbst gefahndet wird. Im Besitz des Herrn v. B., der für 
unbemittelt galt, wurden große Geldsummen, sowie eine Anweisung 
auf ein Guthaben bei der Reichsbank im Betrag von 50,000 M. 
gefunden. Auch ein Sohn des Herrn v. B., dem der Verhaftete 
sürzlich behufs Ankaufes eines Fabrik-Etablissements 23,000 M. 
übergeben hat, scheint in diese Angelegenheit verwickelt zu sein. 
4Auf feiner jüngsten parlamentarischen Soirée soll sich der 
deutsche Reichskanzler sehr wenig schmeichelhaft über die deutschen 
Bierbtauer ausgesprochen haben. Nach einer Mittheilung der 
Magd. Ztg.“ bemerkte Fürst Bismarck nämlich u. A.: Das 
bayerische Bier bleibe doch weitaus das beste, das könne man in 
zanz Deutschland nicht so herstellen. Am Wasser werde das aber 
chwerlich liegen, sondern wohl an der scharfen und wohlthätigen 
Staatskontrole und den Steuerverhältnissen, wie sie in Bavern 
gerrschten. 
FAusgestopfte Vögel, mit denen in neuerer Zeit 
„äufig die Damenhüte geschmückt werden, sollen künftig bei der 
Einfuhr aus dem Ausland mit 300 Mt. für 100 Kilo verzollt 
werden. So besagt ein Erlaß des preußischen Finanzministers, der 
sich wohl auf einen Beschluß des Bundesrathes stützt. 
Szegediner Berichten zufolge wurde am 24. v. M. die 
Vertheilung der Unterstützungsgelder beendet. Nach der veröffent⸗ 
lichten Schlußübersicht betrügt die Gesammtsumme der Unterstütz⸗ 
ungsgelder 2912,545 fl. 4—08 kr. Die größten Summen für die 
Ueberschwemmten Szegedins langten ein aus Oesterreiche Ungarn 
(1637 927 fl. 90 ir.), Deutschland (398,941 fl. 74 kr.) und 
Frankreich (283,182 fl. 11 kr.) 
Paris. Dreiundachtzig Jahre im Irrenhause.) Vorige 
Woche starb im Alter von 108 Jahren ein Irrsinniger Namens 
Jubissier, bekanut unter dem Namen der Mann von Glas, der im 
Jahre 1797 nach Bicdtre gebracht worden war, das er nie mehr 
Jerlassen hat. Im Alter bon 18 Jahren wurde Inbissier durch 
ꝛeinen Pflasterstein schwer am Kopfe verwundet. Diese Wunde 
vurde zwar nach langer Krankheit geheilt, die Verletzung des Ge⸗ 
zjirns war jedoch eine derartige, daß der Patient nie mehr zum 
Zebrauche der Vernunft kam. Anfänglich war er blos blödsinnig, 
päter machten jedoch wiederholte Tobsuchtsanfälle seine Ueberführung 
in das Irrenhaus von Bicẽtre nothwendig. Inbissier hatte die 
iire Idee, daß er aus Glas sei, und aus Furcht, sich zu zerbrechen, 
hlieb er unbeweglich und schweigsam. 83 Jahre hindurch hat er 
aicht ein Wort gesprochen. Während der letzten Belagerung von 
Paris schien es kurze Zeit, als ob der Donner der Kanonen die 
verschwundene Intelligenz des Unglücklichen wieder zum Leben er— 
wecken sollte. Er raffte sich plötzlich aus seiner Lethargie auf, und 
cagelang schritt er in fieberhafier Erregung auf und ab und murmelte 
unzusammenhängende Worte vor sich hin. Dieses Aufflackern währte 
edoch nicht iange; bald versank Jubissier wieder in sein früheres 
dumpfes Stillschweigen und blieb bis zu seinem vor einigen Tagen 
erfolgten Tode unbeweglich auf seinem Platze. 
Menschenfresser. Von den Salomons-Inseln im 
tislen Ozean wird über einen jeuer Ausbrüche von Bestialität be— 
richtet, wie sie in der letzten Zeit unter den Südsee⸗Insulanern 
s'o häufig vorgekommen sind. Der Schooner „Vorealis“, eines der 
ielen Schiffe, welche zwischen den Inseln kreuzen, um unter den 
Fingeborenen Arbeiter für die Plantagenbesitzer und Farmer von 
Fidschi und Samoa anzuwerben, wurde am 15. September, als 
r bei der kleinen Insel Nura vor Anker lag, von den Eingebo⸗e 
renen, während der Abwesenheit des Capitäns am Lande über—⸗ 
iallen und nach einem fürchterlichen Kampfe mit der Mannschaft 
„vollständig ausgeraubt. Dem Capitän gelang es, eine Nachbar— 
Insel zu erreichen und daselbst Hülfe zu holen. Als er mit ein 
paar anderen Schiffen zu dem Schauplatze des Gemetzels zurück— 
ehrte, fand er sein Schiff völlig ausgeraubt, die Leichen der Mann— 
chaft verschwunden, das heißt aufgefressen und nur den Koch, der 
vie durch ein Wunder den Eingeborenen entging, schwer verwundet 
in der Kajüte versteckt. Unter den Opfern befand sich der Sohn 
des Capitäns. 
— Gräßliche Szene in einem Zirkus. In San⸗Domingo 
produzirte sich seit einiger Zeit bei der Zirkusgesellschaft Courtney 
—DDD 
ich war Lengel wie gewöhnlich in den Tigerkäfig getreten; schon 
jatte er seine staunenerregenden Exercitien beendigt und war eben 
m Begriffe den Käfig wieder zu verlassen, als er auf dem feuchten 
Boden ausglitt und das Gleichgewicht verlor. Sofort stürzte sich 
iner der Tiger mit wildem Brüllen auf ihn, biß ihm in den Hals 
ind in kaum zwei Minuten und bevor es möglich war ihm zu 
dilfe zu kommen, war der unglückliche Thierbändiger von der wilden 
Zestie in Stücke zerrissen, sein Körper nur mehr eine unförmliche 
lutige Masse von Fleisch und Knochen. Der Zirkus war von 
Zuschauern überfüllt; einige von diesen, welche der Landessitte ge— 
näß, mit Revolvern bewaffnet waren, schossen auf den Tiger und 
ödteten denselben, so daß die Wärter daran gehen konnten, die 
Leiche Lengel's aus dem Käfige herauszuziehen. In diesem Augen— 
blicke warf sich der zweite Tiger, von einer plötzlichen Wuth er⸗ 
griffen, auf seinen unter den Revolverschüssen eben verendeten Ge⸗ 
ährten und zerriß ihn mit Zähnen und Krallen. Die ganze Szene, 
— 
daß die meisten Zuschauer. von Entsetzen erfaßt. die Flucht ergriffen. 
Marltberichte. 
Zweibrücken, 8. Februar. (Fruchtminelpreis und Viktualienmarkl.) 
Weizen 11 M. 26 Pf., Korn 10 M. 25 Pf., Gerste zweireihiges M. 41 *7. 
ierreihige — M. — Pf., Spelz O M. — Pf., Spelzkern — M. — P. 
Dinkel — M. — Pf., Mischfrucht 10 M. 53 Pf., Hafer 6 M. 69 Ppf., 
Srbsen — M. — Pf., Wicken 6 M. 68 Pf., Kartoffeln 2 M. — Pf. 
deu 2 M. 85 Pf., Stroh 8 M. 06 Pf., Weißbrod 12/3 Kilogr. 56 Pf, 
dornbrod 3 Kilogr. 72 Pf., Gemischtbrod 8 Kilogr. 87 Pf., paar Weck 100 
Br. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 50 Pf. II. Qual. 44 pf. Kalbfleisch 40 Pf., 
dammelfleisch 50 Pf. Schweinefleisch 60 Pf.; Butter ?/1 Kilogr. M. 90 Pf. 
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier 1 Liter 24 Pf. 
Homburg, 2. Februar. (Fruchtmitielpreis und Viktualienmarkt.) Weizen 
1 M. 48 Pf. Korn 10 M. O8 Pf., Spelzkern — M. — Pf., Spelz O M. 
— Pf., Gerste 2reihige — M. — Pf., Gerste 4reihige O M. — Pf., Hafer 
7 M. 606 Pf., Mischfrucht 10 M. 44 Pf. Erbsen — M. — Pf., Wicken 
) M. — pf., Bohnen O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
»rod 6 Pfund — Pf., Gemischtbrod 0 Pfund 88 Pf. Ochsenfleisch — Pf. 
Rindfleisch 420 —44 Pf., Kalblleisch 36 Pf. Hammelfleisch — Pf., Schweine⸗ 
leisch 66 Pf., Butter 1 Pfund O M. 90 Pf., Kartoffeln per Ztr. 1 M. 80 Pf. 
Kaiferslautern, 1. Februar. (Fruchtmittelpreis und Viktualienmarkt.) 
Weizen 11 M. 26 Pf., Korn 09 M. 99 pf. Spelzkern — M. — Pf. Spelz 
7 M. 84 Pf., Gerste o8 M. 80 Pf., Hafer 6 M. 883 Pf., Erbsen 07 M. 
60 Pf. Wicken 6 M. 89 Pf., Linsen — M. — Pf., Kleesamen 46 M. 17 
gf., Schwarzbrod 6 Pfund 80 Pf., do. 8 Pfd. 40 Pf., Gemischtbrod 
3 Pfund 45 Vira. 
Für die Redaction verantwortlich: F. X. Deme